Verbindungen auflösen! Eine antifaschistische Perspektive auf das Verbindungswesen

Inhaltsverzeichnis:

  1. Alles Burschis? Ein kurzer Einblick in die Ausprägungen des studentischen Verbindungswesens
  2. Dachverbände als Zusammenschlüsse einzelner Studentenverbindungen
  3. Antisemitismus in studentischen Verbindungen
  4. Rassismus in studentischen Verbindungen
  5. Geschichte studentischer Verbindungen
  6. Organisation, Rituale und Seilschaften
  7. Verbindungen nach Rechts
  8. Antifeminismus, Sexismus, Männlichkeit – Damenverbindungen als „Feigenblätter“
  9. Werdet aktiv!
  10. Liste studentischer Verbindungen in Tübingen
  11. Das Korporierten-ABC

Wir wollen einen kurzen Einblick in das Verbindungswesen, seine verschiedenen Ausprägungen, seine Geschichte und die Tübinger Verbindungen im Speziellen geben. Dafür haben wir uns, das Offene Treffen gegen Faschismus und Rassismus in Tübingen und die Region (OTFR) und die Ernst Bloch Universität Tübingen, zusammengeschlossen. Es soll eine Broschüre sein, die ihr euch mitnehmen könnt um auch in der Schnelle einen fundierten Überblick zu erhalten und sie im Zweifelsfall auch zu Rate zu ziehen, um Argumente eines Verbindungsstudenten zu entkräften. Der Zweck, zu dem wir sie schreiben steht dem Anspruch einer gänzlichen Vollständigkeit entgegen. Dementsprechend weisen wir am Ende auf längere Broschüren hin. Im letzten Teil der Broschüre findet ihr das Korporierten-ABC. Hier werden Begriffe des Verbindungswesen in einfache Sprache übersetzt. Außerdem findet ihr dort auch eine Übersicht aller Tübinger Studentenverbindungen, mit ihrem jeweiligen Sitz, ihrem Dachverband ihrer Zugehörigkeit zum „Arbeitskreis Tübinger Verbindungen“ (AKTV) und vielem mehr.

Aber warum schreiben wir gerade über Verbindungen eine Broschüre?

In Tübingen leben etwa 600 aktive Korporierte, die in 36 aktiven Verbindungen organisiert sind. Davon sind 10 pflichtschlagend, 3 fakultativ schlagend und 23 nichtschlagend. Abgesehen von 6 gemischten Verbindungen und 3 reinen Damenverbindungen handelt es sich um reine Männerbünde. Außer 8 Bünden sind alle farbentragend, was auch beispielsweise auf dem offiziellen „Dies Universitatis“ der Universität Tübingen zur Schau gestellt wird. Verbindungen, und in ihrer speziellen Ausprägung vor allem Burschenschaften, sind gesellschaftliche Räume, in denen rückwärtsgewandtes Gedankengut täglich reproduziert und gestärkt wird. Sie leben den Gesellschaftsentwurf rechter Parteien, wie der sog. AfD bereits im Jetzt und treiben damit die aktuelle gesellschaftliche Entwicklung nach Rechts gleichsam voran, wie sie von dieser profitieren. Die AfD rekrutierte einen großen Anteil ihrer Mitarbeiter für die Fraktionen aus dem korporierten Milieu, welche in relativ kurzer Zeitspanne aufgebaut werden mussten.

Blockaden gegen das Burschenfrühschoppen, Mai 2018

Seit einigen Jahren verfolgt die korporierte Szene in Tübingen – vertreten durch den AKTV – den Versuch, korporierte Tradition und entsprechendes öffentliches Auftreten in Tübingen zu normalisieren. So organisiert der AKTV, an dem sich fast alle Tübinger Verbindungen beteiligen, jährlich im Mai einen sog. Bürgerfrühschoppen, oder eher Burschenfrühschoppen, ein vermeintlich offenes Fest, vor der alten Burse, an dem auch der derzeit amtierende Oberbürgermeister Boris Palmer jährlich in Form einer Grußrede teilnimmt. Dieses Event löste das über Jahre hinweg am 1. Mai stattfindende Maisingen ab. Eine Tradition, bei der Verbindungsstudenten abends in einem Fackelmarsch vom Österberg in die Tübinger Altstadt zogen und deutschtümelnde Lieder sangen. Dies rief regelmäßig tausende Gegendemonstrant*innen auf den Plan, die den Korporierten deutlich machten, dass für derartige Tradition in Tübingen kein Platz ist. Auch gegen das Burschenfrühschoppen formierte sich in den letzten Jahren antifaschistischer Protest.

Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen und Durchblättern!
In diesem Sinne: Rechten Eliten keine Plattform bieten!

 

1. Alles Burschis? Ein kurzer Einblick in die Ausprägungen des studentischen Verbindungswesens

Burschenschaften, Turnerschaften, Sängerschaften, Corps, katholische Verbindungen, Damenverbindungen. Es existieren schlagende und nichtschlagende, farbentragende und nicht farbentragende Bünde, neben reinen Männerbünden auch gemischte, und seit den 1980er Jahren sogar reine Damenverbindungen. Im alltäglichen Sprech und in der Öffentlichkeit werden Verbindungsstudenten oft pauschal als Burschis und Verbindungen als Burschenschaften bezeichnet. Doch bei genauerem Betrachten fällt auf, dass das nicht ganz richtig ist. Das Verbindungswesen ist breit gefächert und kann verwirrend sein. Gemein haben Verbindungen doch alle die abgestufte Mitgliedschaft, das Lebensbundprinzip und die strikte Durchführung alter Traditionen. Dazu gehören auch Feierriten, wie sog. Kneipen, bei denen nach festgelegten Regeln getrunken, gesungen und gefeiert wird. Viele Verbindungen eint ein starker Nationalismus, Sexismus und autoritäre, hierarchische Strukturen.

Burschenschaften als eine Ausprägung von Studentenverbindungen

Burschenschaften sind reine Männerbünde. Frauen sind aufgrund ihres Geschlechts strukturell ausgeschlossen. Burschenschaften sind politische Studentenverbindungen. Dies wird weniger durch eine gemeinsame Parteizugehörigkeit, sondern mehr im völkischen Denken greifbar. Also die Auffassung, dass Menschen in verschiedene Völker unterteilt sind, die sich grundlegend voneinander unterscheiden. So nehmen viele Burschenschaften nur Menschen „deutscher Abstammung“ auf. Alle Burschenschaften sind farbentragend, das heißt sie tragen ein Band in den Farben der Burschenschaft und eine dazugehörige Studentenmütze. Ein Großteil der Burschenschaften sind auch bis heute schlagend, sie richten also sog. Mensuren, studentische Fechtkämpfe, mit anderen Studenten und auch anderen Burschenschaften aus. Burschenschaften sind Einzelverbände, die wiederum oft in burschenschaftlichen Dachverbänden organisiert sind.

Akademikerball in Wien 2017
Burschentag, Eisenach 2013

Übrigens: der geschätzte Gesamtanteil von Frauen am Verbindungswesen, die in gemischten Verbindungen/Damenverbindungen organisiert sind, liegt bei gerade einmal 1-5%. In Tübingen gibt es unter insgesamt 36 Verbindungen mittlerweile 2 reine Frauenverbindungen und 4 gemischte Verbindungen.

2. Dachverbände als Zusammenschlüsse einzelner Studentenverbindungen

Die Dachverbände der studentischen Verbindungen sind die Zusammenschlüsse, in denen Verbindungen sich städte- und teils auch länderübergreifend organisieren. Im deutschsprachigen Raum existieren drei burschenschaftliche Dachverbände. Sie unterscheiden sich vor allem in der jeweiligen Auslegung und Umsetzung ihrer völkischen Ideologie. Es gibt die Deutsche Burschenschaft (DB), die 1996 von der DB abgespaltene Neue deutsche Burschenschaft (NDB) und die 2016 aus einer Abspaltung der DB gegründete Allgemeine deutsche Burschenschaft (ADB). Diese drei burschenschaftlichen Dachverbände und insbesondere die DB können der extremen Rechten zugeordnet werden. Das heißt aber nicht, dass die anderen Dachverbände, wie die der Turnerschaften, Sängerschaften u.v.m., aber auch die der kirchlichen Verbindungen frei von Diskriminierung und rechtem Gedankengut sind, sich von rechten Parteien und Verbänden gänzlich distanzieren, oder sich kritisch mit ihrer Geschichte im deutschen Faschismus auseinandersetzen. So sitzt zum Beispiel Lars Patrick Berg, Mitglied der katholischen Verbindung Guestfalia, im Landtag für die AfD.

