Wie ein, seit über einem Jahrzehnt aktiver, Rechtsextremist die bayerischen Behörden zum Narren hält
Arndt Novak blickt als rechtsextremer Burschenschafter und Publizist in dritter Generation sowie als ehem. Aktivist der „Identitären Bewegung“ auf über ein Jahrzehnt Engagement und Karriere in diversen Organisationen der extremen Rechten zurück. Und das nicht etwa mit Distanz. Arndt Novak ist weiterhin über seine familiären Verhältnisse, sein soziales Umfeld, aber auch seine Aktivitäten eng in die extreme Rechte eingebunden – und macht daraus aus gar keinen Hehl. Um so erstaunlicher ist es, dass der Passauer Jurastudent im Oktober letzten Jahres als Rechtsreferendar am Landgericht Passau aufgenommen wurde – immerhin ein Posten, der die zweifelsfreie Verfassungstreue der Bewerber:innen voraussetzt.
Wir haben uns zur Causa „Rechtsextremist im Rechtsferendariat“ bisher nicht geäußert, da wir dachten, mit den Recherchen zur Personalie Arndt Novak (Artikel 1 & Artikel 2) alles Notwendige bereits gesagt zu haben. Das scheint leider nicht der Fall zu sein. Besonders die gekünstelte Hilflosigkeit der Behörden und das selbstherrliche Auftreten des Rechtsextremen scheinen uns Anlass genug, nochmal einen genaueren Blick auf den Fall zu werfen und Arndt Novak an seinen eigenen Aussagen zu messen.
Hinweis: Als Plattform für antifaschistische Recherche ist es für uns selbstverständlich, dass „Völkische Verbindungen Kappen!“ sich weder am Verfassungsschutz orientiert, noch sich positiv auf diesen und seine Arbeit bezieht oder beziehen kann. Offensichtlich haben im Fall „Rechtsextreme im Rechtsreferendariat“, ähnlich wie „Rechtsextreme im Lehramt“, unsere umfangreichen antifaschistischen Recherchen und Argumentationen kein Gewicht. Deshalb haben wir beschlossen, die Causa Arndt Novak nochmal unter dem Gesichtspunkt dessen zu betrachten, was der Verfassungsschutz selbst in der Vergangenheit ermittelt, berichtet und bewertet hat. Ziel war es, neben dem extrem rechten Aktivisten auch die Behörden an ihren eigenen Aussagen zu messen. (Spoiler Alert) Dabei kommt man unweigerlich zu dem Ergebnis, dass die Behörden hier, selbst an ihren eigenen Aussagen und Bewertungen gemessen, ziemlich versagt haben dürften.
Disclaimer: Es freut uns sehr und wir begrüßen es ausdrücklich, wenn die Arbeit und Rechercheergebnisse von „Völkische Verbindungen Kappen“ Verbreitung finden und von anderen antifaschistischen Rechercheprojekten und Medien aufgegriffen und geteilt werden und in deren Arbeit Eingang finden. Nicht glücklich sind wir dann, wenn kommerzielle Medienhäuser und Redaktionen unsere Inhalte schlicht übernehmen und unsere Arbeit von Journalist*innen unabgesprochen und ohne Quellenverweis als eigene Recherche ausgegeben wird.
Wo ein Kläger, da ein Richter.
Das für die Überprüfung der Bewerber am Landgericht Passau zuständige OLG München kam zu dem Schluss, dass hinsichtlich Novaks Verfassungstreue nichts zu beanstanden sei. Die „umfangreichen Prüfungen“ selbiger umfasst dabei im Grunde lediglich Eigenangaben der Bewerber:innen. So etwa einen unterschriebenen Fragebogen, auf angegeben werden muss, ob man Mitglied in einer extremistischen Organisation war oder ist. Zudem werden Bewerber über die Pflicht zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst belehrt und müssen in einer Erklärung unterzeichnen, dass sie die freiheitlich demokratische Grundordnung bejahen und nicht gegen sie arbeiten. Bei Zweifeln an der Verfassungstreue können Auskünfte beim Verfassungsschutz angefordert werden. Der Bayerische Verfassungsschutz als behördliches „Frühwarnsystem“ scheint im Falle Novak und Konsorten seit Jahren, sogar Jahrzehnten, irgendwie verschlafen zu haben, hinzusehen. Zumindest legt dies die Tatsache nahe, dass auch im Falle der Aufnahme des extrem rechten Karrieristen im Rechtsreferendariat wesentliche Informationen über dessen Rolle und Wirken in der Szene ihren Weg nicht bis zu den relevanten behördlichen Stellen gefunden hatten.
Bewerber können abgewiesen werden, wenn sie sich als Mitglied einer extremistischen Organisation aktiv verfassungsfeindlich und mit dem Ziel betätigen, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Person Funktionsämter in entsprechenden Organisationen übernommen hat, die verfassungsfeindliche Ziele hat.
Nun machen wir einfach mal den Faktencheck. Dabei messen wir Arndt an seinen eigenen Aussagen. Und zwar solchen, die er im Kontext von Unterlassungsklagen über seine eigene Person zu Protokoll gegeben hat.
