Analyse zur Repression gegen Hanna

Freiheit für alle Antifas

Die aktuelle Kriminalisierung von Antifaschist*innen in Deutschland ist die Folge einer reaktionären Wende in diesem Land. Einer reaktionären Wende, in der die bürgerlichen Parteien zugunsten der Banken und Konzerne den gesellschaftlich erwirtschafteten Reichtum umverteilen und Krieg wieder führbar machen wollen – alles auf dem Rücken der Mehrheit.
Die Folge: eine faschistische Partei wie die AfD fängt zunehmend die Unzufriedenheit mit diesen Zuständen auf und zieht mit zweistelligen Prozentzahlen in die Parlament ein. Diese reaktionäre Wende spült neue Faschist*innen in Institutionen und Behörden, in Polizei und Justiz und ermutigt Nazi-Banden, faschistische Terrorstrukturen und Putschisten. Angesichts dieser Zustände fühlen sich auch Neo-Nazis heute wieder gebraucht und verspüren Rückenwind.

Antifaschist *innen dagegen geraten aufgrund ihrer Aktivitäten und ihrem zurecht nicht vorhandenem Vertrauen in den Staat ins Fadenkreuz der Repressionsbehörden. Grund ist auch die offene Kritik vieler Antifaschist*innen an der bestehenden Ordnung des Kapitalismus.
Die kapitalistische Ordnung und ihre Vertreter*innen haben in der Vergangenheit den Faschismus und die Nazis an die Macht gebracht und im Kapitalismus besteht auch heute noch die Gefahr einer neuen faschistischen Herrschaft. Durch diese fundamentale Kritik an Staat und Kapital stören Antifaschist*innen den Staat und die herrschende Klasse.

Die Festnahme der Gostenhoferin Hanna, die auf Wunsch der rechtsautoritären Orban-Regierung erfolgte, reiht sich in eine ganze Reihe von Maßnahmen der Kriminalisierung von Antifaschist *innen in Deutschland ein. Schon seit Jahren versuchen bürgerliche Politiker*innen die sogenannte Hufeisentheorie rechter Ideolog*innen hoffähig zu machen, obwohl diese wissenschaftlich nicht haltbar ist.
Ziel dieser Theorie ist es, Linke und Antifaschist *innen mit Nazis gleichzusetzen und dadurch zu diskreditieren. Die Folge dieser haltlosen Gleichsetzung ist, dass Nazis, andere Faschist*innen und Erzkonservative verharmlost werden und dadurch mehr Bewegungsspielraum bekommen. Außerdem bedeutet diese Gleichsetzung eine Schwächung ihrer antifaschistischen Gegner*innen, denn die Gleichsetzung bietet auch eine Grundlage für die Bekämpfung von Antifaschismus.

Der aktuellen Kriminalisierung des Antifaschismus gingen dann Berichte über angeblich ständig wachsende antifaschistische Gewalt voraus. Außerdem gab es den Versuch, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten die Gemeinnützigkeit zu entziehen. Zuletzt wurde auch der Vorwurf des Antisemitismus immer wieder gegen Linke und Antifaschist*innen hervorgebracht und damit die stetige Gleichsetzung von Linken und Antifaschist*innen mit Nazis, mit faschistischen Mörder*innen und Verbrechen der Vergangenheit und Gegenwart. Irgendwann war es dann soweit und eine neue härtere Gangart wurde von Polizei und Justiz eingeschlagen. Infolgedessen wurden mehrere kriminelle antifaschistische Vereinigungen konstruiert. Flankiert wurden diese Verfahren mit einer Berichterstattung, die zuschlagende Antifaschist innen in aus dem Zusammenhang gerissenen kurzen Szenen zeigen.

Was diesen Auseinandersetzungen vorausging, in welche Vorgänge sie eingebettet waren, was außen herum passierte und welche faschistischen, rassistischen und antisemitischen Provokationen und Übergriffe eigentlich der Anlass oder Auslöser für diese Auseinandersetzungen waren, all das wurde in der Regel ausgeblendet. Das gleiche gilt für die staatliche Untätigkeit angesichts der faschistischen Übergriffe und Gewalttaten, des offen propagierten Antisemitismus dieser Nazibanden und das gilt mitnichten nur für den rechtsautoritären ungarischen Staat, sondern auch für bürgerliche Demokratien wie die BRD.

