Niederbayern: Wo sich die Sprösslinge völkischer Sippen sammeln – Teil 2
Die Novaks (Passau)
Wiebke (geb. Mörig) und Arndt Novak
Wiebke Mörig wurde 1989 geboren und zog schließlich im Jahr 2010 von Düsseldorf nach Berlin um Bachelor in Visual- & Motiondesign, mit Schwerpunkt Fotografie zu studieren. Den Abschluss erwarb sie 2013 an der Berliner Technischen Kunsthochschule. Für ihre Abschlussarbeit drehte sie den dokumentarischen Fotofilm „Söl’ring – Gesichter des Sylter Urdialekts“, um auf die Problematik der aussterbenden Sylter Minderheitensprachen aufmerksam zu machen. Schon während ihres Studiums arbeitete bzw. absolvierte sie Praktika in Fotostudios, Werbeagenturen und betätigte sich als Fotografin, Kamerafrau, Cutterin und Mediengestalterin. Ihren Fokus legte sie auf die Genres Reportage, Dokumentation, Portrait, Straße und Reise. Nach ihrem Studium ergatterte sie Jobs als TV & Video Operator bei AIDA Cruises und der Porsche AG. Um 2016 zog Wiebke Mörig, die in der Zwischenzeit wieder im heimischen Düsseldorf gelebt hatte, nach Augsburg wo sie rund ein Jahr als Fotografin angestellt war.
In dieser Zeit war sie bereits für die IB Bayern sehr aktiv, gestaltet deren Kampagnenvideos und Content für Social Media Auftritte und reist zu diversen IB Events und Treffen. Sie galt als Teil eines kleinen und hochprofessionellen Medienteams aus Fotografen und Kameraleuten im Hintergrund und damit als mindestens genauso wichtig, wie ihre männlichen Kollegen vor der Kamera: Interne Schulungsunterlagen und Kommunikation belegen, welche Energie die Führung der Identitären damals auf eine professionelle Inszenierung verwendete. In einem Leitfaden heißt es, das Bild einer Besetzung müsse „Macht, Kraft und Sieg symbolisieren“. Gewünscht werden von unten nach oben aufgenommene Bilder von „Massen und Fahnen“. Aktionen seien „nutzlos“, wenn die Aufnahmen davon „nicht klar und von guter Qualität sind“. Das Medienteam galt intern als ebenso wichtig wie die kletternden Aktivisten. Wiebke Mörig, die damals hauptberuflich für die Werbebranche bzw. Modelabels fotografierte, bearbeitete nach der Arbeit IB Videos. Sie entwickelte die Standards für die Bildgestaltung der rechtsextremen Gruppierung und gehörte einer geschlossenen Facebookgruppe an, die “IB D Film Organisation” hieß.1https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2017/05/15/die-identitaere-bewegung-in-bayern_23698
Dass Wiebke Mörig von Anfang an eng an und in den innersten Kern der IB eingebunden war, verwundert kaum: Die Familie Mörig blickt auf eine lange Tradition in der extremen Rechten zurück. Der Vater, Gernot Mörig, war zunächst Bundesführer des „Bund Heimattreuer Jugend“ (BHJ) und später aktiv bei der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ). Fotos zeigen Gernot Mörig auf dem Pfingstlager der HDJ im Jahr 2007 in Eschede. Fotos und interne Kommunikation legen nahe, dass Wiebke und ihre Geschwister genau wie der damalige Identitären-Chef Nils Altmieks als Schüler:innen zu Lagern der Heimattreuen Deutschen Jugend fuhren. Die Identitären versammelten damals noch weitere Mitstreiter aus dem HDJ-Milieu, so beispielsweise Friedrich Schmutzler, einer der Reisekader der Identitären Bewegung um 2016, der auch aus einer völkischen HDJ-Familie stammt.
Wiebkes drei Geschwister Inka, Svenja und Arne Mörig sind/waren ebenfalls in der extremen Rechten aktiv und teils mit hohen Funktionären der rechtsextremen Szene liiert. So war beispielsweise ihre ältere Schwester Inka zur Zeit von Wiebke Mörigs Umzug nach Bayern bereits mit Sebastian Zeilinger, dem Leiter der IB Bayern und stellv. IB Bundesvorsitzenden verheiratet. Das völkische Paar lebte zu dieser Zeit (und tut es bis heute) mit den gemeinsamen Kindern im oberbayerischen Seeon bei Traunstein.
