Das S in Stadler steht für Schwachkopf
Das Jahr 2024 neigt sich zum Ende – ein guter Moment, um noch einmal darauf zurückzublicken. Ralf Stadler ist Passaus erster Abgeordneter, der in jüngerer Zeit für eine rechtsextreme Partei in den Landtag zog. Den Versuch, sich durch parlamentarische Arbeit oder Sachpolitik ein Profil zu erarbeiten, scheint der Mann mit dem beschränkten Horizont und den ausufernden Minderwertigkeitskomplexen in diesem Jahr endgültig verworfen zu haben. Stattdessen hat sich der Abgeordnete, der schon früh erkannte, dass TikTok-Videos ihm mehr Reichweite bringen als konstruktive Ausschussarbeit, sich in diesem Jahr offenbar einer ganz speziellen Mission verschrieben: Die Übernahme der Deutungshoheit über das Label „demokratisch“.
Stadlers Vendetta gegen Aktive des „Kampfs gegen Rechts“ folgt dem Ziel, die Hegemonie über das „demokratische Engagement“ zu erlangen, indem er Positionen umdeutet, demokratische Mittel missbräuchlich einsetzt und vor allem seine Interpretation der Realität lauter, länger und radikaler in den Diskurs drängt, als es jeder andere tut. Dabei kommt er sich gewitzt vor, scheitert jedoch mit jedem neuen Anlauf krachend und übertritt dabei immer wieder die Grenzen der Legalität.
Sein favorisiertes Mittel: Politische Gegner (also alle von CSU bis Antifa, von Kirche bis Supermarktkette, von Konzern bis Gewerkschaft) und Kritiker mundtot machen, sie mit Klagen und medialen Hasskampagnen überziehen.
Wie so oft ist es Stadlers Leidenschaftslosigkeit und beinahe mitleiderregender strategischer und politischer Inkompetenz geschuldet, dass seine Kampagnen scheitern. Das darf jedoch kein Grund sein, ihm mit seinen perfiden Vorhaben Narrenfreiheit zu gewähren oder seinen Hetzkampagnen gar Vorschub zu leisten (looking at you PNP).
Perspektivenwechsel: Wirre Geschichtsumdeutung und Täter-Opfer-Umkehr
Bereits im Frühjahr des Jahres 2024 fasste ein Artikel die bis dato zahllosen Fails des AfD-Abgeordneten Ralf Stadler in einem Artikel zusammen. In Reaktion auf die allerorts Anfang des Jahres stattfindenden „Demos gegen Rechts“ und einer von Stadler vermuteten dahinterstehenden „linksextremen Lügenkampagne“ gegen seine Partei, gründete Stadler als Schirmherr, gemeinsam mit einer Hand voll seiner aktuellen Getreuen, am 04. Februar 2024 den „Runden Tisch gegen Linksextremismus Passau“ (RTGL).
Als rund einen Monat später auch im nahegelegenen Waldkirchen eine entsprechende Demo gegen Rechts stattfinden sollte, kündigte Stadler großspurig an, er und sein RTGL würden selber an der Demo teilnehmen, da ja auch sie „gegen Extremismus“ seien. Die Organisator:innen des Protests distanzierten sich direkt öffentlich und medienwirksam von dem Rechtsextremen und seinem Störvorhaben. Doch Stadler ließ sich nicht davon abbringen, mit einigen Parteikameraden auf der Versammlung zu erscheinen, durch Anwesenheit zu provozieren und das Motto der Demo ad absurdum zu führen. Wie erwartet verkraftete Stadlers Ego die offen geäußerten und zur Schau gestellten Kritiken und Ablehnungen seiner Provokationen und Störversuche in Waldkirchen nur schlecht. In klassischer „Opferralle“-Manier empörte er sich im Anschluss auf Facebook, verglich sich und die AfD mit den Opfern der Verfolgung durch die NSDAP und teilte seine eigenen Beiträge noch in unzählige Gruppen um irgendwo noch ein bisschen Bestätigung durch seine Fans zusammenzukratzen.
Das Narrativ, wonach Stadler und die AfD genauso verfolgt würden, wie andere im Dritten Reich, zieht Stadler konsequent durch. Die absurden, holocaustrelativierenden Vergleiche zaubert der Tittlinger zu absolut jeder Gelegenheit aus dem Hut – ob er bei einer Veranstaltung gegen Rechts nicht erwünscht ist oder es nicht auf ein Gruppenfoto in einen PNP-Presseartikel schafft – absolut alles erinnert den weinerlichen Abgeordneten „an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte“.