In einem Schreiben an das Verwaltungsgericht Regensburg im Juli 2025 führt Arndt Novak über sich selbst aus:
„Der 1996 geborene Antragsteller nahm zwischen Sommer 2013 bis Juni 2017 in seiner Freizeit an Veranstaltungen der Identitären Bewegung teil. Im Zuge dessen hielt er bei einer Kundgebung im Jahr 2016 eine Rede anlässlich des Todes eines französischen Priesters (…). Er hatte jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Führungsposten innerhalb der Identitären Bewegung inne.“
Und weiter:
„Während seines zwölfmonatigen freiwilligen Wehrdienstes bei der Deutschen Marine von Oktober 2014 bis Oktober 2015 wurde der Antragsteller im Dezember 2014 – motiviert durch familiäre waffenstudentische Tradition und die Identifikation mit den Zielen der burschenschaftlich geprägten Demokratiebewegung – Mitglied der Aktivitas der Burschenschaft Danubia München, der schon sein Vater und sein Großvater angehören.“
Verharmlosend, verschleiernd aber immerhin nicht gelogener Weise gesteht er ein:
„Im Rahmen der Mitgliedschaft nahm der Antragsteller an Veranstaltungen der Aktivitas, weiterer Verbindungen sowie des Dachverbandes Deutsche Burschenschaft teil und übernahm im Rahmen des von jedem Mitglied geforderten Engagements intern Organisations- und Führungsaufgaben. Mit Abschluss seines Erststudiums schied der Antragsteller im Sommer 2018 aus der Aktivitas aus und gehört ihr also seitdem nicht mehr an.“
An anderer Stelle erklärt Arndt Novak an Eides statt:
„Richtig ist, dass ich bis zum Jahr 2017 im Umfeld der Identitären Bewegung aktiv war. Letztmalig bin ich am 17. Juni 2017 als Teilnehmer einer Demonstration in Berlin für diese aufgetreten. Nachdem am 4. Juli 2017 der Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2016 veröffentlicht wurde, in welchem die Identitäre Bewegung als Verdachtsfall eingestuft wurde, habe ich mich von dieser distanziert und an keinen Aktivitäten mehr teilgenommen oder mich anderweitig für die Identitäre Bewegung engagiert.“
Schauen wir uns Novaks Angaben und Ausführungen einmal genauer an.
Arndt Novak als Funktionär der Identitären Bewegung Bayern
Er habe zu keinem Zeitpunkt während seiner Aktivität für die Identitäre Bewegung zwischen 2013 bis 2017 einen Führungsposten innerhalb der IB Bayern innegehabt, erklärt Novak. Das ist gelogen.
In jener Zeit war der damals in Erlangen lebende Nils Altmieks (heute: Nils Müller, Zenting) Deutscher IB-Vorsitzender. IB Vorsitzender in Bayern und Leiter der bayerischen IB war Arndt Novaks späterer Schwager Sebastian Zeilinger. Den Vorsitz des Ortsverbands „Identitäre Bewegung München“ bekleidete Paul Zeddies. Dieser war ebenso wie Arndt Novak in dieser Zeit Teil der Aktivitas der Burschenschaft Danubia. Auch Paul Zeddies Bruder Ludwig engagierte sich als Teil der IB Bayern. Dieser war/ist ebenso wie Arndt Novak in der pennalen Burschenschaft Saxonia Czernowitz korporiert (Vorfeldorganisation der B! Danubia).
Zusammen mit Paul Zeddies nahm Arndt Novak im März 2016 in seiner Funktion/Position als stellvertretender Vorsitzender bzw. Ortsgruppenleiter der Münchner IB-Ortsgruppe am „Deutschlandtreffen“ der Identitären Bewegung teil. Das Treffen bzw. die Vollversammlung des Vereins Identitäre Bewegung e.V. fand vom 4. bis 6. März 2016 auf Burg Lohra in Thüringen statt. Zeddies und Novak traten dort als Delegierte der Identitären Bewegung für München und Mangfalltal auf. Es war jenes Vereinstreffen der IB, bei welchem der Bayer Sebastian Zeilinger zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt wurde. Ob Sebastian Zeilinger bei der Wahl durch ca. 25 stimmberechtigte Vereinsmitglieder mit Novaks Stimme rechnen durfte, ist nicht bekannt. Die beiden Münchner IB-Ortsgruppenleiter Novak und Zeddies reisten noch vor dem offiziellen Ende des „Deutschlandtreffens“ ab um am 5. März an einem rechtsextremen Vernetzungstreffen in Prag teilzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt wurde die IB bereits seit Wochen offiziell vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet. Dieses hatte im Januar 2016 bekannt gegeben, die IB als rechtsextreme Organisation eingeordnet und zum Beobachtungsobjekt erklärt zu haben. Als Mitglieder der Aktivitas der rechtsextremen Danubia dürften Novak und Zeddies in jener Zeit sowieso unter Beobachtung des VS gestanden haben.
Arndt Novak gibt außerdem verharmlosend an, zwischen Sommer 2013 bis Juni 2017 „in seiner Freizeit“ an Veranstaltungen der Identitären Bewegung „teilgenommen“ zu haben. Ersteres ist eine Selbstverständlichkeit, immerhin beschäftigt die IB keine Hauptamtlichen. Die unnötige Einordnung soll vermutlich die Ernsthaftigkeit, mit der Novak seinen politischen Aktivismus betrieb, verharmlosen und diesen als reine Freizeitaktivität, ähnlich eines Kinobesuchs, bagatellisieren.
Wahr ist, dass dass Arndt Novak nicht nur gelegentlich an IB-Veranstaltungen teilnahm. Als Redner, Anmelder und Ordner nahm er wesentliche Rollen in der Organisation und Durchführung von IB-Aktionen ein. Werbebilder der IB-Bayern zeigen ihn als Teil der eingeschworenen Truppe rechtsextremer Aktivisten, als Teil des Kernteams.
Vom 15. bis 20. August 2016 nahm Novak außerdem an der „Sommeruniversität“ der französischen Génération Identitaire in Domaine de Bens/Ecurie du Sappey en Chartreuse bei Grenoble in der Region Rhône-Alpes teil. Bei der konspirativen Veranstaltung traf sich das who-is-who der europäischen IB-Aktiven – eine „versehentliche“ Teilnahme ist ausgeschlossen. Hier lernte Novak mutmaßlich seine heutige Ehefrau Wiebke Mörig kennen und lieben. Die Tochter des Potsdam-Organisators Gernot Mörig war damals bereits Verantwortliche für die mediale Inszenierung und Social Media der IB Bayern.

Er sei doch lediglich „im Umfeld der Identitären Bewegung“ aktiv gewesen, flunkert Novak hingegen. Im Januar 2017 moderierte bzw. veranstaltete Novak als Sprecher der Aktivitas der Münchner Burschenschaft Danubia einen Vortrag mit dem Gründungsmitglied der „Identitären Bewegung Österreich“, Alexander Markovics, im Danubenhaus. Das Thema an jenem 18. Januar: „Die Perspektiven der Reconquista im 21. Jahrhundert. Eine Bestandsaufnahme und ein Ausblick“. Letztmalig für die IB öffentlich aktiv gewesen sei er am 17. Juni 2017 als Ordner einer IB-Demonstration in Berlin. Doch nachdem am 4. Juli 2017 der Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2016 veröffentlicht wurde, welcher die Identitäre Bewegung als Verdachtsfall eingestufte, habe er an keinen Aktivitäten mehr teilgenommen oder sich anderweitig für die IB engagiert, behauptet Novak.
