Am 1. Mai 2023 hat die faschistisch-rechtskonservative Regierung Italiens das neue Haushaltsgesetz vorgestellt: Neben einem drastischen Abbau des Sozialstaats beinhaltet es auch die schrittweise Aussetzung des italienischen Bürgergeldes. Die Basisgewerkschaft USB ruft deshalb zum Generalstreik auf.
Die Regierung um die seit September 2022 amtierende Ministerpräsidentin Georgia Meloni sorgt nicht zum ersten Mal für Schlagzeilen. Das ultrarechte Wahlbündnis verschiedener rechtspopulistischer bis faschistischer Parteien, von denen sich Teile in die Tradition des faschistischen Diktators Benito Mussolini stellen, hat schon öfters mit seiner migrations- und arbeiterfeindlichen Politik von sich Reden gemacht. Doch das neue Haushaltsgesetz kündigt einen qualitativ neuen Schritt im Abbau des italienischen Sozialwesens an:
Neben der Ausweitung der Möglichkeit, Arbeitsverträge statt auf 12 nun auf 24 Monate zu befristen, und der Wiedereinführung von hoch umstrittenen Arbeitsgutscheinen , ist bei dem neulich verkündeten Gesetz die schrittweise Aussetzung des Bürgergeldes am auffälligsten.
Im laufenden Jahr 2023 sollen die Unterstützungen nur noch 8 Monate ausgezahlt werden und monatlich 540 Euro nicht überschreiten, 2024 sollen sie dann nahezu komplett abgeschafft werden. Zusätzlich werden diese Auszahlungen noch an Bedingungen gebunden, wie z.B. an eine Verpflichtung zu sechsmonatigen Qualifizierungs- und Umschulungskursen für Antragssteller:innen.
Dabei wurde das „Reddito di Cittadinanza“ (so heißt die Sozialunterstützung auf Italienisch) erst 2019 von der damals amtierenden „Bewegung 5 Sterne“ eingeführt und ähnelte von Anfang an eher dem deutschen Hartz IV als einem bedingungslosen Grundeinkommen. In den folgenden Jahren hatten 3,4 Millionen Italiener:innen die Sozialleistung bezogen.
Da auch Löhne und Mindestlohn nicht an die nach wie vor hohe Inflation angepasst werden, sind die Folgen des neuen Haushaltsplans absehbar: eine weiter deutlich spürbare Verarmung, Abwanderung von Arbeitskräften und eine Ausweitung schlecht bezahlter Jobs seitens der Arbeitgeber:innen. Dabei wird die Jugend in dem Land, in dem 22,3% Jugendarbeitslosigkeit herrscht, am härtesten getroffen werden.
In guter neofaschistischer Tradition …
Auffällig ist, dass zwei Drittel der Menschen, die bis jetzt auf das Bürgergeld angewiesen waren, im weitaus ärmeren Süden des Landes leben. Der Süden Italiens gilt für die Rechtskoalition Melonis als gesicherte Festung ihrer Wählerschaft. Doch das Abschaffen des Bürgergeldes war mitunter eines der Wahlversprechen Melonis. Gerechtfertigt hat sie dieses Vorhaben mit der Aussage: „Armut bekämpft man mit Arbeit, nicht mit Hilfen eines Wohlfahrtsstaats.“ Könnte das Vorgehen der Koalition nun als strategisches Fettnäpfchen bewertet werden?
International und historisch gesehen ist ein solches Programm bei rechts-populistischen und faschistischen Kräften nichts Neues. Treffende Beispiele hierfür sind etwa die Republikanische Partei in den USA und die AfD in Deutschland. Beide Parteien setzen populistische Taktiken ein, machen große Versprechen von wirtschaftlichem Wachstum und nationalem Aufschwung, um unter meist verarmten und verunsicherten Teilen der Arbeiter:innenklasse ihre Wählerschaft zu sichern.
Dabei sind diese Parteien, wie eigentlich alle parlamentarischen Parteien im Kapitalismus, komplett den Interessen der Kapitalist:innen, also der Banken und Großkonzerne, unterworfen. Sie mögen zwar von ihrer Nähe zur „einfachen Bevölkerung“ und ihren „traditionellen Werten“ reden, doch ihr Handeln ist immer im Sinne des Kapitals. So hat die AfD zu Beginn der momentanen Krise versucht, sich an die Spitze einer entstehenden Protestbewegung gegen die Teuerungen zu stellen, sich jedoch gleichzeitig gegen die Einführung eines Bürgergelds in Deutschland gestellt und härtere Sanktionen für Arbeitslose gefordert.
Italienische Gewerkschaften wollen mit Streik antworten
Dass das Regierungsdekret am 1. Mai, dem Kampftag der Arbeiter:innenklasse, verkündet wurde, hat natürlich unter den Gewerkschaften für Empörung gesorgt. Die Basisgewerkschaft USB hat am selben Tag noch einen Aufruf veröffentlicht, in dem sie darstellt, dass schon am Tag der Verkündung dieser neuen Gesetzesverschärfungen hunderttausende Arbeiter:innen für die Aufnahme des Straftatbestands der “Tötung am Arbeitsplatz” ins Strafgesetzbuch und deutliche Lohnerhöhungen von mindestens 300 Euro demonstriert hätten.
Neben weiteren Protestaktionen ruft die USB zusätzlich für den 26.05. zu einem Generalstreik gegen die Reform auf.