Anlässlich des Brandanschlags, der in der Nacht auf den 6. Mai auf eine Flüchtlingsunterkunft in Korb verübt wurde, haben wir dort heute [13.05.] eine Kundgebung abgehalten.
Unserem Aufruf folgten knapp 30 Personen, aber auch darüber hinaus erhielten wir viele positive Resonanzen aus der Korber Bevölkerung. Mit einer Stellwand wurde zudem auf die Kontinuität von Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte hingewiesen. Mit unserer Kundgebung konnten wir ein klares Zeichen gegen Brandanschläge und Rassismus setzten. Und die Rückmeldungen, die wir am heutigen Tag erhielten, sprechen in unseren Augen dafür, dass solche Vorfälle es notwendig machen Protest auf die Straße zu tragen. Denn die Berichterstattung in der Presse fällt dürftig aus und ordnet solche Taten nicht in das gesellschaftlihce Klima ein, aus dem heraus sie begangen werden. Auch über die menschenunwürdigen Bedingungen in den Unterkünften und die mörderischen EU-Außengrenzen wird in diesem Kontext nicht berichtet, dabei sind es doch gerade solche Zustände, die nicht unerwähnt bleiben dürfen wenn über die psychische Verfassung Geflüchteter berichtet wird.
Im Nachgang zur Kundgebung wurden Flyer in Briefkästen verteilt, die über das Büro der AfD in Korb und deren rassistische Machenschaften aufklären. Denn die AfD ist und bleibt geistiger Brandstifter. Die Politik der AfD befeuert Menschen Taten wie diese zu begehen und das tut sie auch von ihrem Büro in Korb aus. Auf die Flyer gab es von Passant:innen ebenfalls aufgeschlossene und positive Reaktionen.
Als Bündnis Zusammen gegen Rechts werden wir auch weiterhin wachsam bleiben. Falls es zu weiteren Anschlägen auf Unterkünfte in unserem schönen Rems-Murr-Kreis kommt werden wir auch in Zukunft Protest organisieren und uns für Aufklärung einsetzen.
Dabei wollen wir gleichzeitig eine Gegenposition in der Öffentlichkeit schaffen, die unmenschlichen Zustände in den Unterkünften anprangern und uns für Verbesserungen für Geflüchteten einsetzen. Aber auch müssen wir dafür sorgen, dass die AfD sich nicht weiterhin ungestört in ihrem Büro in Korb treffen und Hetze vorbereiten kann.
Unsere Rede:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,
In der Nacht zum Samstag hat ein unbekannter Täter hier in Korb einen Brandanschlag auf die örtliche Flüchtlingsunterkunft verübt, indem er einen Brandsatz gegen das Gebäude geworfen hat. Zum Glück hat ein Bewohner die Tat rechtzeitig bemerkt und Schlimmeres verhindert. Jetzt wird gerätselt, wer der Täter sein könnte: war es ein Heimbewohner, ein Nazi oder jemand, der „aus persönlichen Gründen“ Brandsätze auf Flüchtlingsunterkünfte wirft?
Fakt ist: Dies war nicht der erste und leider mit Sicherheit auch nicht der letzte Brandanschlag im Rems-Murr-Kreis: 2011 versuchten Neonazis drei Jugendliche in einer Gartenhütte bei Winterbach umzubringen, 2015 brannte die geplante Unterkunft in Unterweissach aus, 2019 kam es zu einem Anschlag auf die Geflüchtetenunterkunft in Kirchberg. Diese tragen eine klar rassistische Handschrift: Schutzsuchende, Menschen aus anderen Ländern sollen nicht in Deutschland leben dürfen weil sie je nach Vorwand angeblich faul, böse oder minderwertig wären. Mit solchen Brandstiftungen verfolgen die Rechten nicht nur das Ziel Angst zu schüren, sie nehmen mindestens den Tod von Menschen billigend in Kauf. Jetzt erleben wir, im Osten der Republik aber auch in Baden- Württemberg z.B. in Lörrach oder Tamm, das Wiederaufflammen von rassistischen Protesten gegen die Aufnahme von Geflüchteten.