Die Deutsche Burschenschaft (DB) als Beispiel für einen burschenschaftlichen Dachverband

Mit der Befreiung vom deutschen Faschismus durch die Alliierten im Jahr 1945 wurden auch die Burschenschaften verboten. 1950 gründete sich, nicht unumstritten, die DB im damaligen Westdeutschland neu. In der DDR blieben sie bis zum Ende verboten. Neben Burschenschaften aus der BRD gehören der DB aktuell auch 21 Burschenschaften aus Österreich an. Was nicht verwunderlich, sondern nur eine Konsequenz aus ihrer politischen Forderung vom Burschentag 1995 ist, und zwar die Wiedervereinigung „der beiden Deutschen Staaten“. Gemeint sind Deutschland und Österreich. „Bei einem Fackelzug auf die Wartburg am 31.3.1990 forderten Burschenschafter gar ein Deutschland in den Grenzen von 1939“.1AK-Clubhausia-Reader Teil 8: Dachverbände einiger Tübinger Verbindungen Derzeit gehören keine Tübinger Burschenschaften der DB an. Die Alte Straßburger Burschenschaft Germania war ehemals Teil der DB und gehört jetzt der ADB an. Auch die Burschenschaft Arminia Straßburg zu Tübingen war bis 2013 Teil der DB.

Wappen der Deutschen Burschenschaft

Die Grundsätze der Deutschen Burschenschaft sind „Ehre, Freiheit, Vaterland“.2Website der DB: „Kurzportrait DB“ DB und ADB finden sich je einmal im Jahr zum sog. Burschentag zusammen. Die Wichtigkeit dieses Tages ist nicht zu unterschätzen, er gilt nämlich als Parlament des jeweiligen Verbandes. Dort wird jedes Jahr aufs Neue eine vorsitzende Burschenschaft gewählt, die die Verbandsgeschäfte leitet. Neben der Wahl werden dort auch politische Entscheidungen gefällt und Richtlinien beschlossen. Beim Burschentag 2015 fiel die Wahl des Festredners für den Kommers auf Götz Kubitschek, einer der Vordenker und wichtigsten Aktivisten der Neuen Rechten. Er ist Geschäftsführer einer der wichtigsten Verlage der Neuen Rechten, des Antaios Verlag, und fungiert als Schnittstelle zwischen den wichtigsten Persönlichkeiten in der neurechten Szene. So steht er u.a. in engem Austausch mit Björn Höcke (Vorsitzender der AfD Thüringen), er pflegt Kontakte zum Chef der sog. Identitären Bewegung (IB) Österreich, Martin Sellner, er war an der Initiierung der Kampagne Ein Prozent für unser Land beteiligt und ist Mitbegründer des Institut für Staatspolitik (IfS). Das IfS ist die ideologische Bildungs- und Schulungsstätte der Neuen Rechten.33 Weitere Informationen zur Neuen Rechten findet man u.a. im Buch „Das Netzwerk der Neuen Rechten: Wer sie lenkt, wer sie finanziert und wie sie die Gesellschaft verändern“ von Christian Fuchs und Paul Middelhoff.

 

Einige Zitate der DB:44 AK-Clubhausia-Reader Teil 8: Dachverbände einiger Tübinger Verbindungen

„Die VosDB wendet sich im Namen der DB an den deutschen Bundestag, die Bundesregierung und die Länderregierungen mit der Bitte, […] durch ein Gesetz alle Medien, Landkarten- und Schulbuchverlage in der Bundesrepublik Deutschland zu verpflichten, die völkerrechtlich gültigen Grenzen Deutschlands vom 31.12.1937 zu zeigen und zu nennen.“ (Beschluss auf dem Burschentag 1983 in Bonn)

„Die DB fordert die Bundesregierung auf, unverzüglich ein Konzept zu entwickeln und zu realisieren, das die Deutschen auf dem Territorium der heutigen Bundesrepublik Deutschland auch langfristig vor Überfremdung schützt. Es ist dafür Sorge zu tragen, daß die Bundesrepublik Deutschland ein deutscher Staat bleibt.“ (Beschluss auf dem Burschentag 1984 in Landau)

„Die Deutsche Burschenschaft sieht sich außer Stande, den 8. Mai [Ende des 2. Weltkriegs, Befreiung vom Faschismus, Anm. d. Red.] als Tag der Befreiung zu begehen. Der Tag der Kapitulation ist für die DB ein Tag der Besinnung, des Gedenkens und der Trauer.“ (Beschluss auf dem Burschentag 1985 in Landau)

Der Coburger Convent (CC) (Tübingen: Landsmannschaft Ghibellinia, Turnerschaft Hohenstaufi a, Landsmannschaft Schottland, Landsmannschaft Ulmia ) als Beispiel eines nicht burschenschaftlichen Dachverbands

Zirkel der Deutschen Burschenschaft

Seit 1951 sind im Coburger Convent (CC) akademische Landsmannschaften und Turnerschaften organisiert. Er ist einer der größten farbentragenden und pflichtschlagenden Verbände in Deutschland und Österreich. Die Grundsätze sind, ähnlich wie bei der DB , „Ehre, Freiheit, Freundschaft, Vaterland“55 https://coburger-convent.de. Die im CC organisierten Verbindungen dürfen Juden und Menschen mit Migrationshintergrund aufnehmen, sind allerdings nicht dazu verpflichtet. Die einzelne Verbindung kann hier also ihre eigenen politischen Entscheidungen fällen. Es ist jedoch in keinem Fall erlaubt, Frauen aufzunehmen. Mit der scheinbaren Toleranz gegenüber bzw. mitunter auch der Aufnahme von Männern mit Migrationshintergrund soll vom eigenen reaktionären Gedankengut abgelenkt werden. So empfahl der CC „als Argumentationshilfe für das Singen der drei Strophen […] seinen Mitgliedern (in Diskussionstipps, Nr. 7): „…weil das ganze Lied die Nationalhymne der Bundesrepublik Deutschland ist! […] Ob das Lied zu jeder Feier passt, ist eine Frage des Geschmacks, über den man sich bekanntlich nicht streiten soll. Wer aber während des Singens hocken bleibt / Bier trinkt / […], der provoziert.““6AK-Clubhausia-Reader Teil 8 „Dachverbände einiger Tübinger Verbindungen“

Burschentag, Eisenach 2013

Wusstet ihr schon? Das Wort Ethnopluralismus setzt sich aus dem griechischen „ethos“, also Volk und dem lateinischen „pluralis“, also Mehrzahl zusammen. Man könnte es mit dem Wort Völkervielfalt ins deutsche übersetzen. Viele Strömungen der Neuen Rechten, so auch die sog. Identitäre Bewegung, vertreten die Ideologie des Ethnopluralismus. Und auch im „Kurzportrait DB“ auf der Homepage der Deutschen Burschenschaft findet man diwesen wieder. Der Ethnopluralismus ist am Ende auch nur plumper Rassismus, der sich aber weniger in biologischen, sondern mehr in kulturellen Merkmalen begründet. Dieser neue Begriff soll über den eigentlichen Inhalt hinwegtäuschen. So wird im Gegensatz zu „klassischem“ Rassismus einfach nur das Wort „Rasse“ durch „Kultur“ ersetzt. Im Ethnopluralismus geht man davon aus, dass sich Ethnien und Kulturen, unabänderlich voneinander unterscheiden und diese getrennt werden müssen. So erwerben Menschen nur durch die Zugehörigkeit zu einer Kultur, also einer „Rasse“, das Recht an einem bestimmten Ort an der Welt zu leben.