Lokal können wir das Verfahren gegen Hanna darüber hinaus in eine ganze Reihe von gezielter Verleumdung, Einschüchterung und Kriminalisierung der antifaschistischen und linken Bewegung Nürnbergs einsortieren:

  • So wird dem Nürnberger Bündnis Nazistopp anlässlich seiner Kundgebung mit 20.000 Teilnehmenden Anfang des Jahres von der bürgerlichen Zeitung Nürnberger Nachrichten (NN) vorgeworfen, dass sie keine Redner*innen bürgerlicher Parteien auftreten ließen. Es sollte weder Wahlkampf mit dem Anliegen Tausender gemacht werden, noch den Parteien eine Gelegenheit gegeben werden, sich von jeder Verantwortung für die reaktionäre Entwicklung in diesem Land freizusprechen. Im Zuge der kleinen Kampagne sprach das Lokalblatt NN den durchaus politisch gemäßigt linken Veranstalter*innen vom Bündnis Nazistopp auch gleich die Kompetenz ab, solche Kundgebungen zu organisieren. Ein Versuch, Teilnehmer*innen zu verunsichern und zu spalten.
  • So werden in einem weiteren Verfahren mehrere junge Nürnberger*innen kriminalisiert und zu einer kriminellen Vereinigung erklärt, gegen die wegen einiger antifaschistischer Graffiti ermittelt wird
    (dazu gibt es einen eigenen Artikel in der Zeitung).
  • So wird der Artikel der Nürnberger Nachrichten zu einer geplanten Solidaritätskundgebung für Hanna, zu der neben zahlreichen Antifagruppen und linken Organisationen auch Gruppierungen wie die Falken, die Naturfreundejugend, Kommiliton*innen, und Arbeitskolleg*innen von Hanna aufgerufen hatten und auftraten, unter dem Titel „Linksextreme Demonstration vor U-Haft geplant“ veröffentlicht. Was hier durch die Hintertür betrieben wird, ist eine Verleumdung und öffentliche Vorverurteilung der kriminalisierten Antifaschistin.
  • darüber hinaus wurde den 3600 Teilnehmenden der revolutionären 1. Mai Demonstration 2024 in einem Artikel der Nürnberger Nachrichten vorgeworfen, ihre Solidarität mit den Opfern des Kriegs in Palästina hätte auch Julius Streicher gefallen. Und Parolen auf der 1. Mai Demonstration würden an das erinnern, was einst SS und SA in Nürnberg kundgetan haben. Das ist ein starkes Stück angesichts tausender rassistischer und antisemitischer Übergriffe von Nazis in diesem Land und einer faschistischen AfD in den Parlamenten. Denn damit wird eine lokale linke Demonstration, die sich seit Jahren für eine Welt jenseits der kapitalistischen Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg einsetzt, mit den faschistischen und antisemitischen Massenmördern von SS und SA gleichgesetzt.

Worauf zielt das alles ab?
Das könnte sich nun der eine oder die andere fragen. Wir sind überzeugt, es geht lokal darum, die antifaschistische Bewegung, wie die radikale Linke, in dieser Stadt gezielt einzuschüchtern und zu spalten. Im Unterschied zu vielen anderen Städten konnte hier seit Jahren eine Spaltung und Atomisierung der antifaschistischen und radikalen Linken sowie der revolutionären Bewegung nicht erreicht werden.
Hier ist die außerparlamentarische Linke ein gesellschaftlich wahrnehmbarer Faktor geblieben. Und genau hier soll jetzt verstärkt durchgegriffen, kriminalisiert, eingeschüchtert und gespalten werden, bevor die ganze Bewegung weiter wächst.
Wir sollen vereinzelt, aufgespalten, in der gesellschaftlichen Bedeutungslosigkeit und in den Gefängnissen verschwinden.

Lest die gesamte Zeitung der OA, abholbar im Stadtteilladen Schwarze Katze