Kunst und Kultur im Dienst völkischer Identitätspolitik

Das Bauhaus war eine 1919 gegründete Kunstschule. Das „Staatliche Bauhaus“ war als eine Arbeitsgemeinschaft gedacht, in der die Unterscheidung zwischen Künstler und Handwerker aufgehoben werden sollte. Durch ihr Schaffen wollten die Mitarbeiter des Bauhauses gesellschaftliche Unterschiede beseitigen und zum Verständnis zwischen den Völkern beitragen.

Eine weitere Grundidee des Bauhauses war die Gleichberechtigung von Künstlern und Künstlerinnen an der Kunstschule. Der Gründer, Walter Gropius, verkündete bei der Eröffnung des Bauhauses 1919 im Programm: „Als Lehrling aufgenommen wird jede unbescholtene Person ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht, deren Begabung und Vorbildung vom Meisterrat als ausreichend erachtet wird“. Somit zählt das Bauhaus zu den ersten Institutionen, welche Frauen erstmals den kostenfreien Zutritt an einer öffentlichen Kunstschule gewährt.

1932 wurde das Bauhaus als private Einrichtung nach Berlin-Lankwitz verlegt; aber schon 1933 wurde die Institution von den Nationalsozialisten durch Repressionen wie Hausdurchsuchungen, Versiegelung der Räume und Verhaftung von Studenten endgültig zur Selbstauflösung gezwungen. Mindestens 21 Künstlerinnen und Künstler des Bauhauses wurden während der NS-Herrschaft in Konzentrationslagern oder Gefängnissen umgebracht. Einige Mitglieder kooperierten jedoch auch mit dem Regime: 188 Bauhäusler traten in die NSDAP ein, 15 in die SA und 14 in die SS.

Die AfD strebt danach, die Kultur in ein Korsett nationaler und völkischer Ideologien zu zwängen

Die AfD übt verstärkten Druck auf Kunst und Kultur aus, besonders in Sachsen-Anhalt, wo ihre Angriffe bereits spürbar werden. Im Landtag stellte sie einen Antrag zur »kritischen Auseinandersetzung mit dem Bauhaus«, mit dem Ziel, das Bauhaus als Ursprung »historischer Bausünden« und »globalen Einheitsbrei« darzustellen sowie ihm kommunistische Einflüsse vorzuwerfen. Diese Diffamierung erfolgt fast 100 Jahre nach der Vertreibung des Bauhauses aus Weimar, wo rechte Kräfte die Kunstschule 1924 finanziell aushungerten. Nach einem Aufblühen in Dessau wurde das Bauhaus 1933 von den Nationalsozialisten endgültig in Berlin geschlossen.

Modernität, Freiheit und kulturelle Offenheit: Für die AfD ist das Bauhaus ein Symbol für Werte, die sie ablehnt. Hier zu sehen: Balkone am historischen Atelierhaus des Bauhaus Dessau. Foto: dpa | Hendrik Schmidt

Seit seiner Gründung 1919 in Weimar musste sich das avantgardistische Bauhaus in einer überwiegend ablehnenden bis feindlichen Umgebung behaupten. Schon der Grundansatz der Kunstschule provozierte konservative und reaktionäre Kreise. Für sie waren die Lehrer, Schüler und Anhänger des Bauhauses links und internationalistisch eingestellt. Was zutreffend war – wenn die Bezugsgröße in der übrigen kulturkonservativen Bevölkerung Weimars besteht.

Gesellschaftliche Unterschiede zu nivellieren und zum Verständnis zwischen den Völkern beizutragen provozierte naturgemäß in einer Zeit, in der die Verträge von Versailles und Rapallo rechte und konservative Kreise bis hin zum Mord an Walther Rathenau trieben und restaurative Militärs unter der Führung von Kapp gegen die Weimarer Republik putschten.

Für die AfD ist das Bauhaus ein Symbol für Werte, die sie ablehnt: Modernität, Freiheit und kulturelle Offenheit. Der AfD-Kulturpolitiker Hans-Thomas Tillschneider bezeichnete das Bauhaus als »abgrundtief hässlich« und »schuld an Bausünden«, was eine generelle Ablehnung moderner Kultur ausdrückt. Neben dieser öffentlichkeitswirksamen Initiative verfolgt die AfD weitere, weniger beachtete Vorhaben. So forderte sie etwa einen »Caspar-David-Friedrich-Preis« für Kunst mit »deutschen Stileigentümlichkeiten«. Weitere Anträge zielen darauf, »deutsche« Kultur wie Volkslieder an Schulen zu etablieren. Andere Initiativen fordern, dass an allen Grundschulen im Land jeden Tag ein deutsches Volkslied gesungen wird.

Die AfD versucht, Kunst und Kultur in den Dienst einer völkischen Identitätspolitik zu stellen, die den gesellschaftlichen Diskurs dominiert und ideologisch einengt. Sie strebt danach, die Kultur in ein Korsett nationaler und völkischer Ideologien zu zwängen. Die Angriffe der AfD auf das IMPULS-Festival für Neue Musik in Sachsen-Anhalt und die Kritik am Theater Altmark sind Vorboten dessen, was unter einer AfD-Regierung zu erwarten wäre.

Für die Freiheit der Kultur in Deutschland ist dies eine ernste Gefahr. Die AfD verfolgt systematisch das Ziel, die Kunst in ihre ideologische Agenda zu integrieren, sei es durch Angriffe auf das Bauhaus oder die Instrumentalisierung Caspar David Friedrichs. Ihr Kulturkampf ist Teil eines größeren Projekts, dessen Praxis sich in autoritär-populistischen Regimen betrachten lässt.


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