Keine neue Normalität: Gegen AfD und rechte Politik!

Heute, am 23. Juli, tritt der neue Mannheimer Gemeinderat erstmals zusammen. Nach der Kommunalwahl stand eine alarmierende Realität fest: Die rechtsradikale AfD hat in unserer Stadt über 14 % der Stimmen erhalten und hält ab diesem Tag nun 7 Sitze im Gemeinderat – ein Anstieg um ganze 3 Mandate. Wir müssen uns fragen: Was bedeutet dieser Erfolg für uns als Mannheimer Antifaschist*innen und für unsere Stadt?

In der vergangenen Legislaturperiode glänzte die AfD-Fraktion im Gemeinderat nur durch zuverlässige Abwesenheit. Auch ganze sieben Anträge und Anfragen in fünf Jahren reichten nicht aus, um den Eindruck zu entkräften, dass die AfDler ihre Aufgaben mit bemerkenswerter Gleichgültigkeit wahrnahmen. Ein Beispiel der durchweg unsinnigen Beschäftigungen: Die Anfrage an die Stadt Mannheim, ob sie denn über das JUZ Linksextremisten finanziere – gemeint war natürlich das OAT. In den wenigen Momenten, in denen die AfD in Erscheinung trat, tat sie dies durch ihre bekanntermaßen rassistische, spalterische und arbeiter*innenfeindliche Hetze. So forderte sie bei den Etatverhandlungen die Kürzung – oder gleich ganz Streichung – verschiedener gemeinnütziger Posten, darunter auch Mittel für Integration und gesellschaftliche Teilhabe. Ihre heuchlerische Begründung: unterfinanzierte Obdachlosenheime.

Das mag stimmen, ist aber ein Paradebeispiel für die perfide Strategie der AfD: Sie spielt die verschiedenen vulnerablen Gruppen der Mannheimer Bevölkerung gegeneinander aus, um eine nutzlose und ideologische Sparpolitik durchzusetzen. Dabei besitzt das reichste 1% ein Drittel des Gesamtvermögens in Deutschland, 100 Milliarden für die Bundeswehr sind nur eine Frage von Tagen – es gibt also mehr als genug Geld in unserem Land, man muss es sich nur holen wollen und den Wille haben es für die einzusetzen, denen es zusteht: Uns allen. Es ist kein Geheimnis: Die AfD tritt nach unten und zur Seite, aber nach oben – niemals.

Besonders perfide ist, dass mehrere internationale Studien den Zusammenhang zwischen neoliberaler Sparpolitik, mangelnden öffentlichen Investitionen und dem Erstarken rechter Kräfte belegen. In Deutschland zeigt sich: Die Regionen, die besonders unter der Agenda 2010 litten, wählen heute vermehrt rechte Parteien. Auch in Mannheim erzielte die AfD besonders in den Stadtteilen hohe Ergebnisse, in denen die Probleme groß und die Perspektiven klein sind. Während vergessene Arbeiter*innen und eine verarmende Bevölkerung sich den Lügen der Rechten zuwenden, verschärfen sich laufend soziale und ökologische Krisen. Davon profitieren diejenigen, die ohnehin schon viel haben. Eine Änderung ist nicht in Sicht – und die Rechten werden sie nicht bringen. Linke Lösungen, die die Probleme der bestehenden Verhältnisse erkennen und lösen können, haben kaum wahrnehmbare Stimmen in der breiten Öffentlichkeit.

Aber lasst uns die entscheidende Frage stellen: Wie gehen wir mit rechter Politik – sowohl der AfD wie auch abseits davon – um und wer könnte im Gemeinderat mit der AfD kooperieren? Nach dem 9. Juni steht fest: Die Mehrheit der sogenannten Fortschrittsfraktion ist dahin.

Eine Ära der Kompromisse und Mehrheitsfindungen steht bevor, und dabei muss klar sein, dass rechte und konservative Kräfte ihre Ziele nur mit Unterstützung der AfD durchsetzen können – und das z.T. auch gar nicht anders wollen. Es dürfte niemanden schockieren, dass die AfD und die Mannheimer Liste sich bei vielen Forderungen einig sind und dass das besonders bei der Haushaltspolitik auch auf die CDU zutrifft. Neben den von der AfD selbst berichteten „Hinterzimmergesprächen“ mit CDU- und ML-Stadträten hat die CDU auch öffentlich nicht ausgeschlossen, mit der AfD zu stimmen – wenn es denn die „richtige Sache“ sei. Bereits vor der Wahl Christian Spechts zum Oberbürgermeister sprachen sich AfD-Gemeinderäte für die Wahl des CDUlers aus – in der Hoffnung, dass nach den Gemeinderatswahlen ein „konservativer Block“ nur durch Kompromisse mit der AfD regieren könne. Ihre Hoffnung? Leider bestätigt. Die sogenannte Brandmauer gegen rechts? Nichts weiter als ein morscher Gartenzaun.

