Agentin in einer Männerarmee

Mit 21 verraten und von Nazis ermordet: Antifaschistische Widerstandskämpferin Eugénie Djendi vor 100 Jahren in Algerien geboren.

Die Bedeutung der Résistance von Französinnen bei der Befreiung von Faschismus und Krieg wird heute nicht mehr totgeschwiegen. Unsichtbar geblieben sind allerdings die Tausenden Frauen aus den französischen Kolonien in Schwarz- und Nordafrika, die ihr Leben »für Frankreich« opferten. Eine von ihnen, Eugénie Djendi, wurde erst vor kurzem entdeckt. Sie war 21 Jahre alt, als die Nazis sie ermordeten. Am kommenden Sonnabend jährt sich ihr Geburtstag zum 100. Mal.

»Les Merlinettes«

Djendi wuchs zunächst in Bône (Annaba) im Osten Algeriens auf, dann in Algier ab 1928 mit ihrer korsischen Mutter nach der Scheidung der Eltern. Der Vater, ein algerischer Muslim syrischer Abstammung, war Landbesitzer. Als französische Kolonie gehörte Algerien 1940 zur Freien Südzone, zwei Jahre später jedoch war es bereits besetztes Gebiet. Nach der Landung der US-amerikanischen und britischen Alliierten in Nordafrika Anfang November 1942 wurde eine zweite Front eröffnet und eine französische Armee aufgebaut. Soldaten wurden gebraucht, Frauen ebenfalls, so im militärischen Kommunikations- und Informationsbereich. Eugénie Djendi meldete sich und wurde im Januar 1943 in einer Funkeinheit der Spionageabwehrorganisation gegen die Nazis rekrutiert, dem »Corps féminin des transmissions«, genannt »les Merlinettes« nach dem General Lucien Merlin. Die 1942 gegründeten »Merlinettes« (etwa 2.000 Frauen) waren die ersten weiblichen Soldaten der französischen Armee.

Djendi beteiligte sich im April 1943 an den Kampfhandlungen der Alliierten gegen das faschistische Italien und die Truppen des Generalfeldmarschalls Erwin Rommel in Tunesien. Da wurde sie vom Militärsicherheitsdienst in Algier, dem Bureau Central de Renseignement et d’Action, angeworben. Sie erhielt eine Ausbildung in Kampfsport, im Umgang mit Waffen und Sprengstoff, Schießübungen, sie lernte das Fallschirmspringen und die Vorbereitung zu klandestinen Aktionen. Zur weiteren Ausbildung ging sie für einige Monate nach London, wo Djendi auf drei weitere französische Soldatinnen, Marie-Louise Cloarec, Pierrette Louin und Suzanne Mertzizen traf. Sie bekam eine neue Identität und nannte sich fortan Jenny Silvani.

Kämpfte unter dem Decknamen Jenny Silvani gegen Faschisten im besetzten Frankreich: Eugénie Djendi (undatiert)

Im April 1944 war es dann soweit. In einer Vollmondnacht, Abflug mit einer »Halifax«-Maschine, Landung mit dem Fallschirm im Departement Loiret. Am Waldrand sollten »Jenny« und zwei weitere Agenten von Résistance-Kämpfern erwartet werden. Kaum im Weiher Saint-Florent-le-Jeune nahe Sully-sur-Loire gelandet, wurde sie jedoch von der Gestapo gefasst, in Orléans und Paris mehrmals verhört, wahrscheinlich in der Avenue Foch gefoltert. Der deutsche Führungsstab hielt sie nun im Gefängnis Fresnes fest. Über diese Zeit gibt es kaum Spuren. Bekannt ist, dass die 21jährige Eugénie Djendi mit drei anderen »Merlinettes«, Marie-Louise Cloarec, Pierrette Louin und Suzanne Mertzizen, am 11. August 1944 nach Ravensbrück deportiert wurde.

Posthume Ehrung

Nach der Landung der Alliierten in der Normandie hatte sich die Lage für die Wehrmacht geändert, man wollte die Inhaftierten schnell loswerden. Anfang September kamen die vier Frauen im Konzentrationslager an. Noch hofften sie, wie männliche Soldaten als Kriegsgefangene behandelt zu werden. Ihre Forderungen diesbezüglich wurden abgelehnt. Am 18. Januar 1945 wurden sie mit Genickschuss von der SS erschossen und anschließend verbrannt.

Erst im April 1948 erfuhr die Familie von den Todesumständen. Eugénie Djendi erhielt posthum die Médaille de la Résistance. Im 15. Pariser Arrondissement befindet sich heute ein nach ihr benannter Garten. Djendis Name findet sich außerdem auf Gedenktafeln auf dem Mont Valérien, der Hinrichtungsstätte der faschistischen Besatzungsmacht westlich von Paris, im britischen Tempsford Memorial (Bedforshire) und auf der Grabinschrift ihrer Familie in Ucciani auf Korsika.