Auch dies ist nicht ganz richtig. In einer am 15. Juli 2017 veröffentlichen SPIEGEL-Reportage, trat Arndt Novak noch inklusive Interview und Homestory als IB-Posterboy und Mitglied der rechtsextremen Burschenschaft Danubia auf. Dort bewarb er die politischen Kampagnen und Thesen der IB und den Aktivismus für die Sache. Eine Distanzierung sähe sicher anders aus.
Novak suggeriert in seinem Hinweis, wonach er nach Erscheinen des Verfassungsschutzberichtes für das Jahr 2016 im Juli 2017 keine öffentlichen Aktivitäten für die IB mehr wahrgenommen habe, dass ihn die Einordnung der IB als rechtsextreme Organisation überrascht oder gar abgeschreckt habe. Das ist vollkommen unglaubwürdig.
Bereits am 21. Januar 2016 gab der Bayerische Verfassungsschutz bekannt, die Identitäre Bewegung Deutschland (IBD) fortan als Beobachtungsobjekt des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz (BayLfV) zu führen – soweit deren Bestrebungen sich auf das Gebiet des Freistaats Bayern bezogen oder auswirkten.
Begründet wurde dies damit, dass die Ideologie der IBD in Bayern die Bedeutung von Abstammung und Identität in einer Art und Weise betont, die eine starke Nähe zum biologistischen Denken und der völkischen Ideologie von Rechtsextremisten erkennen ließe. Ideologisch sehe sich die IBD in der Tradition der sogenannten „konservativen Revolution“. Damit berufe sie sich auf eine antidemokratische, antiliberale und antiegalitäre Strömung der Weimarer Zeit, hieß es weiter.
Ihre vornehmliche Aufgabe sehe die IBD in der Verteidigung und Bewahrung von „Heimat, Freiheit, Tradition“. An erster Stelle stünde hierbei der Erhalt der „ethnokulturellen Identität“, die durch einen befürchteten „demografischen Kollaps“ sowie durch angebliche „Massenzuwanderung“ und „Islamisierung“ bedroht sei.
Der von der IBD geforderte europäische Ethnopluralismus beinhalte die räumliche und kulturelle Trennung unterschiedlicher Ethnien. Dies hätte letztlich die Ausweisung großer Bevölkerungsteile unter Missachtung der vom Grundgesetz garantierten Menschenrechte zur Folge. Die ethnopluralistische Vorstellung von an bestimmte Territorien gebundenen Völkern, entspreche klar der rechtsextremistischen „Blut und Boden“-Ideologie. Dabei würde der Begriff der „Rasse“ lediglich durch eine angebliche „ethnokulturelle Identität“ ersetzt, erläuterte die Bayerische Staatsregierung schon damals.
Im Zeitraum 1. Januar 2015 bis 16. Juli 2016 dokumentierten die bayerischen Sicherheitsbehörden allein über 90 Aktionen der Identitären Bewegung in Bayern. 37 dieser Aktionen fanden zwischen dem 21. Januar, also der Bekanntgabe der Beobachtung der IB als rechtsextreme Organisation durch den Bayerischen VS, und dem 16. Juli 2016 statt. Davon wurden wiederum 23 der Aktionen der IB in Oberbayern (München & Region) zugerechnet. (Quelle: Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Georg Rosenthal, SPD, vom 04.07.2016. Antwort der Staatsregierung vom 27.09.2016, Drucksache: 17/12818)
Ein Werbebild der IB-Bayern von deren Website aus der Zeit zeigt lediglich 11 Aktive – darunter die Danuben Arndt Novak (stellv. IB-Ortsgruppenleiter München), Paul und Ludwig Zeddies (IB-Ortsgruppenleiter München), Sebastian Zeilinger (Leiter der IB Bayern und stellv. Bundesvorsitzender der IB) und Maximilian Scharfenberg (B! Danubia). Dass Arndt Novak an einem Großteil der Aktionen in irgendeiner Art beteiligt gewesen sein dürfte, ist naheliegend.
Im Jahr 2017, also zwischen dem 1. Januar 2017 bis zu Novaks angeblichem Rückzug aus der IB am 4. Juli 2017, wurden weitere 30 Aktionen, Veranstaltungen und Kundgebungen der IB in Bayern gezählt. (Quelle: Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vom 17.01.2018: Aktivitäten der rechtsextremen Identitären Bewegung in Bayern 2017, Drucksache 17/20749).
„Auch wenn dem Antragsteller womöglich ein konservatives Weltbild unterstellt werden kann“, profiliert sich Arndt Novak im Juli 2025 vor Gericht, „so steht er ohne Zweifel fest auf dem Boden des Grundansatzes und identifiziert sich mit dem antiautoritären Konsens des Grundgesetzes sowie den Inhalten der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und dem Rechtsstaat (…). Zu keinem Zeitpunk hat er ein rassistisches oder auch antisemitisches Weltbild vertreten, in dem er etwa bestimmte Rassen oder Völker als minderwertig empfunden hätte.“
Welche Empfindungen Novak zu Zeiten seines Engagements als Funktionär in der rechtsextremen, rassistischen und antisemitischen Identitären Bewegungen teilte, können wir nicht beurteilen. Aber das, was er nach außen hin vertrat, bewarb und propagierte: Eine Ideologie, die – laut VS Bayern – die Bedeutung von Abstammung und Identität in einer Art und Weise betont, die eine starke Nähe zum biologistischen Denken und der völkischen Ideologie von Rechtsextremisten erkennen ließ, indem sie die „Blut und Boden“-Ideologie teilte und lediglich den Begriff der „Rasse“ durch den der „ethnokulturellen Identität“ ersetzte. Eine Ideologie, deren aus ihr abgeleitete Forderungen und Kampagnen der IB die Ausweisung großer Bevölkerungsteile unter Missachtung der vom Grundgesetz garantierten Menschenrechte zur Folge gehabt hätten. Und zuletzt repräsentierte, organisierte und förderte Novak als Funktionär eine Organisation, die sich ganz offen in der Tradition der antidemokratischen, antiliberalen und antiegalitären Strömung der „konservativen Revolution“ in der Weimarer Zeit stehend verstand. Zurückhaltend formuliert.
