Höckes Marionette

Der Schreck über den AfD-Landrat lenkt vom eigenen Nichtstun ab

Direkt nach dem Erfolg der AfD bei den Landratswahlen im Kreis Sonneberg twitterte die JU Sonneberg: »Wir gratulieren Robert Sesselmann zum Gewinn der Stichwahl um den Landratsposten. Jetzt gilt es Ideologie und Wahlkampfrhetorik beiseitezulegen und in sachorientierte Politik für unseren Landkreis einzusteigen.« Noch am selben Tag wurde dieser Tweet gelöscht und ersetzt durch »Eine Zusammenarbeit mit der AfD wäre ein Verrat des christlichen Markenkerns unserer Union.«

Was denn nun? Wessen Ideologie soll beiseite gelegt werden, die der CDU oder die der AfD? Man weiß es nicht und genau das ist das Bild, das die Union insgesamt abgibt. Ihre Vertreter können der Zusammenarbeit mit den Faschist*innen nicht abschwören, ohne im nächsten Halbsatz eben diese einzuleiten.

Ungezählte Medienberichte und -kommentare laborierten an der Sonneberg-Wahl, als wäre deren Ergebnis plötzlich vom Himmel gefallen. Ist es nicht. Die Installierung einer Höcke-Marionette ist das Ergebnis einer systematischen Kampagne. Möglich machte dies die – längst wissenschaftlich untersuchte – Dominanz extrem rechter Ideologien in Thüringen, insbesondere im ländlichen Raum.

Nach kurzer Zeit wurde selbstbeschwichtigt, dass ein Landrat doch gar nicht viel zu sagen habe. Das kann nur behaupten, wer keine Ahnung vom Landleben hat. Landräte sind kleine Könige. Sie sind Leitfiguren eines Kreises und üben unter anderem durch Aufsicht über Verwaltungen, aber auch durch soziale Kontrolle von Vereinen und allen möglichen Einrichtungen über viele Jahre immensen Einfluss aus, oft genug bis zur Verrentung.

Keiner Rede wert sind den Medien auch diejenigen, die Sonneberg oder Thüringen jetzt schon verlassen, weil sie es nicht mehr ertragen oder weil es ihnen zu gefährlich wird. Noch etwas zur Erinnerung: Es war 1930 in Thüringen, dass die NSDAP erstmalig in eine Landesregierung eintreten konnte. Hitler bezeichnete es als wichtiges Experimentierfeld.

Wer ruft hier (außer uns) eigentlich noch Stopp?

Ende Juni erreichte ein AfD-Kandidat bei der Stichwahl um das Landratsamt im südthüringischen Kreis Sonneberg rund 52,8 Prozent der Stimmen. Der bisherige CDU-Landrat kam nur auf 47,2 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 67,5 Prozent.
Auch bei den Bürgermeisterwahlen im sachsen-anhaltinischen Raguhn-Jeßnitz ging der AfD-Kandidat Hannes Loth am 2. Juli als Sieger hervor. Er erhielt 51,13 Prozent der Stimmen und ist damit der erste hauptamtliche AfD-Bürgermeister in der Bundesrepublik.

Die AfD wird Ende Juli und Anfang August ihren Bundesparteitag zur Europawahl 2024 in Magdeburg abhalten. Proteste sind angekündigt. Siehe solidarisches-magdeburg.org


antifa-Ausgabe Juli/August 2023

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