Im Folgenden wollen wir einen Brief von Findus vom 6. April 2022 teilen, in dem er von den aktuellen Schikanen mit Corona-Maßnahmen im Knast berichtet. Er sitzt für seine politischen Aktivität im Knast und setzt sich auch dort für ein solidarisches Miteinander unter den Häftlingen und für deren Rechte ein. Weil er aus seiner politischen Haltung keinen Hehl macht bekommt er immer wieder persönliche Konsequenzen zu spüren. Mit dieser Veröffentlichung machen wir nicht nur die schikanösen Machenschaften in der JVA Heimsheim öffentlich und bauen dadurch Druck auf, sondern stärken den politischen Gefangenen, insbesondere Findus den Rücken. Auch ihr könnt einen Teil dazu beitragen: Schreibt den Gefangenen, schreibt Findus. Alle Infos findet ihr auf dem Soli-Blog unter zusammenstehen.org
Seit nun geschlagenen fünf Tagen befinden wir Häftlinge der JVA Heimsheim uns in Komplettisolation. Dies sind desaströse und belastende Zustände für uns Gefangene, vor allem mit dem Blick darauf, dass nur die Wachteln Corona hinter die Mauern bringen können. Im Konkreten heißt das für uns, dass wir uns seit fünf Tagen 24 Stunden auf der Zelle befinden, ohne dass wir duschen, telefonieren oder in die Freizeit gehen dürfen. Die JVA benutzt veraltete Corona-Maßnahmen/Beschlüsse, um uns weiter schikanieren zu können. Selbst, wenn unser PCR-Test negativ ausgefallen ist und wir die vollständige Impfung haben, wird uns alles Mögliche, was uns zusteht verwehrt – nicht einmal unseren Verteidiger dürfen wir anrufen. Dies wird weiterhin als Vorwand genutzt, um uns auf Zelle zu sperren und uns zu brechen. Während draußen vor den Mauern bundesweit eine Lockerung die andere Lockerung jagt, beruft man sich hier drinnen in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt auf die veralteten Coronabeschränkungen – wie, wenn wir hier drinnen in einem Paralleluniversum leben und die aktuellen Bestimmungen nicht für hinter den Mauern gelten würden.
Nun sollte man natürlich auch noch einen Blick auf die psychische Belastung für Häftlinge schauen. Man muss halt ganz klar sagen, dass eine längere Isolation auf dem Haftraum, ohne große soziale Interaktionen und ohne Kontakt nach draußen, auch schon nach wenigen Tagen auf das eigene Gemüt schlägt und dabei ist es wirklich egal, wie lange man schon hinter schwedischen Gardinen sitzt. Einerseits fällt einem halt irgendwann alles auf den Kopf und man weiß nicht mehr, wohin mit seinem Kopf und seinen Gedanken und anderseits muss man halt auch noch mit Rückschlägen kämpfen, weil es Freund:innen oder der Familie nicht so gut geht oder es gesundheitliche Vorfälle gibt. Ohne jeglichen Ausgleich und sozialen Interaktionen können und werden Häftlinge dadurch in eine emotionale Krise verfallen, aus der man nicht mehr so leicht herauskommt und eine gewisse Zeit damit zu kämpfen haben wird.
Weshalb es für uns unheimlich wichtig ist, auch in der Isolation durch Coronafälle zumindest die Möglichkeit zu bekommen, mit unseren Angehörigen interagieren zu können und unsere Gedanken und unseren Frust bei ihnen äußern zu können, um unsere emotionalen Lasten fallen lassen können. Doch dies wird uns ganz bewusst verwehrt. Nach jeglichen Versuchen einen Kompromiss mit der Anstaltsleitung zu finden, welche überwiegend in Home-Office sitzt, in ihrer sicheren Umgebung und für uns nicht greifbar ist, werden jegliche Kompromisse einfach abgelehnt, ohne jegliche menschliche Bedenken daran. Egal, mit welchen Vorschlägen wir auf sie zugehen, werden diese konsequent abgelehnt. Nicht mal der kleinste Nenner -ob man duschen oder telefonieren kann- wird akzeptiert. Erst nach geschlagenen 4 Tagen kam die Psychologin auf uns Gefangene zu und hat sich erkundet wie es uns geht und ob sie für uns Angehörige anrufen kann.
Dies sind unmenschliche und desaströse Zustände in Haft, welche gegen jeglichen menschlichen Verstand und Vernunft verstoßen und uns dazu zwingen mit anderen Mitteln vorzugehen und zur Not auch mit körperlicher Gewalt das zu erkämpfen.
Solidarische & kämpferische Grüße aus der Isolation!Euer Findus