UK Riots und Antifa in Deutschland

Auch bei uns können wir immer mehr rechte Gewalt beobachten. Dies zeigen die vor kurzem geschehenen Angriffe auf Antifaschist:innen durch Mitglieder der „Nationalrevolutionären Jugend“ (NRJ) in Berlin, der Brandanschlag in Stuttgart, oder die im Text genannten Beispiele.

Erst vorgestern demonstrierten mindestens 500 Nazis, darunter auch Mitglieder der „Jungen Nationalisten“ und ihre gewaltbereite Vorfeldorganisation „Elblandrevolte“, gegen den CSD in Bautzen, welcher in Folge der Demonstration des rechten Mobs vorzeitig beendet werden musste.
Gleichzeitig feierte „Der dritte Weg“ seinen „Tag der Heimattreue“ in Hilchenbach, gut geschützt durch die deutsche Polizei oder veranstaltet öffentliche Kampfsporttrainings in Berliner Parks.

Bei den Kommunal- und Europawahlen hat die AfD in Süddeutschland mit extrem guten Wahlergebnissen einige Erfolge eingefahren. Dies kann sich nun im Osten noch einmal verschärfen, wenn im September dort die Landtagswahlen anstehen und die AfD mancherorts zur stärksten Partei wird.

Die Zeit zu handeln ist jetzt.

Antifa in den Köpfen und auf der Straße verteidigen – Was können wir aus den UK Riots lernen?

In den vergangenen Tagen kam es zu massiven faschistischen Pogromen in Großbritannien. An einigen Orten bildete sich jedoch auch antifaschistischer Widerstand. Ob in Großbritannien oder in Deutschland: Als Antifaschist:innen heißt es jetzt ganz besonders dem aufkeimenden Faschismus entgegenzutreten. – Ein Kommentar von Livia Haas.

Die Berichte über faschistische und rassistische Ausschreitungen in Großbritannien vor einer Woche gingen um die Welt. Auch wenn die Angriffe inzwischen abzuflachen scheinen, bleiben die Bilder der vermummten Faschist:innen, die auf migrantische Personen einschlugen, Geschäfte anzündeten und gezielt Moscheen und muslimische Treffpunkte angriffen, im Kopf.

Für viele schienen diese Pogrome unerwartet und aus dem Zusammenhang gerissen. Ein Blick auf Europa – und auch weltweit – zeigt jedoch: Faschistische Kräfte erfahren überall einen zunehmenden Aufschwung. Dabei gelingt es ihnen durch gezielte Methoden, Hass auf insbesondere muslimische und migrantische Menschen zu schüren. Ein wichtiges Mittel ist dabei auch die Verbreitung von Falschinformationen.

So wurden beispielsweise im Vorfeld gezielt Lügen über die Herkunft eines Straftäters verbreitet, der drei Personen bei einem Messerangriff ermordet hatte. In den bürgerlichen Medien wird dies als allgemeiner Auslöser der faschistischen Pogrome dargestellt. Doch in Großbritannien brodelt es schon seit einem deutlich längeren Zeitraum.

Pogrome sind Ausdruck sich zuspitzender Krisen

Besonders im Zuge der Wahlen im Juli 2024 war das Thema Migration auf die Tagesordnung verschiedener britischer Parteien getreten – allen voran die faschistische Partei „Reform UK“, die nach der Wahl erstmals vier Sitze im britischen Parlament erlangte. Aber auch die konservative bürgerliche Partei der „Tories“ versuchte, mit Werbung für strengere Asylgesetze zu punkten. Sie war es auch, die zuletzt im April 2024 für ein neues Asylgesetz gesorgt hatte, das die Abschiebung nach Ruanda ermöglichen soll und ein weiteres Aushebeln des Asylschutzes vorangetrieben hatte.

