Nach Koalitionsbruch: Rechte errichten eigenmächtig Grenzkontrollen

Nachdem die Forderungen zu einer ultrarechten Asylpolitik vom extrem rechten Parteichef Geert Wilders abgelehnt wurden ist die instabile Koalitionsregierung letzte Woche geplatzt. Daraufhin nahmen sich rechte Aktivist:innen, laut Berichten aus Den Haag, das Recht raus eigenmächtige Kontrollen an der deutschen Grenze durchzuführen. Dabei wurden Autos gestoppt, um diesen nach „illegalen Migranten“ zu durchsuchen. Geert Wilders fand dies eine „phantastische Initative“. Diese Entwicklung ist erschreckend und verdeutlicht die auch seit Jahren in den Niederlanden voranschreitende Rechtsentwicklungen sichtbar. Wie sich der Streit um die Asylpolitik auf die Neuwahlen und eine neue Regierungbildung auswirken wird bleibt abzuwarten. Mehr zu dem eventuell auch taktischen Bruch und den Geschehnissen im nachfolgenden Artikel von Perspektive Online.


Die Ein-Mann-Partei von Geert Wilders tritt nach Streit um die „härteste Asylpolitik aller Zeiten“ aus der Regierung aus und lässt damit nach weniger als einem Jahr die Koalition platzen. Nun sollen Neuwahlen stattfinden.

Nach den Wahlen Ende 2023 gewannen vor allem rechte und faschistische Parteien wie die PVV (Partei für die Freiheit) massiv an Stimmen. Darauf folgte einer lange Zeit der Koalitionsgespräche. Es bildete sich eine instabile Regierung aus der Bauernpartei BBB, der rechtsliberalen VVD und der konservativen NSC.

Vox España, Cumbre de Madrid 8 de Febrero, CC0 1.0

Der Faschist Geert Wilders und seine Partei die PVV, die stärkste in den Niederlanden, ließen nun die noch in den Kinderschuhen steckende Koalitionsregierung platzen. Wilders hatte den anderen Regierungsparteien ein Zehn-Punkte-Ultimatum für die Umsetzung einer ultrarechten Asylpolitik gestellt. Diese lehnten den Vorstoß ab.

Vorgesehen waren unter anderem eine Grenzschließung, schärfere Kontrollen, der Stopp des Familiennachzugs und Massenabschiebungen von Menschen mit syrischem Pass.

Eine widersprüchliche Koalition

Wilders war selbst nie offiziell Teil der Regierung, sondern ernannte lediglich Minister, die für seine Partei in das Kabinett des parteilosen Ministerpräsidenten Dick Schoof gingen. Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen musste Wilders auf den Posten des Ministerpräsidenten sowie eine direkte Beteiligung in der Regierung verzichten. Grund dafür waren seine – selbst für die Koalition aus rechten Parteien – zu offene islamophobe Einstellung, sowie seine Ablehnung gegenüber der EU.

Aber auch in anderen Fragen war sich die rechte Koalition uneinig: So stellte sich Geert Wilders gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und forderte die bedingungslose Unterstützung Israels bei seinem Völkermord an den Palästinensern, selbst als sich die anderen Parteien zu distanzierenden Lippenbekenntnissen gezwungen sahen.

„Geert Wilders“ (CC BY-NC-ND 2.0) by Prachatai

Diese und einige weitere Widersprüche sorgten dafür, dass die Koalitionsregierung um die PVV ein politisches Armutszeugnis abgelegte. Sie konnte keines der Wahlversprechen erfüllen und musste stark an Beliebtheit einbüßen. Das wird bei den bereits angekündigten Neuwahlen Konsequenzen haben.

Besonders die beiden Parteien BBB und NSC – die sich die Lösung konkreter Probleme der Menschen auf die Fahne geschrieben hatten, wie zum Beispiel eine Belastung der Bauern durch neue Stickstoffrichtlinien der EU und den Kampf gegen Korruption – bewegen sich laut Umfragen nur noch um 1 Prozent Zustimmung. Im Juni letzten Jahres genossen beide mit rund 5 Prozent noch deutlich mehr Ja-Stimmen.

Auch die PVV, welche die härteste Asylpolitik aller Zeiten versprochen hatte, ist nicht unbeschadet geblieben. Bei der letzten Wahl wurde sie mit 23,6 Prozent der Stimmen noch klar stärkste Kraft, letztes Jahr stiegen die Umfragewerte sogar über 30 Prozent Zustimmung. Mittlerweile befindet sie sich mit ungefähr 19 Prozent mit der VVD und der sozialdemokratischen Partei der Arbeit (PvdA-GL) gleichauf.

Politischer Selbstmord oder taktischer Rückzug?

In diesem Licht wird schnell klar, warum Wilders die Regierung aufgekündigt hat: Es ging weniger um Asylpolitik, als um die Einsicht, dass man mit der aktuellen Regierung nicht in der Lage sein würde, die eigenen Wahlversprechen zu erfüllen und weiter eine führende politische Kraft zu bleiben. Diesen politischen Schachzug kann man also eher als einen taktischen Rückzug werten, mit dem man sich vor den damit anstehenden Neuwahlen in Stellung bringen konnte – immer gemäß dem Motto: wir haben es versucht, aber die anderen sind schuld.

Doch in den Medien, die Wilders vor der letzten Wahl noch wohlgesonnen gegenüber standen, hagelt es jetzt eher Kritik. Ob er es also wieder in die Regierung schaffen wird, bleibt eher fraglich. Andererseits zeichnet sich auch keine eindeutige Koalition ab, die nach den Neuwahlen zustande kommen könnte.


Dieser Kommentar wurde auf perspektive-online.net veröffentlicht. “Perspektive – Zeitung für Solidarität und Widerstand” will den bürgerlichen Medien eine Zeitung entgegenstellen, die gezielt die Perspektive „der ArbeiterInnen, Angstellten, Frauen, Jugendlichen, Migranten und RentnerInnen“ und ihrer Widerstandskämpfe hervorhebt. Mit gut recherchierten Beiträgen und Analysen ordnen die Redakteur:innen die weltpolitische Lage ein und mischen sich ein in aktuelle Debatten; nicht nur die Rubrik Antifaschismus ist empfehlenswert. Also schaut dort mal vorbei und tragt euch z.B. in den Newsletter ein oder nutzt den Telegram-Kanal um auf dem Laufenden zu bleiben.