Nächtlicher Besuch bei Securitas-Chefs in Bern

In der Nacht auf heute, 20. Mai 2022, haben wir Securitas-CEO Daniel Liechti und Verwaltungsratspräsident Hans Winzenried zu Hause besucht und Botschaften an den Wänden und Auto hinterlassen. Wir schliessen uns damit der Nachricht vom 08. April 2022 an (Angriff auf die Häuser der Securitaschefs).
Am 24. April 2022 wurde Jamilia in dem Asylcamp Büren an der Aare von ihrem Ehemann getötet. Obwohl Jamilia die Campleitung über die anhaltende Gewalt ihres Mannes informierte, unternahm diese nichts um ihr Leben zu schützen. Die 7 köpfige Familie musste weiterhin in einem kleinen Zimmer ausharren und sich der Gewalt des Mannes aussetzen.

Dieser Feminizid macht uns traurig, aber vor allem wütend. Wütend über das rassistische und patriarchale System, das immer wieder zu Feminiziden führt. Wütend über das Asylregime, das gerade Frauen, Mädchen, Trans und Nonbinäre Personen mehrfach bedroht. Wütend über all die Leben, die durch dieses rassistische und sexistische System zerstört werden.

Mit dieser Wut im Bauch sind wir losgezogen und haben die Luxuskarosse von Securitas-CEO Daniel Liechti Zuhause in Büren versprayt und das Garagetor von Verwaltungsratspräsident Hans Winzenried in Stettlen mit der Botschaft «Securitas tötet» verschönert. Die Securitas und ihre Chefs sind mitverantwortlich und interessiert an diesem System, weil sie darin angebliche Sicherheit versprechen und verkaufen.

Die sogenannten Sicherheitsangestellten, aber auch die meisten Anderen, die in diesen Camps arbeiten, sind nicht nur absolut inkompetent im Umgang mit patriarchaler Gewalt, sondern reproduzieren diese selbst immer und immer wieder – es gibt weder Schulungen, noch sonstige Auseinandersetzungen damit. Frauen, Mädchen, Trans und Nonbinäre Menschen werden in diesen Camps gezwungen auf engstem Raum zu wohnen und sind der Gewalt durch das Asylregime ohne Schutzmassnahmen ausgesetzt. Geschlechtsspezifische Fluchtgründe und Fluchterfahrungen werden nicht genügend anerkannt.

Zitat aus dem Fiasko 6 (07/20) – FLINT:
„Die gewaltvollen Erfahrungen auf den Migrationsrouten ziehen sich im Schweizer Lager- und Gefängnissystem nahtlos weiter. In den Lagern gibt es kaum Privatsphäre, schlechte sanitäre Anlagen und Hygienemittel, sowie dürftigen Schutz vor Übergriffen, Bedrohungen und Diskriminierung. In den Kollektivunterkünften sehen sich intersexuelle, non-binäre und trans-Menschen häufig gezwungen, ihre Identität zu verstecken. Immer wieder kommt es zu Gewaltandrohungen, Übergriffen, Mobbing und Beschimpfungen gegen Menschen, die nicht typisch männlich oder weiblich auftreten. Nur wenige lesbische, inter-, non-binäre oder trans-Menschen erhalten einen positiven Asylentscheid auf Grund ihrer spezifischen Gewalterfahrungen. Genauso werden auch frauenspezifische Fluchtgründe nicht ausreichend berücksichtigt.“

Zitat aus Fiasko 6 (07/20), Lageralltag mit Kleinkind, Menstruation und Securitas:
„In ständiger Aufmerksamkeit und Angst um den eigenen Körper zu leben, bedeutet hohen Stress und ist für viele Frauen in Asylcamps die tägliche Realität. Es ist Gewalt, keinen Raum zu haben, um sich zurückzuziehen. Es ist Gewalt, wenn Frauen in der Nacht den Weg zur Toilette nicht wagen, weil sie Angst um ihre Körper haben. Es ist Gewalt, sexualisierte Gewalt nicht als Fluchtgrund anzuerkennen. Es ist Gewalt, FLINT-Personen in retraumatisierenden Verhältnissen einzusperren. Es ist Gewalt, Aufsichtspersonal zu unterliegen und noch mehr Gewalt ist es, wenn FLINT-Personen männlichem Aufsichtspersonal unterliegen“

