Die (extreme) Rechte und ihre Positionen zum Krieg in der Ukraine

Der Krieg in der Ukraine wird in der extremen Rechten kontrovers diskutiert. Dabei spielen weltanschauliche Positionen ebenso eine Rolle, wie politische Loyalitäten und ideengeschichtliche Traditionen. Teilweise lassen sie sich auch auf ihre materiellen Interessen zurückführen.

(Symbolbild. Putin-Fans bei einem LEGIDA-Aufmarsch in Leipzig. Foto: Tim Wagner)

Russland als „Widerlager des Westens“1Heino Bosselmann auf twitter; eingesehen am 7.März 2022

Im Lager derer, die mehr oder minder offen Unterstützung für die russische Position signalisieren, finden sich die ostdeutschen AfD Landesverbände und das „Compact Magazin“. Seine Ursache hat dies darin, dass die ostdeutsche Wählerschaft der AfD in ihrer Mehrheit eine seit Jahren gepflegte Affinität zum russischen Autoritarismus unter Putin artikuliert, die bereits im Kontext der sogenannten „Friedensmahnwachen“ 2014, stärker jedoch im Kontext von PEGIDA zu Tage trat. Eben dort wurden immer wieder Rufe laut wie „Putin hilf“.

Aus der AfD gab es in der Vergangenheit enge Kontakte nach Russland. Regelrechte Pilgerreisen unternahmen AfD Funktions- und Mandatsträger nach Moskau und in die sogenannten „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk im Osten der Ukraine. Dort wurden sie wie Staatsgäste hofiert. Zudem warb die AfD in vergangenen Wahlkämpfen intensiv um die Stimmen der in ihrer Mehrheit national-konservativ eingestellten Russlanddeutschen. Deren Milieu ist eine wichtige Wähler*innen Gruppe für die Partei. Verständnis für Russlands Positionen wird vor allem von Gefolgsleuten des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke vorgetragen.

Das rechte „Compact Magazin“ zählt zu den treuesten Putins Fans in Deutschland. Mehrfach war Putin auf dem Cover, einige seiner Reden wurden von „Compact“ gedruckt. Die extrem rechten russischen Rocker „Nachtwölfe“ wurden in „Compact“ ebenso gefeiert, wie in den diversen Sonderheften zur Geschichte Deutschlands auf eine besondere Beziehung der Deutschen zu Russland seit dem 19. Jahrhundert hingewiesen wurde. Im Milieu der Reichsbürger und Querdenker gilt Putin bzw. Russland als Hoffnungsträger, der Deutschland aus der Dominanz amerikanischer Kultur herausführen könne.

Jenen in der extremen Rechten, die im gegenwärtigen Krieg für Russland optieren, imponiert der dezidiert antiwestliche, anti-moderne Kurs Putins in der Gesellschaftspolitik. Ob Abtreibung, Rechte von Minderheiten oder eine kosmopolitische Kulturpolitik; all dem hat Putin seit langem den Kampf angesagt. Putins Nationalitätenpolitik weist zumindest eine Schnittmenge mit dem sogenannten Ethnopluralismus auf, wonach ein Volk einem bestimmten Territorium zuzuordnen sei.

Die Orientierung der extremen Rechten an Russland hat eine lange Tradition in deren Ideengeschichte. Bereits Vordenker der „Konservativen Revolution“ wie Arthur Moeller van den Bruck sahen in Russland einen Antipoden zum Westen, und dem als dekadent wahrgenommenen Liberalismus. Der extremen Rechten erscheint Russland als das Gegenprinzip zur Moderne und zum westlichen Individualismus. Dies nimmt Anschluss an Putins politische Agenda von einer starken, christlich-ortho­doxen russischen Nation, die auf religiöse und historische Fundamente gründet.

Deutlich erkennbar ist die Wechselwirkung zwischen neu-rechter Ideologieproduktion im Westen, und deren Rezeption in Russland. Alexander Dugin, Ideengeber der „Neuen Rechten“ Russlands, bedient sich inzwischen der politischen Begriffe von Renauld Camus und De Benoist bzw. der „Generation Identitäre“. Umgekehrt erfreut sich Dugins Ideologiemix aus pan-slawischen Raumordnungskonzepten und autoritär verfasster Gesellschaftslehre bei „neu-rechten“ Akteuren im Westen großer Beliebtheit.

Parteinahme für die Ukraine oder ukrainische Faschisten

Die rechte Wochenzeitung „Junge Freiheit“ orientiert sich inhaltlich am Mainstream der Ukraine-Unterstützer. In der außen- und sicherheitspolitischen Neuausrichtung der Bundespolitik (Aufrüstung) sieht JF Chefredakteur Dieter Stein ein Zeichen neuen deutschen Souveränitätsgewinns. Die angestrebte Aufrüstung in Deutschland eröffnet die Möglichkeit, nicht nur ökonomisch als europäische Großmacht zu agieren.

