Liebe Genoss:innen, liebe Freund:innen,
Nun möchte ich noch ein kurzes Statement zu meiner Haftentlassung für euch Verfassen. Denn ich denke es ist wichtig, dass wir dazu einen gemeinsamen Abschluss finden und neben dem Solikreis auch ich persönlich mich nochmal dazu verhalte und auf einige wichtige Punkte eingehe, die die letzten 2 Jahre mein Leben geprägt haben.
Danke! Von tiefstem Herzen!
Erst einmal möchte ich mich bei allen für die ganze Solidarität von tiefstem Herzen bedanken! Für die ganzen Briefe und Postkarten, bei allen, die mich über die 2 Jahre regelmäßig besucht haben und bei meinem Anwalt, der sich durchgehend in nicht selbstverständlicher Weise für mich eingesetzt hat. Durch eure ungebrochene und uneingeschränkte Solidarität während meiner Haftzeit habt ihr alle ausschlaggebend dazu beigetragen, dass ich die letzten 2 Jahre so gut überstanden habe und heute nach wie vor mit euch gemeinsam den politischen Kampf führe.
Es ist wunderschön wieder in der Freiheit zu sein und mit all meinen Freund:innen und Genoss:innen wieder zusammen sein zu können.
Es war für mich – und so ist es wahrscheinlich auch für alle anderen politischen Gefangenen –unheimlich wichtig und bedeutend, wenn man die Solidarität, von der man zwar weiß, dass sie einem sicher ist, auch praktisch zu spüren bekommt. In etwa durch einen intensiven Briefwechsel mit Genoss:innen und Freund:innen, durch die nächtlichen Besuche mit Feuerwerk vor den Mauern der Knäste und auch durch regelmäßige Besuche in der JVA.
Man kann als politischer Mensch die Haftzeit überstehen, ohne gebrochen zu werden!
Wir dürfen uns da keine Illusion machen: Das Knastsystem ist dazu da, die politische Haltung und die Bereitschaft für diese Haltung einzustehen zu brechen. Entsprechen versuchen sie eine Menge: Angefangen mit Besuchsverboten von bestimmten Genoss:innen, weil diese die Resozialisierung gefährden könnten, über Zensur und Beschlagnahme von Briefen und persönlichen Gegenständen bis hin zur Einzelhaft aka Absonderung. Aber: All dies kann man überstehen, wenn man sich auf die wichtigen Sachen konzentriert und fokussiert und bereit ist, auch ganz offen in die Konfrontation mit der JVA zu gehen.
Auch hierbei sind dann schnelle Handlungen und die Solidarität von außen wichtig und ausschlaggebend.
Zweifel und Fehler sind ok – politische Überzeugung trägt einen darüber hinweg!
Natürlich hatte auch ich Momente und Situationen, wo ich an mir und meinen Handlungen und Reaktionen auf die Schikanen gezweifelt habe – doch mir kam nie in den Sinn, mich von meinen politischen Überzeugungen oder von der Bewegung zu distanzieren. Unterm Strich ist meine Liebe zur Bewegung stärker denn je und ich habe das Gefühl in und durch die schwere Zeit mit meinen Genoss:innen näher zusammengewachsen zu sein. Denn: Ich war drin, aber zusammen haben wir der Repression getrotzt und zusammen sind wir standhaft geblieben.
Mir hat es geholfen, mir rote Linien zu setzen und mich immer zu fragen „Wo geht es gegen meine grundsätzlichen politischen Linien“? Denn es ist völlig ok, drinnen auch mal Fehler zu machen und dadurch einen Schritt zurück zu machen. Aber nach jedem Schritt zurück sollte man versuchen, wieder zwei Schritte nach vorne zu kommen.
Vorbereitung auf den Knast hilft, ersetzt aber nicht den Austausch zwischen drinnen und draußen!
Um Schritte voran zu kommen, ist eine Reflektion der eigenen Handlungen unausweichlich und es ist auch notwendig, diese nicht nur alleine, sondern so gut wie möglich mit den Genoss:innen draußen zu diskutieren. Der Austausch nach draußen ist also nicht nur um Solidarität zu spüren, sondern auch um sich mit seinen Gedanken und seinen Handlungen nicht die ganze Zeit im Kreis zu drehen, enorm wichtig!
Auch weil meine Erfahrung ist, dass man sich noch so gut durch Diskussionen, Lesestoff, usw. vorher auf den Knast vorbereiten kann, die wirkliche Auseinandersetzung mit dem Knast beginnt erst hinter den Mauern. (Was nicht heißen soll, dass nicht auch mir genau solche Diskussionen, Gesprächen und Lesestoff geholfen haben, zumindest eine ungefähre Vorstellung zu erhalten, was mich erwarten könnte!)
Ich bin wieder draußen – der politische Kampf geht weiter!
Nun noch zum Abschluss: Ich mache also weiter. Dieser Staat und sein Repressionsapparat mit all seinen Schikanen haben und werden mich nicht daran hindern, weiterhin politisch aktiv zu sein. Der politische Kampf geht weiter und ich werde mich wieder einreihen in den Reihen der Bewegung!
Natürlich muss ich neu herausfinden, wie und was jetzt meine Aufgaben in der Bewegung sein werden. Aber dies ist ok und sich teilweise neuen Aufgaben anzunehmen gehört zum persönlichen Lernprozess dazu.
Was bleibt ist die Erkenntnis: Wenn wir zusammenhalten und wenn wir es weiter schaffen, unseren Genoss:innen in Haft und den von anderweitiger Repression betroffenen Genoss:innen den notwendigen Halt und die nötige Kraft zu geben, dass sie nicht brechen, gar gestärkt herauskommen und weiter für die revolutionäre Sache kämpfen, dann lassen wir ihre derzeit mächtigsten Waffen im Klassenkampf von oben stumpf und blechern dastehen!
In diesem Sinne:
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Free Lina!
Free Jo!
Solidarische und kämpferische Grüße,
Euer Findus
P.S.: Namentlich möchte ich mich noch beim Genossen Thomas Meyer-Falk bedanken, für den durchgängigen Briefkontakt über die 2 Jahre und dass ich dich als Genossen kennen lernen durfte. Schön, dass auch du nun in Freiheit bist!!