AfD-Bundesparteitag in Magdeburg

Die AfD beim Parteitag: Selbstbewusst, radikal, rechts

Pauline Jäckels für nd

Die Richtungskämpfe der AfD sind nun endgültig vorbei – der rechte Flügel hat sich durchgesetzt1In der Broschüre „Zwischen Rechtspopulismus und Faschismus – Wo steht die AfD?“ hat die Antifaschistische Aktion Süd die Entwicklung der AfD und des „Flügels“ über die Geschichte der Partei skizziert. Im Kapitel „Quo vadis AfD?“ wird auch auf den Einfluss des Flügels zum Zeitpunkt des Bundesparteitags 2022 eingegangen.

Am Wochenende trafen sich die Mitglieder der AfD in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt Magdeburg zu ihrem 14. Bundesparteitag und wählten die ersten Kandidat*innen für die Europawahl im kommenden Jahr. Zum Gegenprotest ging am Samstag ein breites antifaschistisches Bündnis unter dem Motto »Stoppt die AfD« auf die Straße; etwa 2500 Menschen schlossen sich an.

Die Parteispitze der AfD gab sich an dem Wochenende selbstbewusster und auch radikaler rechts als je zuvor. Dass die AfD in Umfragen aktuell etwa doppelt so viel Zuspruch erhält wie bei der Bundestagswahl 2021, sorgt bei der Rechtspartei wohl für gute Stimmung. Nach Meinung des Vorsitzenden Tino Chrupalla hat die AfD ihre hohen Umfragewerte auch der »neuen Harmonie in der Parteispitze« zu verdanken. »Diese Harmonie werden wir auch in die nächsten Wahlkämpfe tragen«, rief er bei der Eröffnung des Parteitages den rund 600 Delegierten zu und betonte gleichzeitig seine gute Zusammenarbeit mit der Co-Vorsitzenden Alice Weidel.

Die AfD dürfe sich aber auf den guten Werten nicht ausruhen, mahnte Chrupalla. Er verwies auf die kommenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen und sagte: »Nächstes Jahr können wir in Sachsen, Thüringen und Brandenburg stärkste Kraft werden.« Die AfD müsse sich darauf vorbereiten, Regierungsverantwortung zu übernehmen.

Die neu gefundene »Harmonie« ist wohl dem zu verschulden, dass der Richtungskampf, der die Partei seit ihren Anfängen prägte, nun endgültig vorbei zu sein scheint. Die vergleichsweise gemäßigten Stimmen sind kaum noch in der Partei vertreten. Seit der ehemalige Parteichef Jörg Meuthen die AfD 2022 verlassen hatte, sind fast ausschließlich Politiker*innen des rechten Flügels an der Spitze. Somit bleibt der radikale Rand in seinen Positionen ungestört.

Thematisch drehte sich der Parteitag in Magdeburg vor allem um die EU-Politik der AfD. Ihr Programm für die Europawahl im kommenden Juni will die AfD erst zum Abschluss des Parteitags, am Sonntag in einer Woche, verabschieden. Die Europakandidaten mussten sich zu dem Programm bekennen, obwohl es noch nicht existiert. Im 92-seitigen Entwurf der Programmkommission spricht sich die AfD für eine radikale Umgestaltung der europäischen Politik aus. Die Forderung nach einer »geordneten Auflösung der EU« wurde allerdings von Seiten der Parteispitze bereits im Vorfeld relativiert. Diese sei durch ein »redaktionelles Versehen« in den Text geraten, hieß es.

