Vorsitzender der Jungen Alternative Saar, Burschenschaftler, Nazi-Aktivist

Nach den Recherchen von Correctiv über ein konspiratives Treffen von Nazis, an dem unter anderem solche der AfD und Martin Sellner teilnahmen, demonstrieren in den letzten Wochen bundesweit viele Menschen gegen die AfD. Auch im Saarland zeigt sich, dass die AfD schlicht eine Nazi-Partei ist. Das gilt auch für deren Jugendorganisation Junge Alternative mit ihrem Vorsitzenden Nicolas Benyoucef.

Nicolas Benyoucef (2. v.l.) mit “White Power”-Geste, rechts daneben Leon Poklitar auf einer Demonstration gegen Corona-Maßnahmen am 16.01.2022 in Saarbrücken.
Foto: Kai Schwerdt. CC BY-NC 2.0 https://www.flickr.com/photos/kaischwerdt/51845157143/in/album-72177720296247116

Es kann auch im Saarland niemanden überraschen, dass die AfD eine extrem rechte Partei und wohlige Heimat für Alt- und Neu-Nazis ist. Die Antifa Saar / Projekt AK berichtete bereits 2016 über die Verbindungen der saarländischen AfD zu zahlreichen anderen Nazis1https://antifa-saar.org/2016/06/28/die-saar-afd-rechtsaussen-angekommen/ von „Freier Bürger Union“, der extrem rechten Burschenschaft „Ghibellinia zu Prag“ in Saarbrücken2https://antifa-saar.org/tag/burschenschaft-ghibellinia/ bis zur NPD. Recherchen des SR belegen nun aufs Neue die Vernetzung führender saarländischer AfD-Funktionäre mit Nazis über die Landes- und Bundesgrenze hinaus.3https://www.sr.de/sr/home/nachrichten/politik_wirtschaft/carsten_becker_afd_saarland_naehe_rechte_szene_100.html
(abgerufen am 28.01.2024)
Der Vorsitzende der AfD im Saarland, Carsten Becker, zeigte nicht nur seine Unterstützung für Deportationspläne, die von Correctiv aufgedeckt wurden.4https://www.sr.de/sr/home/nachrichten/politik_wirtschaft/becker_reaktion_recherche_correctiv_100.html
(abgerufen am 28.01.2024)

Carsten Becker, Landesvorsitzender der AfD Saar

Er hat auch Verbindungen zur Identitären Bewegung (IB) um Martin Sellner und gab unter anderem in deren Hauspostille, dem Heimatkurier, ein Interview. Becker hatte bereits im August 2023 offen seine Nähe zur extrem rechten IB gezeigt: Während einer Diskussionsveranstaltung mit Schüler:innen in Saarlouis trat er mit einem T‑Shirt mit deren Slogan „Unser Volk zuerst. Autarkie – Souveränität – Remigration“ auf.5https://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/saarlouis/saarlouis/saarlouis-afd-chef-im-saarland-sorgt-mit-t-shirt-fuer-diskussionen-v11b_aid-95357555
(abgerufen am 28.01.2024)

Neben der Verbindung des saarländischen AfD-Vorsitzenden Becker hat auch der Vorsitzende der Jugendorganisation Junge Alternative im Saarland, Nicolas Christopher Benyoucef, gute Kontakte zur Identitären Bewegung und zu anderen Nazis außerhalb des Saarlands.

Benyoucef, geboren am 05.03.2001 und ehemaliger Schüler des Saarbrücker Ludwigsgymnasiums, ist Mitglied der extrem rechten Burschenschaft „Ghibellinia zu Prag“ in Saarbrücken.6https://autonome-antifa.org/breve8524 (abgerufen am 28.01.2024) Benyoucef war als Burschenschaftler in der Nacht vom 28. auf den 29. August 2020 im Haus der Normannia in Heidelberg während einem antisemitischen Übergriff7https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020–09/antisemitismus-heidelberg-rechtsextremismus-misshandlung-burschenschaften-jude-student?utm_referrer=https%3A%2F%2Fduckduckgo.com%2F (abgerufen am 28.01.2024) auf ein Mitglied einer anderen Burschenschaft dabei. Ein 25-Jähriger wurde als vermeintlicher Jude von mehreren Burschenschaftlern mit Gürteln verprügelt, antisemitisch als „Drecksjude“, „Judensau“ und „Schweinejude“ beleidigt und mit Münzgeld beworfen.8https://autonome-antifa.org/article408#prozess (abgerufen am 28.01.2024) Das Ermittlungsverfahren gegen Benyoucef wurde zwar eingestellt, aber wohl nur, da „trotz umfangreicher Ermittlungen eine Tatbeteiligung zwar möglich erschien, jedoch nicht (…) nachgewiesen werden konnte“.9https://staatsanwaltschaft-heidelberg.justiz-bw.de/pb/,Lde/9215823/?LISTPAGE=1222784 (abgerufen am 28.01.2024)

Wanderung der JA Sachsen, 26.6.2021. Zweiter von rechts: Nicolas Benyoucef, links daneben Leon Poklitar.

