Einschränkung der Demofreiheit

Amnesty International: Demonstrationsfreiheit in Gefahr

Laut einem neuen Bericht der NGO schränkt Deutschland das Recht auf friedlichen Protest systematisch ein

In zahlreichen europäischen Staaten schränken Regierungen das Recht, sich friedlich zu versammeln, ein und greifen zu immer repressiveren Mitteln, um abweichende Meinungen zu unterdrücken. Das geht aus einem neuen Bericht von Amnesty International hervor, der am Dienstag veröffentlicht wurde. Auch Deutschland findet in dem Papier vielfach Erwähnung – insbesondere im Kontext der pro-palästinensischen Proteste und der Klimabewegung kommt es demnach vermehrt zu Repression.

»Die Versammlungsfreiheit ist ein wichtiges Minderheitenrecht. Protest darf und soll stören«, mahnt Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland mit Blick auf das Papier. Anstatt politisch unliebsame Proteste einzuschränken und diejenigen zu bestrafen, die auf die Straße gehen,
müssten die Staaten in ganz Europa ihr Vorgehen überdenken, so Duchrow.

»Die Versammlungsfreiheit ist ein wichtiges Minderheitenrecht. Protest darf und soll stören.«

Julia Duchrow Generalsekretärin Amnesty International Deutschland
»Auch in Deutschland sehen wir besorgniserregende Entwicklungen in den letzten Jahren«, sagt Paula Zimmermann, Amnesty-Fachreferentin für Meinungs- und Versammlungsfreiheit, gegenüber »nd«. Hier seien neben Gesetzesverschärfungen der Polizei- und Versammlungsgesetze auf Landesebene vor allem die Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung gegen die Letzte Generation sowie die Anwendung sogenannter Schmerzgriffe zu nennen. »Außerdem ist in Deutschland eine Verlagerung von Maßnahmen ins Vorfeld – also zur Verhinderung von Protest – zu beobachten«, so Duchrow. Sie nannte Vorabverbote, Präventivhaft oder allgemeine Kontroll- und Überwachungspraktiken.

Dem Bericht zufolge zeugt das von einer zunehmenden Kriminalisierung von zivilem Ungehorsam, also dem gewaltfreien Überschreiten von Gesetzen, um seine Meinung kundzutun. Obwohl laut UN-Menschenrechtsausschuss auch gesetzeswidriger Protest von der Versammlungsfreiheit gedeckt sein kann – wenn dieser friedlich stattfindet.

Mit Blick auf die Palästina-solidarische Bewegung identifiziert der Bericht »ein beunruhigendes Muster in ganz Europa« – darunter in Österreich, Belgien,
Deutschland, Frankreich, Griechenland, und Italien: Versammlungen in Solidarität mit dem palästinensischen Volk, bestimmte Gesänge, palästinensische Flaggen und andere Symbole wurden demnach verboten. Friedliche Proteste wurden aufgelöst, auch wenn von ihnen keine ernsthaften Störungen ausgingen. Zudem hätten Demonstranten von übermäßiger Gewaltanwendung und willkürlichen Verhaftungen berichtet.

Der größte Teil des Berichtes zu Repression gegen palästina-solidarischen Protest ist Deutschland gewidmet. Genannt werden etwa das pauschale Verbot von Protesten nach dem 7. Oktober und unverhältnismäßige Polizeigewalt bei Demonstrationen: »In den Fällen, in denen die Proteste rechtmäßig stattfinden konnten, gab es anschließend zahlreiche Berichte über unnötige und übermäßige Gewaltanwendung durch die Polizei, Hunderte von willkürlichen Verhaftungen und zunehmendes Racial Profiling von Menschen, die als Araber oder Muslime gelesen wurden.«

Auch das Verbot des umstrittenen Slogans »From the River to the Sea, Palestine will be free« durch Innenministerin Nancy Faeser (SPD) findet im Amnesty-Bericht Erwähnung. Dieses sei im November 2023 trotz eines Urteils eines Berliner Gerichts vom August 2023 erfolgt, wonach der Slogan als solcher nicht zu Gewalt oder Diskriminierung aufrufe, wird in dem Papier moniert. Ein Gericht in Münster habe die Parole später ähnlich beurteilt.

»Solidaritätsdemonstrationen zu verbieten oder stark einzuschränken, entspricht nicht den Grundsätzen der Rechtmäßigkeit, Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit, sondern verfestigt rassistische Vorurteile und Stereotype«, heißt es im Bericht. Das Versagen europäischer Länder bei der Bekämpfung und Aufdeckung von Rassismus gegenüber Arabern und Muslimen gebe Anlass zu ernster Besorgnis.

Die Redaktion des „neuen Deutschlands“ ist „überzeugt: Eine andere Welt ist möglich.
Deswegen berichtet die linke Zeitung über die Missstände in der alten und über Kämpfe und Kultur für die andere Welt.

„nd“ bietet einen guten Nachrichten-Überblick über aktuelle Themen – auch solche, die ihr in den Mainstream-Medien vielleicht verpasst hättet.