Kommunalwahl 2026: Naziburschen der pB! Normannia Winterberg bringen sich in Stellung
Reaktivierung der pB! Normannia Winterberg zu Passau im September 2007
Der Zweck der Schülerverbindung Normannia Winterberg war, nach eigenem Verständnis, schon immer die aktive Unterstützung der Volkstumsarbeit. Weiterhin die Befähigung und Förderung der Bundesbrüder zur gesellschaftlichen bzw. politischen Betätigung und Formung der Gesellschaft nach den Werten der Verbindung. Die Ausrichtung der Schülerschaft war daher schon immer nicht nur klar politisch und ideologisch geleitet, sondern auch mit dem Auftrag verbunden, geeignet erscheinende deutsche Jungs und Männer zu sammeln, charakterlich zu erziehen, inhaltlich zu bilden und in entsprechende Ämter und Positionen zu verhelfen. Diesem Vorhaben verschrieb sich die pB! Normannia Winterberg nicht nur auf ihrer Website, sondern bereits im Reaktivierungsprotokoll im Jahr 2007.
Bei jenem (Wiederbe-)Gründungstreffen der Normannia Winterberg am 29. September 2007 in Passau waren lediglich zwei Personen anwesend: Günther Resch (als Bundesbruder Bismarck) und Stephan Mühlberger (als Bundesbruder Lützow). Damit legten zwei damals aktive NPD Funktionäre mit der Reaktivierung den Grundstein für ein überparteiliches Sammelbecken für Neonazis und Aktivisten verschiedener extrem rechter Strömungen und Organisationen.

Im Protokoll der Gründungsversammlung bzw. des Generalconvents sind unter anderem folgende Beschlüsse festgehalten:
Es wurde beschlossen, an weiterführenden Passauer Schulen Kontakte herzustellen und dort aktiv um Schüler als Mitglieder der Verbindung zu werben. An der privaten Wirtschaftsschule Pindl sei dies schon geschehen, auch Visitenkarten bzw. Werbekarten sollten an Schüler verteilt werden. Zukünftig sollte ein Kneipenbetrieb durch die Normannia Winterberg aufrecht erhalten werden. Regelmäßige Termine wie die Julkneipe, Ostarakneipe und Stiftungsfestkneipe sollten durch allgemeine Kneipen zur Anwerbung von Interessenten für die Aktivitas (Fuxen) wie auch den Altherrenverband abgehalten werden. Gleich der pennalen Burschenschaft Saxonia Czernowitz in München wollte man eine schlagende Verbindung werden, dazu sollte mit der pB! Scardonia in Schärding Kontakt aufgebaut werden, da nur dort die Möglichkeit bestand, die Fechtausbildung zu absolvieren. Als vorläufiger, kommissarischer Vorstand fungierte Stephan Mühlberger (alias Lützow). Er übernahm weiterhin die Kassenführung. Festzustellen ist laut Protokoll damals außerdem, dass bereits mit Interessenten verhandelt werde. Bis zur nächsten Osterkneipe wolle man aufnahmewürdige Personen finden und dann die Aktivitäten des Bundes steigern.

Rund ein Jahr später, bei der Julkneipe der Normannia Winterberg zu Passau im Dezember 2008 hatte sich der Mitgliederbestand der Verbindung noch nicht wesentlich erweitert. Die Suche nach „aufnahmewürdigen“, das heißt im Sinne der Werte der Normannia Winterberg charakterlich geeignete und politisch im richtigen Lager verortete Personen, war offenbar schleppend angelaufen. Lediglich drei Personen schafften es zur Mitgliederversammlung des Bundes: Günther Resch (als Bundesbruder Bismarck), Stephan Mühlberger (als Bundesbruder Lützow) und Andreas Resch, Sohn von Günther Resch und ebenfalls NPD-aktiv, als Bundesbruder Franz-Josef. Der zwei Monate zuvor neu aufgenommene Anwärter (Fux), Fabian Hittmann (alias Tassilo III), war nicht anwesend.
