Braune Fusion

Neonazis von »Die Rechte« konstituieren sich als neuer NPD-Kreisverband.

Es rumort in der Dortmunder Faschistenszene: Anfang Januar gaben altbekannte Neonazis der Splitterpartei »Die Rechte« über einen Telegram-Kanal bekannt, sich als neuer NPD-Kreisverband konstituiert zu haben. Zukünftig werde man unter dem Namen »Heimat Dortmund« firmieren. Ab sofort wolle man die »politische Arbeit unter dem organisatorischen Dach der NPD weiterführen und den strategischen Kurs der Partei zur Neuausrichtung unter dem Namen ›Die Heimat‹ unterstützen«, heißt es in dem Statement. Eine Mehrheit von Funktionären und Mitgliedern innerhalb der NPD verfolge seit einiger Zeit den Plan, die Partei strategisch neu auszurichten. Dabei gehe es auch um »zeitgemäßeres« Auftreten. Mit der Umbenennung in »Die Heimat« wolle man ein »deutlich sichtbares Zeichen für einen Neuanfang« setzen, heißt es weiter.

In der Bundes-NPD war das Vorhaben, sich in »Die Heimat« umzubenennen, erst Mitte 2022 gescheitert. Zugleich wurde dort betont, dass die Namensänderung nach und nach auf den verschiedenen Ebenen vollzogen werden soll. Außerdem sollten Netzwerkstrukturen aufgebaut und neue »Bündnispartner« gefunden werden. Um »regionaler Motor« in der Bewegung und bei Straßenprotesten zu sein, werde dabei auf »Netzwerktage« gesetzt. Ob das die angebliche Erneuerung werden soll, von der auch in einem gemeinsamen Videoauftritt des neuen NPD-Kreisvorsitzenden Sascha Krolzig (einst stellvertretender Bundesvorsitzender von »Die Rechte«) und dem NPD-Chef Frank Franz vollmundig die Rede war, bleibt abzuwarten. Ein erstes gemeinsames Arbeitstreffen des neuen Kreisverbandes und der NPD-Spitze habe bereits wenige Tage nach der Fusion stattgefunden, ließen sie dort verlauten.

Der Rest der Erklärung besteht mehr oder weniger aus Füllsätzen. Da ist von »stumpfen Schwertern« die Rede, die nicht mehr geschärft werden können. Gemeint ist damit das Parteiprojekt »Die Rechte« des Hamburger Neonazis Christian Worch, dem sich die Dortmunder Faschisten nach dem Verbot des »Nationalen Widerstandes Dortmund« im Jahr 2012 angeschlossen hatten. Doch man wolle auch weiterhin »als Kameraden eng zusammenarbeiten«, heißt es offiziell.

Ob es sich um einen »Aufbruch« handelt oder es nicht vielmehr Verwerfungen in beiden Zusammenschlüssen gegeben hat, wird sich zeigen. Nicht auszuschließen ist, dass in Dortmund mit Mühe versucht wird, eine gemeinsame Struktur am Leben zu erhalten. Es spricht einiges dafür, dass den verbliebenen Neonazis von »Die Rechte« langsam aber sicher die Puste ausgeht. Bei der lokalen NPD sieht es vermutlich nicht besser aus, ist die Partei doch inzwischen weder im Rat noch in einer der zwölf Bezirksvertretungen präsent. »Die Rechte« verfügt hingegen über ein Ratsmandat und je einen Sitz in den Bezirksvertretungen Eving und Huckarde, die nun ebenfalls unter dem Label »Heimat Dortmund« weiterlaufen werden. Bei der Kommunalwahl im September 2020 hatten beide Parteien ein Debakel erlitten, zur Landtagswahl im Mai 2022 waren sie gar nicht mehr angetreten.

Helmut Manz von der VVN-BdA Dortmund zeigte sich im jW-Gespräck skeptisch, dass die Neonazis hier einen »Aufbruch« organisieren. Es handle sich um »ein Zeichen der Schwäche«: »Die können ihre Strukturen nicht aufrechterhalten und haben Angst, den Parteienstatus zu verlieren«, so der Antifaschist. Im braunen Lager habe es zuletzt erkennbar Probleme gegeben, die Formalia zu organisieren, die garantieren, vom Parteienprivileg profitieren zu können.

Ein weiteres Problem: Der Weggang von Michael Brück, der nach Jahren als Führungsperson der Dortmunder Neonaziszene Ende 2020 das Handtuch geworfen hatte und nach Chemnitz verzogen war. Dieser sei »der letzte von denen mit demagogischer Kernkompetenz« gewesen, ist sich Manz sicher. Dennoch: Die Neonazis seien weiterhin gefährlich, es brauche weiterhin Gegenwehr. Es bestünde immer die Gefahr, dass sich die Lage auch relativ kurzfristig ändern könne, so Manz.


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