Mehr Nazi-Angriffe im Osten

Faschistische Schlägerbanden treten offensiver auf

Mohannad Lamees für Perspektive Online

Faschistische Banden werden immer selbstbewusster und greifen politische Gegner an. Wir müssen uns gegen diese Angriffe verteidigen und die Nazis ideologisch entwaffnen. Ein Kommentar von Mohannad Lamees.

In den letzten Monaten erlebten wir ein Umfragehoch und Wahlerfolge der AfD. Doch der Blick auf den immer weiter erstarkenden parlamentarischen Arm der faschistischen Bewegung darf uns nicht davon ablenken, dass sich auch deutlich radikalere Faschist:innen, zum Beispiel Jugendliche aus dem Umfeld der neonazistischen Partei III. Weg und rechte Schlägertruppen, weiterentwickeln.

Angriffe auf politische Gegner in Berlin

Erik Storch(1) und ein bislang unbekannter „Nationalrevolutionär“(2) mit Glasflaschen bewaffnet

Am Rande der CSD-Demonstration in Berlin kam es am Samstagnachmittag zu einem versuchten faschistischen Angriff. Mehrere bekannte Neo-Nazis der Nationalrevolutionären Jugend, der Jugendorganisation des III. Weges, lauerten CSD-Teilnehmenden bei der Abreise aus Berlin-Mitte auf. Die Nazis waren teilweise mit Glasflaschen bewaffnet und schüchterten gezielt Aktivist:innen und Demo-Teilnehmende ein. Am Alexanderplatz versuchten sie außerdem, ein Banner aufzuhängen, konnten von beherzten Antifaschist:innen aber daran gehindert werden.

Zu den faschistischen Schlägern gehörte offenbar auch Erik Storch und eine Gruppe von martialisch auftretenden NRJ-Kadern, die seit über zwei Jahren regelmäßig auf verschiedenen rechten Veranstaltungen und den unter rechter Führung stehenden Protesten gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen auftauchen. Neben ihren Auftritten auf Veranstaltungen des faschistischen Umfeldes suchen die NRJ-Nazis immer wieder auch die Konfrontation mit antifaschistischen und linken Aktivist:innen.

Erst vor drei Wochen griff eine Gruppe um Storch das Antifaschistische Jugendzentrum „Kita“ im Ostberliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf an. Nachdem sie dort tagsüber eine antifaschistische Demonstration beobachtet und verfolgt hatten, sammelten sie sich nachts mit einem Transparent, Böllern und Bengalos vor dem Jugendzentrum. Auch dieser Angriff konnte von entschlossenen Antifaschist:innen zurückgedrängt werden.

In Görlitz lassen sich die Nazis kaum mehr kontrollieren

Bereits am Freitag überfiel in der sächsischen Stadt Görlitz eine Bande von Neo-Nazis ein Pärchen und drang gewaltsam in dessen Wohnung ein. Die Neo-Nazis prügelten auf die Tatopfer ein und raubten einige Wertgegenstände. Die sächsische Polizei gab später an, gegen fünf Tatverdächtige zu ermitteln.

Besonders eines ließ in diesem Zusammenhang aufhorchen: Nicht nur kehrten die Neonazis selbstbewusst zum Tatort zurück, als dort Polizei und Rettungskräfte angekommen waren. Sie beschimpften und bedrohten Rettungskräfte unter anderem mit einem Messer und riefen Polizist:innen unverhohlen faschistische Parolen ins Gesicht. Die Bande konnte letztendlich erst von zur Unterstützung gerufenen Bundespolizist:innen unter Kontrolle gebracht werden.

Die Faschisten bekommen Höhenwind

Die Neonazis bekommen offensichtlich Höhenwind und ihre Angriffe entwickeln sich. Wie in Berlin gehen sie mittlerweile gezielt zu Veranstaltungen, auf denen sie politische Gegner:innen vermuten, um diese einzuschüchtern oder anzugreifen. Dabei treten sie, wie in Görlitz, unverhohlen als Faschist:innen auf und lassen sich auch von Polizei- und Einsatzkräften nicht oder nur schwer im Zaum halten.

Zumindest die Ereignisse in Berlin zeigen uns auch aber auch: Noch sind die Faschist:innen den organisierten antifaschistischen Kräften nicht um ein Vielfaches überlegen. Vielmehr probieren sich auch die Faschist:innen momentan noch aus, sondieren das Terrain, gewinnen Selbstvertrauen und machen mit jedem Auftritt neue Erfahrungen. Als Sozialist:innen stehen wir deshalb heute vor der Herausforderung, den antifaschistischen Selbstschutz in unsere tägliche Arbeit zu integrieren. Wir müssen damit rechnen, dass Faschist:innen, egal ob vom III. Weg, unorganisierte Schläger, Graue Wölfe oder andere, unsere politische Arbeit stören und angreifen, egal ob im Stadtteil, im Betrieb, in der Schule oder anderswo. Wer für die Befreiung der Arbeiter:innenklasse aufruft, muss damit rechnen, dass auch die Faschist:innen diesen Ruf hören. Die Polizei oder der Staat, soviel ist klar, wird uns dann nicht helfen – schließlich stehen sie, trotz tweilweise großer Widersrprüche, mit den Nazis auf einer Seite.