3. Antisemitismus in studentischen Verbindungen

Im ideologischen Repertoire von studentischen Verbindungen nehmen Rassismus und Antisemitismus einen ebenso festen Platz ein wie Sexismus und völkischer Nationalismus. Schon 1817 verbrannten Burschenschaften auf dem Wartburgfest die Werke jüdischer und anderer als „undeutsch“ angesehenen Autoren. Antisemitische Ressentiments, die schließlich während des deutschen Faschismus in den Holocaust mündeten, fielen im Verbindungswesen auf einen geistigen Nährboden: hier wuchs bereits Ende des 19. Jahrhunderts eine selbsternannte geistige Elite heran, deren grassierender Antisemitismus schon damals Auswirkungen hatte: die Tübinger Burschenschaft Germania nahm bereits ab 1896 keine Juden mehr auf, 1904 beschlossen alle Tübinger Verbindungen gemeinsam, Mitgliedern jüdischer Korporationen keine Satisfaktion mehr zu geben – damit wurden diese aus dem aktiven Verbindungsleben ausgeschlossen. 1919 trat die Tübinger Burschenschaft Germania innerhalb der Deutschen Burschenschaft mit dem Antrag hervor, „Juden und Abkömmlingen von Juden“ künftig die Aufnahme in die Deutsche Burschenschaft zu verwehren. Dieser Antrag war 1920 erfolgreich.7Sonja Levsen: Elite, Männlichkeit und Krieg. Tübinger und Cambridger Studenten 1900-1929 (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft , Bd. 170), Vandenho- eck & Ruprecht: Göttingen 2006, S. 343

1883 gründete sich der VDSt Tübingen als Mitglied des Verbands der Vereine Deutscher Studenten , der 1881 als explizit antisemitischer Korporationsverband gegründet wurde. Auf einer der Festreden zur Gründung wurde zur Ausrottung des Juden- und Franzosentums aufgerufen, 1891 zeigte sich der Verband in seinem Zentralorgan überzeugt von der „Notwendigkeit des Antisemitismus“ und „vom antijüdischen Geiste beseelt“.8Dietrich Heither: Verbündete Männer. Die Deutsche Burschenschaft – Weltanschauung, Politik und Brauchtum. PapyRossa Verlag: Köln 2000, S. 96f. In der heutigen Selbstdarstellung wird auf diesen Teil der eigenen Geschichte nicht eingegangen.

Schrecklicher Höhepunkt des Antisemitismus von Tübinger Burschenschaften, der weit über die Geschichte des deutschen Faschismus hinausgeht, war der 19. Dezember 1980. An diesem Tag ermordete Uwe Behrendt, der zuvor in Tübingen Mitglied der Straßburger Burschenschaft Germania gewesen war, in Erlangen den Rabbiner Shlomo Levin und dessen Frau Frida Poeschke. Durch antisemitische Stimmung in seiner Burschenschaft und im Hochschulring Tübinger Studenten (HTS), einer nicht mehr existenten faschistischen Studierendengruppe, angetrieben, war Behrendt zur Wehrsportgruppe Hoffmann, einer faschistischen Terrorgruppe, gelangt.9Anton Maegerle: „Im braunen Sumpf “, in: Blick nach Rechts, 25.10.2011. Online unter: https://www.bnr.de/artikel/hintergrund/im-braunen-sumpf

Antisemitismus lebt bis heute in vielen Studentenverbindungen fort, auch wenn dieser in der öffentlichen Sphäre weitgehend tabuisiert ist. Dennoch kommen immer wieder antisemitische Äußerungen an die Öffentlichkeit; auch die implizite oder explizite Nähe zur AfD, die offene Antisemiten in ihren Reihen duldet, ist ein Zeichen dafür, dass Antisemitismus in korporierten Kreisen wenig problematisiert wird. In den letzten Jahrzehnten kamen zudem offen migrationsfeindliche und rassistische Ressentiments hinzu.

4. Rassismus in studentischen Verbindungen

Schon 1820 gab es auf dem Burschentag eine Mehrheit für einen „Ariernachweis“, eine rassistische und antisemitische Zutrittsregelung also, die nur „Deutschen“ nach einem völkischen Verständnis und nicht etwa nach Staatsbürgerschaft den Zugang zu studentischen Verbindungen eröffnen sollte. Zuletzt entflammte 2011 eine Debatte über diesen „Ariernachweis“ im Dachverband Deutsche Burschenschaft (DB). In Folge dessen trat eine ganze Reihe von Burschenschaften aus dem Dachverband aus, darunter auch die dort verbliebenen Tübinger Burschenschaften – diese vermeintliche Distanzierung trägt allerdings nicht weit, schließlich finden sich in den Reihen der Alten Straßburger Burschenschaft eine ganze Reihe von AfD-Funktionären. Ein Blick auf die facebook-Seite verrät, dass weiterhin Kontakte zu DB-Studentenverbindungen bestehen und auch der VVDSt unterhält bis heute ein Freundschaftsabkommen mit der DB.

Rassistische Parolen sind im Verbindungswesen auch heute keine Seltenheit; auch vermeintlich „liberale“ oder „gemäßigte“ Bünde distanzieren sich in Tübingen nicht von den ultrarechten Burschenschaften mit besten Kontakten zu AfD und den Identitären. „Ehre, Freiheit, Vaterland“ ist der leitende Satz in burschenschaftlichen Zusammenhängen. Dem „deutschen Volk“ wird in der Geschichte studentischer Verbindungen eine besondere Rolle zugeschrieben. Burschenschaften sind Verbindungen, welche sich ideologisch auf die deutsche Urburschenschaft beziehen. Diese gründete sich 1815 im Kontext starker Nationalistischer Bewegungen, die ein „starkes“ und geeintes Deutschland wollten, um gegen Frankreich Krieg zu führen. Die Urburschenschaft war Teil dieser nationalistischen Bewegung. Burschenschaften beziehen sich also allesamt auf diesen von der Jenaer Urburschenschaft propagierten völkischen Nationalismus. Besonders Burschenschaften unter dem größten Dachverband Deutsche Burschenschaften (DB) verstehen ihr Dasein als die Bewahrung einer „deutschen“ Elite und als Beitrag zur Sicherung der „deutschen Gebiete“. In diesen sollen sich „genetisch und kulturell einheitliche Völker“ entfalten können.

Dahinter steckt ein völkischer Vaterlandsbegriff, der die Menschheit in verschiedene Völker einteilt, die sich nach dieser Ideologie grundsätzlich und unabänderlich voneinander unterscheiden würden. Hier wird mit dem sogenannten Ethnopluralismus argumentiert, der von vielen neurechten Organisationen und Parteien propagiert wird. So heißt es im Kurzportrait der DB auf deren Website:

„Moralische Voraussetzung und grundsätzliche politische Forderung werden im Wahlspruch ergänzt durch
die ausdrückliche Verpflichtung zum Einsatz für das Vaterland. Die Deutsche Burschenschaft sieht das deutsche Vaterland unabhängig von staatlichen Grenzen […] Deshalb setzt sich die Deutsche Burschenschaft aktiv dafür ein, daß in einem freien Europa den Angehörigen aller Völker, insbesondere auch allen deutschen Volksgruppen in anderen Staaten, die uneingeschränkte kulturelle Entfaltung und Selbstbestimmung gewährleistet wird.“

Grundlage völkischen Denkens ist auch, dass „deutsch-sein“ nicht unbedingt an eine Staatsbürgerschaft, sondern an Abstammung und Vorfahren geknüpft ist. So nehmen viele Burschenschaften nur „deutsche“ mit „deutscher Abstammung“ auf. Allein die Tatsache, dass in vielen Burschenschaften zwischen „Deutschen“ mit „deutscher Abstammung“ und „nicht deutschen Wurzeln“ unterschieden wird, zeigt, welche rassistische Weltanschauung hier vertreten und reproduziert wird.