Arndt Novak als Mitglied und Funktionär der rechtsextremen B! Danubia München
„Motiviert durch familiäre waffenstudentische Tradition und die Identifikation mit den Zielen der der burschenschaftlich geprägten Demokratiebewegung“ führt Novak in der Klageschrift weiter aus, sei er im Dezember 2014 „Mitglied der Aktivitas der Burschenschaft Danubia München, der schon sein Vater und sein Großvater angehören“, geworden.
Die Burschenschaft Danubia München ist eine pflichtschlagende, farbentragende Studentenverbindung in München. Sie gehört dem Korporationsverband Deutsche Burschenschaft (DB) an. Innerhalb der DB gehört sie zum, laut Bundeszentrale für politische Bildung, „radikal-völkischen Flügel der DB“, der Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ (BG). Auf ihrer Website weist sich die Danubia außerdem als Angehörige des sogenannten Ostdeutschen Kartells aus. Darin finden sich neben der Münchner Danubia die extrem rechten Korporationen der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczecks zu Bonn sowie die Wiener akademische Burschenschaft Teutonia.
Die Aktivitas der Danubia wird vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet und als „rechtsextrem“ eingestuft. Entsprechend können Mitglieder der Danubia seit 2001 nicht mehr ohne den Beweis ihrer Verfassungstreue in den Staatsdienst übernommen werden. Der damalige bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) ordnete die Danubia als erste bayerische Burschenschaft als „eindeutig rechtsextremistisch“ und als „verfassungsfeindliche Organisation“ ein. Auch die Burschenschaft „als Ganze“ inklusive der „Alten Herren“ habe man aufgrund ihrer Aktivitäten im Blick – offiziell beobachtet wird die Altherrenschaft allerdings nicht. Auf dem Haus der Danubia residiert außerdem die Schülerverbindung Pennale Burschenschaft Saxonia Czernowitz zu München, zu der es große personelle Überschneidungen gibt. Auch dieser gehört Arndt Novak seit seiner Schulzeit an.
Die Burschenschaft Danubia unterhält seit Jahrzehnten engste Kontakte in verschiedene Teile des rechtsextremen Spektrums, insbesondere zur Neuen Rechten. Seit den 1980er Jahren veranstaltet die Danubia regelmäßig die „Bogenhausener Gespräche“ in ihrem Verbindungshaus in München. Zu diesen Gesprächen waren unter anderem bekannte Rechtsextremisten wie Pierre Krebs und Günter Deckert eingeladen sowie der Holocaustleugner Wilhelm Stäglich. 1998 erregte im Rahmen der Bogenhausener Gespräche der Vortragsabend mit Horst Mahler, Peter Furth und Bernd Rabehl Aufmerksamkeit. Auch der rechtsextreme Publizist Jürgen Schwab (NPD) trat bei der Burschenschaft als Redner auf. Die jeweilige Aktivitas stellt seit gut einem Jahrzehnt die Aktivisten der IB Bayern.
Vom 23. bis 25. Juni 2017 fanden die von der Burschenschaft Danubia in ihren Räumen veranstalteten „32. Bogenhausener Gespräche“ statt. Möglicherweise noch mit Arndt Novak als Sprecher der Aktivitas, mindestens jedoch mit Novak als Mitglied der organisierenden Aktivitas der Münchner Burschenschaft, war das Verbindungshaus von Freitag bis Sonntag Austragungsort diverser Vorträge mit extrem rechter Ausrichtung. Als Festredner wurde der Leiter der extrem rechten „Ein Prozent“-Initiative, Philip Stein, angekündigt. Am Samstag referierte laut offiziellem Programm Jurij Kofner (AfD) zum Thema „Nationale Identität und ethnokulturelle Politik in Russland im 21. Jahrhundert“. Anschließend traten der „COMPACT“-Autor Peter Feist („Die Notwendigkeit einer deutschen Nationalbewegung und der historische Platz der AfD“) sowie der neurechte (u.a. „Junge Freiheit“, „Sezession“, „Burschenschaftliche Blätter“) Autor Nils Wegner („Ethnostate, Movement, /pol./: Das revolutionäre Potential der alternativen US-Rechten“) auf. Am Sonntag sollten Vorträge des „Sezession“-Autoren Benedikt Kaiser („Zweierlei Europabegeisterung – Pulse of Europe oder Jungeuropa?“) und des Herausgebers der neurechten Zeitschrift „Blaue Narzisse“, Felix Menzel („Alternativen suchen – Alternativen finden! Handlungswege zwischen Utopie und Realpolitik“), folgen.
Die politischen Aktivitäten der Danuben sind dabei kein Zufall sondern explizit gewollt und gefordert. Auf der Website der Burschenschaft heißt es:
„Ein politischer Auftrag: Hervorgegangen aus den Befreiungskriegen (…) sind die akademische Freiheit und das Bekenntnis zu unserem Volk Grundwerte, die wir verteidigen. Dies heißt für uns vor allem auch, unsere Positionen nach außen zu vertreten und sie gegen sich wandelnde Zeitgeist-Strömungen zu behaupten. Die akademische Freiheit verteidigen wir so auch gegen autoritäre Innenminister und politische Kräfte, die sie zu unterminieren versuchen.“
„Was wir erwarten: Von unseren jungen Mitgliedern müssen wir daher eine überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft, selbstverständliche Erfüllung ihrer Studienverpflichtungen, Aufrichtigkeit und korrektes Auftreten sowie den Willen zur Gemeinschaft und zu rhetorischer und historisch-politischer Weiterbildung verlangen.“, sowie: „Wir von der Burschenschaft Danubia bekennen uns zu den Grundsätzen der Urburschenschaft. Aufrecht zeigen wir seit 1848 Einsatz für unser Vaterland.“
Wie sich das Verständnis vom Bekenntnis zum Volk und dem Völkischen und dessen Verteidigung vor dem „Zeitgeist“ ausgestaltet, zeigt sich bei der Danubia bereits in den Kontaktdaten. Dort ist statt von „Telefon, E-Mail und Website/Internet“, von „Fernruf, E-Post und Weltnetz“ die Rede.