Der Abiturienten- und Absolventenverband (AAV) Normannia zu Winterberg wird in „völkisch wehrhafte Pennale Burschenschaft Normannia Winterberg“ umbenannt
Möglicherweise auch, um die inhaltlich-politische Ausrichtung des Bundes nach außen hin klarer zu machen und attraktiver für Männer des entsprechenden rechten Milieus zu sein, beschloss die Mitgliedsversammlung in jenem Dezember einstimmig, die „AAV Normannia Winterberg“ (Abiturienten- und Absolventenverband Normannia zu Winterberg) in „völkisch wehrhafte Pennale Burschenschaft Normannia Winterberg“ umzubenennen. Der Zusatz „völkisch wehrhaft“ sollte dabei nicht offiziell, lediglich auf Briefbögen und internen Dokumenten der p.B! Normannia Winterberg verwendet werden.

Zudem beschlossen die Normannen einstimmig den Bewerber Ulrich Pätzold (damals noch Deutsche Partei) als „Alten Herrn“ mit dem Kneipnamen Ulrich von Hutten aufzunehmen. Zuletzt wurde eine, für Burschenschaften eher unübliche, Entscheidung ebenfalls einstimmig getroffen: Zukünftig sollte auch ein „Damenband“ gestiftet werden können. Sinn des Damenbandes sollte sein, die Frauen an den Bund heranzuführen und damit an den Bund zu binden. Es soll an Frauen verliehen werden, die mindestens drei Mal an Festkneipen anwesend waren und sich mit dem Bund identifizieren. Ein Mitspracherecht bei den Generalkonventen (der Mitgliederversammlung) sollte damit nicht verbunden sein. In der Praxis erhielten seitdem vor allem die Ehefrauen und Partnerinnen der Mitglieder diese Damenbänder verliehen, was sie in die Position der „Couleurdamen“ hob.
Der neu hinzugekommene Ulrich Pätzold erwies sich für die Normannia Winterberg offenbar als charakterlich geeignet und fleißiger, gut aufgestellter, Netzwerker. Pätzold, der lange Jahre in der inzwischen verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) mitwirkte, war um 2007 noch Vorsitzender der Deutschen Partei gewesen. Zu den Kommunalwahlen 2008 – also einige Monate vor seiner Aufnahme in der Normannia Winterberg – schlossen sich in München diverse Akteure der extremen Rechten zusammen. Ziel war es die bestehenden Kräfte von neonazistischen gewalttätigen Kameradschaften bis hin zu sich gemäßigter gebenden Vertreter:innen der extremen Rechten unter dem 2006 gegründeten Verein PRO München zu bündeln. Darunter befanden sich auch der stellvertretende bayerische NPD-Landesvorsitzende Roland Wuttke und Ulrich Pätzold. Der Normanne Ulrich Pätzold verließ schließlich die Deutsche Partei und trat 2009 in die NPD ein, wo er später in den Bundesvorstand der Partei gewählt wurde. Auch Funktionär:innen der Partei Die Republikaner sollen sich in das PRO München-Projekt eingebracht haben. Dazu gehört haben könnte Oskar Atzinger, damals Passauer Zahnarzt und Republikaner-Funktionär. Dieser wurde zur Kommunalwahl 2008 von den Republikanern wegen Wahlabsprachen mit der NPD ausgeschlossen und vertrat fortan PRO Bayern im Passauer Kreistag. Um 2011 bekleidete er eine Vorstandsposition im bayernweiten Zusammenschluss der extrem rechten PRO-Initiativen, PRO Bayern. Im Jahr 2010 war Oskar Atzinger der Passauer Schülerschaft Normannia Winterberg beigetreten.
