Demonstration vier Jahre nach dem rassistischen Anschlag

Heute gedachten 8.000 Teilnehmer:innen der neun Opfer, die vor vier Jahren beim rassistischen Anschlag von Hanau ermordet wurden. Vier Jahre Hanau bedeuten: Vier Jahre ohne Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov. Vier Jahre Zurschaustellung von staatlichem Rassismus. Vier Jahre, in denen der Vater des Täters Angehörige geduldet vom Staat terrorisieren kann. Vier Jahre Hanau bedeuten aber auch: Vier Jahre Widerstand und migrantische Selbstorganisierung gegen rechten Terror und Staatsrassismus.

Als antifaschistische Bewegung stehen wir solidarisch an der Seite der Angehörigen und kämpfen gegen die Verhältnisse, die rechtem Terror einen Nährboden bieten. Dazu gehört für uns auch die Beteiligung an Gedenkdemonstrationen wie heute in Hanau. „Erinnern heißt verändern“ ist die Losung der Hinterbliebenen und diese teilen wir uneingeschränkt. „Verändern“, das heißt nicht Lippenbekenntnisse von bürgerlichen Politiker:innen. „Verändern“ muss heißen eine Kultur, ein Selbstverständnis aufzubauen, wo rassistische Hetze nicht unwidersprochen bleibt, sondern Konsequenzen hat. In diesem Sinne sind wir nach Hanau gefahren um uns, u. A. mit Genoss:innen aus Koblenz, der Demonstration anzuschließen. In gerufenen Parolen wurde hier sehr deutlich, wie groß die Ablehnung vieler Menschen gegen einen Staat, der rechten Terror verharmlost und die Polizei ist, die allzu oft selbst zum Mörder wird.

Vor allem auf der Abschlusskundgebung auf dem Marktplatz wurden emotionale und kämpferische Redebeiträge von Angehörigen der Ermordeten, Hanauer Jugendlichen und Hinterbliebenen-Initiativen u. A. aus München und Halle gehalten. Am eindrücklichsten waren die Worte, die den Schmerz über den Verlust geliebter Söhne, Töchter, Freund:innen, Eltern, Familienmitglieder verdeutlichten.

In den Beiträgen wurde auf die Doppelmoral bürgerlicher Akteur:innen eingegangen. „Missbraucht nicht das Grab unserer Kinder für eure politischen Lippenbekenntnisse“, wurde sich sinngemäß gegen die Instrumentalisierung seitens der hessischen Politik gewehrt. In einem anderen Redebeitrag wurde nochmal auf die Klassenverhältnisse von Rassismus eingegangen und aufgezeigt, was passieren würde, würden sich migrantische Arbeiter:innen mittels Streik gegen den rassistischen Normalzustand widersetzen. Auch in Anbetracht der aktuellen Großdemonstrationen gegen Rechts wurde klar gemacht: Es ist nicht nur die „AfD“ die aktuell in Deutschland rechte Politik macht, es sind auch die Parteien der selbsternannten „bürgerlichen Mitte“. Dass die Situation migrantischer Menschen in Hanau nach dem Anschlag weiterhin bedrohlich ist wurde u. a. durch die Berichte deutlich, wie der Vater des Täters von Hanau ungehindert die Hinterbliebenen belästigen und bedrohen kann. Es ist beeindruckend, welche kraftvollen Worte, welch widerständigen Kampfgeist die Hinterbliebenen aus ihrem Schmerz, ihrer Trauer selbst am Todestag selbst ziehen können.

Wir werden den Kampf um Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen; den Kampf für Veränderung an der Seite der Betroffenen rassistischer Hetze und Gewalt weiterführen. Das heißt für uns weiterhin am Aufbau einer breiten, antifaschistischen Bewegung zu arbeiten, die Rechten und rechter Politik konsequent entgegen tritt und solidarisch mit allen Menschen ist, die davon gefährdet sind.

Keine Gerechtigkeit ohne Konsequenzen!