Über sich selbst erklärt Arndt Novak im Juli 2025, dass er im Rahmen seiner Mitgliedschaft bzw. als Teil der Aktivitas der Burschenschaft Danubia nicht nur an Veranstaltungen der Aktivitas und des Dachverbandes Deutsche Burschenschaft teil-, sondern auch Organisations- und Führungsaufgaben wahrgenommen habe. Dies wird von den Aktiven auch erwartet, wie die Website der Danubia erläutert: „In unserem Dachverband, der Deutschen Burschenschaft, übernehmen unsere Aktiven weitere Aufgaben“.
Arndt Novak fungierte zeitweise als Sprecher der Aktivitas der Burschenschaft Danubia und moderierte in dieser Rolle Veranstaltungen der Burschenschaft und repräsentierte diese nach außen. Für den Dachverband Deutsche Burschenschaft publizierte Novak bereits kurz nach seinem Eintritt in die Danubia Artikel in der Verbandszeitschrift Burschenschaftliche Blätter.
Der explizit politische Auftrag und die völkisch-nationalistische Ausrichtung der B! Danubia
Als Teil des Dachverbands der DB und Teil deren völkisch-nationalistischen Flügels, der BG, bekennt sich die Burschenschaft Danubia, ebenso wie jedes ihrer Mitglieder, klar zu den Werten der Deutschen Burschenschaft. Die Deutsche Burschenschaft ist dabei einer der wenigen korporativen Dachverbände mit dezidiert politischen Zielen. Diese basieren bei der DB auf dem Wahlspruch „Ehre, Freiheit, Vaterland“.
Hauptziel der politischen Arbeit der DB ist die „politische Bildung junger Burschenschafter zur Verwirklichung burschenschaftlicher Ideale.“ Parteipolitisch versteht sich die Deutsche Burschenschaft als neutral. Wenngleich ein großer Teil ihrer Angehörigen keiner Partei zugehörig sein soll, fungiert die DB auf Ebene der Parteipolitik de facto als eine Sammelstelle für die politische Rechte, sowohl die demokratische als auch die antidemokratische. Seit Ende der 2000er Jahre werden bei der DB die zunehmende Hinwendung zu völkischen Ideologien sowie rechtsextreme Verflechtungen auf Verbandsebene festgestellt.
Mitglied in Burschenschaften der Deutschen Burschenschaft können nur männliche deutsche Studenten werden. Eine Mitgliedschaft von nichtdeutschen Studenten hat der Rechtsausschuss in einem Gutachten vom 1. November 1958 für unvereinbar mit den Grundsätzen der DB erklärt. Begründet wird dies damit, dass „Ein nichtdeutscher Student (…) nicht in der Lage (ist), an der vollen Verwirklichung der Grundsätze der Deutschen Burschenschaft mitzuwirken.“, da er „(…) die höchste Lebensverpflichtung eines jeden Burschenschafters, für sein deutsches Vaterland zu leben und zu kämpfen, nicht erfüllen (kann).“
Eine Mitgliedschaft von Ausländern ist demnach zulässig, wenn eine Zugehörigkeit zum deutschen Volkstum vorliegt. Wegen des sogenannten volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriffs, der als Teil völkischer Vaterlandsideologie gilt, ist die Staatsangehörigkeit unerheblich. Die „Abstammungsdebatte“ oder auch die Diskussion um eine Art „Ariernachweis“ in der Deutschen Burschenschaft im Jahr 2011 führte dazu, dass einige gemäßigte Burschenschaften, die mit den in der Debatte vorgebrachten völkischen oder rassistischen Argumenten nicht in Verbindung gebracht werden wollten, den Verband verließen. In Folge des offenen „Rechtsrucks“ durch rassenkundlichen Debatten in kaum verschleierter Sprache der 1930er Jahre und die fehlende Abgrenzung zu neonazistischen Gruppierungen, vor allem aber durch massive antifaschistische Sabotage- und Öffentlichkeitsarbeitskampagnen, verlor die DB die Hälfte ihrer Mitglieder. Zurück blieben im Wesentlichen die Mitgliedsbünde des rechtsextremen Randes. Trotz der Austritte herrschte in der DB in der Folge Aufbruchsstimmung. Die begründete sich mitunter in der Freude über die „von liberalen Geschwülsten befreite“ und damit „gesundgeschrumpfte“ Organisation.
Soviel zu der von Arndt Novak angeführten „Identifikation mit den Zielen der der burschenschaftlich geprägten Demokratiebewegung“ als Grund für seinen Beitritt in die Aktivitas einer Burschenschaft, die seit 2001 als verfassungsfeindlich und rechtsextrem gilt. Ein weiteres Argument Novaks für den Beitritt sei die familiäre Tradition, da schon sein Vater und sein Großvater der Danubia angehören. Was klingt wie die Fortführung einer liebgewonnenen Familientradition, hinterlässt mit Blick aus die Personalien von Papa Novak und Opa Duswald einen bitteren Nachgeschmack. Die Vermutung liegt durchaus nahe, dass nicht nur die Mitgliedschaft in der Danubia sondern vor allem auch ein ganz bestimmtes Geschichtsverständnis und politisch-ideologische Ausrichtung in Arndt Novaks Familie Tradition haben.
Die Mitgliedschaft in rechtsextremen Organisationen als Familientradition?
So sind Vater Ulrich Novak und Großvater Manfred „Fred“ Duswald selber seit Jahren als Publizisten der extremen Rechten aktiv. Insbesondere Fred Duswald fiel als Autor der extrem rechten burschenschaftlichen Zeitschrift „Die Aula“ immer wieder durch Holocaustrelativierung bis -leugnung und massiv rassistische Positionen auf. Auch zur „Abstammungsdebatte“ in der DB im Jahr 2011 publizierte Arndts Opa Fred Duswald einen Artikel der Aula mit dem Titel „Paßtum contra Volkstum“. Die Politikwissenschaftlerin Alexandra Kurth urteilt über den im August 2011 veröffentlichten Artikel: „Der Text ist boshaft und rechtsextrem, das ist unterster Stammtischrassismus.“
Alles nur Kontaktschuld? Die „Alten Herren“ in der Danubia als formal und inhaltlich von der „Aktivitas“ völlig getrennte Ebene? Wohl kaum.