Entsprechend kommentierte Stadler auf Facebook mit Blick auf die Liste der rund einhundert Organisationen, Gruppen und Initiativen, die im Januar 2024 zur Demonstration „gegen Rechts“ in Passau mit aufriefen: „Wenn (…) kirchliche Einrichtungen, angefangen von Pfarrverband Waldkirchen bis auf das Bistum Passau, sich wieder auf das nationalsozialistische Niveau begeben und Bürger derart ausgrenzen, frage ich mich, ob in der Kirche jemals eine Entnazifizierung stattfand.“ (Fehler im Original)
Es erscheint vor diesem Hintergrund folgerichtig, dass er bei einer Corona-Demo im Januar 2022 die Teilnehmenden der Gegendemo als „SA-Truppe“ des Passauer Oberbürgermeisters Jürgen Dupper (SPD) bezeichnete. Die JuSos seien, so Stadler in seiner auch auf TikTok veröffentlichten Rede, „die Nazis in Deutschland“. Staatsanwalt und Gericht sahen dies glücklicherweise anders und so wurde Stadler am 01. März 2024 vom Amtsgericht Passau wegen Beleidigung von Antifaschist:innen zu 30 Tagessätzen à 165€ verurteilt.
Zu einer irgendwie gearteten Einsicht führte dies bei Ralf Stadler jedoch nicht. Im Gegenteil. Er, der sich einmal wieder als Justizopfer wähnte, zog daraus offensichtlich den Schluss, dass es sich um eine geeignete Taktik handle, das Mittel der Anzeige zu missbrauchen und ab nun alles und jeden, der es wagt ihn oder die AfD kritisch zu kommentieren, mit Strafanzeigen zu überziehen.
Richtungswechsel: Anzeigeoffensive statt rhetorischer Mäßigung
Rund drei Monate nach seiner Verurteilung wegen Beleidigung, da er die Teilnehmenden der demokratischen Demo bzw. des Protests gegen Rechts als Nazis verunglimpft hatte, hatte sich der Choleriker wohl soweit berappelt, dass er beschloss, den Spieß einfach umzudrehen. In Folge verkündete Stadler, dass er den SPD CO-Vorsitzenden Lars Klingbeil wegen „Beleidigung aller AfD Wähler“ angezeigt habe, nachdem dieser in einem TV-Interview AfD-Mitglieder im TV als „Nazis“ betitelt hatte. In einem Facebook-Video forderte Stadler all seine Getreuen dazu auf, es ihm gleichzutun. Außerdem sendete er eine Pressemitteilung aus, die von der PNP ausführlich abgedruckt wurde. Darin gab Stadler sich bzgl. seiner eigenen Verurteilung reumütig, erklärte, es sei falsch „Nazivergleiche“ zu ziehen und rief erneut dazu auf, solcherlei Vorfälle zur Anzeige zu bringen. Dabei hatte er sich nach der Verurteilung in seinem Telegram-Kanal noch ganz anders geäußert: Wegen seiner Verurteilung hatte er dort Deutschland als „Schurkenstaat“ bezeichnet und außerdem erklärt „der deutsche Rechtsstaat existiert nicht mehr“.
Das Mittel der „Quatschanzeigen“ verwendete Stadler in diesem Jahr geradezu inflationär. Als die AfD Passau Ende Mai einen zweistündigen Infostand in der Passauer Fußgängerzone abhielt, organisierte das Passauer „Bündnis für Demokratie und Vielfalt“ eine Kundgebung als Gegenprotest. In einer Mitteilung erklärte das Bündnis vorab, „Menschenfeindliche Propaganda“ werde am Samstag nicht unwidersprochen verbreitet werden können. Der Protest verlief wie angemeldet, friedlich und so weit unspektakulär. Das Bündnis zeigte sich zufrieden und gab gegenüber der PNP an: „In der Spitze waren mehr als hundert Leute gekommen, unsere Demonstration war ein voller Erfolg. Wir haben eine große Box in Richtung des AfD-Standes angebracht und über Lautsprecher die Passanten, die meist in großen Gruppen über die Ampel am Ludwigsplatz gingen, aufgeklärt, dass die AfD eine rechtsextreme Partei sei, antisemitisch und sexistisch“. Vorwürfe, die der tobende Ralf Stadler nicht auf seiner Partei sitzen lassen wollte. In Ermangelung irgendwelcher Sachargumente gegen die Analysen der Gegendemo, polterte Stadler ungelenk, er werden Strafanzeige erstatten, wegen „Verwendung von Gossensprache“.
