Haftpause zwecks Amtseid

Mitbegründer der verbotenen Neonazipartei »Chrysi Avgi« erhält eigenen Termin für Vereidigung als Stadtrat von Athen

Der Faschist bekam seine eigene Zeremonie: Am Freitag morgen ist mit Ilias Kasidiaris ein führender Vertreter der mittlerweile in Griechenland verbotenen Neonazipartei »Goldene Morgendämmerung« (Chrysi Avgi) als gewähltes Mitglied des Athener Kommunalparlaments vereidigt worden. Sein Auftritt war nur von kurzer Dauer. Nach dem formellen Ablegen des Amtseids wurde der von Polizeibeamten begleitete Gründer der »Nationalen Partei – Griechen« wieder abgeführt, wie das Portal Greek City Times am Freitrag berichtete. Seit Oktober 2020 sitzt der 43jährige im Hochsicherheitsgefängnis Domokos ein.

Einen Tag zuvor hatte die offizielle Amtseinführungszeremonie des Athener Stadrats auf dem Marktplatz von Kypseli stattgefunden. In Erwartung, dass auch Kasidiaris daran teilnehmen würde, hatten sich nicht nur dessen faschistische Anhänger, sondern auch antifaschistische Gegenproteste organisiert. Fotos, die von der griechischen antikapitalistisch-kommunistischen Zeitschrift Prin, vom griechischen Bündnis »Wir bleiben aktiv« und von der Athener Initiative »Antikapitalistische Subversion« per X (ehemals Twitter) und Facebook veröffentlicht wurden, zeigen über hundert Teilnehmende. Die Nazigegner begrüßten laut einer Mitteilung des Bündnisses, dass der Auftritt des ehemaligen »Morgendämmerung«-Mannes am Donnerstag durch den Protest habe verhindert werden können.

Offiziell war laut einem Bericht des Portals Proto Thema vom Freitag die Entscheidung von den Behörden getroffen worden, Kasidiaris’ Vereidigung um einen Tag zu verschieben. Aus Angst vor Zwischenfällen, wie es im Bericht heißt. Der verweist auf andere Medienberichte, wonach offenbar nun die gesetzlich vorgesehenen Wege zur Absetzung des Faschisten als Stadtrat eingeleitet werden. Sein Amt werde er aufgrund seiner anhaltenden Inhaftierung nicht ausüben, er gelte als beurlaubt.

Kurzer Antrittsbesuch: Ilias Kasidiaris (2. v. r.) in Handschellen am Freitag in Athen

Kasidiaris hatte im Oktober 2023 bei den Wahlen für den Stadtrat knapp über acht Prozent der Stimmen auf sich vereinen können, obwohl er wegen seiner führenden Rolle in der für illegal erklärten Partei »Goldene Morgendämmerung« derzeit eine Haftstrafe von 13 Jahren und sechs Monaten absitzt. Für einen Tag das Gefängnis verlassen zu können, hatte Kasidiaris selbst beantragt. Schon 2014 hatte er als verurteilte Führungsfigur der kriminellen Organisation »Goldene Morgendämmerung« an der Vereidigung des damaligen Athener Bürgermeisters, Giorgos Kaminis, teilgenommen. Damals kam es zu »Zwischenfällen«, wie Proto Thema am Freitag berichtete.

Ursprünglich wollte Kasidiaris als Bürgermeister ins Rathaus der griechischen Hauptstadt einziehen. Für seine Kandidatur hatte er über seine Anwältin eine Erklärung veröffentlichen lassen, in der er versprach, dass die Stadt ihre »griechische Identität« und ihren »historischen Charakter zurückgewinnen« und »sich nicht der Globalisierung und der Unterwanderung der griechischen Bevölkerung unterwerfen« werde, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland am 30. Juli 2023 berichtete. Demnach trägt Kasidiaris auf dem linken Oberarm übrigens eine große Hakenkreuztätowierung.

Aus dem Gefängnis heraus soll er starken Einfluss auf die griechischen Parlamentswahlen genommen haben. Bei den Wahlen am 25. Juni 2023 schaffte es die bis dato fast unbekannte faschistische Partei Spartiates aus dem Stand als fünftstärkste Kraft mit 4,6 Prozent ins Parlament. Angeblich soll ein Wahlaufruf von Kasidiaris an seine Anhänger dazu geführt haben, wie griechische Medien am Tag nach der Abstimmung berichtet hatten. Der Parteichef der »Spartiaten«, Vassilis Stigas, hatte sich noch am Wahlabend für den Aufruf bei Kasidiaris bedankt: Dessen Unterstützung sei »der Treibstoff für das Wahlergebnis« gewesen, sagte Stigas vor Journalisten. Kasidiaris war zuvor mehrfach vor Gericht mit dem Ansinnen gescheitert, selbst bei den Wahlen zu kandidieren.