Als Studentenverbindung ist die Burschenschaft Danubia ein Lebensbund, in dem Studenten nach ihrem Studienabschluss Mitglied der Altherrenschaft werden. Diese unterstützt die studierenden Burschenschafter (Aktivitas) finanziell und ideell (umgekehrter Generationenvertrag). Außerdem ist sie nach dem Conventsprinzip organisiert, das heißt Entscheidungen werden in Abstimmungen und Wahlen getroffen, wobei die Alten Herren ebenso mitentscheiden, wie die Burschenschafter der Aktivitas.
Die Burschenschaft Danubia München sei eine „Erziehungsgemeinschaft“, erläutert die Verbindung deshalb auf ihrer Website.
„Unsere Veranstaltungen werden von unseren jungen Bundesbrüdern in eigener Regie organisiert. Ältere Semester und Alte Herren stehen diesen dabei unterstützend zur Seite. Auf diese Weise hören unsere jungen Mitglieder nicht nur interessante Referenten aus Politik, Kultur und Wirtschaft, vielmehr erhalten sie darüber hinaus schon als junge Studenten die wertvolle Möglichkeit, erste Erfahrungen bei der Organisation von Seminaren und bei der Führung von Menschen zu sammeln. (…) Unsere Alten Herren stehen den Aktiven aber nicht nur mit Rat und Tat zur Seite, sie finanzieren auch unsere burschenschaftliche Arbeit und ermöglichen den Aktiven ein preisgünstiges Wohnen auf unserem Haus.“
Die Aktivitäten der Aktivitas sind folglich ohne die aktive Unterstützung und Förderung der „Alten Herren“ nicht möglich. Dass dabei auch Einfluss auf die inhaltliche Ausrichtung der Aktivitäten der Verbindung genommen wird oder werden kann, erscheint logisch. Die Aktivität für die und Verbundenheit zur Korporation soll auch über die Zeit der Studiums und des Status des „aktiven Burschenschafters“ in der Aktivitas hinaus bestehen, betont die Danubia.
Immerhin sei sie „ein Lebensbund“ mit klarer und unmissverständlicher Werteorientierung:
„Wir Aktive der Burschenschaft Danubia sind eine Gemeinschaft junger Studenten aller Fachrichtungen und verschiedener regionaler Herkunft, die politisch aktiv sind und darüber hinaus ein ausgelassenes Studentenleben genießen. Freiwillig übernimmt jeder unserer Bundesbrüder Aufgaben, um so zur Bewahrung unserer Tradition und zur Erfüllung unseres burschenschaftlichen Auftrages beizutragen. Dabei bekennen wir uns zur deutschen Kultur und zum deutschen Volk und treten konsequent für das Selbstbestimmungsrecht aller Völker sowie für Meinungs- und Redefreiheit ein.“ (Website der Burschenschaft Danubia)
Nach der Beendigung des Studiums und dem damit einhergehenden Eintritt ins Berufsleben, dem Auszug aus dem Verbindungshaus und häufig auch dem Beginn von Eheleben und Familienplanung, so sieht es das burschenschaftliche Prinzip vor, werden die studierenden Burschenschafter der Aktivitas in den Status des „Alten Herren“ gehoben. Damit verbunden ist in der Regel auch eine Veränderung in der Art und zeitlichen Intensität der Aktivitäten und Aufgabenwahrnehmung für die Burschenschaft. Unberührt bleibt jedoch die Mitgliedschaft im Lebensbund und das Bekenntnis zu den Werten und Ideologien der Korporation und des Dachverbands.
„Mit Abschluss seines Erststudiums schied der Antragsteller im Sommer 2018 aus der Aktivitas aus und gehört ihr also seitdem nicht mehr an.“, erklärt Arndt Novak im Juli 2025. Das dürfte stimmen. Dabei lässt Novak jedoch unter den Tisch fallen, dass auch bei einem formalen Aufstieg aus der Aktivitas in den Status des „Alten Herren“ seine Mitgliedschaft in der und Aktivität für die Burschenschaft bzw. den Lebensbund nahtlos weiter bestehen. In seinem Fall, wie er stolz verrät, sogar in dritter Generation. Dass eine Verfestigung der Mitgliedschaft im Lebensbund mit einer Distanzierung von deren inhaltlicher Ausrichtung oder ideologischen Verortung einhergehen, hat dabei niemand je behauptet – nicht einmal der selbsterklärte FDGO-Fan Novak.
Pikante Entdeckung: Der Militärische Abschirmdienst (MAD) pennte – zu Novaks Gunsten
Pikant dürfte im dem Zusammenhang von Novaks Ausführungen in seiner Klageschrift vom Juli 2025 sein, dass er offen angibt, während seiner aktiven Zeit bei der Identitären Bewegung (2013-2017) seinen zwölfmonatigen freiwilligen Wehrdienst bei der Bundeswehr (Marine) abgeleistet zu haben (Oktober 2014 bis Oktober 2015). In derselben Zeit, also während seines Wehrdienstes, sei er in die neonazistische Aktivitas der Burschenschaft Danubia München eingetreten. Die galt zu dem Zeitpunkt bei den Behörden bereits seit gut dreizehn Jahren als verfassungsfeindliche, rechtsextreme Organisation. Dass er in dieser Organisations- und Führungsaufgaben übernommen habe, gibt Novak unumwunden zu.
Wie ein extrem rechter Aktivist während seines Wehrdienstes bei der Deutschen Bundeswehr in zwei rechtsextremen Organisationen engagiert und teils durch Funktionen eingebunden sein kann, ohne, dass der MAD, der VS oder irgend eine andere Behörde aufmerksam werden, ist zumindest peinlich.