Das ist natürlich eine willkommener Anlass für die gewalttätige und terroristische Rechte: Seit dem Auffliegen des NSU 2011 wissen wir, dass sich Faschistinnen und Faschisten Sprengsätze basteln und gezielt Morde begehen. Und was gab es damals für eine Berichterstattung? Die Dönermorde wurde die Mordserie genannt. Angeblich sollen es selber kriminelle Türken gewesen sein, die unsere türkischen Kolleginnen und Kollegen umgebracht haben. Mit dieser kruden These im Rücken wurden Hinweisen jahrelang nicht nachgegangen, die Angehörigen und Hinterbliebenen selbst als mitschuldig dargestellt und die wahren Täter konnten weitermorden. Entsprechend sind wir als Antifaschistinnen und Antifaschisten, als Linke aufgefordert solche Berichterstattung zu hinterfragen. Gerade wenn noch nicht alle Fakten und Sachlagen öffentlich bekannt sind, liegt es an uns den Finger in die Wunde zu legen und für Aufklärung zu kämpfen. Dass diese nicht selbstverständlich ist, konnten wir lokal gerade beim Winterbacher Brandanschlag beobachten: Es dauerte mehrere Tage, bis ein Brandgutachter die Hütte untersuchte, nur um festzustellen dass Regen einen Großteil der wichtigsten Spuren verschwinden lassen hatte. In Hanau kam nach dem Attentat 2020 mit 9 Toten überhaupt erst ein Untersuchungsausschuss zu Stande, weil die Angehörigen nicht nachgelassen haben.
Das bringt uns zur lokalen Berichterstattung: Vielleicht kennen einige unter euch den Artikel, mit dem über den Anschlag in Korb berichtet wird, einige nicht. In der ersten Hälfte wird kurz ein mögliches rassistisches Motiv diskutiert, soweit so gut, aber in der zweiten Hälfte werden Beispiele genannt, in denen Geflüchtete selbst für Brände gesorgt haben. Doch wieso werden diese so in den Mittelpunkt gestellt? Im Artikel wird ohne jegliche weitere Einordnung die Aussage eines Iraners aufgeführt: Er habe mit dem Brand seiner Matratze vorgehabt, sich selbst zu töten. Und das veranschaulicht meiner Meinung nach ganz gut die Zustände im deutschen Asylsystem von Anfang bis Ende.
Die meisten, die nach Deutschland fliehen müssen ihre Heimat verlassen, weil die deutsche Außen- und Wirtschaftspolitik einheimische Wirtschaften ruiniert und ausbeutet und mit ihren Waffenexporten und Bundeswehreinsätzen werden bewaffnete Konflikte befeuert und eskaliert. Und als wäre das nicht genug sorgt die profitorientierte Wirtschaft mit ihren Treibhausemissionen dazu, dass weite Teile der Erde unbewohnbar werden. Auf der Flucht vor diesen Zuständen müssen die Fliehenden wahlweise dem neu auflebenden Sklavenhandel in Nordafrika entgehen, mit etwas Glück schaffen Sie es lebendig über das Mittelmeer oder an Erdogans Lagern vorbei über die Balkanroute und erfrieren nicht in den osteuropäischen Wäldern. Wenn sie es dann geschafft haben werden sie getrennt von der Gesellschaft in viel zu enge Unterkünfte gesteckt und dürfen nicht Arbeiten, leben in Angst vor der Abschiebung zurück in Armut und Tod und bekommen keine Möglichkeit, vergangene Traumata aufzuarbeiten.
