Antifa unter Druck

Antifaschistisches Infoblatt mit Schwerpunkt zur staatlichen Verfolgung von Nazigegnern

Die aktuelle Ausgabe des Antifaschistischen Infoblattes trägt den Titel »Stürmische Zeiten – Antifa unter Druck«. Das seit 1987 ehrenamtlich tätige Kollektiv, das mittlerweile die 140. Ausgabe der wohl bekanntesten und umfangreichsten gedruckten Fachzeitschrift zur Entwicklung der Rechten, zu Faschismus und antifaschistischen Perspektiven in der BRD herausgegeben hat, widmet sich in der aktuellen Nummer dem steigenden Repressionsdruck gegen antifaschistische Gruppen in Deutschland. Konkret geht es vor allem um das sogenannte Antifa-Ost-Verfahren, in dessen Zuge im Juni nach 97 Prozesstagen vor dem Oberlandesgericht Dresden vier Antifaschistinnen und Antifaschisten zu Haftstrafen zwischen fünf Jahren und drei Monaten und zweieinhalb Jahren verurteilt worden waren. Das Urteil ist aufgrund beidseitiger Revisionsanträge noch nicht rechtskräftig.

Für Eskalation gerüstet: Polizeieinsatz bei einer Demonstration gegen Gewalt durch Einsatzkräfte in Leipzig (1.7.2023)

Dabei beschreibt die Redaktion im Heftschwerpunkt »Keine Angst vor politischen Diskussionen« die Schwierigkeit, »im Zuge noch immer laufender Ermittlungen und Gerichtsverfahren eine Art Zwischenstand im ›Antifa-Ost-Verfahren‹ veröffentlichen zu wollen.« Doch obwohl ein Ende der Verfahren und Ermittlungen noch nicht abzusehen sei, seien Diskussionen und Analysen nach mehreren Jahren Prozess dringend notwendig, auch wenn es unter den Vorzeichen enormer Repression nie einen guten Zeitpunkt gäbe, heißt es im Artikel.

Es sei an der Zeit, so meinen die Autoren, jenseits der konkreten »Manöverkritik« wichtige politische Themen wie den Repressionsdruck durch den Paragrafen 129 (Bildung krimineller Vereinigungen), Sexismus und Verrat in der antifaschistischen Bewegung öffentlich zu diskutieren. Auch rechtes Framing in der Berichterstattung sowie Prozessstrategien müssten thematisiert werden. Das Redaktionskollektiv beschleicht dabei das Gefühl, dass einige Aktivisten sich durch die militante Praxis gegen Neonazis, angesichts von »unschönen Fotos verletzter Neonazis« und mehreren Antifaschisten auf der Flucht, in ihrer politischen Komfortzone gestört fühlen könnten. Die implizite Forderung an die Leserschaft: »Debattiert und reflektiert die Geschehnisse rund um das ›Antifa Ost‹-Verfahren und sendet uns entsprechende Beiträge.«

Eine Chronologie des »Musterprozesses« bis zum ersten Urteil liefert das Solidaritätsbündnis »Antifa Ost« und weist dabei daraufhin, dass die Staatsschutzeinheit namens Soko Linx ihre Arbeit fortsetzt, unter anderem gegen Antifas, die nach Protesten gegen den faschistischen »Tag der Ehre« in Budapest verhaftet worden waren. Die Solidaritätsorganisation Rote Hilfe e. V. hebt in ihrer Einschätzung des Verfahrens unter anderem die vorbildliche Aussageverweigerung von Lina E. und den weiteren Angeklagten hervor.

Die Prozessanwälte Einar Aufurth und Lukas Theune befassen sich im ersten Abschnitt ihres zweiteiligen Beitrages mit der Ausweitung des Paragrafen 129 und betonen, dass es sich dabei um einen Testballon der Generalbundesanwaltschaft handele. Eine zuverlässige Aussage darüber, welche Anforderungen Gerichte künftig für Mitgliedschaft oder Unterstützung einer »kriminellen Vereinigung« stellen werden, werde erst möglich, wenn die schriftlichen Urteilsgründe vorlägen.

Andere Themen der Ausgabe sind der sogenannte Neukölln-Komplex zu einer neonazistischen Anschlagsserie in Berlin-Neukölln ab 2009 und das Verbot des Neonazivereins Hammerskins im September durch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sowie der Prozess um die Neonazigruppe »Knockout 51«.


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