Das Jahr 2022 brachte für Revolutionär:innen, die linksradikale Bewegung aber auch für Jugendliche, Gewerkschafter:innen und Beschäftigte in Stuttgart neue Momente staatlicher Repression hervor.
Anfang November wurden zwei linke Aktivisten wegen ihrer angeblichen Beteiligung an der Stuttgarter „Krawallnacht“ zu Haftstrafen von mehr als 3 Jahren verurteilt und unser Genosse Jo trat im August die Haftstrafe an, die ihm vom bürgerlichen Staat für seine angebliche Beteiligung an einem Angriff auf Mitglieder der rechten Pseudo-Gewerkschaft Zentrum Automobil aufgebrummt wurde. Gegen Aktivisten der kurdischen Bewegung wurde im November erneut ein Verfahren wegen angeblicher Mitgliedschaft in der PKK nach dem absurden „Terrorparagraphen“ §129b eröffnet und mehrere kurdische Genossen sitzen in Rahmen dieses Prozesses aktuell in Stammheim im Knast.
Aber nicht nur durch Haftstrafen zeigt sich das rigorose Vorgehen gegen Links in Stuttgart. Der diesjährige 8. März war ein Schulterschluss zwischen klassenkämpferischer feministischer und gewerkschaftlicher Bewegung – eine Zusammenarbeit, die den Bullen und ihren Chefs in den Spitzenpositionen wohl nicht passte. So wurde nicht nur die 8. März-Demonstration schikaniert und mehrmals angegriffen, auch im Nachhinein wurden mehrere Verfahren gegen Aktivist:innen eröffnet und versucht einen Keil zwischen die Bündnispartner:innen zu treiben. Ähnlich martialisch traten die Bullen gegen eine Demonstration anlässlich des abgesagten AfD-Landesparteitages in Stuttgart im Juli auf. Mit absurden Begründungen verhinderten die Bullen die Demonstration und nahmen willkürlich Aktivist:innen fest. Bundesweit lässt sich im Rahmen der Aktionen der „letzten Generation“ eine massive verbale Zuspitzung beobachten. Man muss kein Fan der Aktionen der letzten Generation sein, aber in ihrem Rahmen lassen „liberale“ Politiker:innen jede Maske fallen und fordern ganz offen Schutzhaft wegen vollkommen gewaltfreier Aktionen.
All diese Momente des Widerstandes unterscheiden sich voneinander. Sei es aufgrund der tagespolitischen Interessen, die im Fokus standen – von selbstbewusstem Antifaschismus, über rassistische Polizeigewalt bis hin zum klassenbewussten Frauenkampf. Sei es in den Ebenen der Militanz und dem Charakter der Aktionen, sowie in der Zusammensetzung des Widerstandes. Auch die Repression, die diese Kämpfe trifft, nutzt verschiedene Mechanismen – von Polizeipräsenz, -Schikane und -Gewalt über Geldstrafen bis zum Knast. Sie alle verbindet allerdings, dass diese Momente des Widerstandes ihr Potenzial, die bestehenden kapitalistischen Verhältnisse in Frage zu stellen, durch eine Straßenpraxis und direkte Aktionen konkret gemacht haben. Nun sollen sie von den herrschenden politischen und juristischen Instanzen eingeschüchtert, zermürbt und letzten Endes zerschlagen werden.
Allein in Baden-Württemberg sitzen mittlerweile 3 Antifaschisten in Haft, und es stehen hier weitere Prozesse an, bei denen Hafturteile möglich sind. Das ist nicht nur hier der Fall: Seit über 2 Jahren sitzt die Leipziger Antifaschistin Lina im Knast, weil sie militante Interventionen gegen Nazifunktionäre organisiert haben soll. Der Knast als Mittel staatlicher Repression ist für uns als Bewegung immer konkreter und greifbarer Teil unserer politischen Realität. Je weiter wir unsere Kämpfe und Organisationen aufbauen, desto eher werden wir mit Repression und damit auch dem Knast konfrontiert werden. Denn die Repression ist Werkzeug der herrschenden Klasse, um die bestehenden Verhältnisse aufrecht zu erhalten. Das umfasst auch, kämpferische Bewegungen, die diese Verhältnisse in Frage stellen, möglichst im Keim zu ersticken. Wir werden nicht angegriffen, weil wir aktuell eine Gefahr für dieses System sind, wir werden angegriffen, weil wir das Potenzial haben zur Gefahr zu werden.
Dass wir eine Gefahr für dieses System werden müssen – dass dieses System gestürzt werden muss, zeigt sich aktuell mal wieder in den verschiedensten Facetten: Während die Inflation in den zweistelligen Bereich steigt und die Schlangen vor den Tafeln immer länger werden, machen Waffen- und Energiekonzerne Rekordgewinne und der Luxus-Champagner Moet ist ausverkauft, weil die Bonzen auf ihre Krisengewinne anstoßen. Und während korrupte CDU- Politiker für ihre illegalen Maskendeals höchstens eine Ermahnung bekommen und die Millionen Euro Schmiergeld sogar behalten dürfen, kommen jedes Jahr 56.000 Menschen in den Knast, weil sie eine Geldstrafe für meistens Bagatelldelikte wie z.B. Ladendiebstahl oder Fahren ohne Ticket nicht bezahlen können.
Es bleibt uns nichts anderes übrig, als einen Umgang mit den Angriffen der Repression zu entwickeln – insbesondere auch mit Haft. Die symbolische Überwindung der Knastmauern mit Briefen, Feuerwerk, Lautsprecherdurchsagen oder anderen kreativen Mitteln ist ein Anfang, um die Isolation und Trennung der Gefangenen von uns zu durchbrechen. An Silvester wollen wir genau das machen: Mit dem traditionellen Knastspaziergang an der JVA Stammheim wollen wir die Isolation der politischen und sozialen Gefangenen brechen und das neue Jahr revolutionär begrüßen.
Silvesterdemo an der JVA-Stammheim
31. Dezember 2022 / Treffpunkt: 17 Uhr
U-Bahn Haltestelle Stammheim
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