5. Geschichte studentischer Verbindungen

Trotz einer gewissen antifeudalen und republikanischen Einstellung waren die Burschenschaften in erster Linie immer elitär und völkisch-nationalistisch. Am 16. Januar 1831 zogen im sogenannten Gegenaufstand etwa 60 Handwerker und Weinbergarbeiter aus Protest gegen Polizeiwillkür durch Tübingen, sangen das Schillersche Räuberlied und riefen „Es lebe die Freiheit“ und „Es lebe die Pressefreiheit“. Mit Hilfe der Stadtgarde, des Schützencorps und nicht zuletzt den Burschenschaftern des Akademischen Sicherheitscorps wurde dieser Protest gewaltsam unterdrückt. Ähnliches wiederholte sich am 4. Mai 1847, als es nach Missernten zu Not-Plünderungen durch Hungernde kam. Etwa 150 bewaffnete Studenten, darunter viele Korporierte, drängten die Hungernden zurück, bekannt wurde dies als „Tübinger Brotkrawall“.10Christian Andrae: „Die Vergegenwärtigung des Zeitgeschehens in F. C. Baurs Tübinger Predigten“, in: Ulrich Köpf (Hrsg.): Historisch-kritische Geschichtsbetrachtung. Ferdinand Christi an Baur und seine Schüler. 8. Blaubaurer Symposion (Contubernium. Tübinger Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaft sgeschichte, Bd. 40), Jan Th orbecke Verlag: Sigmaringen 1994, S. 97

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Tübingen zu einem besonders fruchtbaren Pflaster für Verbindungen. So schwärmten1903 ein ehemaliger Student: „Es gibt im ganzen deutschen Reichen keine Universität, auf der das Verbindungsleben in solcher Blüte steht wie in Tübingen“. Der nationalistische, antisemitische und rassistische Geist prägte das Stadtbild und sorgte dafür, dass Studenten, besonders Korporierte, zu begeisterten Kriegsfreiwilligen im Ersten Weltkrieg wurden. Viele verstanden die Kreigsteilnahme als männliche Feuertaufe, als „große Mensur“. Von 34 Tübinger Verbindungen gaben 14 im Ersten Weltkrieg sogar eine eigene Kriegszeitung heraus, in welchen der Krieg zum Dienst an Kaiser und Vaterland verklärt wurde. Von 2.000 im Sommersemester 1914 immatrikulierten Studenten überlebten 738 den Krieg nicht. Die Tübinger Studentenverbindungen verloren über die Hälfte ihrer aktiven Mitglieder, die Cheruskia sogar ihre ganzen Aktivitas.11AK-Clubhausia-Reader: Mitbewohner gesucht! Verbindungskritischer Reader Tübingen, Tübingen 2013, S. 24.

Die hohen Todeszahlen veranlassten die Tübinger Verbindungen nach dem Ersten Weltkrieg jedoch nicht zur Selbstkritik. Vielmehr wurde durch Legendenbildung um vermeintliche Helden und der Überhöhung zum „Opfertod“ eine nachträgliche Sinnstiftung betrieben. Davon zeugen noch heute viele kriegsverharmlosende oder gar -verherrlichende Ehrenmäler der Tübinger Verbindungen. Diese finden sich häufig auf deren Grundstücken (z.B. Rhenania, Derendingia) oder in den Verbindungshäusern. Gleichzeitig werden Rituale wie ein „Totengedenken“ gepflegt.

Nach dem Ersten Weltkrieg stellten Tübinger Verbindungsstudenten ein Studentenwehr-Bataillon mit 800 Mann auf (u.a. Lichtenstein, Ghibellinia, Germania, Stuttgardia), eingeteilt in eine Schlossberg- und eine Österbergkompanie. Diese waren Teil der sogenannten Freicorps. Die Freicorps waren antisemitisch, antilinks und ultranationalistisch motivierte Freiwilligen-Einheiten. Trotz extrem rechtem Charakter agierten die Freicorps vielerorts als Paramilitär im Auftrag der Mehrheits-SPD, die vehement alle Alternativen jenseits der parlamentarischen Demokratie bekämpfte, etwa die Rätedemokratie. So wurde das Freicorps aus Tübingen gegen die Räterepublik in Bayern (April-Mai 1919), gegen Arbeiter*innenstreiks in Stuttgart und Tübingen in Marsch gesetzt und war zudem an der Niederschlagung von Arbeiter*innenaufständen im Ruhrgebiet im März 1920 beteiligt. In München und Umgebung waren die Tübinger Studenten-Bataillone im Mai 1919 an der Erschießung von 500 Arbeiter*innen beteiligt.12Michael Kuckenburg: „‚Wenigstens einen der Brüder umgelegt‘“, in: Schwäbisches Tagblatt, 30.04.2019, online unter: https://www.tagblatt.de/Nachrichten/Wenigstens-einen-der-Brueder-umgelegt-413023.html Der Einsatz in Freicorps wird von den Verbindungen bis heute nicht geleugnet, sondern zumeist glorifiziert.

In der Weimarer Republik waren etwa die Hälfte aller Studenten korporiert. Das führte zu einer erheblich reaktionären Stimmung unter den Studenten. Korporierte gründeten in Tübingen etwa den Hochschulring Deutscher Art (HDA), eine völkische Sammlungsbewegung.13Manfred Schmid: Die Tübinger Studentenschaft nach dem Ersten Weltkrieg 1918-1923 (Werkschriften des Universitätsarchivs Tübingen), Tübingen 1988, S. 68. Schon 1920 hatte dessen Vorgängerorganisation, der Nationale Studentenbund, den Ausschluss von Juden beschlossen. Die Mobilisierung gegen Linke zeigte sich eindrücklich bei der zweiten „Schlacht von Lustnau“ am 2. Juli 1925: etwa 400 extrem rechte Studenten attackierten einen Vortrag des Heidelberger Professors und Pazifisten Julius Emil Gumbel und randalierten bewaffnet. Die Saalveranstaltung in Hirschau wurde darum kurzfristig nach Lustnau verlegt. Dort griffen Korporierte den Veranstaltungsort mit Steinen an. Die Anwohner*innen stellten sich jedoch auf die Seite der bewaffneten Abteilung des Reutlinger Reichsbanners Schwarz Rot Gold, einer SPD-Organisation, und der Gewerkschaftsjugend, die versuchten, die Veranstaltung zu schützen. Mit vereinten Kräften wurden die Angreifer schließlich zurückgeschlagen, einige sogar in die Ammer geworfen. Der Vorfall sorgte republikweit für Aufsehen.14Ralph Lange: „Von der ‚Affäre Gumbel‘ zum ‚Fall Wilbrandt‘: Die ‚Lustnauer Schlacht‘“, in: Johannes Michael Wischnath (Hrsg.): Bausteine zur Universitätsge- schichte. Folge 9, Tübingen 1999, S. 29-54.

Im korporierten Milieu erwuchsen früh Sympathien für den deutschen Faschismus. So kam es zu einer starken korporierten Beteiligung am Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB), der NSDAP-Hochschulgruppe. So wurde ein Mitglied der Verbindung Normannia 1926 zum stellvertretenden NSDAP-Ortsgruppenleiter in Tübingen. Bei der Wahl des AStA-Vorsitzenden am 28. Juli 1931 schlossen NSDStB und das Wahlkartell der schlagenden Korporationen auf Vorschlag eines Arminen mit NSDAP-Mitgliedschaft ein Bündnis. Zwei Mitglieder der Landsmannschaft Ulmia kandidierten bereits 1932 auf der Liste des NSDStB.

Viele Verbindungsstudenten begrüßten die Machtübernahme durch die Faschisten, hatten sie doch aktiv daran mitgewirkt. Nach 1933 gingen viele Verbindungen daher in eine freiwillige Gleichschaltung über, übernahmen damit das Führerprinzip, und führten nun – wo noch nicht geschehen – Arierparagraphen ein. Selbst katholische Verbindungen waren begeistert mit dabei. Heute stellen die meisten Verbindungen diesen Abschnitt ihrer Geschichte als unterdrückerische Zwangsmaßnahme dar; diese Behauptung ist allerdings als geschichtsrevisionistisch einzustufen. 1945 mit der Befreiung vom deutschen Faschismus an der Macht wurden Studentenverbindungen in der BRD verboten. Ab 1947 versuchten sich einige Verbindungen neu zu gründen.