In den Folgejahren nach der Aufnahme des extrem rechten Netzwerkers Ulrich Pätzold (als Ulrich von Hutten) in die Normannia, konnten auch Harald Schröter als Arminius (2009), Kurt Haimerl als Fritz (2009), der benannte Oskar Atzinger als Wallenstein (2010) sowie Thomas Dick als Frundsberg (2011), begrüßt werden. Es folgten außerdem Christian Rössner und Thomas Girzick in die elitäre Gemeinschaft der pB! Normannia Winterberg. Während Pätzold und Schröter sich in der NPD engagierten, gehörten Haimerl und Atzinger den Republikanern an (später beide Pro Passau, dann und bis heute AfD). Christian Rössner hingegen ist in der österreichischen FPÖ und dem „Team Strache“ aktiv, Thomas Girzick engagierte sich für die Europäische Aktion in Österreich. Fux Fabian Hittmann ist heute nicht mehr Teil der Normannia Winterberg. Anfang der 2000er Jahre trat er noch als Teil der Gruppe „Nationalsozialistische Aktion Passau“ und später in der Nazi-Porn-Grind-Band „Ulcus Ventriculi“ mit dem III. Weg-Aktivisten Markus Binder (Passau) auf.
Die Burschenschaft als rechtsextremes Sammelbecken ohne Parteienbindung
Die Personalie Pätzold und dessen hervorragende Verbindungen in alle möglichen Milieus der neonazistischen Rechten, sorgte jedoch mitunter für Unruhe in der „lieben Normannia“.
In einem offiziellen Brief der p.B! Normannia zu Winterberg beispielsweise, wird Mitglied Pätzold aka Bundesbruder Ulrich von Hutten scharf in die Schranken gewiesen. In dem Schreiben heißt es:
„Lieber Ulrich,
wie wir erfahren mussten, leider nicht aus Deinem Munde, ist eine gemeinsame Veranstaltung mit der sog. Europäischen Aktion/Königsberger Jugend unter Beteiligung v. Herm Wuttke geplant. Wir planten eine Festkneipe!
Normalerweise müsstest Du wissen, dass es sich bei einer Kneipe um ein Hochfest einer dt. Burschenschaft handelt. Es ist keine Parteiveranstaltung oder Veranstaltung einer anderen Gruppierung. Der Kneipenablauf ist festgelegt und duldet keine anderen Redner o.ä. Ganz zu schweigen von der politischen Dimension. Wir sind eine Burschenschaft. Ein Burschenschaftler kann ohne weiteres zu Veranstaltungen der Europäischen Aktion, NPD usw. gehen. Wir machen aber keine gemeinsamen Veranstaltungen! Ansonsten wäre die Normannia Winterberg bald Geschichte. Wir sagen hiermit die Veranstaltung ab und bitten Dich auch keine Verabredungen im Namen der Normannia zu treffen.
Lützow, Bismark und Arminius“
Unterzeichnet ist der Brief von Stephan Mühlberger, Günther Resch und Harald Schröter. Offenbar hatte Pätzold ohne Rücksprache mit dem Bund eine gemeinsame Veranstaltung im Format einer Festkneipe mit der Europäischen Aktion unter Beteiligung von seinem NPD-Parteikollegen Roland Wuttke geplant.

Die sogenannte Europäischen Aktion (EA) war ein international tätiger rechtsextremer Zusammenschluss von Holocaustleugnern, der seine Selbstauflösung im Juni 2017 verkündete, anschließend jedoch weiterhin in Erscheinung trat. Er wurde vom Schweizer Holocaustleugner Bernhard Schaub gegründet und stand in der Nachfolge des verbotenen Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten. Nach einer Razzia gegen die EA am 23. Juni 2017, gab diese mit einem erst am 26. September 2017 auf ihrer Facebookseite als Link geposteten Schreiben „die Auflösung der Europäischen Aktion in ihrer operativen Form […] gestützt auf den gemeinsam gefassten Sitzungsbeschluss vom 10. Juni 2017“ bekannt.