Ende November 2024 und wenige Tage nach der Verabschiedung einer „Bayerischen Resolution für Remigration“ beim AfD Landesparteitag in Greding (23.11.) erschien in der PNP ein Leserbrief, der kritisierte, dass die AfD mit ca. 500 Stimmen und nur einer Gegenstimme einen Antrag beschlossen habe, der u.a. vorsehe, dass „deutsche Staatsbürger*innen aus rassistischen Gründen vertrieben werden sollen und dass alle Geflüchteten pauschal an der Grenze abgewiesen und in ,Lager‘ gebracht werden sollen, die außerhalb Europas sind.“ Eine Kritik, die nach Genese des Wortlauts der AfD-Resolution absolut fundiert erscheint und die Inhalte des Remigrationsplans korrekt wiedergibt. Ganz anders sah das einmal wieder: Ralf Stadler.
Der hatte den Text der Resolution selber offenbar entweder noch nicht durchgelesen oder aber nicht im Ansatz verstanden. Erneut verkündete der rechtsextreme Abgeordnete mit Schaum vor dem Mund, er habe gegen den Verfasser des Leserbriefs Strafantrag wegen Verleumdung und übler Nachrede gestellt, da dieser bewusst Lügen über die Remigrations-Resolution verbreite. „Wir lassen es nicht zu, dass Falschbehauptungen die politische Debatte vergiften.“, entrüstete sich Stadler und teilte seine Empörung in mehreren Beiträgen und Hetzvideos gegen den Leserbriefautoren auf all seinen Social Media Kanälen.
Besonders ironisch wirkt in dem Zusammenhang, dass die Bayerische AfD Fraktion am selben Tag zahlreiche Forderungen und einen Eilantrag im Landtag unter dem Motto „Meinungsfreiheit in Bayern verteidigen! Schutz der Bürger vor unverhältnismäßiger Strafverfolgung!“ einreichte. Dabei erklärt die Fraktion „Meinungs- und Pressefreiheit sind in Deutschland massiv gefährdet. Insbesondere auch in Bayern, wie zwei aktuelle Justizskandale gezeigt haben: zum einen der Fall des Rentners, dessen Haus von der Polizei durchsucht wurde, weil er Habeck satirisch einen „Schwachkopf“ nannte. (…) Wir dürfen nicht zulassen, dass eine politische Justiz die Bürger einschüchtert! Meinungs- und Pressefreiheit sind Grundrechte. (…) Die AfD stellt sich schützend vor die Bürger!“.
Narrativwechsel: Legal, illegal, scheissegal
Dass Stadlers Quatschanzeigen in den wenigsten Fällen zu Ermittlungsverfahren, in keinem bekannten Fall zu Verurteilungen führten, dürfte dem geschuldet sein, dass schlichtweg keine Straftatbestände vorlagen. Doch wo die Realität antifaschistischer und demokratischer Arbeit keine Anlässe für Strafanzeigen bietet, erfindet Ralf Stadler einfach selbige. Frei nach dem Motto: Wenn man eine Lüge oft genug erzählt, wird sie wahr und wenn man mit genug Dreck wirft, bleibt schon irgendwas hängen.
Mitte April forderte Ralf Stadler in einer Pressemitteilung, die Stadt Passau solle sich von „linksextremistischen Machenschaften in Passau“ distanzieren. Darin beweint der Rechtsextreme, er vermisse eine deutliche Distanzierung der Stadt und des Oberbürgermeisters von „Linksextremen“. Dabei verwies Stadler auf vermeintliche bzw. nicht näher bezeichnete Farbanschläge auf Parteilokale, Beleidigungen, Sachbeschädigungen und das jüngste Graffito auf der stadteigenen Graffiti-Wand, eine Liedtextzeile der Punkband Slime, welche Stadler als Mordaufruf wertete. „Grüne und SPD müssen sich vom linksextremen Rand krimineller Aktivisten der Antifa scharf abgrenzen“ und „Er wünsche sich ein breites bürgerliches Engagement, das dem Linksextremismus in Passau eindeutig die rote Karte zeigt.“ (PNP, 16.04.2024, „Stadtler: Stadt soll sich distanzieren“).
