In diesem Jahr – 2024 – jährte sich die Gründung des „Rotfrontkämpferbund“ (RFB) zum 100. Mal. Gegründet zur Abwehr des Terrors militaristisch-reaktionärer Wehrverbände, wuchs der „RFB“ zur größten und wichtigsten proletarischen Massenorganisation unter Führung der Kommunist:innen gegen das Wiedererstarken des deutschen Imperialismus, Krieg und Faschismus heran. Dabei war der „RFB“ weit mehr als eine Wehrorganisation, viel mehr wurde auch der „Kampf um die Köpfe“ der Arbeiter:innenklasse geführt und durch seine Aufmärsche und Aktionen war der Bund nicht aus dem Straßenbild der Großstädte der Weimarer Republik wegzudenken. Anlässlich seines Jubiläums wollen wir in diesem Text einen kleinen Abriss über die Anfänge der Organisation geben und am Ende auf die Bedeutung des RFB für die Gegenwart eingehen.
„Ich gelobe: […] Niemals zu vergessen, die Erfahrungen und Leiden der Arbeiter[:innen]klasse im imperialistischen Weltkrieg, den 4. August 1914 und den Verrat des Reformismus stets und immer meine revolutionären Pflicht gegenüber der Arbeiterklasse und dem Sozialismus zu erfüllen, stets und immer in allen Massenorganisationen, in Gewerkschaft und Betrieb ein Pionier des unversöhnlichen Klassenkampfs zu sein; an der Front und in der Armee des Imperialismus für die Revolution zu wirken; den revolutionären Kampf für den Sturz der Klassenherrschaft der deutschen Bourgeoisie zu führen: die russische und chinesische Revolution mit allen Mitteln zu verteidigen; stets und immer für die Sowjetunion und die siegreiche Weltrevolution zu kämpfen.“
– Schwur der RFB – Mitglieder auf dem Pfingsttreffen in Berlin, 1927
Ausgangslage:
Im Jahr 1924 – nur sechs Jahre nach dem ersten Weltkrieg – wurde die Kriegsgefahr in Deutschland gegen die Sowjetunion immer konkreter. Die erfolgreiche Oktoberrevolution und der darauf folgende sozialistische Aufbauprozess der Sowjetunion war dem deutschen Kapital ein Dorn im Auge. So diente sie nicht zuletzt auch den deutschen Revolutionär:innen als Vorbild und Antrieb, als realer Bezugspunkt. Revolutionäre Umsturzversuche in Deutschland – wie die Bayrische Räterepublik im Jahr 1919 – wurden blutig durch Freikorps, Militär und Polizei niedergeschlagen. Auf die massenhaften Morde von Freikorpverbänden folgte die versuchte Zerschlagung kommunistischer Organisationen. Schließlich wurden nach dem gescheiterten Hamburger Aufstand im Oktober 1923 auch die proletarischen Hundertschaften verboten. Versuche der KPD die arbeitende Klasse für kommunistische Ideen zu gewinnen, wurden mit allen Mitteln des Staates bekämpft. Neben dem Staat sahen sich die Kommunist:innen weiterhin auch mit Reaktionären konfrontiert. Dies nahm die Arbeiter:innenbewegung zum Anlass organisatorische Schritte zu gehen und Wehrverbände im Sinne des proletarischen Selbstschutzes zu gründen. Die ehemaligen Frontsoldaten hatten durch ihre Erfahrungen im 1.Weltkrieg am direktesten die Leiden des imperialistischen Krieges erlebt. Dem Revanchismus breiter Teile der ehemaligen Soldaten musste zwangsläufig eine internationalistische Antwort entgegengesetzt werden. Zudem konnte deren Kriegserfahrung zur Steigerung der Wehrhaftigkeit der Arbeiterklasse genutzt werden, was sich historisch als notwendig erwies. Denn die 1920 gegründete „NSDAP“ gewann zeitgleich zunehmend Mitglieder, vor allem in Bayern, und arbeitete an der faschistischen Machtübernahme, was am 09.11.1923 mit dem Putschversuch in München einen ersten Höhepunkt fand. Der Verlauf der Geschichte ist bekannt. Zwischen 1933 und 1945 schuf die „NSDAP“ unter Führung Hitlers einen faschistischen Terrorstaat, der systematisch ca. 7 Millionen Menschen, darunter 6 Millionen Jüdinnen und Juden, in Konzentrations- und Vernichtungslagern ermordete. Im Zuge der Monopolisierung im Faschismus verschärften sich die Ausbeutungsbedingungen der Arbeitenden rasant, unter anderem auch deswegen, da alle Organisationen der Arbeiter:innen zerschlagen wurden. All das gipfelte im Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion, bei dem je nach Schätzung bis zu 28 Millionen Menschen ums Leben kamen, darunter mehr als die Hälfte Zivilist:innen.
