Zu den Demos für ein AfD-Verbot

Anfang Mai wurde die AfD vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft. Seit dem sind die Schreie nach einem Verbotsverfahren wieder laut geworden.

Auf eine Einschätzung einer Behörde wie dem Verfassungsschutz, sollten wir jedoch nicht all zu viel geben. Noch vor nicht all zu langer Zeit, saß dieser Behörde noch selbst ein Rechter vor und die Vertuschung des NSU spricht nicht gerade für sich. Auch wir als Linke stehen auf der Feindesliste der Behörde.

Weshalb ein Verbot der AfD das Problem nicht lösen wird, lässt sich auch in dem Kommentar der Antifaschistischen Aktion Süd nachlesen.

Am Wochenende waren in vielen Städten Menschen für ein Verbot der AfD auf der Straße, in Folge der Einstufung der Partei als „gesichert rechtsextrem“ durch den Inlandsgeheimdienst, den sogenannten Verfassungsschutz. Auf der Heidelberger Demo für ein solches Parteiverbot haben wir, die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD), die Seebrücke Heidelberg und die Linksjugend (´solid) Heidelberg, einen gemeinsamen Redebeitrag gehalten, den wir als Debattenbeitrag im Folgenden dokumentieren:

Liebe Zuhörer*innen,

die Forderung der heutigen Demo ist ein Verbot der AfD. Dass diese eine Nazi-Partei ist, ist nicht erst klar, seit der von Rechten durchsetzte und in die Morde des NSU verwickelte Inlandsgeheimdienst, der sogenannte Verfassungsschutz, die Partei als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft hat. Vielmehr ist bereits seit Jahren durch antifaschistische Recherchen bekannt, wes Geistes Kind die AfD ist. Dass die staatlichen Behörden nun die AfD ebenfalls als rechtsaußen einordnen, ändert nichts daran, dass ihre Verfolgungswut weiterhin in erster Linie uns Antifaschist*innen trifft.

Im Februar wurden unsere Proteste gegen die Desinformationsstände der AfD von der Polizei vom Bismarckplatz geprügelt und endeten für uns mit einer Personalienfeststellung und mit dutzenden von Bußgeld- und Strafverfahren. Die AfD konnte währenddessen ungehindert selbstgebastelte „Abschiebetickets“ an von ihnen als migrantisch gelesene Menschen verteilen, eine Aktion, die sie eins zu eins von der NSDAP kopiert hat. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen ein und begründete ihre Untätigkeit mit dem „besonders hohen Gut“ des Schutzes des Wahlkampfs, den die AfD nach wie vor genießt. Das Grundrechtekomitee veröffentlichte im März einen Bericht über die Gewalt gegen die Proteste gegen den Bundesparteitag der AfD in Riesa. Dort setzte die Polizei Räumpanzer, Wasserwerfer, Pistolen zum Abfeuern von Tränengasgranaten, Hunde und Pferde gegen die Antifaschist*innen ein, schlug ihnen mehrfach gezielt ins Gesicht und sprühte in mehreren Fällen sekundenlang Pfefferspray direkt in die Gesichter der Demonstrierenden. Selbst der parlamentarische Beobachter der Linken Nam Duy Nguyen wurde bewusstlos geprügelt – ein politischer oder medialer Aufschrei blieb aus. Der neue Bundesinnenminister der CSU Alexander Dobrindt hat sogar schon ein Verbot der Linkspartei gefordert. Wenn der Staat einmal was gegen Nazis macht, sind seine Stiefel stets mit Hufeisen beschlagen. Und diese hufeisenbeschlagenen Stiefel werden wir nicht lecken. Denn dem Staat geht es nicht um „Antifaschismus“, sondern um eine unhaltbare Extremismustheorie. Diese setzt alle Menschen, die sich gegen ebenjene Nazis einsetzen, mit diesen gleich. Bezeichnend ist auch, dass der Verfassungsschutz nach Klage der AfD am Donnerstag direkt die Einstufung bis zum Ende des Verfahrens wieder zurückgenommen hat. Standhaft gegen rechts ist hier gar nichts.