Die Stadt Passau sowie die Grünen und die SPD sahen offenbar keinen Anlass, Stadlers Forderung Folge zu leisten – vielleicht auch deshalb, weil entsprechende Straftatvorwürfe vor allem dessen Phantasie entsprungen sein dürften oder keinerlei Lokalbezug haben.
Doch Realitätschecks sind nicht Ralf Stadlers Stärke und so sprang er wenige Wochen später ins nächste Fettnäpfchen. Der AfD-Landtagsabgeordnete war auf einen Fake-Account auf der Plattform X (früher: Twitter) hereingefallen, der unter dem gefälschten Label einer (nichtexistenten) Antifa-Gruppe den Tod des Polizisten in Mannheim auf dem Social Media Kanal X bejubelt hatte. Hinter dem Profil stecken jedoch die Macher:innen von Falseflag-Kampagnen, die in ultrakonservativen bis rechtsextremen Kreisen beliebt sind. Diese Erkenntnis, die nur wenige Sekunden Googlesuche gekostet hätte, eröffnete sich Ralf Stadler jedoch nicht. So nahm er den Twitter-Beitrag erneut zum Anlass in einer Pressemitteilung die Politiker:innen von CSU, FW, SPD, Grünen und ÖDP aus den Landkreisen Freyung-Grafenau und Passau aufzurufen, sich öffentlich von der Antifa zu distanzieren. Stadler verwies außerdem darauf, dass sich den antifaschistischen „Demos gegen Rechts“ bzw. für Demokratie und Vielfalt, wie sie in Waldkirchen stattgefunden hat, lokal auch „Antifa-Mitglieder“ angeschlossen hatten. No Shit, Sherlock.
Nach der erneuten Pleite griff Stadler in seinem verzweifelten Kampf gegen „die Antifa“ nach dem letzten verbleibenden Strohhalm: Er nahm ein über sieben Jahre altes Graffito in Passau zum Anlass, ein akutes Bedrohungsszenario für sich und die AfD herbeizuphantasieren. Der Schriftzug war im Jahr 2018 mit Bezug auf Stadlers Ankündigung einer AfD-Großdemo in Passau am 6. Oktober 2018 an einer Garagenwand angebracht worden. In schwarzen Buchstaben stand dort „6. Oktober: AfD Angreifen! Antifa Passau“. Es kostete Stadler knapp sieben Jahre Quengelei im Bürgermeisteramt, bis dieses im Oktober 2024 überstrichen wurde. In einer Presseaussendung zur Beseitigung des Schriftzugs erläuterte Stadler, dass er sich um seine Wählerschaft sorge, die sich durch solche Graffitis zunehmend bedroht fühlen könnte. Dass der Schriftzug in den vergangenen sieben Jahren keine einzige reale Bedrohungslage für AfD-Wähler:innen in Passau provoziert hatte, passt da zwar nicht ins Konzept, hinderte Stadler jedoch nicht daran, das Opfernarrativ unbeirrt weiter zu reiten.
In den eigenen Reihen nimmt man es bei der AfD Passau hingegen mit Gewaltaufrufen und Feindmarkierungen sowie offenen Drohungen gegen den politischen Gegner nicht so genau. Deshalb publizierte der KV auf seiner Facebookseite im November 2024 eine Feindesliste mit Namen von Politiker:innen, die man, wie unheilvoll angedeutet wird, „vielleicht noch einmal brauchen werde„. Die Liste beinhaltet die Namen von Bundestagsabgeordneten aller Parteien, die sich für die Prüfung eines AfD Verbots ausgesprochen hatten.
Platztausch: AfD musste draußen bleiben
Die Frage, für wen Gesetze nun gelten und wer sich wann doch nicht daran halten muss, wird bei der AfD Passau eher situativ und aus dem Bauch heraus beantwortet. Als Faustregel gilt dabei: Nützt es Ralf Stadler, wird auf Recht und Gesetz beharrt, geht es aber darum sich selber zu fügen, handelt es sich mindestens um unredliche Mittel politischer Verfolgung einer Meinungsdiktatur.
