Das Ende von Pegida

Nach zehn Jahren verkündet Gründer Lutz Bachmann das Ende der islamophoben Organisation

Zehn Jahre nach ihrer Gründung in Dresden will die rassistische Organisation »Pegida« nicht mehr auf die Straße gehen. Am kommenden Sonntag werde man noch mal auf dem Neumarkt in der Elbmetropole demonstrieren, verkündete der Gründer der Organisation, Lutz Bachmann, am Sonnabend in einem Video auf seinem Telegram-Kanal. Das werde »in dieser Form, in dieser Art und Weise, die letzte ›Pegida‹ in Dresden« sein. Statt dessen wolle man mit anderen Formaten zeitnah an die Öffentlichkeit gehen. Der wegen diverser Straftaten wie Diebstahl, Drogenhandel und Volksverhetzung rechtskräftig verurteilte Bachmann nannte »gesundheitliche und finanzielle Gründe« für die Entscheidung.

Allerdings dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass »Pegida« – ein Akronym für »Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes« – zuletzt zunehmend in der Bedeutungslosigkeit versank und über Dresden hinaus kaum noch öffentlich wahrgenommen wurde. Waren in den Anfangsjahren einige tausend Teilnehmer, meist montags, zu den Demons­trationen aufmarschiert, kamen zuletzt in der Regel nur noch wenige hundert.

Zum Niedergang der Bewegung hat gewiss beigetragen, dass die AfD immer weiter nach rechts gerückt ist und das Thema Migration prominent bespielt. Dadurch wurde »Pegida« ein Stück weit verdrängt. Umgekehrt hat die Bewegung Hetze gegen Ausländer und Muslime in den öffentlichen Diskurs getragen und so der AfD den Weg mitbereitet. Zu einer Abkehr von Unterstützern führten zudem auch interne Streitigkeiten und diverse Skandale um Bachmann. Dessen Strafregister zählt laut Sächsischer Zeitung 22 Einträge, darunter Einbruchsdiebstahl und Drogenhandel. Zuletzt wurde er demnach im September wegen Beihilfe zur Volksverhetzung zu 17 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Hetze gegen Geflüchtete war von Anfang an Zweck der Aufmärsche. Die Redner wetterten gegen Asylsuchende, Muslime und andere Minderheiten, auch gegen »Systemparteien« und die »Lügenpresse«. Dabei wurden politische Gegner als »Schmarotzer und Parasiten« bezeichnet. Bachmann selbst phantasierte bei einem Auftritt im Jahr 2019 von einem Graben, in den Gewerkschafter und Umweltschützer hineingeworfen gehörten, die er bei dieser Gelegenheit als »Volksschädlinge« und »miese Maden« bezeichnete. Der neurechte Autor Akif Pirinçci sprach 2015 von einer »Pegida«-Bühne herab von einer drohenden »Moslemmüllhalde« in Deutschland. 2015 und 2016 kamen mit jeweils rund 1,3 Millionen Asylsuchenden deutlich mehr Geflüchtete in die EU als in den Jahren zuvor.

Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz stufte die Organisation 2021 als »erwiesen extremistische Bestrebung« ein. Es lägen hinreichend gesicherte Erkenntnisse darüber vor, dass sich »Pegida« im Laufe der Jahre zu einer »verfassungsfeindlichen Bewegung« entwickelt habe. Während »Pegida« in den Anfangsjahren eine Gruppierung gewesen sei, »die ein heterogenes Publikum anzog und eher gemäßigte Forderungen und Positionen vertrat«, habe sie in den Folgejahren »in zunehmendem Maße qualitativ und quantitativ radikale und zuletzt extremistische Grundüberzeugungen« übernommen, hieß es zur Begründung. In den Redebeiträgen fänden sich regelmäßig »minderheitenfeindliche, islamfeindliche und antisemitische Äußerungen«.

Wenn »Pegida« am Sonntag zum letzten Mal aufmarschiert, ist auch das Bündnis »Herz statt Hetze« zur Stelle, das bereits seit 2015 die Gegenproteste organisiert. »Die Luft ist raus«, heißt es auf der Homepage des Bündnisses: »Die menschenverachtende ›Pegida‹ wirft nach zehn Jahren das Handtuch.« Mit Blick auf die geplante Demonstration heißt es: »Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass auch dieses letzte Event ein Desaster wird.« – Und weiter: »Menschenverachtung und Hass sollen auf dem Neumarkt keine ­Chance bekommen.«


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