Dass der Rechtsextremist dieses behördliche Versagen, welches sich bei dessen Einstellung als Rechtsreferendar im Justizsystem augenscheinlich wiederholte, nun als Argument nutzt, um seine vermeintliche Unbescholtenheit in Sachen Verfassungstreue zu belegen, mutet wirklich absurd an.
Andere Fälle zeigen, dass die behördliche Einschätzung von rechtsextremen Aktivitäten für entsprechende Organisationen auch komplett gegenteilig ausfallen kann.
Andere Springer scheiterten bereits an der Hürde „Verfassungstreue“
Die Pflicht zur Verfassungstreue verletze, wer sich in Deutschland für die Identitäre Bewegung betätigt, entschied der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) mit Urteil vom 19.04.2024 (Az. 2 WD 9.23). Heißt: Wer als Soldat den Ethnopluralismus unterstützt, verstößt gegen die Pflicht zur Verfassungstreue, so das BVerwG.
Damit wiesen die Leipziger Richter die Berufung des früheren Oberleutnants der Reserve, Felix Springer, gegen ein Urteil des Truppendienstgerichts zurück. Springer war 2018 suspendiert worden, 2019 aus dem Dienst ausgeschieden und ist nicht mehr berechtigt, einen militärischen Dienstgrad zu führen.
In seinem Urteil würdigt das Gericht ausführlich die ideologische Ausrichtung der Identitären Bewegung sowie das Engagement des früheren Bundeswehrsoldaten für die IB und seine Kontakte in die neurechte Szene. Der Mann hatte sich laut Gericht in den Jahren Jahr 2015 und 2016 aktiv für die Identitäre Bewegung Deutschland e.V. bzw. die Identitäre Bewegung Bayern engagiert. „Er wirkte beim Aufbau einer Regionalgruppe in Bayern, bei mehreren Demonstrationen und in einem Werbefilm der Identitären Bewegung mit“, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts.
Der bundesdeutsche Verfassungsschutz stuft die Identitäre Bewegung Deutschland zwar erst seit 2019 als gesichert rechtsextremistisch ein, die Beobachtung als Verdachtsfall begann aber bereits 2016. Auch der 2. Wehrdienstsenat des BVerwG hält fest, dass die Identitären „bereits 2015/2016 verfassungswidrige Ziele“ verfolgten. Ihre „weltanschauliche Ausrichtung ist (…) seit der Vereinsgründung im Jahr 2012 im Wesentlichen konstant“ teilt das Gericht mit. In Bayern begann die offizielle Einordnung und Beobachtung der IBD als rechtsextreme Organisation bereits im Januar 2016.
Die Bewegung ist laut Gericht „in zweierlei Hinsicht mit den Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar.“Erstens erachte sie nicht alle deutschen Staatsbürger als gleichwertig. Stattdessen nehme sie „eine gleichheitswidrige Unterscheidung in Deutsche ‚erster‘ und ‚zweiter Klasse‚“ vor. Maßgeblich dafür sei die „ethnisch-kulturelle Identität einer Person“. In diesem Zusammenhang spielt auch das Konzept der „Remigration“ eine Rolle, das laut BVerwG auf der Ideologie des Ethnopluralismus gründet. Demnach sollen Angehörige verschiedener Ethnien jeweils in ihrem Staatsgebiet leben bzw. dahin zurückkehren/verwiesen werden. Diese Positionen verstoße gegen „ein Kernelement des grundgesetzlichen Demokratieprinzips“ weil der Anspruch auf politische Teilhabe von ethnischer Herkunft abhängig gemacht wird, stellt das BVerwG fest.
Zweitens steht die Identitäre Bewegung „für ein identitäres Demokratieverständnis im Sinne Carl Schmitts.“ Im Konzept des Vertreters der Konservativen Revolution werden „Parlamentarismus und Mehrparteiensystem diskreditiert und abgelehnt.“ Gehe es nach dem Willen der Identitären, so würden Parteien und Parlament abgeschafft. Darin sieht das Leipziger Gericht einen „klaren Widerspruch zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung.“ Diese verbiete zwar nicht, repräsentative Demokratie durch direkte Demokratie zu ersetzen. „Den Rahmen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verlässt jedoch, wer den Parlamentarismus verächtlich macht, ohne aufzuzeigen, auf welchem anderen Weg dem Grundsatz der Volkssouveränität Rechnung getragen werden soll.“
Anschließend setzt sich das BVerwG im Urteil mit der Frage auseinander, inwiefern der Oberleutnant der Reserve die ideologische Ausrichtung der Identitären kannte und teilte und sich folglich aus Überzeugung in verfassungsfeindlicher Weise betätigte. Dafür sprachen hier nach Auffassung des 2. Wehrdienstsenats die engen Kontakte des Mannes in die neurechte Szene. Schon während seines Studiums sei er mit Vertretern der Neuen Rechten vernetzt gewesen, habe in der von Götz Kubitschek, dem Mitbegründer der Identitären Bewegung Deutschlands, herausgegebenen Zeitschrift „Sezession“ veröffentlicht und den damaligen stellvertretenden Vorsitzenden der Identitären gekannt. Dass er sich mit diesem für die Aufnahme eines Werbefilms zuhause getroffen habe, “rundet das Bild des gut informierten Insiders ab”, heißt es in dem Urteil.
Braune Äpfel und rechte Birnen im Vergleich
Zum Mitschreiben: Einem Soldaten, der in der Zeit um 2015/2016 in der IB Bayern aktiv war, fehlt es an Verfassungstreue und er muss die Bundeswehr und somit den Staatsdienst verlassen. Ein Jurastudent, der im selben Zeitraum (und weit darüber hinaus, nach eigenen Angaben von 2013 bis Mitte 2017) in derselben Organisation und Ortsgruppe der IB Bayern sogar als Funktionär aktiv war, lässt hingegen keine Zweifel an seiner Verfassungstreue aufkommen und darf deshalb ein Rechtsreferendariat im Staatsdienst absolvieren?
Wagen wir einen Vergleich:
- Von etwa Mitte 2015 bis Mitte 2016 engagierte sich der inzwischen wegen seiner IB Tätigkeit aus der Bundeswehr geworfenen Felix Springer bei der Gründung von IB-Ortsgruppen in Regensburg und Niederbayern sowie bei IB-Veranstaltungen in München. In derselben Zeit fungierte Arndt Novak als Aktivist der IB Bayern und stellvertretender Vorsitzender der IB-Ortsgruppe München und reiste als Bayerischer IB-Delegierter durch Europa.