Daraus lassen sich mehrere Dinge schließen, die sehr wichtig sind nicht nur heute, sondern auch im Alltag auf Arbeit oder bei anderen Vorfällen zu betonen: Wer verhindern will, dass es zu Gewalt und Brandstiftung von Geflüchteten kommt, der muss die würdelosen und entmenschlichenden Zustände im deutschen Asylsystem offenlegen und anprangern, die so etwas überhaupt ermöglichen und befördern, gerade zum Schutz der anderen Menschen in diesen Unterkünften! Wer dann auf die Idee kommt, rassistisch motivierte Gewalt in einem Atemzug zu nennen mit der aus rassistischen Verhältnissen entspringenden Gewalt, der berichtet eben nicht ausgewogen!
Insbesondere in Verbindung mit den Akteuren, die schon rassistische Hetzkampagnen auslösen wie zum Beispiel die Bildzeitung. Wer angesichts solcher Meinungsmache klare Gegenpositionen aus welchen Gründen auch immer ausspart, trägt nicht zur Eindämmung rassistischer Positionen in den Köpfen der Menschen bei. Apropos rassistische Positionen in den Köpfen der Menschen: Weiter verfügt hier in Korb in der Daimlerstraße die AfD im Gewerbegebiet über ein Büro. Die AfD ist eine Partei, die wie keine andere Partei die rassistische Hetze gegen Geflüchtete und unsere migrantischen Kolleginnen und Kollegen zum Programm gemacht hat. Indem sie Grenzen des Sagbaren verschoben hat und verschiebt, ermuntert und befeuert sie explizit rechte und faschistische Gewalttäter und Terroristen zur Tat zu schreiten. Oft genug stellt sich die AfD dann schützend vor solche Brandstifter, relativiert die von ihnen ausgehende Gefahr und führte in der Vergangenheit in Kandel oder Chemnitz Demos an aus denen Hetzjagden hervorgingen. Die AfD macht so etwas, weil sie die Schuld an realen Problemen auf Sündenböcke schiebt und gleichzeitig mit der Normalisierung und Rechtfertigung Ventile anbietet. Von solchen Ventilen profitieren nicht zuletzt die Regierung und großen Konzerne: Sie lenken ab von Problemen wie zum Beispiel die größte Inflation seit Jahrzehnten, die weitere Aufrüstung der Bundeswehr zu Kriegszwecken oder, dass immer mehr Unternehmen bspw. Tarifflucht begehen und sich somit der Mitbestimmung von Arbeiterinnen und Arbeitern entziehen. Natürlich profitiert die AfD auch direkt davon: Ihr politisch-wirtschaftliches Programm vertritt die mittleren und kleineren Unternehmen, welche hauptsächlich auf den Binnenmarkt orientiert sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen.
Liebe Korberinnen und Korber, es ist sehr gut und wichtig, dass wir heute auf die Straße gehen um den Brandanschlag zu verurteilen. Aber damit ist noch nicht genug getan: Wir müssen den öffentlichen Druck weiter aufrecht erhalten, damit die Hintergründe des Anschlags aufgeklärt werden. Wir müssen auch die Wachsamkeit hochhalten, falls es zu weiteren Anschlägen auf Unterkünfte hier bei uns kommt und Protest organisieren. Wir müssen auch gleichzeitig Gegenpositionen in der Öffentlichkeit schaffen, die die unwürdigen Zustände in den Unterkünften anprangern und uns für eine reale Verbesserung der Lage der Geflüchteten einsetzen. Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass Rassistinnen und Rassisten sich nicht weiter ungestört im Korber AfD Büro die Klinke in die Hand drücken können und dort ihre Hetze vorbereiten. Und natürlich müssen zentrale Probleme dieser Gesellschaft angegangen und bekämpft werden: Für höhere Löhne gerade in Inflationszeiten, gegen die kriegerische Außenpolitik und weitere Aufrüstung der Bundeswehr.
Lasst uns gemeinsam für eine Gesellschaft einstehen-in der nicht Profite, Ausgrenzung und Gewalt im Mittelpunkt stehen sondern unsere Bedürfnisse und Interessen, Weltoffenheit und Solidarität.