Als Mitglied der EA wurde außerdem im Jahr 2021 der in Wien lebende Normanne Thomas Girzick in Österreich zu fünf Jahren Haft verurteilt. In der Normannia Winterberg zu Passau war Girzick sowohl vor, als auch nach seiner Verurteilung wegen NS-Wiederbetätigung usw. ein gern gesehenes und durchaus aktives Mitglied, wie aus Einträgen auf der Website hervorgeht. Seit diesem Jahr bekleidet er in der pB! Normannia Winterberg zu Passau das Amt des Altherren-Vorsitzenden.
Organisiert war die Europäische Aktion in mehreren Stützpunkten, die von einem Gebietsleiter geführt wurden, der wiederum unter der Landesleitung stand. In Deutschland verfügte die EA über etwa 100 Mitglieder. Schaub band namhafte Rechtsextremisten in die Organisationsstruktur ein, so war der deutsche Leiter Rigolf Hennig NPD-Mitglied. Weitere deutsche Mitglieder und Aktivisten waren Ursula Haverbeck, Thorsten Heise und Gerhard Ittner. In Österreich wurde die Organisation von Hans Berger († 2018) vertreten, der seine Stellung aus dem Exil im schweizerischen Birsfelden ausübte.
Beim im Schreiben an Pätzold erwähnten Herrn Wuttke dürfte es sich um den damaligen NPD-Spitzenfunktionär Roland Wuttke aus Mering gehandelt haben. Wuttke war zu jener Zeit als Pressesprecher des NPD-Landesverbandes Bayern, Bezirksvorsitzende des NPD-Bezirksverbands Oberbayern und Ansprechpartner des Arbeitskreises Wirtschaft der Bundes-NPD aktiv. Der Parteifunktionär soll zeitgleich Neonazis unterstützt haben, bei denen am 14. Oktober 2010 eine groß angelegte Razzia durchgeführt wurde. Im Visier der Behörden standen die Autonomen Nationalisten Mering (AN Mering) und die Neonazi-Truppe Nationales Augsburg, ein Ableger der Kameradschaft Augsburg. In einem internen Papier des bayerischen Verfassungsschutzes war bereits 2004 darauf hingewiesen worden, dass Wuttke „seit längerem die Funktion des Bindeglieds zwischen ‘freien Kameradschaften‘ und rechtsextremistischen Parteien übernimmt.“ Im Jahr 2005 hatte Wuttke für bundesweite Schlagzeilen gesorgt, nachdem bekannt wurde, dass er an seinem Wagen das Abzeichen der 1. SS-Panzerdivision „Leibstandarte Adolf Hitler“ (LAH) spazieren gefahren haben soll.
Bemerkenswert ist, dass die im Schreiben der Normannia Winterberg an Ulrich Pätzold geforderte Abgrenzung zwischen Burschenschaft und den anderen neonazistischen Akteuren rein formal, nicht jedoch inhaltlicher Art sein sollte! „Ein Burschenschaftler kann ohne weiteres zu Veranstaltungen der Europäischen Aktion, NPD usw. gehen.“, betonen Mühlberger, Resch und Schröter (alle drei damals NPD) in dem Brief, „Wir machen aber keine gemeinsamen Veranstaltungen! Ansonsten wäre die Normannia Winterberg bald Geschichte.“ Eine strategische Abgrenzung, um das Bestehen der Burschenschaft nicht durch offizielle Kooperationen mit den Parteifunktionären und der Neonazivereinigung EA zu gefährden. Tatsächlich wäre eine inhaltliche Abgrenzung angesichts der NPD-Mitgliedschaft der drei Unterzeichnenden und der EA-Mitgliedschaft des heutigen AH-Vorsitzenden der Normannia, Thomas Girzick, auch unverständlich gewesen.