Der Landesvorsitzende der thüringischen AfD, Björn Höcke, forderte am Wochenende die Abschaffung der Europäischen Union in ihrer jetzigen Form. »Es gibt viele Gründe, die EU abzulehnen, sie bringt Europa nicht weiter«, sagt der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte Politiker am Rande des AfD-Parteitags. »Diese EU muss sterben, damit das wahre Europa leben kann.«

Dass die AfD der europäischen Dachpartei der Rechten »Identität und Demokratie« beigetreten ist, sei laut Höcke aber kein Widerspruch. »Wir haben die klare Zielsetzung: Die EU ist nicht reformfähig und muss in einen neuen, europäischen Staatenbund überführt werden.« Dies müsse laut Höcke ein organischer Prozess sein, kein revolutionärer. »Wir sind keine revolutionäre Partei, wir sind eine bürgerliche Partei.«

Lobende Worte fand Höcke am Wochenende für die Linke Sahra Wagenknecht, die momentan überlegt, sich mit einer eigenen Partei von der Linken abzuspalten. »Dass Höcke ausgerechnet an Sahra Wagenknecht eine Einladung ausspricht, sagt vor allem eines aus: Sie ist die einzige demokratische Politikerin, welche Höcke gefährlich werden könnte«, erklärte der Linken-Politiker und Wagenknecht-Vertraute Christian Leye. »Wenn (CDU-Chef) Merz auch nur halb so gefährlich wäre, hätte Höcke wohl ihm eine Zusammenarbeit angeboten – nicht nur auf kommunaler Ebene.«

Rund 2500 Menschen haben am Samstag in Magdeburg gegen die AfD demonstriert. Die von dem antifaschistischen Bündnis »Solidarisches Magdeburg« organisierte Kundgebung zog am Mittag vom Hauptbahnhof der Stadt in Richtung Messegelände, wo die AfD derzeit ihren Europaparteitag abhält. Die Demonstrantinnen und Demonstranten skandierten »Nazis raus« und trugen Banner mit Aufschriften wie »Solidarität statt Hetze« und »Alle zusammen gegen den Faschismus«.

Dem Organisationsbündnis gehören unter anderem SPD, Grüne, Linkspartei und Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) an. Union und FDP seien der Einladung zur Kundgebung nicht gefolgt, wie die Organisatoren bei einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche mitteilten.

Eine Teilnehmerin berichtete dem »nd«, die Veranstaltung sei insgesamt sehr friedlich verlaufen, auch zwischen den anwesenden Gruppen. Einzig nennenswert sei eine kurze Auseinandersetzung mit dem Block der MLPD gewesen, der sich pro-russisch geäußert hatte, was aber dann schnell durch umringende Demonstrant*innen unterbunden worden sei.

Schon am Freitag hielten über 400 »Omas gegen Rechts«, die aus ganz Deutschland angereist waren, zum Auftakt des mehrtägigen Gegenprogramms eine Mahnwache in direkter Nähe des AfD-Parteitages. »Wir wollen den Delegierten der AfD zeigen, dass sie hier mit ihrer rechten, rassistischen, antisemitischen und ganz und gar menschenverachtenden Politik nicht erwünscht sind«, erklärte Oma Dagmar Freyberg-Schumann.

 

Die Redaktion des „neuen Deutschlands“ ist „überzeugt: Eine andere Welt ist möglich.
Deswegen berichtet die linke Zeitung über die Missstände in der alten und über Kämpfe und Kultur für die andere Welt.

„nd“ bietet einen guten Nachrichten-Überblick über aktuelle Themen – auch solche, die ihr in den Mainstream-Medien vielleicht verpasst hättet.


AfD-Parteitag in Magdeburg: Mit einem neurechten Ideologen zur „Festung Europa“

von Perspektive Online

Die AfD hat auf ihrem Bundesparteitag in Magdeburg mit Maximilian Krah einen rechten Hardliner zum Spitzenkandidaten für die Wahl zum EU-Parlament gewählt. Die Versammlung wurde von antifaschistischem Gegenprotest begleitet.

Die AfD veranstaltet derzeit einen Bundesparteitag, bei dem Ausrichtung und Kandidat:innen für die kommende EU-Wahl bestimmt werden. Am Freitag startete die Versammlung, die am Sonntag unterbrochen und am kommenden Freitag fortgesetzt wird.