Einige führende Akteure des neonazistischen Flügels der extremen Rechten positionieren sich erwartungsgemäß zu Gunsten des extrem rechten ukrainischen Regiments Asow. „Der III. Weg“, die JN und andere neonazistische Gruppen propagieren, es sei nötig auf Seiten der Ukraine zu kämpfen. In diversen Telegram Kanälen wird suggeriert, deutsche Neonazis seien in der Lage, sich bewaffneten Einheiten in der Ukraine anzuschließen. Entsprechende Foren sollen den Kontakt zu ukrainischen kämpfenden Einheiten vermitteln.

Ob und in welchem Umfang sich tatsächlich deutsche Neonazis auf den Weg in die Ukraine machen, um dort zu kämpfen, ist noch nicht klar. Dass es, wie in der Vergangenheit im Kroatien Krieg, deutsche Neonazis gibt, die kämpfen wollen war erwartbar. Ob die Rhetorik der gegenwärtig auftretenden Protagonisten des „Der III. Weg“ mehr sind, als militaristische Propaganda, darf derzeit bezweifelt werden. Die Kontakte neonazistischer Kampfsportakteure nach Russland und in die Ukraine legen den Schluss nahe, dass es auch von dort Versuche geben wird, die Kämpfe materiell zu unterstützen. Als sicher kann angenommen werden, dass gut ausgebildete ehemalige Soldaten mit extrem rechter politischer Einstellung den Versuch unternehmen, ins Kriegsgebiet zu gelangen. Ihre Erfahrung und Professionalität ermöglicht dies ihnen eher, als Neonazis, deren Handlungsfeld Demonstrationen sind.

Neutrale Positionen / Geopolitik

Mit dem Ukraine Krieg befasste sich im März 2022 der Vlog „Am Rande der Gesellschaft“ des „Institut für Staatspolitik“ (IFS) in Schnellroda. Darin wurde die Ukraine als Zwischenland, als Puffer zwischen Ost und West beschrieben. Im Anschluss an Carl Schmitt schwadronieren Erik Lehnert und Götz Kubitschek über die Ausübung geopolitischer Hegemonie und Raumordnungen bzw. „raumfremde Mächte“, gemeint ist die Präsenz der USA in Europa. Das Inte­resse Deutschlands müsse es sein, ein Arran­gement mit Russland als geografisch nahe, und in seiner ideologischen Ausrichtung viele Schnittmengen mit der Agenda der deutschen Rechten aufweisende Großmacht zu treffen. Deshalb sei eindeutige Parteinahme in dem Konflikt aus Sicht des IfS nicht angezeigt. Dennoch überwiegt beim IfS der Respekt vor der Machtpolitik Russlands und die Symphatie  für die russische Gesellschaftspolitik.

Wie umgehen mit ukrainischen Flüchtlingen?

Derzeit kommen tausende Flüchtlinge aus der Ukraine ins Land. Die Positionen in der (extremen) Rechten dazu sind kontrovers. Während etwa Erika Steinbach, Neu-Mitglied der AfD seit März 2022, zu Spenden für ukrainische Flüchtlinge aufruft, schreibt der stellvertretende „Junge Alternative“ Vorsitzende NRW, Nils Hartwig: „Die deutsche Rechte wäre gut beraten, nicht plötzlich in einen falsch verstandenen Humanismus zu verfallen und die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge zu fordern.“ Andere Stimmen in der (extremen) Rechten verweisen darauf, dass es sich bei den ukrainischen Flüchtlingen um Weiße und Christen handle, die Solidarität verdient hätten.

Das rechte „Konflikt-Magazin“ hat zum Thema Flüchtlinge hingegen die Auffassung: „Jeder Ukrainer in Deutschland ist einer zu viel, diese Leute gehören bestenfalls in der Westukraine gesammelt oder in den angrenzenden Ländern.“ Einen rassistischen Konsens gibt es in der extremen Rechten, keine Migranten aus der Ukraine aufnehmen zu wollen, die als Studierende aus afrikanischen Staaten dorthin kamen, und nun ebenfalls fliehen.

Die Haltung zu Flüchtlingen hat das Potential für Spaltungen in der (extremen) Rechten. Nimmt die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine zu, wird sich die Kontroverse darum verschärfen, wie deren Flucht zu bewerten sei; wird es auf der Straße zu rassistischen Mobilisierungen kommen, deren Logik sich die (extreme) Rechte aus ideologischen Gründen nur schwer entziehen kann.

Vorerst jedoch hat die (extreme) Rechte hinreichend zu tun, die eigenen Positionen zu sortieren. Dabei werden die Russland-Unterstützer_innen alsbald unter Druck geraten. Vielleicht auch, weil die ein oder andere Überweisung aus Russland ausbleibt.


Dieser Artikel stammt vom antifaschistischen Info-Blatt. Schaut gerne mal dort vorbei! Dort gibt es immer wieder gute Rechercheartikel über die rechte Szene, aber auch politische Analysen und Berichte rund um das Thema Anitfa und darüber hinaus.

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    Heino Bosselmann auf twitter; eingesehen am 7.März 2022