Als verurteiltes Mitglied des Österreichischen Stützpunkts der Europäischen Aktion dürfte Girzick enge Verbindungen zu dessen Stützpunktleiter Hans Berger gepflegt haben. Obwohl er im Exil in der Schweiz lebte, fungierte Berger seit 2011 als Landesleiter der Europäischen Aktion (EA) für Österreich. In dieser Rolle soll er bewaffnete Befreiungsarmee in Europa geplant haben. Im Dezember 2016 wurde Berger wegen Verstoßes des Paragraph 3a des Verbotsgesetzes und wegen Holocaust-Leugnung (§3h Verbotsgesetz) in der Schweiz festgenommen, nachdem er von einem Treffen in Spanien mit dem mittlerweile ebenfalls verstorbenen österreichischen Neonazi Gerd Honsik zurückgekehrt war. Ermittelt wurde gegen Berger und weitere Mitglieder der Europäischen Aktion – darunter der Passauer Normanne Thomas Girzick. Berger verstarb am 10. August 2018, noch vor Beginn seines Prozesses, mit 77 Jahren in Untersuchungshaft. [Aus: Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz und Genossinnen und Genossen betreffend einen unzensuriert.at-Artikel zum Tod des Neonazis Hans Berger. Eingelangt am 07.09.2018]

Auf hochkarätige Referenten aus der extremen Rechten musste die pB! Normannia Winterberg in Passau jedoch trotz strategischer bzw. formaler Abgrenzung zur Beteiligung von (nicht korporierten) NPD-Politikern an ihren Verbindungsfesten nicht verzichten. Zur Feier des 105. Stiftungsfests der pB! Normannia Winterberg im Jahr 2011, so berichtete Stephan Mühlberger stolz, habe man „befreundete Bünde aus der Ostmark“ begrüßen dürfen. Darunter die pB! Scardonia sowie die Germania Ried. Außerdem waren Vertreter der neonazistischen Münchner Burschenschaft Danubia unter den Gästen. Als akademischen Festredner hatte die Normannia Winterberg einen Referenten einer namhaften deutschen Universität gewinnen können. Dieser habe mit klaren Worten über die heutigen gesellschaftlichen Defizite und die Aufgaben, welchen den Burschenschaften daraus vermeintlich erwachsen, gesprochen – der Beitrag sei begeistert aufgenommen worden. Die Aufbruchstimmung und der Kontakt zu anderen extrem rechten Burschenschaften, insbesondere in „die Ostmark“ verschaffte der Normannia Winterberg in den Folgejahren den ein oder anderen vereinzelten Neuzugang.
Insbesondere nach dem Tod des Normannia Winterberg Gründungsmitglieds Günther Resch (Bismarck) im Sommer 2018 unternahm die Burschenschaft neue Anläufe in der Mitgliedergewinnung. Mit der Annäherung an die im Jahr 2015 in Deggendorf reaktivierte rechtsextreme Passauer Studentenverbindung „akad. B! Markomannia Wien zu Passau“ startete der Versuch sich als Bund zu verjüngen und wieder an Dynamik zu gewinnen. Im Mitgliederrundbrief („Normannenbrief“) im Herbst 2018 berichtet Mühlberger optimistisch: „Unser verehrter Senior Arminius [Harald Schröter] besuchte die Akademische Burschenschaft Markomannia Wien zu Passau und brachte viele positive Eindrucke mit. Hier scheint sich etwas Gutes zu entwickeln, welches unserem Bund zum Vorteile gereichen wird.“
Tatsächlich traten in dem Zeitraum in Folge der Annäherungen der Normannia an andere Verbindungen mindestens drei Studenten in die Aktivitas der Normannia ein und stellten diese fortan. Dazu gehörten die beiden rechtsextremen Passauer Markomannia-Burschenschafter Tobias Lipski (Identitäre Bewegung Bayern) und Alexander Salomon (ehem. NPD, dann AfD & Junge Alternative) sowie der Münchner Saxone & Danube Paul Zeddies (Identitäre Bewegung Bayern). Damit schärfte die Nomannia auch ihr politisches Profil nach. Alle drei neu-Füxe bzw. später aktiven Burschenschafter waren zu jener Zeit bereits schon länger als Aktivisten und Mitglieder politischer Gruppierungen und Organisationen engagiert gewesen. Tobias Lipski ließ sich im Mai 2019 außerdem in den Vorstand der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative Ostbayern“ wählen. Später im selben Jahr wirkten er und Alexander Salomon an der Gründung der AfD-nahen Hochschulgruppe Campus Alternative an der Uni Passau mit.
