Willkürliche Polizeigewalt nach Podiumsdiskussion

Am gestrigen 27. April 2023 endete eine Podiumsdiskussion der Polizei in der Heidelberger Friedrich-Ebert-Gedenkstätte mit massiver Polizeigewalt: Nachdem sich zahlreiche Besucher*innen kritisch zur Selbstinszenierung der staatlichen Behörde geäußert und die Veranstaltung vorzeitig verlassen hatten, wurden sie auf dem Heimweg von einem martialischen Polizeiaufgebot überfallen. Mit Pfefferspray und Handschellen zeigten die Einsatzkräfte in der Pfaffengasse und Unteren Straße, wie sie mit unbequemen Meinungen umgehen.

Seit einigen Wochen wird in der Friedrich-Ebert-Gedenkstätte eine Wanderausstellung des niedersächsischen Polizeimuseums gezeigt, die sich unkritisch mit der Rolle der Polizei in der Weimarer Republik auseinandersetzt. Am 27. April 2023 fand in diesem Rahmen eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Wer schützt die Demokratie – Wer schützt die Polizei?“ statt. Das Datum lag kurz vor dem Jahrestag des 2. Mai 2022, als Streifenbeamten einen Mannheimer vor zahlreichen Augenzeug*innen auf offener Straße zu Tode misshandelten. Die steigende Zahl von tödlichen Einsätzen war der Anlass, Kritik an der Polizei und ihrem gewaltförmigen Vorgehen in die Podiumsdiskussion einzubringen und die eingeladenen hochrangigen Mannheimer Polizeifunktionäre mit ihrer Verantwortung für die Aufklärung dieses und weiterer Fälle zu konfrontieren.
Die Veranstaltung verlief dementsprechend nicht so, wie es sich die Polizei oder die Organisator*innen der Friedrich-Ebert-Gedenkstätte vorgestellt hatten. Gleich zu Beginn verlasen Besucher*innen mehrere kurze Stellungnahmen, die auf tödliche, meist rassistische Polizeigewalt hinwiesen und die Rolle der Polizei in einem ausbeuterischen System thematisierten. Die Statements wurden vielfach von den Polizeifunktionären auf dem Podium und den Mitarbeiter*innen der Friedrich-Ebert-Gedenkstätte unterbrochen, die die Sprechenden bedrohten. Als eine Schweigeminute für alle von der Polizei ermordeten Menschen nicht akzeptiert wurde, verließen 40 der etwa 50 Besucher*innen aus Protest den Saal.
Um die kritischen Stimmen zu unterbinden oder im Nachhinein zu kriminalisieren, warteten schon mehrere Streifenwagen auf alle, die vorzeitig den Saal verlassen hatten. Mehrere Personen, die ihren Heimweg antreten wollten, wurden mit Pfefferspray angegriffen, in Handschellen auf dem Boden fixiert und vorübergehend in Gewahrsam genommen. Ein Pressevertreter wurde von der Polizei trotz Vorzeigen seines Presseausweises daran gehindert, die Situation zu dokumentieren. Passant*innen und Anwohner*innen zeigten Entsetzen angesichts des martialischen Polizeieinsatzes.

„Die Polizei bestätigte mit ihrem gestrigen brutalen Vorgehen, dass die bei der Veranstaltung geäußerte Kritik in jedem Punkt zutrifft“, erklärte Clara Grube von der Antifaschistischen Initiative Heidelberg/Interventionistische Linke. „Damit hat sie ihr Demokratieverständnis und ihre Vorstellung von Meinungsfreiheit wieder einmal klar gemacht: Jede Kritik an staatlichen Organen und insbesondere an der Polizei – und sei sie auch noch so offensichtlich begründet – wird mit massiver Polizeigewalt beantwortet, oppositionelle Stimmen werden mundtot gemacht, und die Presse wird behindert, um eine ausgewogene Darstellung in den Medien zu unterbinden.“ In Anspielung auf den Veranstaltungstitel ergänzte sie: „Die Frage lautet also eindeutig nicht ‚Wer schützt die Polizei?‘, sondern ‚Wer schützt die Menschen vor der Polizei?‘“
Abschließend wies Clara Grube noch einmal auf den noch immer nicht aufgearbeiteten tödlichen Einsatz am 2. Mai 2022 in Mannheim hin: „Wir fordern weiterhin klare Konsequenzen und werden unseren Protest gegen mörderische Polizeigewalt bei der Demonstration am 2. Mai in Mannheim lautstark auf die Straße tragen.“