Als Antifaschist*innen müssen wir kritisch reflektieren, was bei einer möglichen Zusammenarbeit zwischen AfD, CDU, der Mannheimer Liste oder anderen Parteien der wahre Skandal ist, denn es sind nicht die Risse in der herbeifantasierten Brandmauer. Die Doppelmoral der bürgerlichen Parteien zu rechter Politik zeigt sich immer wieder:
Während Ampel und Co. die Deportationsfantasien der AfD verurteilen, verabschieden sie zeitgleich harte Abschiebegesetze und wollen diese „im großen Stil“ umsetzen. Parallel dazu fährt die CDU einen Kurs, getrieben von Angst vor der Abwanderung ihrer Wählerschaft und bestärkt von den Erfolgen der AfD, der sie immer rechter, rassistischer und hetzerischer macht. Auch rufen rechte Parteien immer wieder den Kampf gegen eine vermeintliche „Identitätspolitik“ auf – so forderte die Mannheimer Liste ein Verbot des Genderns in der Stadtverwaltung, das sie als Ausdruck elitärer Bevormundung betrachtet. Und natürlich treibt die AfD all diese Forderungen radikal auf die Spitze – doch sie stehen eben nicht isoliert. Ihre Gedanken sind kein Tabu mehr und ihre Politik längst alltägliche Realität, denn umgesetzt wird sie auch von anderen. Die Mannheimer Liste wollte bereits in der Etatrede 2023 Sachleistungen für Geflüchtete – eine Forderung, die lange nur von der AfD kam. Jetzt gibt es die Bezahlkarten und es hat dafür keine AfD an der Macht gebraucht: Alle Parteien von Ampel bis CDU waren sich einig.

Die Linie steht: Anstatt von den Vermögendsten oder großen Konzernen an Bedürftige umzuverteilen, wird gespart, wo es nur geht – selbst wenn es die Ärmsten, die Schwächsten, die Wehrlosesten trifft.

Diese Art von neoliberaler Sparpolitik ist ein gefährlicher Trugschluss: Weniger Geld für Geflüchtete oder Bürgergeld-Empfänger*innen bedeutet nämlich nicht, dass dieses Geld nun auf einmal gemeinnützig investiert wird oder zur Verbesserung unserer Lebensumstände zur Verfügung steht. Es bleibt dabei:
Die dringenden Probleme der Menschen werden ignoriert. Wenn also in Zukunft AfD, Mannheimer Liste, CDU oder wer auch immer für denselben Vorschlag im Gemeinderat stimmen sollten, darf der Skandal nicht nur darin bestehen. Der Skandal, die Empörung und die Wut müssen konstant sein – darüber, dass rechte Vorstellungen Stück für Stück umgesetzt werden, selbst ohne direkte Beteiligung der AfD und die Probleme der Menschen, die rechte Politik zugänglich machen, in den bestehenden Umständen quasi keine Rolle spielen.

Selbstverständlich nimmt die AfD eine Sonderstellung ein:
Immer wieder fällt sie durch die gröbsten Grenzüberschreitungen auf, fordert die abscheulichsten Dinge und ist das Gesicht und die vorderste Front des Rechtsrucks – auf Bundesebene und lokal. Nur weil bei den Mannheimer AfD-Kandidat:innen nicht so leicht rassistische Zitate oder eine rechtsradikale Vergangenheit zu finden sind wie bei bekannteren Personen der Partei, ist das kein Grund, sie für gemäßigter oder weniger gefährlich zu halten. Der Ortsverband der AfD lädt immer wieder führende Hetzer:innen der Partei nach Mannheim ein.

Bei diesen „Bürgerdialogen“ waren z.B. Erika Steinbach oder Markus Frohnmeier zu Gast, die selbst innerhalb der AfD zum rechten Flügel gehören. Während die AfD sich bürgernah gibt und Besserung verspricht, verschwendet sie im Gemeinderat Steuergelder, glänzt durch Abwesenheit und gibt sich bei Veranstaltungen menschenfeindlichen und hasserfüllten Ideen hin. Dem müssen wir entgegentreten – gemeinsam und entschlossen. Ein starkes antifaschistisches Bündnis gegen rechts, verankert in der Bevölkerung und vereint im Ziel, kann das erreichen. Aber es kann nur funktionieren, wenn wir neben dem Fokus auf die AfD auch die möglichen Unterstützer:innen rechter Politik im Blick behalten. Dabei dürfen wir uns nicht damit begnügen, es zu skandalisieren, wenn andere Parteien mit der AfD abstimmen. Nein, wir müssen klar Stellung gegen jede Form rechter Politik beziehen, und das heißt auch nicht anzunehmen, die AfD sei die einzige Partei, die unsoziale Sparkurse fährt, Politik gegen die strukturellen Benachteiligten macht oder diskriminierende und rechte Themen einbringt und umsetzt.

Unseren konsequenten Protest müssen wir in der kommenden Legislaturperiode erst recht und unermüdlich auf die Straße bringen. Wir müssen ebenso alles dafür tun, dass unsere Stimmen gehört werden und unser Kampf unermüdlich geführt. Die Zeiten werden in den nächsten Monaten und Jahren gewiss nicht einfacher. Also lasst uns als Antifaschist:innen zusammenrücken und handeln – solidarisch, entschlossen und geeint.