Die personellen Überschneidungen der Normannia Winterberg mit der erst 2013 gegründeten Partei Alternative für Deutschland (AfD) begrenzte sich jedoch nicht nur auf die neue Aktivitas des Bundes.
Zur Kommunalwahl 2020 wurde der Normanne Oskar Atzinger, inzwischen als Mitglied der AfD, in den Passauer Kreisrat gewählt. Sein Bundesbruder Kurt Haimerl rückte für ihn und die AfD in den Passauer Stadtrat nach. Die Normannia Winterberg schien im Aufwind. Doch dann kam Corona – und alles anders als geplant.

Im „Normannenbrief“ im Frühjahr 2021 schreibt Stephan Mühlberger an seine lieben Bundesbrüder und Couleurdamen, dass seit dem letzten „Normannenbrief“ bereits wieder über zwei Jahre vergangen seien. Wegen der Coronakrise hätten zudem seit gut einem Jahr keine Kneipen mehr stattgefinden können. Der AH-Vorsitzende (Senior) Harald Schröter (Arminius) sei nach langjähriger Führung des Bundes von seinem Amt zurückgetreten. Bis zum nächsten Convent werde er, Mühlberger, als „Senior“ (Vorsitzender) der Normannia Winterberg fungieren. Ansonsten sehe es in der Personalienfrage eher mau aus: „Die hoffnungsvollen Aufnahmen von Fuxen und auch Burschen hat sich als Strohfeuer erwiesen. Die Aktivitas hat sich in alle Himmelsrichtungen zerstreut.“, resümiert er enttäuscht.
Nach Corona: Naziburschen der pB! Normannia Winterberg erobern im März 2021 kommunale Gremien
Doch Mühlberger formuliert die Lehre, die er daraus mitnimmt, ebenso wie explizit neue Ziele:
„Zur Zeit sehe ich unsere Aufgabe darin, Konservative aller Schattierungen zu sammeln. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, müssen wir hier genau hinschauen und uns die Bewerber aussuchen. Eine Reception [Aufnahme] ohne mehrmalige Besuche unserer Kneipen und vor allem ohne Gespräche, wird es nicht mehr geben. Aber ich sehe hier durchaus Potential, auch aufgrund der derzeitigen politischen Stimmung, Bürger aus allen politischen Lagern (AFD, CSU u.a.) bei uns aufzunehmen. Gerade die CSU wurde eine Beute von zersetzenden Kräften. Dieser Prozess muss umgekehrt werden und wir brauchen dazu einen langen Atem. Mit unserem Stadtrat Kurt und Kreisrat Oskar wurde ein Anfang gemacht. Ermutigen wir unsere Normannen politische Verantwortung zu übernehmen. Sei es auf Gemeinderatsebene oder im Landtag. Der Name der Partei ist zweitrangig. Bringen wir unsere Normannia, dort wo sie hingehört, in die Mitte der Gesellschaft und als Gestalter des öffentlichen Lebens.“
Mühlbergers Plan: Bürger aus dem rechten bis rechtsextremen Lager, welche die (extrem rechten) Werte der Normannia Winterberg teilen, in den Bund aufnehmen. Dabei schielt er besonders auf – vom vermeintlichen Linksruck der Partei enttäuschte – CSUler. Um den zersetzenden Kräften in der Politik Einhalt zu gebieten, brauche es einen langen Atem – und das Engagement möglichst vieler ideologisch auf Linie befindlicher Normannen in politischen Ämtern. Mit dem Passauer AfD-Stadtrat Kurt Haimerl und dem Passauer AfD-Kreisrat Oskar Atzinger sei seit der Kommunalwahl im März 2020 ein Anfang gemacht worden. Doch noch mehr Normannen sollten auf kommunaler oder Landesebene in politische Ämter gebracht werden, befindet Mühlberger. Der Name der Partei sei dabei zweitrangig – solange die ideologische Position stimmt. „Bringen wir unsere Normannia, dort wo sie hingehört, in die Mitte der Gesellschaft und als Gestalter des öffentlichen Lebens.“, endet sein Aufruf an die Bundesbrüder.