Hinzu kommen zahlreiche andere Krisen in Großbritannien: Unzufriedenheit mit der Gesundheitsversorgung, unzureichender sozialer Wohnungsbau und Sorge vor Steuererhöhungen in der Bevölkerung. Dieses wiederum bietet den perfekten Nährboden für ein Erstarken faschistischer Kräfte, welche die Krisenhaftigkeit des Kapitalismus für sich nutzen und eine Spaltung der Arbeiter:innenklasse vorantreiben.

Besonders im Zuge des allgemeinen Erstarkens faschistischer Kräfte stellt sich die Frage, was die rassistischen Ausschreitungen in Großbritannien für uns in Deutschland bedeuten. Denn auch hier können wir eine Zuspitzung der kapitalistischen Widersprüche sowie gesellschaftliche und politische Tendenzen hin zu faschistischem Gedankengut beobachten.

Faschistische Angriffe? Haben auch in Deutschland Tradition

Die steigenden Wahlergebnisse der AfD, Repressionen des Staats gegen Antifaschist:innen wie im Fall Maja oder Lina und zunehmende öffentliche rassistische Hetze der bürgerlichen Parteien zeichnen besonders in Ostdeutschland ein bedrohliches Bild: So wurde erst kürzlich ein Angriff auf eine geplante Geflüchtetenunterkunft in Leipzig bekannt und zu Beginn des Jahres konnte nur durch Zufall ein erneuter rassistischer Anschlag in Halle verhindert werden.

Auch ein Blick in die Vergangenheit der sogenannten „Baseballschlägerjahre” der 90er und Nullerjahre in Ostdeutschland zeigt, wozu faschistische Schlägertrupps bereit sind: Anschläge in Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen, die Morde an Amadeu Antonio, Jorge Gomondai oder Farid Boukhit sind dabei nur einige Beispiele. Pogrome wie in Großbritannien könnten dabei zukünftig ein zusätzlicher Antrieb und Vorbild für Faschist:innen in Deutschland sein.

Antifaschismus verteidigen – in den Köpfen und auf der Straße

Die Pogrome in Großbritannien zeigen uns, dass wir nicht erst auf den nächsten Anschlag und den nächsten rassistischen Mord warten dürfen, um ins Handeln zu kommen. Aktuell ist die antifaschistische Bewegung in Deutschland nicht nur zersplittert, sie beschränkt sich noch häufig auf reine Tageskämpfe, statt eine langfristige Strategie zu verfolgen, und ist oftmals sehr lokal begrenzt.

Es muss also unsere Aufgabe sein, die Ziele der rassistischen Hetze an jeder Stelle aufzudecken – ganz egal ob von AfD oder Abschiebe-Ampelregierung – und diese in den Kontext der aktuellen politischen Lage einzuordnen. Gleichzeitig müssen wir in der Praxis antifaschistische Selbstschutz-Strukturen aufbauen.

Eine zentrale Rolle können hier die Stadtteile spielen, in denen wir leben. Und auch eine antifaschistische Bündnisarbeit, die über lokale Beschränkungen hinweg wirksam ist, gilt es zu entwickeln. Außerdem müssen Grenzen überwunden werden, die jetzt noch teils unsere Klasse spalten: So standen in den englischen Großstädten oft Jugendliche aus den lokalen muslimischen Communities in vorderster Reihe, um den Faschist:innen die Stirn zu bieten. Wenn wir all diese Punkte beachten, wird es uns gelingen, den aufkeimenden Faschismus ideologisch und praktisch zurückzudrängen.

Perspektive – Zeitung für Solidarität und Widerstand” will den bürgerlichen Medien, die in ihrer vorgeblich „neutralen“ Berichterstattung immer den Status-Quo normalisieren und damit – mal bewusst und mal versehentlich – die Perspektive der Kapitalist:innen vertreten, eine Zeitung entgegenstellen, welche gezielt die Perspektive „der ArbeiterInnen, Angstellten, Frauen, Jugendlichen, Migranten und RentnerInnen“ und ihrer Widerstandskämpfe hervorhebt.

Die Genoss:innen schreiben immer wieder gut recherchierte Analysen, auch aber nicht nur über die extreme Rechte, also schaut auf jeden Fall mal vorbei!