Femizid in Illerkirchberg – Rechte instrumentalisieren

Am vergangenen Montag kam es in Illerkirchberg (nähe Ulm) zu einem Angriff mit einem Messer auf zwei junge Mädchen. Eine der Beiden erlag kurze Zeit später ihren schweren Verletzungen. Der Tatverdächtige wurde kurz darauf festgenommen. Die Tatsache, das es sich dabei um eine Person eritreischer Herkunft handelt, löste ein rassistisches Medienecho aus. Wir sind traurig und wütend. Traurig darüber, wieder von einem Femizid erfahren zu müssen. Nach aktuellen Statistiken wird in Deutschland fast jeden dritten Tag eine Frau durch einen Mann getötet. Und wütend darüber, dass die Rechte diesen Mord als Vorwand für ihre rassistische Hetze gegen Geflüchtete missbraucht.

Noch am Tag der Tat wurde das Thema breit in der rechten Bewegung aufgegriffen, auf Twitter entbrannte unter dem #Illerkirchberg eine widerliche rassistische Hetzkamapgne, bei der auch die AfD Bundesvorstände Alice Weidel & Timo Chrupalla und der Ex-Bild-Chef Julian Reichelt mitmischten. Auch der Dritte Weg und die Freien Sachsen haben zumindest online bereits mit ihrer rassistischen Hetze begonnen. Aber auch der rechte Rand bürgerlicher Politiker:innen, wie Boris Palmer, ließen es sich nicht nehmen mit den Mord als Vorwand weiter Stimmung gegen die Aufnahme von Geflüchteten zu machen. An den beiden Trauerkundgebungen am Montag- und Dienstag-Abend beteiligten sich dann auch lokale Faschist:innen wie Achim Kast (Vorsitzender der NPD Neu-Ulm), Markus Mössle (früher NPD, kandidiert heute für die AfD) und andere Personen, die der Ulmer AfD und Querdenkszene zuzurechnen sind. Am Mittwoch gab es zudem eine Propagandaaktion der Identitären Bewegung vor dem Rathaus in Illerkirchberg.

Auch wenn lokale Antifa-Recherche-Strukturen die Kundgebung am Dienstag als wesentlich ruhiger beschreiben, als noch am Montag, erinnert die Situation stark an vergangene rechte Proteste wie in Kandel 2018. Damals löste die Herkunft des Täters von einem Femizid größere rechte Proteste aus, die maßgeblich von der AfD angeleitet wurden. Eine ähnliche Entwicklung könnte sich in Illerkirchberg bzw. in Ulm wiederholen. Die Präsenz des Themas in rechten Online-Kanälen lässt dies zumindest befürchten. Mittlerweile stellen rechte Kreise die Großrazzien am Mittwoch der gleichen Woche gegen Strukturen der Reichsbürger:innenszene als Vertuschung des Mordes in Illerkirchberg dar.

In einem Ulmer Querdenken-Telegram-Kanal ist bereits ein Aufruf für eine Kundgebung diesen Samstag in Ulm (18 Uhr, Neue Mitte Rathaus) aufgetaucht. Auf der Facebook-Seite der AfD-Ulm, sowie dem rechten Blog Bei Schneider wird auf eine Kundgebung der AfD am 10.12.2022 ab 10.00 Uhr auf dem Rathausplatz von Illerkirchberg mobilisiert. Entscheidend wird nun sein, inwiefern diese überregional von rechten Kräften aufgegriffen wird und ob sich eine rechte Dynamik auf der Straße entwickelt.

Für uns heißt es in den nächsten Tagen die Vorgänge in Illerkirchberg und Ulm genau zu beobachten und gegebenenfalls schnell antifaschistisch zu intervenieren, um die Instrumentalisierung eines Femizides für rassistische Hetze auf der Straße zu verhindern.

Informationen zu den beiden Kundgebungen am Montag und Dienstag unter:
https://rechteumtriebeulm.blackblogs.org/2022/12/06/2031/