Naziaufmarsch in Paris

Am Samstag den 11. Mai sind in Paris etwa 800 Nazis aufmarschiert.  Ein antifaschistisches Bündnis mobilisierte zur Gegenveranstaltung.

Mobilisiert hatte für die Nazis das „Comité du 9-Mai” (C9M)1zu deutsch „Komitee 9. Mai“ , zur Erinnerung an Sébastien Deyzieu, Nazi-Karder vom “L’Œuvre française”2zu deutsch “französische Schöpfung”. Deyzieu war am 7. Mai 1994 im Rahmen einer Demo auf der Flucht vor der Polizei tödlich verletzt worden, als er von einem Hochhaus stürzte und erlag der Verletzung am 9. Mai. Die Demonstration damals galt dem 50. Jubiläum der Landung der Alliierten in der Normandie, welche die Glorifizierer:innen der französischen Nazi-Kollaborateure als „Akt des amerikanischen Imperialismus“ verurteilten.

Das „Comité du 9-Mai” ist ein Bündnis aus der „Groupe Union Défence“ (GUD)3faschistische Gruppe die seit den 70er Jahren mal mehr mal weniger existiert, mit jeder Generation ist aber die Gewaltaffinität und der Fokus auf Universitäten geblieben, dem „Front national de la jeunesse“ (FNJ) 4heute „Rassemblement national de la jeunesse“ (RNJ), Jugend der extrem rechten Partei „Rassemblement National“ (RN), einst „Front National“ (FN) und den „Jeunesses nationalistes révolutionnaires”(JNR)5zu deutsch „nationalrevolutionäre Jugenden“.

Insgesamt kann das Bündnis innerhalb der extremen Rechten dem Lager der „Nationalrevolutionäre“ beziehungsweise des „Dritter Weg Faschismus“ zugeordnet werden.6vergleiche die deutsche Partei „Dritter Weg“ und den „Strasserismus“

Die Gedenkdemonstrationen finden seit dem Tod von Deyzieu jährlich statt. Dieses Jahr hatte die Polizei von Paris versucht den Aufmarsch zu verbieten, aber das Verwaltungsgericht hat das Verbot noch am Tag der Demonstration gekippt.

„La Horde“7französisches antifaschistisches Infoportal hatte schon vor dem 11. Mai gewarnt, dass die Mobilisierung angesichts des 30. Jubiläums trotz Verbot dieses Jahr besonders groß ausfallen könnten und den Aufruf zum Gegenprotest der „Antifa Paris-Banlieue” geteilt. Die “Horde” skizziert die 30 jährige Geschichte dieser Naziaufmärsche; bis 2010 waren sie konstant mit Protest konfrontiert.

Zwischenzeitig kann “L’Œuvre française” mehrere Jahre, anstatt eine eigene Demo zu organisieren, nur einen „Block zum Gedenken an Sebastien“ auf den Demos anderer Faschist:innen in Paris im entsprechenden Zeitraum stellen. Ab 2012 – einschließlich des 20ten Todestages 2014 – zersplittert das Bündnis weiter und die Aufmärsche werden immer kläglicher.

2023 sind plötzlich wieder 300 Faschist:innen in Gedenken an Deyzieu in Paris auf der Straße. Für 2024 kündigen sich noch einige weitere faschistische Gruppen an, darunter die erst 2022 reaktivierte „Groupe Union Défence“.

Wie wir jetzt wissen, war die Einschätzung einer besonders großen Nazi-Demo dieses Jahr korrekt.

Angesichts der unsicheren Verbotssituation der Nazi-Demo hatte das Bündnis aus antifaschistischen Gruppen, Initiativen und Gewerkschaften dieses Jahr nicht zum klassischen Gegenprotest aufgerufen, sondern dazu ein „antifaschistisches Dorf“ auf dem Place du Panthéon organisiert, mit Infoständen und Workshops rund um das Thema Antifaschismus.

Bildergallerie: Jeune Garde Paris

Über Protest in unmittelbarer Nähe der Nazis konnten wir bis auf Berichte von „schimpfenden Passant:innen“8“800 Anhänger der Ultrarechte laufen unter den Augen von «fassungslosen» Parisern“9“… ohne Zusammenstöße aber mit vielen Spannungen mit Passanten“ keine Informationen finden.

Rufe wie

Scheiß Rassisten! Schämt ihr euch nicht? Ihr beschmutzt Frankreich!

zeugen aber von einer der antifaschistischen Grundhaltung und Zivilcourage einiger Pariser:innen.

Faschisten drängen unliebsame Passant:innen und Journalist:innen mit Regenschirmen ab. (Willy Moreau, Radio France)

Wenn ihr mehr über Frankreichs extreme Rechte erfahren wollt, möchten wir euch gerne die zweiteilige Doku „Generation Hate“10Generation Hate Teil 111Generation Hate Teil 2 von Al Jazeera aus dem Jahr 2019 ans Herz legen. Wie auch in Deutschland verschwimmen in Frankreich die Grenzen zwischen der neuen Rechten in den Parlamenten in Form des neu vermarkteten „Front National“ (heute „Rassemblement National“), offen auftretenden Faschist:innen wie der „Groupe Union Défence“ und den Faschos in freundlichem Anstrich der Identitären Bewegung; dort „Génération Identitäre“ (GI).