Hunderte Menschen haben am 29. Juni in Rottweil gegen die Veranstaltung der AfD protestiert. Laut und wütend sorgten die Demonstrant:innen dafür, dass der Kreisverband der AfD Rottweil/Tuttlingen mit seinem „Rottweiler Dialog“ auf viel Widerstand stieß und ein geordneter Ablauf ohne ein immenses Polizeiaufgebot vor Ort so nicht möglich gewesen wäre. Mit Bereitschaftseinheiten und BFE Trupps, Reiterstaffel, Hubschrauber, mehreren Drohnen und „Hamburger Gitter“ verwandelte die Polizei die Stadthalle Rottweil an diesem Nachmittag in eine Festung.
Ein sehr breites „Bündnis“ hatte im Vorfeld, unter dem Motto „Rottweil bleibt bunt und vielfältig“ zu einer Kundgebung an der Stadthalle aufgerufen. Vom Offenen Antifaschistischen Treffen VS beteiligten wir uns bewusst nicht daran. Wenn sich ein Spektrum von SPD, Grünen, FDP bis zur CDU versammelt um gegen Rechts und für Toleranz zu demonstrieren, müssen wir die Frage aufwerfen wo für sie „rechts“ eigentlich beginnt und wie ihre Toleranz, gerade auch der Regierungsparteien, aussieht. Es ist diese selbsternannte „Mitte der Gesellschaft“ aus der Anfang Juni die Zustimmung zur weiteren Repression gegen Flüchtende kam. Es ist eben dieses Lager aus dem der Ruf nach militärischer Aufrüstung und Waffenlieferungen ertönt. Es ist diese selbsternannte „Mitte der Gesellschaft“ welche seit Jahren eine soziale Schweinerei nach der anderen durch die Parlamente bringt, mehr und mehr nach rechts rückt und dafür sorgt, dass die Arbeiter:innen und Angestellte mit immer weniger durchs Leben kommen müssen. Der Rassismus der CDU steht den Ausfällen der AfD kaum nach und gegenüber dem moralisch getünchten Kriegsgetrommel der Grünen fällt es der AfD leicht sich als Friedenspartei zu inszenieren.
Sich aus dieser notwendigen Positionierung heraus jedoch ins Abseits zu stellen und einzig in Abgrenzung gegenüber diesen Akteuren zu üben, wäre an diesem Tag in Rottweil falsch gewesen. An den Protesten an der Halle beteiligten sich um die tausend Menschen auf unterschiedliche Art und Weise. Zahlreiche Demonstrant:innen machten ihre Ablehnung gegenüber der AfD laut und wütend direkt an den Polizeiabsperrungen deutlich. Hier als Antifaschist:innen präsent zu sein und dabei klar Position zu beziehen, die AfD Veranstaltung als das zu charakterisieren was sie war – eine Werbeveranstaltung des völkisch-faschistischen Flügels – die Parolen der AfD als Lügen zu benennen und deutlich antifaschistische Positionen gegen Krieg, Armutspolitik und die Festung Europa zu zeigen, war nicht einfach jedoch das Richtige.
Dabei sehen wir, dass es durchaus möglich war Dynamik in den Protest zu bringen, diesen zu gestalten und nach vorne zu tragen.
Die Veranstaltung der AfD war die erste größere Saalveranstaltung der extremen Rechten seit längerer Zeit. Dabei ist zu sehen, dass die Stadthalle Rottweil gefüllt war. Die Zahlen von 750 Personen welche zu Höcke, Sänze und Co kamen, ist damit ein Fakt. Eine Kundgebung der AfD, mit Beteiligung des Kreisverband Calw/Freudenstadt, die vor Beginn der Veranstaltung stattfand, fiel dagegen deutlich kleiner aus. Zu erwähnen ist die Anwesenheit von Personen aus dem Kreis von 1 Prozent, der faschistischen pseudo- Gewerkschaft „Zentrum Automobil“ und auch der langjährige NPD-BaWü Landesvorsitzende und immer noch NPDler Jürgen Schützinger aus VS-Schwenningen. Wobei dessen Auftritt eher Sinnbildlich für den Niedergang der NPD und ihrer Strukturen hier ist.
An den Protesten gegen die AfD in Rottweil anzuknüpfen und nicht bei einmaligen Aktionen stehen zu bleiben sondern vielmehr möglichst viele für eine kontinuierliche Praxis und organisierte antifaschistische Arbeit zu gewinnen, sehen wir als zentrale Aufgabe als Offenes Antifaschistisches Treffen VS. Dabei inhaltlich klar Stellung zu beziehen, auch offensiv nach außen, im Widerspruch und der Diskussion gehört dazu.
Antifa ist notwendig – so viel ist klar.