Die gute Vernetzung von Nicolas Benyoucef mit der extremen Rechten über das Saarland hinaus zeigt sich auch an seinen Kontakten zur AfD und der Jungen Alternativen in Sachsen. Am 26.06.2021 nahm Benyoucef an einem Wandertag der Jungen Alternative Sachsen und im Anschluss an einer AfD-Kundgebung im sächsischen Burgstätt mit Andreas Kalbitz teil. Kalbitz war unter anderem Mitglied der seit 2009 verbotenen neonazistischen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ und verlor deswegen im Mai 2020 seine AfD-Mitgliedschaft, ist allerdings weiterhin Mitglied der AfD-Fraktion im Brandenburgischen Landtag.

Veranstaltung der AfD mit Andreas Kalbitz am 26.6.2021 in Burgstätt. Ganz links oben im Bild: Nicolas Benyoucef und Leon Poklitar.

Nicolas Benyoucef publizierte ebenso wie der Landesvorsitzende der AfD Saar im österreichischen Heimatkurier. Am 15.10.2023 veröffentlichte er einen Text über „Rechte Häuser“10https://www.heimatkurier.at/rechte-akteure/rechte-haeuser-rechte-siege/
(abgerufen am 28.01.2024)
und am 23.10.2023 einen Beitrag mit dem Titel “Deutsch ist die Saar — Erinnerung an die Volksbefragung 1955”.11https://heimatkurier.at/grundlagen/deutsch-ist-die-saar-erinnerung-an-die-volksbefragung-1955/ (abgerufen am 28.01.2024)

In dem Text feiert er die Wiedervereinigung des Saargebiets mit Hitler-Deutschland, für die sich die saarländische Bevölkerung „1935 bei freien Wahlen mit überwältigender Mehrheit“ entschieden habe. Der Heimatkurier ist das Zentralorgan der extrem rechten Identitären Bewegung und wird von Altkadern der IB dominiert. Die Identitären um ihren Vordenker Martin Sellner stammen aus Österreich und sind eine Gruppe militanter Nazis, die für zahlreiche Gewalttaten verantwortlich sind und eine hohe Affinität zu Schusswaffen haben.12https://www.derstandard.at/story/3000000203133/fpoe-inseriert-in-propagandaorgan-der-identitaeren (abgerufen am 28.01.2024)

Nicolas Benyoucef und seine Nazifreunde der Jungen Alternativen nehmen auch in Saarbrücken an rechten Demonstrationen teil. Beispielsweise beteiligten sie sich am 16.01.2022 an einer Demonstration gegen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Benyoucef zeigte während der Demonstration eine Geste, die für „White Power“ steht und Szenecode für eine angebliche Überlegenheit der weißen Rasse ist.13https://www.zeit.de/zett/politik/2019–10/das-okay-handzeichen-wird-jetzt-offiziell-als-hasssymbol-gelistet (abgerufen am 28.01.2024) So zeigte auch der rechtsterroristische Attentäter Brenton Tarrant das Zeichen während seiner Gerichtsverhandlung, nachdem er 2019 in Christchurch (Neuseeland) gezielt islamische Zentren angegriffen und 51 Menschen aus rassistischen Motiven getötet hatte.14https://www.businessinsider.com/new-zealand-shooting-brenton-tarrrant-white-power-sign-in-court-smirks-2019–3 (abgerufen am 28.01.2024) Tarrant hatte einen Text mit dem Titel „The Great Replacement“ verfasst. Die wahnhafte These vom „großen Austausch“ wird auch von den Identitären und der AfD vertreten und ist die Grundlage für die Forderung nach sogenannter Remigration. Der Rechtsterrorist Tarrant hatte im Jahr 2018 seinem Spiritus Rector Martin Sellner 1.500 Euro gespendet, bevor er 2022 sein rassistisch motiviertes Massaker verübte.15https://www.fr.de/politik/hausdurchsuchung-martin-sellner-wegen-spende-christchurch-attentaeter-11912425.html (abgerufen am 28.01.2024)

Links Nicolas Benyoucef auf einer Demonstration am 16.01.2022 in Saarbrücken, rechts der Rechtsterrorist Brenton Tarrant vor Gericht. Beide zeigen die Geste für “White Power”. Foto links: Ausschnitt aus einem Foto von Kai Schwerdt. CC BY-NC 2.0 https://www.flickr.com/photos/kaischwerdt/51845157143/in/album-72177720296247116/

Nicolas Benyoucef findet sich damit innerhalb der Jungen Alternative in guter Gesellschaft: Auch die Vorsitzende der JA Brandenburg, Anna Leisten, posierte mit der „White Power“-Geste auf einem Bild während eines Interviews mit dem extrem rechten Magazin Compact.16https://www.tagesschau.de/investigativ/wdr/afd-junge-alternative-rechtsextremismus-verfassungsschutz-100.html (abgerufen am 28.01.2024)

Nazis machen Nazisachen, wenn man sie lässt. Auch im Saarland. Keine Überraschung.