Einig im Krieg

AfD-Hoch in Umfragen

Nach 25 Jahren endloser NATO-Angriffskriege gab sich die AfD 2016 ein Grundsatzprogramm, in dem sie sich zu Atlantikpakt und Bundeswehr bekennt: Die Partei »hält an einer umfassend befähigten Bundeswehr als Eckpfeiler deutscher Souveränität fest«. Das ist ebenso mit den »Altparteien« vereinbar wie im Ukraine-Krieg sogar mit Teilen der Linkspartei. Die Einheitsfront für Waffenlieferungen an das Land, dessen Verteidigungsministerium Fotos mit vorpreschenden »Leopard«-Panzern unter Bandera-Fahnen veröffentlicht, reicht ungefähr von der angeblich antifaschistischen Linke-Landtagsabgeordneten Juliane Nagel und dem Möchtegernpanzerlieferanten Bodo Ramelow aus derselben Partei über SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und CDU/CSU bis zu jener Obristen-AfD, denen die deutsche Armee vor allem anderen am Herzen liegt. Erst am 19. Juni berichtete zum Beispiel der stellvertretende AfD-Bundestagsfraktionsvorsitzende und Oberleutnant mit Bosnien-Kriegserfahrung Peter Felser auf seiner Internetseite begeistert von einem Truppenbesuch, der Gelegenheit, »als Offizier selbst auch mal wieder Kasernenluft zu schnuppern«.

Mord in Uniform ist nicht mehr Ahnenkult, sondern nationale Pflicht. Also erwähnt zum Beispiel die aus der Schweiz heraus gesponserte AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel am Donnerstag im Bundestag bei ihrem fast neunminütigen Auftritt zur Regierungserklärung des Kanzlers mit keiner Silbe Hochrüstung, Waffenlieferungen und Krieg an der Seite von Kiew und NATO-Staaten, in denen Faschismus nicht mehr verharmlost, sondern gerechtfertigt wird. Heizungsmurks und der »Absturz Deutschlands« reichten Weidel. Ihre Partei ist ältestes westdeutsches Establishment, nämlich das von Remilitarisierung, NATO-Eingliederung und totalitärem Antikommunismus. Von den Unionsparteien trennt sie nichts, die »Brandmauer« des Friedrich Merz behandelte die AfD-Frau zu Recht als Witz.

Obwohl sich im Bundestag bis auf wenige Linke-Ausnahmen keine Parteien mehr treffen, sondern nur noch Deutsche, mag angeblich keiner die AfD. Umfragen, in denen diese die SPD überflügelt hat, gelten daher als Nachricht. Im September 2018 war das schon mal so und störte das »Merkel-Regime« nicht. Bleiben die Wähler, die in Sonneberg an diesem Sonntag einen AfD-Mann zum ersten Mal zum Landrat machen können. Wer nach 30 Jahren Kriegs- und Krisenkapitalismus plus BRD-kolonialistischer Herrenvolkarroganz sein Kreuz bei Höckes Mann macht, folgt den bei Wahlen üblichen Wahnvorstellungen. Im Osten brachen sie sich in der Konterrevolution von 1990 Bahn, Hauptbestandteil: nationalistische Säuberung. Wer mit dem Kriegspfaffen Gauck Massenverfolgung echter oder vermeintlicher Kommunisten bejubelte, dessen Erstaunen über Höcke-Zuspruch heute ist bestenfalls Heuchelei. Die Dialektik von Konterrevolution und Krieg verändert die Parteien zur Kenntlichkeit.