Der Abend des 9. November 1938: In ganz Deutschland sowie in Österreich und der Tschechoslowakei brennen Synagogen und jüdische Geschäfte. Jüdinnen und Juden werden in ihren Wohnungen überfallen, zusammengeschlagen, verschleppt, in vielen Fällen ermordet. Am folgenden Tag werden Häuser, Wohnungen und Geschäfte geplündert. Der ohnehin schon grassierende Antisemitismus schlägt der jüdischen Bevölkerung in der Reichspogromnacht mit einer neuen Eskalationsstufe entgegen. Die Überfälle, Brandstiftungen und Plünderungen waren keine spontanen Einfälle, sondern geplant und organisiert von NSDAP, SA und Behörden des faschistischen Staates. Auch in Landau wurde in der Reichspogromnacht die Synagoge angezündet und am 9./10. November insgesamt 18 Wohnungen und Häuser geplündert. Der 9. November 1938 markiert einen Eckpfeiler für den systematischen Massenmord an Jüdinnen und Juden in ganz Europa. Der 9. November ist daher ein Tag, an dem wir jedes Jahr allen Gefolterten, Deportierten und Ermordeten der faschistischen Gewaltherrschaft gedenken.
Antisemitismus ist dabei aber kein Phänomen aus der Zeit des deutschen Faschismus, wenngleich er dort in seiner bisher widerwärtigsten Form zu Tage trat. Antisemitische Verschwörungsmythen und Verklärungen gesellschaftlicher Probleme haben vor allem in Krisenzeiten Hochkonjunktur. Hinzu kommt die Tatsache, dass es in der BRD der Nachkriegszeit nie eine wirkliche Entnazifizierung gab. Das wird an der Tatsache deutlich, dass Faschisten ungestört in ihren alten Berufen und Wirkungsstätten, von Richter über Arbeitgeberpräsident bis Bundeskanzler, weiter agieren konnten sowie den deutschen Sicherheitsapparat neu aufbauten – eine Kontinuität, die sich noch lange fortsetzen sollte. Die 2021 verstorbene Shoa-Überlebende und Antifaschistin Esther Bejarano sagte daher folgerichtig: „Im Kampf gegen Nazis kann man sich auf den Staat überhaupt nicht verlassen.“
Antifaschismus und die Losung, dass sich die Geschichte nicht wiederholen darf, muss unser aller Aufgabe sein. Deshalb heißt erinnern immer auch kämpfen. Dagegen kämpfen, dass sich wieder faschistische Parteien und Ideologien tiefer ins gesellschaftliche Leben drängen, an Akzeptanz und letztlich an Einfluss gewinnen. Dagegen kämpfen, dass sich antisemitische Denkmuster weiter verbreiten. Dagegen kämpfen, dass Jüd:innen als Sündenböcke für die kapitalistische Krise hergenommen werden. Dagegen kämpfen, dass die Geschichte verdreht oder vergessen wird. Und dagegen kämpfen, dass wieder Davidsterne an Haustüren gemalt und Brandsätze an jüdische Einrichtungen geworfen werden.
Wenn wir „Nie wieder!“ sagen, dann meinen wir das auch so. Dann meinen wir nicht nur den Antisemitismus. Dann meinen wir auch generell, dass nie wieder Menschen aufgrund von Religion, Herkunft oder anderer Merkmale entrechtet und entwürdigt werden dürfen. Wir verwehren uns der aktuellen rassistischen Stimmungsmache im Land, dem Geschrei vom „importierten Antisemitismus“, dem Streben nach mehr Abschiebungen von AfD über CDU bis hin zu den Grünen. Wir erkennen, dass einen wirklichen Frieden zwischen den Menschen nur erkämpft, wer gleichauf gegen Antisemitismus, Rassismus und Unterdrückung kämpft.
Nie wieder Faschismus! Nie wieder Antisemitismus! Nie wieder Krieg!
Wann? Am 9. November 2023 um 17:00 Uhr Wo? Synagogenmahnmal