Aufgrund einer Initiative der Westdeutschen Rektorenkonferenz formulierte der Senat der Universität Tübingen darum schon 1949 einen Senatsbeschluss, der eine Wiederetablierung studentischer Verbindungen als dominierende Sozialisationsagentur in der universitären Kultur einschränken sollte. Dort heißt es: „Für einen besonderen studentischen Ehrbegriff und alle daraus hergeleiteten Auffassungen und Handlungen ist in unserer Zeit kein Raum mehr.“15Rolf Neuhaus (Hrsg.): Dokumente zur Hochschulreform 1949-1959, Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 1961, S. 39ff Insbesondere wurde damit das Farbentragen, d.h. das Auftreten mit Band und Mütze, auf dem Universitätsgelände verboten. Im Oktober 1999 wurde dies von Verbindungsstudenten am Dies Universitats erstmals gebrochen. Im darauffolgenden Jahr 2000 war es die katholische Verbindung Guestfalia, die farbentragend auf dem Dies Universitatis provozierte und nach einem Rauswurf sofort mit einer Klage drohte. Die Universitätsleitung gab daraufhin nach; seither ist das Farbentragen am Dies von der Universitätsleitung geduldet. Der politische Kurs des Rektorats ist seit dem sehr verbindungsfreundlich, so darf der Dachverband Tübinger Verbindungen, der AKTV, in der Neuen Aula Veranstaltungen durchführen und trifft sich zu regelmäßigen Gesprächen mit dem Rektor. Verbindungskritische Inhalte waren an der Universität Tübingen in den letzten Jahren dagegen immer Ziel von Repression seitens Universitätsleitung und Studierendenwerk.

6. Organisation, Rituale und Seilschaften

Verbindungen dienen als „Transfereinrichtung“ konservativen Gedankenguts: obrigkeitstreues, autoritäres Denken und Handeln, Befehl und Gehorsam, Unterwerfung. Wenn man gehorcht, erkämpft man sich das Recht, selbst zu befehlen. Produkt dessen ist die abgestufte Mitgliedschaft, die alle Verbindungen gemein haben. Auf der untersten Ebene befinden sich die sogenannten Spefüxe/Spefüchse. Diese sind frisch gekeilte, also neue potenzielle, Mitglieder. Sie sind noch kein Mitglied in den Verbindungen, haben kein Wohnrecht auf den Häusern und werden an das Leben innerhalb einer Verbindung herangeführt und auf ihre Tauglichkeit überprüft. Entschließen sie sich, Mitglied zu werden und stimmen die Aktivitas, also die vollwertigen Mitglieder, zu, so verändert sich ihr Status in den eines Fux.

Füxe genießen das Recht, auf den Häusern zu wohnen und lernen in ihrer Fuxnzeit die Regeln und Verhaltensweisen des Verbindungsmilieus. Das geht einher mit verschiedensten Formen von Erniedrigungen und Drangsalierungen zur Festigung von hierarchischem Denken und Handeln. In schlagenden Verbindungen erlernen sie zudem das Mensurfechten. Die Fuxnzeit dauert üblicherweise ein bis zwei Semester. Geburscht werden Füxe durch Aufnahmerituale, beispielsweise durch das Fechten der ersten Mensur. Erst danach sind sie vollwertige Mitglieder der Verbindungen und genießen alle Rechte und Pflichten. Sogenannte Fuxmajore kümmern sich um die Füxe und sind bei Fehlern ihrer Füxe ebenso dafür verantwortlich wie ihre Untergebenen.

Die Aktivitas unterteilen sich in aktive und inaktive Mitglieder. Letztere konzentrieren sich häufig auf den Abschluss ihres Studiums, sind also tendenziell ältere Semester. Aktive Mitglieder treffen Entscheidungen in sog. Conventen und wählen dort jedes Semester die Funktionäre innerhalb der Verbindung.

Nach ihrer Zeit als Studierende werden die Mitglieder von Verbindungen zu sogenannten Alten Herren. Diese finanzieren bspw. die Häuser und nehmen unter anderem auch Posten in den studentischen Dachverbänden ein. Alte Herren können weiterhin auch an Veranstaltungen und Zusammenkünften der Verbindung teilnehmen und sind so weiter aktiv am Verbindungsleben beteiligt. Nicht zuletzt spielen die Alten Herren für die Vermittlung fertiger Verbindungsstudenten ins Berufsleben eine entscheidende Rolle.

Verbindungen und ihre Rolle in einer kapitalistischen Welt

Gemeinsamkeit der Verbindungen ist auch das sog. Lebensbundprinzip.
Das Lebensbundprinzip soll sicherstellen, dass die Alten Herren den jungen Korporierten nach Abschluss ihres Studiums in hohe und einflussreiche Positionen der Politik und Wirtschaft verhelfen. Akademische, reaktionäre, wohlhabende und meistens auch „deutsche“ Männer protegieren und unterstützen also akademische, reaktionäre, wohlhabende und meistens auch „deutsche“ Männer. Diese Karrierenetzwerke nennt man Seilschaften. Sie sorgen dafür, dass die Zusammensetzung herrschender Eliten konstant und geschlossen gehalten wird. Ein Interesse, daran etwas zu ändern und damit die Machtverhältnisse innerhalb unserer kapitalistischen Gesellschaft zu destabilisieren, hat hier keiner. Denn als Teil dieser Seilschaften sind Verbindungsstudenten Profiteure genau dieser Umstände. Durch die Auf- und Abwertung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Herkunft, ihrer Religion oder ihrer Sexualität tragen Verbindungen zum Erhalt sozialer Hierarchien bei. Sie erfüllen also eine herrschaftsstabilisierende Aufgabe, denn diese sozialen Hierarchien sind wichtiger Bestandteil der kapitalistischen Produktionsweise. In der korporierten Erziehung, dem Convent, der Kneipe, der Mensur usw. werden die Verbindungsstudenten auf ihre späteren Aufgaben vorbereitet. Sie sollen lernen, sich nach vorgegeben Regeln zu verhalten und Anweisungen zu befolgen.

Alte Straßburger Burschenschaft Germania Tübingen
Burschenschaft Germania Tübingen

7. Verbindungen nach Rechts

Wenn es um Studentenverbindungen geht, werden Kontakte nach rechts gerne als „Einzelfälle“ dargestellt. Im Folgenden haben wir einige Tübinger Verbindungen auf ihre Zusammenarbeit mit Rechten und auf ihre aktive Mitarbeit in der AfD überprüft. Diese zahlreichen bekannten „Einzelfälle“ von Kontakten Tübinger Verbindungen mit der momentan wichtigsten rechten Kraft in Deutschland, der AfD, zu denen wahrscheinlich noch zahlreiche unbekannte kommen dürften, sind keinesfalls etwas, das von Ungefähr kommt. Sie sind vielmehr die logische Konsequenz aus den reaktionären Traditionen und Strukturen der Verbindungen. An diesen Fällen verdeutlicht sich, dass Verbindungen ein rechtes Weltbild nicht nur selbst praktizieren, sondern dieses auch konservieren und wieder in die Gesellschaft zurücktragen. Verbindungen, mit Ausnahme der Burschenschaften, geben sich gerne als „unpolitisch“, was an sich schon eine politische Handlung darstellt. Durch diese vermeintlich unpolitische Haltung wollen sie vermeiden, zu unangenehmen politischen Themen Stellung zu beziehen. Doch auch das „private“ ist politisch. Das Reproduzieren von Geschlechterrollen oder das Aufrechterhalten straffer Hierarchien sind keineswegs „unpolitisch“. Will man prüfen, wie rechts eine Verbindung oder ein Dachverband steht, muss man neben deren Strukturen auch die politischen Aktivitäten der Korporierten selbst betrachten. Dies soll im Folgenden ohne den Anspruch auf Vollständigkeit für einige Tübinger Verbindungen geschehen.

  • Wolfram Schillinger, der aus Neustetten in der Nähe von Tübingen kommt, wurde für die AfD in den Tübinger Kreistag gewählt. Er ist Mitglied der Alten Straßburger Burschenschaft Germania Tübingen.
  • Johann Rudolph (IB Tübingen) gemeinsam mit Dubravko Mandic (Burschenschafter Saxo-Silesia zu Freiburg), im Ranitzky in Tübingen

    Dubravko Mandic, Rechtsanwalt, der sich bei der Bundestagswahl 2017 als Direktkandidat der AfD in Tübingen aufstellen ließ, ist Mitglied der Burschenschaft Saxo-Silesia zu Freiburg und Anhänger des völkisch-nationalistischen Flügels. Außerdem steht er in engem Kontakt mit Jonathan Rudolph, dem Ortsgruppenleiter der Identitären Bewegung Tübingen.

