Am 19. Februar 2024 sind genau 1.461 Tage vergangen, seitdem neun unschuldige Menschen durch einen rassistischen und terroristischen Mordanschlag mitten aus dem Leben gerissen wurden. Seit 1.461 Tagen kämpfen Angehörige, Familien und Freund*innen mit der Trauer über den Verlust geliebter Menschen, mit dem Schmerz, den diese Morde verursacht haben und mit der Wut darüber, dass der Rassismus in unserer Gesellschaft auf allen Ebenen zu diesem Töten beigetragen hat und Aufklärung und Konsequenzen verhindert.
Den Täter, der mit einem Sturmgewehr bewaffnet mehrere migrantisch geprägte Orte in Hanau für seinen Anschlag aufsuchte, als rassistisch-verirrten Einzeltäter darzustellen ist bequem – aber falsch. Eine ganze Kette an Ereignissen hat das ungehinderte Morden ermöglicht:
Angefangen damit, dass Behörden keine Bedrohung in einem Menschen sahen, der trotz laufender Ermittlungs- und Strafverfahren legal Waffen besaß und mehrfach an Schießtrainings in der Slowakei teilnahm. Eine Woche vor der Tat lud er zudem ein rassistisches Pamphlet auf eine freizugängliche Webseite im Internet, daraufhin geschah: nichts!
In der Tatnacht offenbarten sich weitere, folgenschwere Fehler. Etwa einige Notrufe, die nicht entgegengenommen oder weitergeleitet wurden. Der Notausgang an einem der Tatorte war auf behördliche Anordnung hin verschlossen. Ein Jahr nach dem Anschlag wurde das am Einsatz beteiligte SEK Frankfurt wegen interner Verbreitung rassistischer Nachrichten in Chatgruppen aufgelöst. So reiht sich – mal wieder – ein Fehler an den nächsten und die Liste wird noch länger. Hierzu muss man sich die Versäumnisse und Unwürdigkeiten im Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags anschauen: Er kam nur durch mühsames, ausdauerndes und kräftezehrendes Beharren der Angehörigen zustande. Ein Interesse an Aufklärung gab es seitens der Politik also nicht.
Die Arbeit im Untersuchungsausschuss selbst war von Widersprüchen und Lückenhaftigkeit geprägt. Während wichtige Fragen höchstens ansatzweise oder überhaupt nicht geklärt sind, müssen die Angehörigen selbst mehrere Gutachten in Auftrag geben, um bessere Erkenntnisse zur Tatnacht zu erhalten. Auch nach Ende des Untersuchungsausschusses sind viele bedeutende Fragen nicht geklärt. Von politischen oder personellen Konsequenzen fehlt jede Spur.
Hier verdeutlicht sich einmal mehr: Polizei, Justiz und Regierung zeigen kein Interesse daran, den Rassismus in der Gesellschaft zu bekämpfen. Im Gegenteil! Durch Aufnahme von Rassist*innen in die eigenen Reihen, durch die Übernahme rassistischer Stereotype im Arbeitsalltag (bspw. racial profiling der Polizei oder das Narrativ der vermeintlichen Clan-Kriminalität) werden rassistische Denk- und Verhaltensweisen verstärkt und ihnen wird der Anschein von Legitimität verpasst.
Doch für uns ist daran gar nichts legitim! Nicht, dass neun Menschen aus rassistischen Motiven ihr Leben verlieren, nicht, dass die Trauernden durch unverschämte Übergriffe durch Behörden und den Vater des Täters weiterhin drangsaliert werden und nicht, dass im Nachhinein rassistische Ermittlungen der Behörden von Politiker*innen als Versäumnisse heruntergespielt werden.
Aus diesem Grund rufen wir dazu auf, sich an der bundesweiten Gedenkdemonstration am 17. Februar 2024 anlässlich des vierten Jahrestags des rassistischen Terroranschlags in Hanau zu beteiligen. Fahrt gemeinsam mit uns hin und tragt eure Wut auf die Straße!
Solidarisiert euch mit den Angehörigen und ihren Forderungen, die da lauten:
Wir brauchen lückenlose Aufklärung.
Wir brauchen Konsequenzen.
Wir werden keine Ruhe geben.
no justice – no peace!
Wann? Am 17. Februar 2024 um 11:00 Uhr Wo? Pendlerparkplatz