Antifaschistische Politik in den Kommunen am Beispiel Brandenburgs
Die großen Mobilisierungsfelder der Rechten fallen ganz überwiegend in die Zuständigkeit des Bundes und der Bundesländer. Während im Bundestag über die Aufnahme von Geflüchteten beraten und entschieden wird, können Kommunalpolitiker:innen oft nur darüber entscheiden, wie die schutzsuchenden Menschen vor Ort untergebracht werden und was die jeweilige Gemeinde unternimmt, damit sie dort gut ankommen und aufgenommen werden. Noch begrenzter sind die Möglichkeiten bei Corona-Maßnahmen, beim Gebäudeenergiegesetz oder bei den Reaktionen der Bundesregierung auf den Überfall Russlands auf die Ukraine. Bei diesen Themen, die die Rechten für Hetze und Stimmungsmache nutzten, sind die Kommunen mehr oder weniger zum Zuschauen verpflichtet. Dennoch gibt es in der Kommunalpolitik viele Ansätze für antifaschistisches Engagement.
Erinnerungsorte und Gedenken
In fast jeder Gemeinde im Land Brandenburg steht ein Gedenkstein für die deutschen Soldaten, die 1914–1918 und 1939–1945 in den von Deutschland verschuldeten Weltkriegen gefallen sind. Seit dem Mauerfall hat die Zahl der Gedenkorte zugenommen, die gleichermaßen den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft gewidmet sind und damit das NS-Regime mit der DDR gleichsetzen. Eine antifaschistische Kommunalpolitik findet hier ein reiches Betätigungsfeld. Ob die Streichung von Naziverbrechern aus der Ehrenbürgerliste, das Gedenken am Sowjetischen Ehrenmal am Tag der Befreiung oder die Benennung von Straßen nach Antifaschist:innen – es gibt viele Möglichkeiten, lokale Bezüge zu nutzen, um sich antifaschistisch zu positionieren. Kommunalpolitiker:innen können sich gegen geschichtsrevisionistische Sammelgedenkstätten positionieren und einfordern, dass ihre Gemeinde explizit Orte, die an die Verbrechen des Naziregimes erinnern, pflegt und schafft.
Antifaschistische Kommunalpolitik muss dafür sorgen, dass Vereine und Veranstaltungsorte nicht zu Stützpunkten und Organisationszentren rechter Jugendcliquen werden. Die Lehre aus dem krachenden Scheitern der akzeptierenden Sozialarbeit mit extrem rechten Jugendlichen in den 1990er-Jahren kann nur die Förderung der antifaschistischen Jugend- und Subkultur sein. Auf städtischen Sportplätzen, bei der Feuerwehr und in städtischen Jugendklubs dürfen diskriminierende Parolen und Verhaltensweisen ebenso wenig geduldet werden wie organisierte Nazis.
Die Kommunen können zwar die Asyl- und Flüchtlingspolitik der EU und des Bundes kaum beeinflussen, allerdings muss antifaschistische Kommunalpolitik eine klare Haltung gegen rechte Hetze einfordern und die Spielräume nutzen, die bei der konkreten Umsetzung von Bundesgesetzen verbleiben. Mit der Unterbringung geflüchteter Menschen in eigenen Wohnungen und zentraler Lage kann eine bessere Integration in die Gesellschaft erreicht werden als mit der Einquartierung in ein trostloses Kasernengelände im Wald. Der Zugang zu Nachbarschaft, Arbeit, Fußballverein und der örtlichen Feuerwehr entscheidet nicht selten auch über die Chancen für ein dauerhaftes Bleiberecht. Es lohnt sich also, in Anwohner:innenversammlungen Farbe zu bekennen und sich für eine angemessene Unterbringung Geflüchteter einzusetzen – auch wenn das aus Potsdam leicht gesagt ist und es dafür im Barnim oder in der Lausitz auch Anfeindungen sowie Bedrohungen durch die rechte Szene geben kann.
Farbe bekennen
Der Umgang mit der AfD läuft in den Regionen des Landes Brandenburg sehr verschieden. In der Landeshauptstadt Potsdam lehnen die anderen Fraktionen die Anträge der AfD grundsätzlich geschlossen ab und signalisieren damit, dass die AfD keine normale Partei und kein Bündnispartner ist. Dagegen ist die Brandmauer in Forst längst gefallen. Dort engagierten sich Stadtverordnete von Linken und AfD gemeinsam für einen Jugendklub. Immerhin hat Die Linke den Ortsverband inzwischen aufgelöst.
Die größte Gefahr für Menschenrechte und Demokratie besteht darin, dass sich die Gesellschaft an die AfD gewöhnt. Antifaschistische Politik muss der Normalisierungsstrategie der AfD auf allen Ebenen entgegentreten und gegen politische Deals und Bündnisse mit dieser Partei und den sie tragenden Bewegungen kämpfen. Doch die Brandmauer wackelt auch auf der Landesebene. Insbesondere in SPD und CDU mehren sich vor dem Eindruck beängstigender AfD-Umfragewerte seit Wochen Forderungen nach verstärkten Grenzkontrollen, nach Sachleistungen und Arbeitszwang für Geflüchtete und nach Obergrenzen und Abschiebeoffensiven. Gerade in einer Situation, in der rassistische, inhumane, antidemokratische und wissenschaftsfeindliche Stimmungen an Boden gewinnen, räumt Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) demonstrativ und öffentlich demokratische Positionen, statt Demokratie und Menschenrechte zu verteidigen. Die VVN-BdA wird in den Landtagswahlkämpfen des Jahres 2024 antifaschistische Menschen und Organisationen unterstützen, die vor Ort Gesicht und Haltung gegen den Rechtsruck zeigen wollen.
Lutz Boede ist Sprecher des VVN-BdA-Landesvorstandes Brandenburg und veröffentlichte diesen Beitrag im Magazin „antifa“ (Ausgabe November/Dezember 2023)