Heute haben wir eine Aktion auf dem Schorndorfer Marktplatz anlässlich des Skandalurteils im sogenannten „Antifa-Ost-Verfahren“ rund um die Antifaschistin Lina E. durchgeführt. Mit dieser Aktion wollten wir unsere Solidarität mit den Verurteilten und allen solidarischen Antifas, die im Zuge der Proteste gegen dieses Urteil, Polizeigewalt oder U-Haft ausdrücken. Weiter wollen wir klar machen, dass bei den bisher stärksten Umfragewerten für die in Teilen faschistische AfD es nicht weniger, sondern mehr Antifaschismus auf allen Ebenen braucht.Mit unserer Aktion haben wir symbolisch einen Teil der Toten durch rechte Gewalt seit 1990 auf dem Oberen Marktplatz eine Öffentlichkeit gegeben.
Mit einem Redebeitrag und Flugblättern machten wir auch deutlich, welchen Mehrwert eine starke antifaschistische Bewegung mit sich bringt: Rechte können durch Recherche-Arbeit nicht mehr anonym Hass und Hetze verbreiten. Demagogische Phrasen, sprich vermeintlich „einfache Lösungen“ durch Sündenböcke für komplexe Probleme werden durch Aufklärungsarbeit widerlegt. Soziale Bewegungen z.B. für höhere Löhne und niedrigere Preise wie letzten Herbst in Waiblingen können sich auf ihren Protest konzentrieren, ohne Sorgen vor rechten Kaperversuchen zu haben.
Und: Antifaschistischer Selbstschutz ist besonders dort, wo sich Nazis zusammenrotten um „national befreite Zonen“ zu schaffen, also No- Go-Areas für Migrant:innen, Journalist:innen oder Aktive aus Gewerkschaften und der linken Bewegung, überlebensnotwendig und nicht kriminell.Während unserer Aktion konnten wir auf den Zuspruch von Passant:innen zählen und viele gute, lange wie kurze Gespräche führen.
Liebe Schorndorferinnen und Schorndorfer. Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten. Am 31. Mai wurde die Antifaschistin Lina und 3 weitere zu hohen Haftstrafen verurteilt. Ihnen wird vorgeworfen gewalttätige Neonazis angegriffen zu haben. Das Urteil ist ein Skandal und zeigt das der Staat nicht an einem fairen Prozess interessiert war. Die Anklage beruht zum einen ausschließlich auf Indizien, den Aussagen von Neonazis und Vergewaltigern und zum anderen fantasiert sich die Generalbundesanwaltschaft eine angebliche „Kriminelle Vereinigung“ herbei. Keinen der Angeklagten kann zweifelsfrei eine Tatbeteiligung nachgewiesen werden. Es geht beim diesem Urteil nicht darum Straftaten zu verurteilen, es geht darum den Antifaschismus an sich zu diskreditieren und in die Nähe des Terrorismus zu rücken. Dieser Angriff auf uns alle reiht sich ein die vielen Versuche der letzten Zeit Antifaschist*innen und Linke zu kriminalisieren. Dabei ist es völlig egal ob diese militant oder friedlich agieren. Beispiele dafür sind die Demonstration „Cannstatt Nazifrei“ letztes Jahr, bei der die Polizei eine friedliche Demonstration gekesselt, angegriffen und de facto verboten hat bevor sie überhaupt losgelaufen ist. Die diesjährige 1. Mai Demo in Stuttgart die wegen einer Papierwand, einem Rauchtopf und „zu langen“ Seitenbannern immer wieder mit Pfefferspray, Tritten und Schlagstöcken angegriffen wurde, wodurch an die 100 Menschen verletzt wurden. Die sächsische Polizei hat sich daran ein Beispiel genommen und über tausend Demonstrierende am 3. Juni über 11h hinweg ohne jegliche Versorgung und unter Gewalt und Misshandlung festgehalten.
Dabei ist Antifaschismus wichtiger denn je, die AfD liegt bei Umfragen bundesweit bei 18%, Queer und vor allem Transfeindlichkeit ist Salonfähig geworden und Betroffene sind immer häufiger Opfer von gewalttätigen Übergriffen, Nazis zünden wie in Korb vor wenigen Wochen Geflüchtetenunterkünfte an, in Polizei und Bundeswehr werden regelmäßig Rechtsextreme Netzwerke und Gruppen aufgedeckt, rassistische Polizeigewalt ist an der Tagesordnung, Nazis horten Waffen und führen Feindeslisten mit politischen Gegner*innen. Und was machen die Parteien der selbsternannten politischen Mitte? Die angeblich linke Ampelkoalition treibt mit ihrer Regierungspolitik die Menschen den Rechten in die Arme: Die Löhne humpeln der Inflation immer noch hinterher. Unter dem Deckmantel des Klimaschutz sollen Mieter 1:1 die Kosten für neue Heizungen zahlen, als ob die Mieten nicht schon teuer genug sind! Mit der neulichen faktischen Abschaffung des Asylrechts stehen Grüne und SPD den Rechten in nichts nach. Währenddessen trommeln CDU, FDP, Springerpresse und viele mehr zum Kulturkampf gegen einen vermeintlichen „woken, linksgrünen Zeitgeist“, um davon abzulenken das sie selbst auch keine Antworten auf die wirklichen Probleme wie z.b. die Inflation oder die Klimakrise haben. Denn sie machen Politik für die Reichen und nicht für uns. Deswegen ist es wichtig sich zu organisieren, gegen den Rechtsruck, sich zu wehren gegen die Krisen, die uns am härtesten treffen und gegen die Versuche zu kämpfen, uns anhand von Herkunft oder Sexueller Orientierung zu spalten. Wir brauchen eine starke Antifa Bewegung für mehr soziale Gerechtigkeit, für eine offene und vielfältige Gesellschaft, kurz für mehr Solidarität.
Freiheit für alle Antifas!
Hoch die internationale Solidarität!