So verhielt es sich auch, als der „Runde Tisch gegen Rechts Passau“ am 21.11.2024 einen Expertenvortrag zum Thema „AfD Verbot“ im Passauer Cineplex organisierte. Wie bei solchen Veranstaltungen seit Jahrzehnten üblich, wurden Rechtsextreme per Ausschlussklausel nach dem Versammlungsrecht bereits präventiv von der Teilnahme an der Veranstaltung ausgeschlossen. Ralf Stadler, der ansonsten nicht einmal die Legalität angemeldeter Gegenproteste oder einfachste Grundlagen des Presserechts bei seinen eigenen Veranstaltungen tolerieren kann, spie wie erwartet, Gift und Galle. Trotz Ausschlussklausel kündigten Stadler und seine Kameraden, teils unter öffentlicher Androhung von Gewalt, an, sich über das Versammlungsgesetz hinwegsetzen und die Veranstaltung stören zu wollen. Das erklärte Stadler vorab nicht nur auf Social Media sondern auch bei Polizei und Presse.
Es kam wie angekündigt: Die AfD musste während der Informationsveranstaltung zu den juristischen Kriterien und Hürden eines Parteienverbots draußen bleiben. Stadler und der Regensburger Stadtrat und Passauer AfD-Direktkandidat für die Bundestagswahl, Erhard Brucker, wurden an der Tür des Kinos abgewiesen. Stadler, der im Vorhinein großmaulig versprochen hatte, im Falle einer Abweisung eines Art Gegenprotest vor der Tür des Kinos abhalten zu wollen, verzog sich mit seinen Kameraden schmollend ins nächste Wirtshaus – aus welchem die Rechtsextremen ebenfalls unverzüglich rausflogen.
Tagelang tobte Stadler, dessen Ego die Demütigung, trotz seines Abgeordnetenstatus keine Sonderrechte zu genießen, erneut nicht verkraftete auf Social Media und über Presseerklärungen. Dabei entblödete er sich nicht, erneut auf sein Lieblingsgleichnis zurückzugreifen und lies seine Sprechpuppe Brucker in einer Aussendung an die PNP erklären:
„Geschichte, die sich wiederholt? Ausgerechnet am Platz der ehemaligen Nibelungenhalle, einem zentralen Ort der Propaganda während der NS-Zeit, werden nun erneut Menschen wegen ihrer Überzeugungen ausgegrenzt. „Es erinnert unweigerlich daran, wie in den 1930er Jahren Gruppen von der Gesellschaft ausgeschlossen wurden. ‚Kauft nicht bei Juden‘ lautete damals der Slogan – heute scheint es ‚Lasst die AfD nicht rein‘ zu heißen*, so Brucker. „Die Mechanismen sind die selben: Ausgrenzung, Isolation und das Schüren eines gesellschaftlichen Klimas, in dem bestimmte Meinungen keinen Platz mehr haben dürfen. Wie lange dauert es, bis heute der nächste Schritt gemacht wird? Nach meinem Einzug in den Bundestag werde ich mich aktiv gegen diese Meinungsdiktatur einsetzen, es wird Zeit, dass sich etwas ändert!“.
Rollentausch: Demo gegen Rechts und rechte Gegendemo
Den Vogel in Sachen NS-Relativierung und ekelhafter Geschichtsvergessenheit hatte Stadler, selbsternanntes ewiges Opfer der aktuellen Meinungsdiktatur der liberalen Demokratie, jedoch schon einige Monate zuvor abgeschossen. Am 08. Mai, am Tag der Kapitulation des NS-Regimes vor 79 Jahren, sollte in Hauzenberg eine Demo für Demokratie unter dem Motto „Nie wieder ist jetzt!“ stattfinden. Dies rief, in gewohnt pietätloser Art, Ralf Stadler auf den Plan. Gegenüber der Presse jammerte er, er hoffe, „diese Demonstration für Demokratie artet nicht wieder in eine staatlich finanzierte Demonstration gegen die Opposition aus, so wie in Waldkirchen“. Eine echte Demokratiefeier sollte alle Stimmen einbeziehen – eben auch die der extremen Rechten, befand der AfD-Landtagsabgeordnete. „Alles andere würde den Prinzipien einer wahrhaften demokratischen Gesellschaft widersprechen“ geiferte der Tittlinger, der offenbar weder die Bedeutung des 08. Mai noch die Kriterien des demokratischen Diskurses kennt.