Mühlbergers Vision für den Bund nahm in Folge tatsächlich Gestalt an. Im Frühjahr 2022 rückte der Normanne Oskar Atzinger wegen des Versterbens eines AfD-Abgeordneten für diesen in den Landtag nach. Dort engagierte er sich im Ausschuss für Kultus- und Bildung – und zwar genau nach den ideologischen Vorgaben der Normannia. Zu den ordentlichen Landtagswahlen im Herbst 2023 wurde Atzinger wiedergewählt und zog erneut in den Landtag ein. Auch sein Amt als Passauer Kreisrat hat er weiter inne.
Naziburschen verpassen sich frischen Anstrich und bringen sich in Stellung – nächstes Ziel Kommunalwahl 2026?
Die nächste bayerische Kommunalwahl steht im März 2026 an. Und Indizien legen nahe, dass auch Stephan Mühlberger sich seit Monaten darauf vorbereitet und in Stellung bringt. Ende letzten Jahres nahm er überraschend und nach bereits gut 20 Ehejahren den Namen seiner Frau an und nennt sich seitdem „Stephan Wanetschek“. Unter neuem Namen und zunächst ohne den mit dem Namen Mühlberger verbundenen Ballast einer NPD-Historie übernahm er im Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund e. V. (BBSB) ein nicht unerhebliches Ehrenamt als Bezirksleiter und Leiter der regionalen Beratungsstelle in Niederbayern (Plattling). Als solcher richtet Mühlberger zahlreiche Veranstaltung monatlich aus, führt Beratungen durch und ist Ansprechpartner für die gesamte Region. So kommt er mit unzähligen Menschen in Kontakt, inszeniert sich als Kümmerer und Gestalter und verleiht als Multiplikator seiner Stimme im gesellschaftlichen Diskurs Gewicht. Doch Mühlberger / Wanetscheks Plan scheint noch umfassender. Mühlberger trat nämlich – für Außenstehende überraschend, im Kontext seiner strategischen Überlegungen aber nachvollziehbar – in die CSU ein und verlegte im Juni 2025 seine Meldeadresse von Jandelsbrunn im Landkreis Freyung-Grafenau in die Passauer Stantlerstraße, nahe der Innenstadt. Einer Kandidatur des Neonazis für den Passauer Stadtrat oder ein anderes kommunalpolitisches Amt steht somit im Grunde nichts mehr im Wege. Ein neuer Name und seine CSU-Mitgliedschaft erschweren die Problematisierung seiner Person als Akteur der extremen Rechten.
Ob eine Einzug in ein kommunales Amt über eine CSU-Wahlliste überhaupt realistisch denkbar ist, ist dabei möglicherweise unerheblich. An verschiedenen Orten Niederbayerns bündeln sich bereits jetzt extrem rechte Personenzusammenschlüsse zu überparteilichen Wahllisten – so wie es PRO Bayern bereits 2008 vormachte. Dies ist auch im Passauer Kreistag der Fall. Nachdem die bisherigen AfD-Kreisräte wegen parteiinterner Streitigkeiten und Intrigen bei der Aufstellungsversammlung der AfD Passau für den Landkreis durchfielen, planen diese nun eine eigene – parteiunabhängige – Bewerberliste für die Kreistagswahl. Ob sich neben dem AfD-Kreisrat und Normannen Oskar Atzinger auch dessen Bundesbruder Stephan „Wanetschek“ Mühlberger darauf oder auf einem Äquivalent für den Passauer Stadtrat finden wird, bleibt abzuwarten.
Auf der Seite der Kampagne „Völkische Verbindungen Kappen“ findet ihr ausführlichen Rechercheartikeln bis hin zu Dossiers über Burschenschaften und andere „elitäre“extreme Rechte.