Dr. Maximilian Krah – neuer AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl

Spitzenkandidat Maximilian Krah

Als Spitzenkandidat wurde am Samstag mit Maximilian Krah ein auch unter Rechten umstrittener Abgeordneter des EU-Parlaments zum Spitzenkandidaten gewählt. So war Krah bereits aus der ultrarechten Fraktion “Identität & Demokratie” suspendiert worden, da er Marine Le Pen in der französischen Präsidentschaftswahl nicht unterstützt hatte. Darüber hinaus ist er nicht nur Politiker, sondern nicht zu unterschätzender Ideologe.

Erst kürzlich veröffentlichte er in Kubitschecks Kleinverlag “Antaios” sein Grundlagenwerk „Politik von rechts“. Auch allgemein ist er ein häufiger Gast bei den Veranstaltungen von Kubitscheks Institut und Verlag, die als ideologische Wegbereiter der AfD gelten.

Die AfD und die „Festung Europa“

Auf dem Parteitag der AfD wurde  unter anderem auch beschlossen, sich dem rechten Parteiendachverband „Identität und Demokratie“ anzuschließen. Darin sind andere Ultrarechte z.B. vom französischen “Rassemblement National” von Marine Le Pen aktiv. Und die Parteivorsitzende Alice Weidel warb für die Errichtung einer „Festung Europa“ mit anderen faschistischen Kräften.

Auffällig war bereits in den Wochen vor der Europawahlversammlung, dass die AfD in ihrer Öffentlichkeitsarbeit von ihrer Programmforderung nach einem Austritt aus der EU abrückte – wohl auch als Maßnahme, um sich auf das Mit-Regieren vorzubereiten. Auch wenn das Wahlprogramm nun noch nicht beschlossen ist, konnte die Parteiführung Anträge zu einem EU-Austritt zurückschlagen.

Auch der sonst als Hardliner bekannte Björn Höcke sprach davon, dass man die EU evolutionär in einen europäischen Staatenbund überführen müsse – also nicht mehr von einem direkten deutschen Austritt, sondern quasi einer „neuen EU“, die ein von den USA unabhängigeres Projekt deutscher Großmachtspolitik sein soll.

Antifaschistischer Gegenprotest

Wie üblich wurde der Parteitag auch von antifaschistischem Gegenprotest begleitet. Etwa 2.000 Menschen nahmen an einer breiten Demonstration teil. Auch ein klassenkämpferischer Block beteiligte sich.

Ein Teilnehmer desselben äußerte gegenüber Perspektive Online:

Es war wichtig, dass wir heute in Magdeburg waren und kämpferisch unsere Stimme gegen den Bundesparteitag der faschistischen AfD auf die Straße getragen haben. Es waren auch viele bürgerliche Gruppen und Parteien wie die SPD oder LINKE vor Ort, die aber mit ihrem bürgerlichen Antifaschismus und ihren Lippengeständnissen angesichts der Faschisierung der BRD keine Antworten bieten können. Deshalb war es umso wichtiger, dass wir gemeinsam mit anderen sozialistischen und klassenkämpferischen Gruppen und Genoss:innen eine wirkliche Alternative, den Sozialismus und den klassenkämpferischen Antifaschismus, präsentieren konnten.

 

Perspektive – Zeitung für Solidarität und Widerstand” will den bürgerlichen Medien, die in ihrer vorgeblich „neutralen“ Berichterstattung immer den Status-Quo normalisieren und damit – mal bewusst und mal versehentlich – die Perspektive der Kapitalist:innen vertreten, eine Zeitung entgegenstellen, welche gezielt die Perspektive „der ArbeiterInnen, Angstellten, Frauen, Jugendlichen, Migranten und RentnerInnen“ und ihrer Widerstandskämpfe hervorhebt.

Die Genoss:innen schreiben immer wieder gut recherchierte Analysen, auch aber nicht nur über die extreme Rechte, also schaut auf jeden Fall mal vorbei!


  • 1
    In der Broschüre „Zwischen Rechtspopulismus und Faschismus – Wo steht die AfD?“ hat die Antifaschistische Aktion Süd die Entwicklung der AfD und des „Flügels“ über die Geschichte der Partei skizziert. Im Kapitel „Quo vadis AfD?“ wird auch auf den Einfluss des Flügels zum Zeitpunkt des Bundesparteitags 2022 eingegangen.