Neben der Selbstverteidigung gegen faschistische Angriffe müssen wir es deswegen auch schaffen, die Nazis ideologisch bloßzustellen. Schließlich sind sie nichts anderes als die Schergen des kapitalistischen Systems und treten immer dann auf den Plan, wenn der Kapitalismus und der Status Quo in Krisenzeiten besonders vehement verteidigt werden muss. Es muss uns schon heute gelingen, in unserer Arbeiter:innenklasse ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass nicht die Faschist:innen, sondern nur wir selbst unsere Interessen erkämpfen werden. Gehen wir also voran – im antifaschistischen Selbstschutz und auf dem revolutionären Weg hin zu einer Gesellschaft, in der Faschismus und kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung endgültig der Vergangenheit angehören werden!

 

Perspektive – Zeitung für Solidarität und Widerstand” will den bürgerlichen Medien, die in ihrer vorgeblich „neutralen“ Berichterstattung immer den Status-Quo normalisieren und damit – mal bewusst und mal versehentlich – die Perspektive der Kapitalist:innen vertreten, eine Zeitung entgegenstellen, welche gezielt die Perspektive „der ArbeiterInnen, Angstellten, Frauen, Jugendlichen, Migranten und RentnerInnen“ und ihrer Widerstandskämpfe hervorhebt.

Die Genoss:innen schreiben immer wieder gut recherchierte Analysen, auch aber nicht nur über die extreme Rechte, also schaut auf jeden Fall mal vorbei!

 


Erster Tatverdächtiger in Sebnitz ermittelt

Matthias Monroy für neues Deutschland

Angreifer trug Shirt mit aufgedruckter Reichsflagge

Nach dem Übergriff auf zwei Bewohner einer Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Sebnitz hat die Polizei nach eigenen Angaben einen ersten Tatverdächtigen ermittelt. Der 20 Jahre alte Deutsche stehe im Verdacht, am Samstagabend mit einer Sturmhaube maskiert in das Haus im Osterzgebirge eingedrungen zu sein und zwei afghanische Staatsbürger (16 und 18 Jahre) mit einer Stange attackiert zu haben. Zudem soll er rassistische Parolen gerufen haben. Der 16-Jährige blieb unverletzt, der 18-Jährige musste ambulant versorgt werden.

Die Bewohner:innen fotografierten zwei bewaffnete Angreifer

In sozialen Medien kursieren Bilder der Attacke auf die Unterkunft, deren Bewohner sich demnach mit einem Hammer bewaffnet zur Wehr setzen. Die Aufnahmen hat der private, regionale Sender Sachsen Fernsehen veröffentlicht. Darauf ist auch zu sehen, dass einer der Angreifer bei dem Angriff im Hausflur ein weißes Shirt mit dem Aufdruck eines Wehrmachtssoldaten und einer Reichsflagge trug. Es ist unklar, ob es sich dabei um den nun Verhafteten handelt. Der ermittelte 20-Jährige sei »aufgrund einer markanten Personenbeschreibung« sowie eines Videos der Tat in das Visier geraten, so die Polizei. Am Sonntagabend wurde die Wohnung des Mannes in Sebnitz durchsucht. Dabei hätten die Ermittler Beweismittel sichergestellt. Gegen den Tatverdächtigen werde nun wegen gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung sowie Hausfriedensbruchs ermittelt.

Nach Angaben des Polizeisprechers hat sich der Verdächtige bei den Vernehmungen nicht zum Tatvorwurf geäußert. Die Ermittler des für politisch motivierte Straftaten zuständigen Dresdner Staatsschutzes fahnden noch nach einem Komplizen des 20-Jährigen. Zudem prüft die Kriminalpolizei die Tatbeteiligungen zweier weiterer Männer, die sich vor dem Haus aufhielten.

Nur wenige Stunden vor der Attacke waren die beiden 16- und 18-jährigen Hausbewohner von zwei Unbekannten rassistisch beleidigt worden. Dem Sachsen Fernsehen soll eine Person gesagt haben: »Jemand aus meiner Familie wurde am Sebnitzer Busbahnhof von zwei Männern rassistisch beleidigt und angespuckt. Daraufhin konterte er zurück.« Ob die zwei Straftaten im Zusammenhang stehen, ist Gegenstand der Ermittlungen. Die vorangegangene Tat habe sich auf der Bahnhofstraße ereignet, die Polizei hat deshalb ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet.

Am Freitagabend hatten zudem mehrere Männer im sächsischen Görlitz ein Pärchen in dessen Wohnung überfallen. Vier Täter hätten einen 34-Jährigen und eine 27-Jährige in der Wohnung zusammengeschlagen und seien geflüchtet, so die Polizei. Als Beamte den Fall aufnahmen, sei die Gruppe zurückgekehrt und habe die Polizisten in der Wohnung attackiert. Einer der Täter habe Beamte mit einem Messer bedroht. Einem Polizeisprecher zufolge wurde dabei »Sieg Heil« gerufen und der Hitlergruß gezeigt. Als Verstärkung der Bundespolizei eintraf, habe die Gruppe die Beamten weiter angegriffen, mehrere Polizisten seien leicht verletzt worden. Anschließend wurde die Identität von zwei Jugendlichen und zwei Männern im Alter von 13, 16, 18 und 35 sowie einer 39-jährigen Frau festgestellt. Ein weiterer Tatverdächtiger sei entkommen.

 

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