Antisemitismus

Antisemitismus ist Bestandteil vieler rechten Ideologien. Im deutschen Faschismus spielte er eine besondere Rolle und hatte verschiedene Funktionen. Die Fragen, wieso genau dieser Teil reaktionärer Vorstellungen solch eine zentrale Bedeutung für fast alle rechten Bewegungen hat, wie diese zum vermeintlich irrationalen Verbrechen des Shoah führen konnten und welche Rolle antisemitische Verschwörungsideologien und jüd:innenfeindliche Haltung heute spielen, wird in den folgenden Texten erörtert.

 

Zurück zur Übersicht

Von der Vertreibung zum Genozid

Die industrielle Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden ist ein einmaliges Verbrechen in der Menschheitsgeschichte. Begangen wurde es vom deutschen Faschismus, seinen Funktionär:innen, Schreibtischtäter:innen und vielen willfährigen Mitwisser:innen und Vollstrecker:innen. Der Kontext: Ein Weltkrieg. Kurt Pätzold nähert sich dem vermeintlich irrationalen Verbrechen und ordnet es in den Kontext des imperialistischen Kriegs ein, beleuchtet seine Ursachen und Triebkräfte. Dabei räumt er mit zwei gängigen Erklärungsmustern der bürgerlichen Forschung auf: Einerseits belegt er, dass nicht der Antisemitismus maßgebliche Triebkraft des Kriegs gewesen ist, sondern die Machtbestrebungen des deutschen Monopolkapitals. Andererseits widerlegt er umfangreich die These, wonach die Vernichtungspolitik ausschließlich irrational und im Widerspruch zu den Interessen des deutschen Kapitals gewesen sei.

Volkskampf statt Klassenkampf

Klaus Holz beleuchtet in seinem 2017 in der linken Monatszeitung „Analyse und Kritik“ erschienen Artikel die Verknüpfung von Antisemitismus und der sozialen Frage durch die Rechten. Holz zeigt auf, wie die Faschist:innen mit dem von ihnen gezeichneten Widerspruch zwischen „jüdischem Großkapital“ und der „produktiven Arbeit“, die eigentliche Spaltung der Gesellschaft zwischen Kapital und Arbeit verschleiern. Antisemitismus, so Holz, bietet eine Erklärung für die Erfahrung der Lohnabhängigen von Ausbeutung, Verunsicherung, Angst und Entfremdung. Mit „den Juden“ wird eine Ursache für die Misstände und ein Feindbild „außerhalb der nationalen Gemeinschaft“ geschaffen, während die eigentliche Ursache, die kapitalistische Wirtschaftsweise, wohlweislich unangetastet bleibt. Holz' Ausgangspunkt ist ein Blick in die Zeit um 1880, der Text beschäftigt sich aber auch mit der heutigen faschistischen Bewegung, ihren Organisationen und Führungsfiguren wie Björn Höcke und Jürgen Elsässer.