Doch in Hauzenberg war man glücklicherweise nicht gewillt, die AfD als extrem rechte Vertreterin der Opposition zur Demokratie in die Veranstaltung einzubinden. Kurzerhand meldete Stadler einen AfD-Infostand als Gegenprotest auf der Route der Demo zum Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus an. Die 500 Teilnehmenden der Demo gegen Rechts mussten so an Stadlers Grüppchen von feixenden Rechtsextremen vorbeiziehen und sich deren Hohn und Häme aussetzen. Im Nachhinein versuchte Stadler, sein geschmackloses und geschichtsvergessenes Gebaren damit zu rechtfertigen, dass er mit seinem Infostand lediglich die Teilnehmenden der Demokratiedemo darüber haben aufklären wollen, dass sie – ohne es zu bemerken – gemeinsam mit dem „vermummten schwarzen Block der linksextremen Antifa, Seite an Seite mit extremistischen Gruppen, marschierten“. Blöd nur, dass an jenem Tag weder irgendwelche Aufklärungsarbeit durch Stadler, noch ein irgendwie anwesender schwarzer Block vermummter Antifaschist:innen registriert werden konnten.
Dass im Falle Stadlers sowohl der Geschichtsunterricht als auch die politische Bildung durch Erinnerungskultur komplett versagt haben, beweist der NS-Täter-Versteher von der AfD immer wieder. Die jährlichen Gedenktage zur Befreiung vom NS, der Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz oder der an die Grauen der Reichspogromnacht sind für Stadler immer wieder ein Anlass einen Schlussstrich unter die mahnende Erinnerung und das Gedenken ziehen zu wollen. „Ich finde, man sollte es nach 79 Jahren dabei blassen und die Toten ruhen lassen“ nörgelt er auf Facebook, nachdem es der CSU Landrat bei einer Rede zur Gedenkveranstaltung an der Kriegsgräberstätte in Hofkirchen (LKR Passau) am Volkstrauertag gewagt hatte zu erwähnen, dass neben Opfern des Zweiten Weltkriegs auch mindestens 369 SS-Mitglieder dort begraben liegen.
Imagewechsel: Unter falscher Flagge
In der Frage, wer nun der größere Antidemokrat sei oder der wahre Verteidiger demokratischer Werte, versucht Ralf Stadler, Vertreter einer rechtsextremen und antidemokratischen, möglicherweise verfassungsfeindlichen Partei, mitunter durch Zuhilfenahme absurdester Mittel die Deutungshoheit zu erlangen. Will eine Demokratie wahrhaft sein, so Stadler, lasse sie rechtsextreme und antidemokratische Kräfte gleichberechtigt an ihr teilhaben – selbst wenn dies zu ihrer Abschaffung führt. Will eine Demokratie wehrhaft sein, so die Verfechter:innen selbiger, die gerne noch länger etwas von ihr hätten, lässt sie eben das nicht zu.
Die Debatte endgültig zu beenden versuchte Ralf Stadler offensichtlich, indem er sich und seiner Partei einfach widerrechtlich ein Demokratie-Label aneignete und fortan unter falscher Flagge zu segeln plante. Anfang Oktober berichtet der rechtsextreme Kreisvorsitzende, dreist 30.000 Flyer für den Landkreis Passau bestellt zu haben. Dabei handelt es sich um AfD-Mitgliedsanträge, welche (illegaler Weise) mit einem, dem „Demokratie leben!“-Label täuschend ähnlich nachempfundenen Logo getarnt, vorgaben, Werbematerialien des Bundesprogramms für Demokratieförderung zu sein. In einem Video erklärte Stadler, der Bezug zum Logo des Bundesprogramms sei bewusst gewählt worden – eine False Flag-Aktion mit voller Absicht also. Die Flyer fanden in der Folgezeit Verbreitung im Landkreis Passau. Dass die Regiestelle des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ rechtliche Schritte gegen Stadlers perfiden Markenklau einleitete, ist nicht bekannt. Vor dem Gesetz sind eben alle gleich – außer sie genießen als AfD-Abgeordnete rechtliche Immunität.
Seitenwechsel: Freund- und Feindmarkierungen
So schnell wie seine Rechtsauffassung und die Label auf seinen Flyern wechselt Ralf Stadler übrigens auch seine Freund-/Feindmarkierungen. Gerade noch in der Gunst des Despoten Stehende, können nur Augenblicke später mit Schimpf und Schande vom Hof gejagt werden – bei Ralf Stadler wechseln die Loyalitäten häufiger als an einem Apriltag in Schottland das Wetter.
