In Upahl bei Grevesmühlen soll eine Unterkunft, ein sogenanntes „Containerdorf“, für etwa 400 Geflüchtete errichtet werden. Seit Tagen gibt es in der Gemeinde in Nordwestmecklenburg Proteste. Gestern Abend (26.01.2023) eskalierte die Situation in Grevesmühlen: An die 700 Menschen protestierten vor dem Kreistagsgebäude gegen das Vorhaben. Der Kreistag, der drinnen zur Thematik tagte, musste von Polizeikräften geschützt werden, aus der ganzen Region wurden im Laufe des Abends 120 Polizeikräfte zusammengezogen, nachdem die Protestierenden in die Sitzung stürmen wollten und gegen die Scheiben hämmerten. Unter den Demonstrierenden auch, Augenzeugenberichten nach, über hundert „aus dem rechten Spektrum“. Kein Wunder, hatte doch der bekannte Nazi Sven Krüger, aber auch lokale AfDler:innen wie etwa Thomas Schuldt über Social Media dazu aufgerufen.
Laage in Grevesmühlen bleibt angespannt 5-600 stehen ca. 25 cops entgegen die den Eingang zur Kreistagssitzung schützen.
Unter den Teilnehmer sind 1/4 klar rechtsextremen Strukturen zurechenbar.
— Recherchegruppe AST (@AST_Westmeckl) January 26, 2023
Die Videos, die bereits gestern live zu sehen waren, zeigen nicht nur eine aufgeheizte Stimmung, sondern eine gefährliche Mischung aus Nazis und aufgebrachten, rassistischen Bürger:innen – sie erinnern an die Hetze und Aufmärsche aus Pegida-Zeiten um 2015. Die Lokalpolitik indes versucht seit Tagen die Situation zu deeskalieren und den Bau bzw. die Größe der Geflüchtetenunterkunft zu beeinflussen, was vom Land vorgegeben wurde. Der gestrige Tag zeigt jedoch ihre Hilflosigkeit, genauso wie die Überforderung der Polizei und würde die Unterkunft schon stehen, sie wäre sicherlich das nächste Ziel dieses Mobs gewesen.
Bislang ist nicht klar, welche Nazis bzw. rechte Strukturen involviert waren und welche Rolle sie gespielt haben und spielen werden, klar ist aber: Die Region hat ihre eigene rechte Geschichte. So finden sich nicht nur auf der Seite des AIB z.B. einige Artikel mit dem Tag „Wismar„, was unweit von Upahl liegt, sondern die Nazizusammenhänge aus der Gegend lassen sich bis zum Brandanschlag in Lübeck ziehen (siehe Dokumentation der Initiative Hafenstraße96 und Artikel im AIB von 2021). Auch bekannt ist Grevesmühlen wegen des V7-Versandes (u.a. Wotan Records und Aufruhr Versand) von Ingo Knauf. Die (öffentlichen) Aktivitäten der Naziszene in Nordwestmecklenburg waren sicherlich in den 2010er Jahren stärker – aber die sie sind noch da und sie fühlen sich wohl, was der aktuelle Artikel über das Nachbardorf von Upahl Jamel zeigt, aber auch, dass die NPD in der Gegend noch öffentliche Veranstaltungen abhält.
Zudem gibt es auch in Loitz (ebenfalls Mecklenburg-Vorpommern) gerade Proteste gegen Geflüchtete; die Bevölkerung will die Stadtmauer schließen, damit die im Ort untergebrachten Geflüchteten die Innenstadt nicht betreten können.
Es gilt also: Genau hinzusehen und im Auge zu behalten, was sich dort entwickelt – die lokale nachhaltige und dort sicher beschwerliche Arbeit gegen Rechts müssen weiterhin Antifaschist:innen aus der Gegend übernehmen. Klar ist aber auch: Wenn sich Rechte massenhaft die Straße nehmen und sich eine gefährliche Dynamik entwickelt, werden wir Antifaschist:innen uns gemeinsam einer rechten Hegemonie auf der Straße entgegenstellen!
Die Recherchegruppe AST hat auf ihrem Twitter-Kanal weitere Infos zu den rechten Akteur:innen angekündigt.