 

Die Sicherheitsangestellten in den Camps schützen nicht die Menschen, sondern halten die repressive Ordnung aufrecht. Um sich tatsächlich zu schützen und gegen die Gewalt zu wehren, braucht es selbstorganisierte Strukturen und Netzwerke, die einander entschlossen verteidigen und die Ursachen der Gewalt bekämpfen. Es braucht die Abschaffung der Asylpolitik und die Schliessung dieser Form der Camps. Menschen müssen selbstorgansiert und solidarisch leben können. Sicherheitsfirmen, staatliche Institutionen – Polizei, Sozialarbeit, Migrationsdienst … – müssen angegriffen und überwunden werden.

 

Die Männer, die wir in der Nacht besuchten sind die, die von diesem System auf allen Ebenen profitieren, sie häufen das Geld und die Macht an, die sie von migrierten Menschen, von den kolonialisierten Regionen, von den mehrfach ausgebeuteten Frauen, Trans und Nonbinären Menschen, von den Menschen die den Bomben der Reichen ausgesetzt sind, von den ausgebeutetenden Arbeitenden weltweit, gestohlen haben. Doch dies geschah – und wird nie ohne Widerstand geschehen. Überall bekämpfen Menschen das herrschende, ausbeutende System und verteidigen sich und ihr Umfeld. Von allen Seiten und mit den unterschiedlichsten Mittel wird dieses System zu Fall gebracht.

Zitat aus Fiasko 6 (07/20) – Allerweltsprobleme Migrant*innen:
„Wo immer wir sind, müssen wir unsere Forderung nach einer unbegrenzten klassenlosen Welt angesichts der schmutzigen Vereinbarungen der kapitalistischen Staaten erhöhen. Wir müssen die Völker der Welt daran erinnern, dass der Feind mit einer Limousine kommen wird, nicht mit einem Boot. Es ist die Solidarität, welche uns wahrlich retten wird, und nicht die scheinheilige Hilfe der sogenannten demokratischen Länder. All den rassistischen Einstellungen entgegen müssen wir die antifaschistische Bewegung ausbauen und an die Grenzen strömen und diese einreissen.“

 

Im Artikel Angriff auf die Häuser der Securitaschefs wurde behauptet Armin Berchtold wäre der CEO der Securitas AG. Dieser hat die Kontrolle aber Anfang 2022 an Daniel Liechti übergeben. Das heisst natürlich nicht, dass wir die Attacke auf das Haus von Berchtold nicht begrüssen würden. Armin Berchtold hat immer noch etwa 30 Verwaltungsratsmandate bei der Securitasgruppe inne. Zudem ist er Vizepräsident der Rüstungskommision des Bundes und berät die Armee bei der Aufrüstung ihrer neuen Todesspielzeuge.

PS an die Medien: Ihr sprecht in euren Artikeln davon, dass es kein Einzelfall sei – damit meint ihr jedoch nicht die systematischen Übergriffe und Zermürbung der Menschen in den Camps, sondern den Widerstand dagegen. Zum Glück sind diese Aktionen keine Einzelfälle und wir werden alles daran setzen, dass diese mehr und mehr werden. Dass ihr bei diesen Artikeln jedes Mal auf eine angeblich getötete Katze aus Basel zu sprechen kommt, anstatt die Gewalt gegen die Bewohnenden der Camps zu benennen, anstatt die Namen der durch dieses System Getöteten zu nennen und die Struktur dahinter aufzuzeigen, erstaunt uns kaum, zeigt es doch klar, auf welcher Seite ihr steht und wie ihr euch an jedem Grashalm klammert, um eine Bewegung zu delegitimieren – was euch jedoch nicht gelingen wird. Die Kämpfe gegen das herrschende System sind nicht nur legitim, sondern notwendig.