Am 11. August veranstaltete der AfD KV Passau ein Sommerfest mit Oldtimerausstellung und Infostand des rechtsextremen österreichischen Mediums info-direkt im Gasthof Jodlerwirt in Passau. Obwohl Stadler anwesende Journalist:innen als „Linksextremisten“ und „Antifa-Extremisten“ beschimpfte und diese als Störer:innen der Polizei meldete, schien er das Fest im Großen und Ganzen als vollen Erfolg zu werten und kündigte an, die Veranstaltung im kommenden Sommer am selben Ort wiederholen zu wollen. Es schien dem AfD-Kreisvorsitzenden unübersehbar ausgezeichnet zu gefallen, im Jodlerwirt endlich einen Wirt in Passau gefunden zu haben, welchen die AfD zuverlässig für ihre Events nutzen könne.
Das Blatt wendete sich rund einen Monat später, als Stadler plötzlich auf Facebook ätzte: „AfD-ler im Schützenhaus Jodlerwirt nicht weiter willkommen. Vor ein paar Wochen hatte der AfD Kreisverband Passau ein Sommerfest mit Oldtimertreffen dort organisiert. Alle waren zufrieden, die Wirtin machte einen hervorragenden Umsatz. Es gab absolut nichts zu beanstanden. Doch als ich diesen Dienstag zwecks einer weiteren Veranstaltung anrief, will sie nun von uns nichts mehr wissen.“ Die Weigerung des Wirts der rechtsextremen Partei zukünftig Räume zu vermieten bezeichnete Stadler ernsthaft als „Nazimethoden“.
Zwei Tage später schaffte es ein weiteres Lokal auf Ralf Stadlers Feindesliste: Der in Vilshofen neu eröffnete Gasthof Wolferstetter erteilte der AfD auf die Frage, ob sie in den Räumlichkeiten ihre Events abhalten dürften, eine klare Absage. „Es scheint, als hätten die Wirte schon vergessen, wer für sie eingetreten ist, als die Altparteien während der Corona-Zeit die Wirtshäuser geschlossen hielten. (…) Unter diesen Umständen werden wir dieses Lokal in Zukunft meiden.“, tobte Stadler auf Facebook. Er rief die gesamte AfD Wählerschaft dazu auf, das Lokal zu boykottieren. In diesem Fall scheint es sich also bei einem Boykottaufruf nicht wie sonst um „Nazimethoden“ zu handeln.
Wann es sich bei Boykotten, dem Wahrnehmen von Hausrecht und Ausgrenzung um „Nazimethoden“ handelt und wann nicht, scheint bei Stadler eine eher willkürliche Auslegung. Als legitim jedenfalls, scheint Stadler seine eigenen Sabotageversuche und Ausgrenzungsbestrebungen gegen die unliebsame parteiinterne Konkurrenz zu werten. Mitte März 2024 erklärte der AfD-Landtagsabgeordnete Oskar Atzinger, aus dem Kreisverband Freyung-Grafenau ausgetreten zu sein, um (wieder) in Stadlers Kreisverband Passau einzutreten. Er wolle sich weiterhin vor allem in der Region Passau engagieren, wo er auch Kreisrat sei, schrieb Atzinger in einer Mail an die Mitglieder des Freyunger Kreisverbands. Ralf Stadler und seinen Kreis- und Landtagskollegen verbindet ein seit Jahren schwelender, mal mehr mal weniger offen feindselig ausgetragener Konkurrenzkampf um die Parteitröge. Während der Parteimanager Atzingers Kreisverbandswechsel bewilligte, leistete Ralf Stadler erbitterten Widerstand und verhinderte die Wiederaufnahme.
Der Streit spitzte sich zu und brach sich beim AfD Landesparteitag in Greding am 23.11. bahn, als Atzinger einen Änderungs-Antrag einreichte, wonach ein Antragsteller, der vom Kreisverband abgelehnt wird, beim Bezirksverband Widerspruch einlegen können solle. Der Vorstand dieses Gebietsverbandes soll der Aufnahme mit Zweidrittelmehrheit zustimmen und die Entscheidung des KV Vorstands so überstimmen können. In der Begründung und der Aussprache zum Antrag flogen auf dem Parteitag nicht nur erneut die Fetzen, sondern auch so manche Spitzen gegen den unkollegialen Despoten Stadler.