  • Lars Patrick Berg, Mitglied der katholischen Verbindung Guestfalia, sitzt im Landtag für die AfD
  • Der Vorsitzende des Arbeitskreis Tübinger Verbindungen (AKTV) ist Andreas Strecke, Mitglied der Landsmanschaft Schottland. Diese bekam 2017 Besuch von der Universitätssängerschaft Skalden Innsbruck. Dabei handelt es sich um eine deutsch-nationale Verbindung aus Österreich, die der FPÖ nahesteht. 2008 besuchte die Landsmannschaft den Wiener Korporations-Ball, ein Event, das jährlich von ultrarechten österreichischen Verbindungen ausgerichtet wird.
  • Alfred Maurice de Zagas, Mitglied im Tübinger Corps Rhenania, ist Mitglied im Kuratorium der AfD-nahen Desiderius-Erasmus Stiftung, sowie Mitautor eines Buches im neurechten Antaios Verlag, Autor bei der Jungen Freiheit, sowie des Ostpreußen Blatts und dem Magazin Soldat im Volk.
  • Eric Schnellenberger, Mitglied der Burschenschaft Germania Tübingen ist Pressesprecher der AfD in Mecklenburg-Vorpommern.

Neben vielen persönlichen Überschneidungen zwischen studentischen Verbindungen und der AfD zeigt sich die strukturelle Zusammenarbeit mit anderen rechten Kräften auch in unregelmäßig stattfindenden Veranstaltungen. Zwei Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit wären die Einladung der Burschenschaft Derendingia an Dr. Sebastian Sigler zu dem Thema „Tübinger Korporierte im NS-Widerstand“. Dr. Sebastian Sigler ist Alter Herr des Corps Masovia-Königsperg und Mitarbeiter des AfD-Bundestagsabgeordneten Jürgen Braun. Die Veranstaltung fand am 10. Mai 2019 statt. Am 4. Mai 2018 lud die Straßburger Burschenschaft Germania den rechten Publizisten Klaus Kelle zu dem Vortrag „Qualitätsmedien: Deutschland in der Krise“ ein. Kelle publiziert unter anderem bei dem rechten Medium Freie Welt, welches Teil der Zivilen Koalition um Beatrix von Storch, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, ist und von ihrem Mann Sven von Storch herausgegeben wird. Die Zivile Koaltion organisierte 2014 mit der Antifeministin und Frau von Klaus Kelle, Birgit Kelle, Kundgebungen gegen den baden-württembergischen Bildungsplan unter dem Motto „Demo für alle“. 2014 war Klaus Kelle Moderator für das Forum Familie 14 zum Thema „Gender Mainstreaming und Sexuelle Vielfalt in der Schule“ , eine Aktion der Internetplattform Initiative Familienschutz, welches sich ebenfalls in das Netzwerk Zivile Koaltion einreiht.

8. Antifeminismus, Sexismus, Männlichkeit – Damenverbindungen als „Feigenblätter“

Dass immer mehr Damenverbindungen entstehen, die sich oft als modern und progressiv darstellen, hört sich vielleicht erst mal gut an. Diese Entwicklung könnte zwar auf eine zunehmende gesellschaftliche Präsenz von Frauen zurückgeführt und als Fortschritt im studentischen Verbindungswesen gesehen werden, doch bei näherem Betrachten wird deutlich: Als Vorbild dienen den Frauenverbindungen die Männerbünde und deren streng hierarchische, patriarchale und reglementierte Struktur. Fortschritt sieht anders aus.

Das Annehmen männerbündischer Organisation schließt eben auch ein, dass sie sich mit einem stereotypen und stilisierten Frauenbild einverstanden erklären, was z.B. folgende Vorstellungen beinhaltet: Frauen als „Dekorative“, „Quelle der Nation“, als „schmückendes Beiwerk“. Frauen wird starke Emotionalität zugeschrieben und es wird davon ausgegangen, die natürliche Berufung der Frau sei die häusliche, private Sphäre, das Umsorgen der Familie, die Reproduktionsarbeit.
Der Dresscode für Veranstaltungen in den Damenverbindung ist streng und altbacken: Dirndl-ähnliche Trachten, bei denen der Rock eine bestimmte Länge haben sollte, um kein schlechtes Bild zu vermitteln. Es soll das Bild einer ordentlichen, „reinen“, sich zurückhaltenden Frau vermittelt werden. Im Gegensatz dazu seien Männer natürlicherweise dazu bestimmt, den öffentlichen Bereich zu dominieren. Ideale Männlichkeit und „Mannesehre“ äußern sich durch Tapferkeit, Tugend, Disziplin und Macht. Burschenschafter und Männer in reinen Männerverbindungen sollen also über eine Art soldatische Männlichkeit verfügen, um als männerbundfähig gelten zu können. Diese werden z.B. durch das Teilnehmen an der Kneipe, ein ritualisiertes Besäufnis, oder am Schlagen der Mensur erworben. Es geht darum, Härte gegen sich selbst und Ignoranz gegenüber seinen Ängsten und Befindlichkeiten zu beweisen. Zurückweichen gilt als unehrenhaft und feige.

Die Zugehörigkeit zur Gruppe muss also durch Unterwerfung, Gehorsam, Opferbereitschaft und Missachtung eigener Grenzen erkämpft werden. Erst damit kann ein schlagender Korporierter Stärke, Macht und Selbstbeherrschung zeigen, Treue und Hingabe an die Gemeinschaft beweisen. „Die Mensur ist ein Mittel der Erziehung […] dadurch, dass sie anleitet zu Mut, Selbstüberwindung, Selbstbeherrschung und Standhalten. Wer auf scharfe Waffen antritt, muß – soldatisch ausgedrückt – den inneren Schweinehund überwinden, nämlich die (…) Angst. […] Die Mensur ist nach Innen ein Bindemittel, ein Integrationsmittel […] nach außen ein Abschreckungsmittel, nämlich gegenüber solchen, die es nicht fertigbringen, den »inneren Schweinehund« zu überwinden, und die wir deshalb in unseren Reihen nicht haben wollen.“16Joachim Raack, „Vom Sinn und Wert der Mensur“, in: Die Wachenburg. Zeitschrift des Weinheimer SC, Heft 3/1983, Seite 116.

Homosexualität gilt als Ausdruck von „Verweiblichung“ und Kontrollverlust. Sie wird in vielen Verbindungen kategorisch ausgeschlossen. Das dem Verbindungswesen zugrundeliegende, heteronormative 2-Geschlechter-Modell bewirkt automatisch eine klare Ausgrenzung von queeren Menschen. Das Weltbild und die Geschlechterordnung von Verbindungen ist evolutionsbiologisch geprägt und baut auf biologische, angeblich unabänderliche Unterschiede von Mann und Frau auf.

Es besteht eine Affinität und ein starkes Festhalten an konservativen Traditionen und analog dazu eine paranoide Angst vor einem Angriff auf diese Geschlechterordnung, welcher das gesamte soziale Gefüge in Gefahr bringen würde. Daraus entsteht ein zwanghaftes Aufrechterhalten und eine Verhaftung an konstruierter Sicherheit/Ordnung. Wird ihr Weltbild kritisiert oder angefochten, wird mit Begriffen wie „Genderwahn“ und „Gendertotalitarismus“ gekontert, eine Illusion von „feministischer Übermacht“ entsteht, die das Festhalten an reinen Männerbünden rechtfertigen soll.

9. Werdet aktiv!

Bei aller theoretischer und inhaltlicher Kritik an studentischen Verbindungen sollten wir auch immer praktische Möglichkeiten nutzen, den Wixträgern ihre Lebenswelt ein wenig ungemütlich zu gestalten. Da wären zum einen die Insignien, also die Mützen, Bänder und Zipfel. Ihr Verlust ist dem Verlust von Ehre gleichgestellt, wird mit verbindungs internen Strafen geahndet und sorgt nicht zuletzt für Spott und Hohn innerhalb des Verbindungsmilieus. Zudem ist ihre Wiederbeschaffung mit zum Teil erheblichen Kosten verbunden. Des Weiteren wohnen die Verbindungsstudenten in oftmals prunkvollen Häusern, denen mit punktierten Neuanstrichen und kritischen Wandmalereien ein weniger altbackenes, verstaubtes und herrschaftliches Äußeres gegeben werden kann.