Ein AfD-Verbot würde die Partei vermutlich zeitweise schwächen, aber würde das Problem bei Weitem nicht lösen. Ein Verbot macht die Menschen nicht weniger rechts. Im Falle eines Verbots würden sie sich umorganisieren und neue Strukturen finden. Die Einstufung des Verfassungsschutzes der AfD als „gesichert rechtsextrem“ hat auch nicht dazu geführt, dass ihr keine Bühne mehr geboten wird. Unmittelbar durften Tino Chrupalla und Beatrix von Storch in der ARD sagen, was sie von ihrer Einstufung halten. Ob ein Verbot diese gesellschaftliche Akzeptanz brechen und an dieser Raumgabe etwas ändern würde, halten wir für sehr zweifelhaft. Jens Spahn hat erst vor Kurzem gefordert, die AfD endlich als normale Partei zu behandeln. Und zuvor Carsten Linnemann, dass das „Nazi-Bashing“ und „Brandmauergerede“ aufhören müsse. Das zeigt wieder einmal, dass die Herrschenden kein Problem mit Faschismus haben. Die Ziele der AfD und ihres braunen Netzwerks stehen nicht gegen die Ziele der Regierung der BRD, sondern nur gegen die Menschen, die der kleinen GroKo auch ein „Dorn im Auge“ sind – Geflüchtete, Migrant*innen, Queers, Antifas und Feminist*innen.

Gegen den Rechtsruck hilft nur eine inhaltliche, solidarische Alternative, die zeigt, dass ein gutes Leben für alle möglich ist. Die sogenannten „Parteien der Mitte“ hingegen betreiben Sparpolitik und Sozialabbau, die die Bevölkerung in Krisen treiben, und machen dann mit rassistischer Hetze Migrant*innen für die daraus resultierenden Probleme verantwortlich, womit sie von den Kapitalist*innen, den Profiteur*innen dieser Krisen, ablenken. Die neue Bundesregierung hat sich entschieden, die Asyl- und Migrationspolitik der AfD einfach selbst zu machen und mit Grenzschließungen und Zurückweisungen von Asylsuchenden an den Grenzen zentrale Lehren aus dem Nationalsozialismus, die in der Genfer Flüchtlingskonvention verankert wurden, rückgängig zu machen. Im neuen Kabinett befinden sich Persönlichkeiten wie der neue Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, Gründer des rechten Magazins „Cicero“, der sich Sorgen um die „Fortdauer des eigenen Blutes“ und die „biologische Selbstaufgabe“ Europas macht. Von solchen Leuten haben wir keine klare Kante gegen rechts zu erwarten. Stattdessen sind sie mitgemeint, wenn wir zum Kampf gegen rechts aufrufen. Das Problem vieler CDUler*innen mit der AfD sind nicht deren Inhalte, sondern dass sie ihnen die Wahlstimmen klaut. Das zeigt sich darin, dass ihre Politik wie ihre Äußerungen häufig nicht mehr von denen der AfD zu unterscheiden sind. Sie wissen aber, solange das blau-braune Original auf dem Wahlzettel steht, wählen die Wähler*innen nicht die Kopie – und deswegen muss die AfD weg. Für die Betroffenen ist es aber egal, wer die rechte Politik macht und deswegen verbünden wir uns im Kampf gegen die AfD nicht mit diesen Parteien und ermutigen euch ebenfalls, den Rechtsruck ganzheitlich zu betrachten und nicht nur die Nazi-Partei AfD als deutlichstes Symptom.

Nazi-Aufmärsche und ähnliches müssen verhindert und nicht nur im staatlich zertifizierten Rahmen kritisiert werden. Um den Faschismus aufzuhalten, müssen wir entschlossen vorgehen, egal ob wir dafür die Erlaubnis haben oder nicht. Antifa bleibt Handarbeit!