Die Gründung des Rotfrontkämpferbundes:
Bereits seit Mai 1924 beschäftigte sich die KPD-Führung mit der Frage nach einer proletarischen Wehrorganisation. Als Quasi-Nachfolger der bereits genannten verbotenen proletarischen Hundertschaften, gründete sich Anfang Juli 1924 in Hildburghausen (Thüringen) die erste Ortsgruppe des Rotfrontkämpferbundes. Seine Aufgabe war zum einen der Schutz vor Terrorakten der Polizei und militaristischer, reaktionärer Wehrverbände wie dem „Stahlhelm“, zum anderen die Aufklärung über die drohende Kriegsgefahr. Am 16. Juli wurde die Gründung offiziell im Bezirksorgan „Neue Zeitung“ bekannt gemacht. Darauf folgend gründeten sich Ortsgruppen im heutigen Thüringen, Sachsen und Sachsen- Anhalt. Am 31.7. 1924 wurde in Halle ein Gründungskongress abgehalten, wobei sich zeitgleich vier Ortsgruppen gründeten. Es folgten Gruppen in Berlin, Braunschweig und Bremen, sowie in Mannheim, Heidelberg und Karlsruhe. Bereits ein Jahr nach der Gründung zählte der RFB 70.125 Mitglieder in 1217 Ortsgruppen.
Ab August 1924 gründeten sich auch Jugendgruppen des RFB unter dem Namen Roter Jungsturm, sowie nach dem zweiten Mitgliederkongress eine eigene Frauen- und Mädchenorganisation.
Die Bedeutung für heute:
Zum einen gilt es das Andenken an unsere Genoss:innen aufrecht zu erhalten und ihren aufopferungsvollen Kampf, den viele mit dem Leben bezahlten, zu würdigen. Dabei geht es aber auch nicht zuletzt um den Kampf um die Einordnung historischer Vorgänge. Während die bürgerliche Geschichtsschreibung die Entstehung des Faschismus verklärt, gilt es die Hintergründe der Entstehung und auch den existierenden Widerstand hochzuhalten. Gerade in Deutschland, wo die kommunistische Bewegung von den Faschist:innen zerschlagen wurde, wovon man sich bis heute in der BRD nicht erholen konnte, ist eine Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte elementar.
Natürlich leben wir in anderen Zeiten als vor hundert Jahren und auch unsere Ausgangslage ist nicht die Selbe. Der Massencharakter den der RFB erreichte, ist in heutiger Zeit schwer vorstellbar. Zeitgleich sehen wir uns auch heute mit einer erstarkenden Rechten und bereits stattfindendem Krieg sowie anhaltender Kriegsgefahr und Aufrüstung konfrontiert. Die historische Beschäftigung, Auseinandersetzung mit Errungenschaften und strategischen Ansätzen aber auch der Analyse von Fehlern, die wir aus heutiger Sicht anders bewerten können, kann uns ein Fundament für unsere heutigen und kommenden Herausforderungen bieten. Gerade im Bezug auf den organisierten Abwehrkampf gegen den Faschismus und Militarismus sowie bei der Ausarbeitung eines Verhältnisses zur Sozialdemokratie lassen sich Lehren und historische Erfahrungen formulieren. Motiviert durch das Jubiläum setzen wir uns weiter mit dem RFB auseinander. Die dabei gewonnen Erkenntnisse wollen wir der antifaschistischen Bewegung zur Verfügung stellen. Einen ersten Text findet ihr hier. Wir beschäftigen uns aktuell auf verschiedenen Ebenen mit diesem Thema. Wenn also in der kommenden Zeit weitere Veröffentlichungen folgen werden, findet ihr diese ebenfalls auf zum Beispiel antifa-info.net. Dabei freuen wir uns auch über eure Beiträge zum hundertjährigen Bestehen, sowohl in Form von Aktionen als auch durch inhaltliche Beiträge.
100 Jahre RFB – Kampf dem Faschismus, Kampf dem Krieg!