- Im Falle des Soldaten Springer führt das Gericht an, dass dieser bereits in seiner Studienzeit Kontakte in die Neue Rechte pflegte. Die Kontakte Arndt Novaks in die selbe Szene, zu den teils selben Personen, beschränken sich dabei nicht einmal auf seine Studienzeit. Die Kontakte wie auch Kooperationen aktivistischer, publizistischer oder politischer Art, seit früher Jugend und bis heute anhaltend, sind im Falle Novak so zahllos, dass sich diesen eigene Recherchepublikationen widmen.
- Dem ex-Soldaten Felix Springer wird negativ ausgelegt, dass dieser in der extrem rechten, von Götz Kubitschek verlegten, Zeitschrift Sezession veröffentlichte. Auch Arndt Novak publizierte in Kubitscheks Sezession. Und dies nicht „nur“ als Gastautor. Novak berichtete in seinem Beitrag für die Sezession vom Staatspolitischem Salon, einer Veranstaltung des Instititut für Staatspolitik (IfS) in Halle. Thematisiert wird darin die Buchbesprechung des Werkes “Mit Linken leben“ der beiden neurechten Autor:innen Caroline Sommerfeld und Martin Lichtmesz (eigentlich: Martin Semlitsch) in Kubitscheks Antaios-Verlag.
- Dem ex-Soldaten Felix Springer wird zu Last gelegt, den damaligen stellvertretenden Vorsitzenden der Identitären Bewegung gekannt und für Aufnahme eines Werbefilms zu Hause getroffen zu haben. Arndt Novak war nicht nur mit dem Vorsitzenden sowie dem stellvertretenden Vorsitzenden der Identitären Bewegung Deutschland bestens bekannt. Er nahm außerdem am Deutschlandtreffen des IB-Vereins teil, bekleidete eine Führungsposition in der IB Bayern, fungierte als Demoanmelder, -reder und -ordner und ließ sich auf Werbebildern der IB Bayern für die IB-Internetauftritte ablichten. Er beherbergte außerdem hochrangige Funktionäre der IB im Danuben-Haus, als diese München besuchten.
- In seiner Rolle als Funktionär und Aktivist der Identitären Bewegung propagierte Novak nicht nur die antisemitische und rassistische Verschwörungserzählung vom „Großen Austausch“ sondern auch das verfassungs- und menschenrechtsfeindliche Konzept des Ethnopluralismus, welches die IB vertritt.
- Das Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) erklärte weiterhin, die IB vertrete als Organisation ein identitäres Demokratieverständnis im Sinne Carl Schmitts, welches den Parlamentarismus und Mehrparteiensystem diskreditiert und abgelehnt. Dies stehe im klaren Widerspruch zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Arndt Novak zeigte sich auch über seine Funktion in der IB hinaus als Fan Carl Schmitts. In einem gemeinsam mit Jonas Schick (Herausgeber der rechtsextremen Zeitschrift „Die Kehre“) verfassten und im „Freilich“-Magazin Nr. 2/2019 veröffentlichten Artikel, loben die beiden Autoren die Konservative Revolution und deren Wortführer Carl Schmitt. Schon in der bereits erwähnten SPIEGEL-Reportage aus dem Juli 2017 hatte Arndt Novak darauf verwiesen, Carl Schmitt häufig in seinen Hausarbeiten zu zitieren. Im Jahr darauf echauffierte sich Novak in seinem Podcast „Lagebesprechung“ über das behördliche Verbot der französischen IB-Gruppe „Bastion Social“. Hintergrund des Verbots sei, so Novak, dass der französische Präsident Macron wisse, dass „eine starke und junge Rechte (…) das ganze liberale Lügengebäude zum Einsturz bringen (kann)“. Ganz klar die Worte eines Anhängers der liberalen Demokratie.
- Im Jahr 2016 betrieb Arndt Novak (als aktiver IB-Funktionär und Danube) mit dem damaligen Neonazi Lukas Bals den Vlog Jugendmut (Youtube-Kanal, Internetblog und Facebookseite). Dieser verfolgte laut eigener Darstellung das Ziel, eine „identitäre Kontrakultur“ zu etablieren. Die Betreiber riefen deshalb zur „Aufnahme des politischen Kampfes auf ganzer Ebene“ auf und forderten, das „Heil im Angriff zu suchen.“ Am 20. Juli wurde auf dem Youtube-Kanal ein Vlog veröffentlicht, in dem es unter anderem hieß: „zerstört das System, dieses allumfassende System, bevor es eben euch zerstört.“. Jugendmut pflege somit eine Diktion, die gewaltbefürwortende Elemente enthält, urteilt der Verfassungsschutzbericht Bayern 2016 im Kapitel „Rechtsextremismus“ auf S. 160.
All dies ist natürlich irrelevant angesichts dessen, dass Arndt Novak beim OLG München eine Erklärung unterzeichnete, in welcher er verspricht, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu bejahen und aktuell nicht gegen sie zu arbeiten. „Seit Dienstantritt sind keine besonderen Vorkommnisse zu verzeichnen.“, teilt das Innenministerium außerdem selbstbewusst über Arndt Novak im Rechtsreferendariat mit. Na das klingt doch äußerst beruhigend, mit Blick auf die wirklich zuverlässige und kritische Beobachtung des Rechtsextremen durch die Behörden in der Vergangenheit. Immerhin können wir festhalten: Arndt Novak grüßt in den Gängen des Gerichts nicht regelmäßig den Führer und hat auch ansonsten nicht vor seinen Vorgesetzten damit geprahlt, kurz vor einem Regimesturz zu stehen. Damit ist die Minimalanforderung an Verfassungstreue im Freistaat Bayern ja im Grunde schon übererfüllt.
Auf der Seite der Kampagne „Völkische Verbindungen Kappen“ findet ihr ausführliche Recherchebeiträge, aber auch Dossiers über Burschenschaften und andere „elitäre“extreme Rechte.