Stencils gegen das Burschenfrühschoppen, Mai 2018

Aber auch in der Uni und im alltäglichen Leben ist es an uns, sie zu demaskieren und sie als das darzustellen, was sie sind: reaktionäre (Männer)bünde, die eine aktive Rolle im Rechtsruck einnehmen. Stellt sie zur Schau, erzählt euren Kommoliton*innen davon und tut euch zusammen. Und nicht zuletzt gibt es Veranstaltungen, bei denen das sonst sehr geschlossene Milieu in die Öffentlichkeit drängt oder zumindest den öffentlichen Raum für sich beansprucht. Sei es der Burschentag oder auch das Burschenfrühschoppen in Tübingen, überall dort wo sie öffentlich in Erscheinung treten, müssen sie mit Protest konfrontiert werden.

Wenn du also Lust hast, gemeinsam mit uns aktiv zu werden und Verbindungen und anderen Reaktionären und Rechten das Leben schwer zu machen, dann schließ dich uns an, komm zum Offenen Treffen gegen Faschismus und Rassismus für Tübingen und die Region (OTFR). Wir treffen uns am 2. Montag im Monat im Epplehaus in
Tübingen!

Proteste gegen das Burschenfrühschoppen, Mai 2018

10. Liste Tübinger Studentenverbindungen

Arbeitskreis Tübinger Verbindungen (AKTV)

Der Arbeitskreis Tübinger Verbindungen (AKTV) ist das Sprachrohr und die Vertretung der meisten Tübinger Verbindungen. So wird von ihm beispielsweise auch das Burschenfrühschoppen der Tübinger Verbindungen organisiert. In ihm arbeiten die Tübinger Verbindungen mit extrem rechten Burschenschaften wie der Alten Straßburger Burschenschaft Germania und der Straßburger Burschenschaft Arminia (beide ehem. DB) ohne Hemmungen zusammen. Aktuell sind 29 Tübinger Verbindungen Teil des AKTV . (Stand August 2019) Vorsitzender des AKTV ist Andreas Strecke, Mitglied der Landsmannschaft Schottland Tübingen.

Liste Tübinger Studentenverbindungen:

Alte Straßburger Burschenschaft Germania
Allgemeine Deutsche Burschenschaft,
ehem. Deutsche Burschenschaft,
Mitglied im AKTV
Männerbund, pfl ichtschlagend
farbentragend (schwarz-silber-rot)
Neckarhalde 47

Straßburger Burschenschaft Arminia
Kartell Roter Burschenschaften,
ehem. Deutsche Burschenschaft, Mitglied im AKTV
Männerbund, pfl ichtschlagend
farbentragend (schwarz-rot-gold)
Gartenstr. 46

Burschenschaft Germania
Süddeutsches Kartell, Mitglied im AKTV
Männerbund, pfl ichtschlagend
farbentragend (rot-gold-schwarz)
Gartenstr. 3

Tübinger Burschenschaft Derendingia
verbandsfrei, Mitglied im AKTV
Männerbund, nichtschlagend
farbentragend (rot-weiß-blau)
Schloßbergstr. 5

Landsmannschaft Ulmia
Coburger Convent, Mitglied im AKTV
Männerbund, pfl ichtschlagend
farbentragend (schwarz-weiß-gelb)
Stauffenbergstr. 10/1

Landsmannschaft Ghibellinia
Coburger Convent, Mitglied im AKTV
Männberbund, pfl ichtschlagend
farbentragend (schwarz-gold-grün)
Gartenstr. 51

Landsmannschaft Schottland
Coburger Convent, Mitglied im AKTV
Männerbund, pfl ichtschlagend
farbentragend (blau-rot-gold)
Schwabstr. 20

Turnerschaft Hohenstaufi a Tübingen
Coburger Convent
Männerbund, fakultativ schlagend
farbentragend (grün-weiß-rot)
Stauffenbergstr. 12/1

Alte Turnerschaft Palatia
verbandsfrei, Mitglied im AKTV
Männerbund, fakultativ schlagend
farbentragend (violett-weiß-rot)
Schwabstr. 16

Alte Turnerschaft Eberhardina-Markomannia
verbandsfrei, Mitglied im AKTV
Männerbund, fakultativ schlagend
farbentragend (hellblau-weiß-schwarz)
Auf dem Kreuz 26

Corps Franconia
Kösener Senioren-Convents-Verband,
Mitglied im AKTV
Männerbund, pflichtschlagend
farbentragend (moosgrün-rosa)
Österbergstr. 16

Corps Rhenania
Kösener Senioren-Convents-Verband,
Mitglied im AKTV
Männerbund, pflichtschlagend
farbentragend (hellblau-weiß-rot)
Stauffenbergstr. 4

Corps Borussia
Kösener Senioren-Convents-Verband,
Mitglied im AKTV
Männerbund, pflichtschlagend
farbentragend (schwarz-weiß-schwarz)
Österbergstr. 12

Corps Suevia
ehem. Kösener Senioren-Convents-Verband
Männerbund, nichtschlagend
farbentragend (schwarz-weiß-rot)
Kleiststr. 12

Sängerschaft Hohentübingen
Deutsche Sängerschaft,
Mitglied im AKTV
Männerbund, fakultativ schlagend
farbentragend (schwarz-weiß-hellgrün)
Doblerstr. 22

Tübinger Königsgesellschaft Roigel
verbandsfrei, Mitglied im AKTV
Männerbund, nichtschlagend
farbentragend (schwarz-gold-rot)
Burgsteige 20

AV Guestfalia
Cartellverband der kath. dt. Studentenverbindungen, Mitglied im AKTV
Mänerbund, nichtschlagend
farbentragend (grün-weiß-schwarz)
Stauffenbergstr. 25

AV Cheruskia
Cartellverband der kath. dt. Studentenv.,
Mitglied im AKTV
gemischt, nichtschlagend
farbentragend (orange-weiß-blau)
Matthias-Koch-Weg 12

Tübinger Wingolf
Wingolfsbund, Mitglied im AKTV
Männerbund, nichtschlagend
farbentragend (schwarz-weiß-gold)
Gartenstr. 38

Verbindung Normannia
verbandsfrei, Mitglied im AKTV
Männerbund, nichtschlagend
farbentragend (rot-gold-weiß)
Stauffenbergstr. 21

KStV Alamannia
Kartellverband kath. dt. Studentenvereine,
Mitglied im AKTV
Männerbund, nichtschlagend
farbenführend (schwarz-weiß-blau)
Biesingerstr. 15

KStV Rechberg
Kartellverband kath. dt. Studentenvereine,
Mitglied im AKTV
Männerbund, nichtschlagend
farbenführend (silber-schwarz-silber)
Stöcklestr. 36

Verein Deutscher Studenten zu Tübingen
Verband der Vereine Deutscher Studenten, Mitglied im AKTV
Männerbund, nichtschlagend
farbenführend (schwarz-weiß-rot)
Wilhelmstr. 98

ATV Arminia
Akademischer Turnbund, Mitglied im AKTV
Männerbund, nichtschlagend
farbenführend (hellrot-weiß-karminrot)
Hauffstr. 16

AMV Stochdorphia
Sondershäuser Verband, Mitglied im AKTV
Männerbund, nichtschlagend
farbenführend (schwarz-weiß-rot)
Hirschauer Str. 18

AG Stuttgardia
verbandsfrei, Mitglied im AKTV
gemischt, nichtschlagend
farbenführend (schwarz-gold)
Österbergstr. 14

AV Virtembergia
verbandsfrei, Mitglied im AKTV
Männerbund, nichtschlagend
farbenführend (schwarz-rot)
Schloßbergstr. 9

AV Hibernia Tubingensis
verbandsfrei, Mitglied im AKTV
gemischt, nichtschlagend
farbentragend (grün-gold)
ohne Verbindungshaus

AV Albertus Magnus
verbandsfrei
gemischt, nichtschlagend

AV Igel
verbandsfrei, Mitglied im AKTV
Männerbund, nichtschlagend
schwarze Verbindung
Schloßbergstr. 7

AV Laetitia
verbandsfrei
Damenverbindung, nichtschlagend
farbenführend (rosa-silber-rosa)
ohne Verbindungshaus

ADV Olympea
verbandsfrei, Mitglied im AKTV
Damenverbindung, nichtschlagend
farbentragend (blau-gold-weiß)
ohne Verbindungshaus

AV Audacia
verbandsfrei, Mitglied im AKTV
Damenverbindung, nichtschlagend
farbentragend (grün-gold-weiß)
ohne Verbindungshaus

AV Föhrberg
verbandsfrei
gemischt, nichtschlagend
schwarze Verbindung
Frondsbergstr. 17

11. Das Korporierten-ABC

Aktivitas:
Bund der Aktiven einer Verbindung. Dazu zählen Füxe, aktive und inaktive Burschen. Wählt 3 bzw. 5 Chargierte in die Ämter der Aktivenschaft.