Wird Stadler – gerade durch Parteikollegen – die ihm vermeintlich zustehende Ehrerbietung verweigert, scheint die Feindmarkierung garantiert. Stadlers Günstlinge überbieten sich für gewöhnlich in ihrer Rolle als Speichellecker und Claquere – schon beim Anschein von Kritik oder gar eigenen Ambitionen, wird jeder einstige Hoffnungsträger des Stadlerschen Kreisverbands unverzüglich zur persona non grata erklärt.
Die Erfahrung durfte am AfD Landesparteitag am 23.11. auch der Passauer Jung-Neonazi Max Hülsenbeck machen. Der IB-Aktivist, Burschenschafter und Anhänger der Jungen Alternative war im Jahr 2023 der AfD im KV Passau beigetreten – das Aufnahmegespräch führte Ralf Stadler persönlich. Ein gutes Jahr später kandidierte der Jurastudent für einen Posten als Richter im Landesschiedsgericht. Er bewarb sich mit einem Plädoyer dafür, die Partei von AfD Mitgliedern, welche sich als „gemäßigt“ geben und den radikalen extrem rechten Kurs der Partei nicht mitfahren, zu bereinigen. Anstatt den Nachwuchs aus dem eigenen KV zu unterstützen oder sich als Mentor des Jungkarrieristen anzubieten nutzte Stadler die Gelegenheit der Fragerunde, um seiner Wut über den Jungrechten Luft zu machen. Hülsenbecks Vergehen: Er versuchte sich an einer parteiinternen Karriere, ohne zuvor Stadlers Segen eingeholt oder die obligatorische Zeit als dessen ergebener Lakai abgearbeitet zu haben. Bei keinem einzigen Sommerfest, Bürgerdialog oder Infostand, giftete Stadler ins Mikro, habe Hülsenbeck ihn nach der Aufnahme in den KV unterstützt – und nun diese Kandidatur! Ob Stadler sich angesichts dessen, dass Hülsenbeck sich über burschenschaftliche Seilschaften direkt den Weg ins Milieu der Landtagsfraktion gebahnt hatte, ohne um Stadlers Gunst zu buhlen, einfach nur übergangen oder gar betrogen fühlte, bleibt offen.
Mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl im Februar 2025 stand Stadler kürzlich erneut vor der Herausforderung, einen Direktkandidaten für die Passauer AfD zu bestimmen, ohne sich dabei gleichzeitig einen fähigen Konkurrenten ins Haus zu holen, der ihm beim Kampf um Reichweite, Posten und Popularität noch gefährlich werden könnte. Ein Spagat. In der Vergangenheit hatte Stadler das Dilemma gelöst, indem er einfach selber für jedes nur erdenkliche Amt kandidierte. Nachdem er nun aber bereits Posten im Kreisrat und Landtag besetzt, hätte eine weitere Kandidatur für den Bundestag die Ernsthaftigkeit, mit der er seine kommunalpolitischen Ämter wahrnimmt, offen in Frage gestellt.
Stadlers Lösung erwies sich als überraschend pragmatisch: Er holte sich einen externen Kandidaten ins Boot, der ihm nicht später im eigenen KV gefährlich werden könnte, da dessen Wohn- und Wirkstätte weit weg liegen. Erhard Brucker lebt und arbeitet in Regensburg, wo er aktuell für die AfD im Stadtrat sitzt und gerade in einem jahrelang tobenden Machtkampf im Kreisverband unterlegen ist.
Brucker gilt als mindestens ebenso radikal rechts wie Stadler und ist, ähnlich wie Stadler, für seine explizit islamfeindlichen, rassistischen und frauenverachtenden Positionen bekannt. Dank eines gerichtlich belegten nicht unerheblichen Alkoholproblems dürfte Brucker weder Willens noch in der Lage sein, sich Stadlers Führungsanspruch zu entziehen und diesen auszubooten. Als Stadlers Armcandy wird der AfD Direktkandidat für den Wahlkreis Passau nun von Event zu Event geschleift. Für Videos und Fotos darf Brucker bei jeder noch so unpassenden Gelegenheit mit der Daumen-hoch-Geste neben Stadler posieren. Doch eines wird Brucker bis jetzt konsequent verwehrt: In keinem Video und keinem Wahlwerbebeitrag durfte dieser bis jetzt selber sprechen. Ein Übereinkommen scheinbar, in welchem eine klare Rollenverteilung für Harmonie im labilen Gefüge der beiden Choleriker sorgt. Bis Brucker den Mund aufmacht – alles nur eine Frage der Zeit des Pegels.
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