Alter Herr (AH, Mehrzahl AHAH):
Ehemaliges Mitglied der Aktivitas. Nach dem Studium wechseln Verbindungsmitglieder in die Altherrenschaft ihrer Verbindung.

Bursche:
Vollberechtigtes Mitglied einer Verbindung.

Burschenschaft(en):
Fälschlicherweise oft als Sammelbegriff für studentische Verbindungen/ Korporationen gebraucht. Der Begriff meint einen bestimmten Korporationstyp. Sie beziehen sich auf die Jenaer Urburschenschaft von 1815.

Cartell (Kartell):
Das vielfach vertraglich fixierte Verhältnis gleicher oder verwandter (befreundeter)Verbindungen. Häufig bis zum gemeinsamen (Dach-) Verband ausgestaltet.

Chargierte:
Aus der Verbindung gewählte Inhaber von Ehrenämtern.

Comment:
Gesamtheit der Regeln für das studentische Brauchtum, etwa für Umgang, Kneipe, Mensur etc.

Convent:
Versammlung der Mitglieder einer Verbindung, aber auch von Vertretern verschiedener Verbindungen, die sich auf irgendeine Weise (etwa zum Dachverband) zusammengeschlossen haben.

Kommers:
Festliches, aus bestimmten Anlässen (z.B. Gründungsjubiläum) und nach schriftlich fixierten Regeln veranstaltetes Trinkgelage, an dem Gäste (Frauen) teilnehmen können und „Landesvater gestochen” bzw. „Salamander gerieben” werden.

Kommersbuch:
Sammlung studentischer Lieder.

Korporation:
Oberbegriff für eine Gemeinschaft von Studenten und Akademikern, die sich auf der Basis bestimmter Grundsätze und Formen auf Lebenszeit zusammenschließen (Prinzip des Lebensbundes). In der Regel als Männerbund. Synonym für Korporationen: Verbindungen.

Lebensbund:
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts allgemeines Prinzip studentischer Korporationen. Lebenslange Mitgliedschaft.

Mensur:
Zweikampf unter Studenten mit scharfen Waffen, der durch bestimmte Vorkehrungen rechtlich und moralisch vom Duell als Zweikampf mit tödlichen Waffen unterschieden wird.

Salamander:
Salamander reiben – Zeremonie bei Trinkgelagen, die als höchste Ehrung nach dem Comment einem Anwesenden erwiesen werden kann.

Satisfaktion:
Genugtuung zur Beilegung eines Ehrenstreits. Satisfaktion mit der Waffe (Duell) oder durch Unterwerfung unter dem Spruch des Ehrengerichts.

Schlagend, schlagende Verbindung:
Verbindung, die Mensuren austrägt (auch: waffenstudentische Verbindung).

Schwarze Verbindung:
Verbindung, die Farben weder trägt noch führt.

Schmiss:
Gesichtsnarbe, die von einer beim Mensuren-Schlagen verursachten Verletzung herrührt. Galt früher durchgängig und heute z.T. noch als Ehrenzeichen.

Urburschenschaft:
Die zwischen 1811 und 1819 entstandene Bewegung zur Erneuerung der studentischen Gemeinschaftsformen, im engeren Sinne: die am 12. Juni 1815 in Jena gegründete Burschenschaft.

Wichs:
(festliche) Aufmachung eines Korporierten Zipfel: Von den Besitzern zur Vermeidung von Verwechslungen an die Bierkrüge gehängte Stoffstücke. Oft auch Freundschaftsgeschenke unter Verbindungsstudenten (Bierzipfel, Weinzipfel, Sektzipfel, Letzter für Frauen).

Zirkel:
Ursprünglich geheimes Erkennungszeichen von Ordensbrüdern, heute Signum einer Verbindung, das bei der Unterschrift hinter den Namenszug gesetzt wird.

  • 1
    AK-Clubhausia-Reader Teil 8: Dachverbände einiger Tübinger Verbindungen
  • 2
    Website der DB: „Kurzportrait DB“
  • 3
    3 Weitere Informationen zur Neuen Rechten findet man u.a. im Buch „Das Netzwerk der Neuen Rechten: Wer sie lenkt, wer sie finanziert und wie sie die Gesellschaft verändern“ von Christian Fuchs und Paul Middelhoff.
  • 4
    4 AK-Clubhausia-Reader Teil 8: Dachverbände einiger Tübinger Verbindungen
  • 5
    5 https://coburger-convent.de
  • 6
    AK-Clubhausia-Reader Teil 8 „Dachverbände einiger Tübinger Verbindungen“
  • 7
    Sonja Levsen: Elite, Männlichkeit und Krieg. Tübinger und Cambridger Studenten 1900-1929 (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft , Bd. 170), Vandenho- eck & Ruprecht: Göttingen 2006, S. 343
  • 8
    Dietrich Heither: Verbündete Männer. Die Deutsche Burschenschaft – Weltanschauung, Politik und Brauchtum. PapyRossa Verlag: Köln 2000, S. 96f.
  • 9
    Anton Maegerle: „Im braunen Sumpf “, in: Blick nach Rechts, 25.10.2011. Online unter: https://www.bnr.de/artikel/hintergrund/im-braunen-sumpf
  • 10
    Christian Andrae: „Die Vergegenwärtigung des Zeitgeschehens in F. C. Baurs Tübinger Predigten“, in: Ulrich Köpf (Hrsg.): Historisch-kritische Geschichtsbetrachtung. Ferdinand Christi an Baur und seine Schüler. 8. Blaubaurer Symposion (Contubernium. Tübinger Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaft sgeschichte, Bd. 40), Jan Th orbecke Verlag: Sigmaringen 1994, S. 97
  • 11
    AK-Clubhausia-Reader: Mitbewohner gesucht! Verbindungskritischer Reader Tübingen, Tübingen 2013, S. 24.
  • 12
    Michael Kuckenburg: „‚Wenigstens einen der Brüder umgelegt‘“, in: Schwäbisches Tagblatt, 30.04.2019, online unter: https://www.tagblatt.de/Nachrichten/Wenigstens-einen-der-Brueder-umgelegt-413023.html
  • 13
    Manfred Schmid: Die Tübinger Studentenschaft nach dem Ersten Weltkrieg 1918-1923 (Werkschriften des Universitätsarchivs Tübingen), Tübingen 1988, S. 68.
  • 14
    Ralph Lange: „Von der ‚Affäre Gumbel‘ zum ‚Fall Wilbrandt‘: Die ‚Lustnauer Schlacht‘“, in: Johannes Michael Wischnath (Hrsg.): Bausteine zur Universitätsge- schichte. Folge 9, Tübingen 1999, S. 29-54.
  • 15
    Rolf Neuhaus (Hrsg.): Dokumente zur Hochschulreform 1949-1959, Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 1961, S. 39ff
  • 16
    Joachim Raack, „Vom Sinn und Wert der Mensur“, in: Die Wachenburg. Zeitschrift des Weinheimer SC, Heft 3/1983, Seite 116.

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