In einer Recherche über die IB in Norddeutschland heißt es 2017: „Die ,Identitäre Bewegung’ in Norddeutschland schafft es verschiedene Flügel der extremen Rechten zu vereinen. Mitglieder völkischer „Sippen“ und früherer HDJ/WJ-Familien wie Sawallisch, Mörig, Drescher, Wittig, Schmutzler und Meyer-Sande sind zentrale Aktivist:innen der IB in Norddeutschland. Die Teilnahme von ehemaligen WJ-Kadern an strategischen Treffen wirft die Frage auf, ob Funktionäre der verbotenen HDJ/WJ gezielt Einfluss auf Entwicklung und Ausrichtung der „Identitären Bewegung“ nehmen. Neben Mitgliedern der HDJ/WJ-Familien bezieht die IB in Norddeutschland einen Großteil ihres politischen Personals aus extrem rechten Burschenschaften.“ 2https://linksunten.indymedia.org/node/202765/index.html
Ähnliche Verbindungen und Entwicklungen zeichneten sich in Bayern ab. Wiebke Mörig und Friedrich Schmutzler, Sproß der Schmutzler-Sippe, besuchten im August 2016 gemeinsam eine IB-Akademie in Frankreich. Dort traf Wiebke auf den Münchner Burschenschafter und IB-Aktivisten Arndt Novak, der wiederum mit Wiebke Mörigs Schwager Sebastian Zeilinger und dessen Bayerischer IB-Garde angereist war.
Offensichtlich funkte es zwischen den beiden völkischen Aktivist:innen. Rund zwei Jahre später zog Arndt Novak zu Wiebke nach Augsburg, wo er ein Jura-Studium begann. Wiebke Mörig hingegen hatte bereits 2017 als Mediengestalterin bei der Augsburger Firma „Red-Gun GmbH“ (Augsburg) einen Job gefunden. Rund drei Jahre lang übernahm sie dort die Grafikabteilung und zeichnete sich verantwortlich für das Editorial Design, also die grafische Leitung, Konzeption und Umsetzung der Outdoor-Magazine „Globetrotter Magazin“ und „4-Seasons“ im Print und Web. Ende 2020 schließlich, orientieren sich Wiebke und Arndt in Richtung Niederbayern, wo Arndt Novak bis heute sein Studium in Passau weiterführt.
Damit ist das inzwischen verheiratete Paar bzw. Ehepaar Novak nicht nur in relativer Nähe zu Arndt Novaks Familie in Oberösterreich, sondern auch ein Stück näher an Wiebkes Schwester und Schwager, Inka und Sebastian Zeilinger, gerückt.
Die Zeilingers (Seeon-Seebruck/Chiemsee)
Inka (geb. Mörig) und Sebastian Zeilinger
Sebastian Zeilinger (*1979) gilt als das vielleicht bekannteste Gesicht der IB Bayern. Beim „Deutschlandtreffen“ bundesweiter IB-Strukturen am ersten Wochenende im März 2016, sollen sich – nach eigenen Angaben – rund 120 Aktive der „Identitären Bewegung“ getroffen haben um das Jahr zu planen. Diskutiert wurde u.a. ein „umfangreiches Restrukturierungskonzept“, das „Außendarstellung und Organisation“ der IBD verbessern sollte. Als neuer stellvertretender Vorsitzender der IBD wurde Sebastian Zeilinger aus Bayern gewählt, der den IBD-Chef Nils Altmieks in Zukunft unterstützen sollte. Martin Sellner von der „Identitären Bewegung Österreich“ (IBÖ) appellierte in seiner Rede an die IBD-Aktivisten, ihre Ängste im Bezug auf soziale Reputation und bürgerliche Karriere zu überwinden und Gesicht zu zeigen.
Schon zuvor war Zeilinger als Fan völkischer bzw. bündischer Organisierung in der extremen Rechten präsent. Seine bündische Vergangenheit sollte in der Folgezeit maßgeblich zur neuen Außendarstellung der Organisation in Bayern beitragen. Obwohl Nils Altmieks, Bundesvorsitzender der „Identitären Bewegung“ (IB) nach Franken gezogen ist, war die um 2013 gegründete IB im Jahr 2015 in Bayern noch ein weitestgehend virtuelles Phänomen. Mit der Wahl von Sebastian Zeilinger aus dem oberbayerischen Stein an der Traun zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden begann sich das ab Frühjahr 2016 zu ändern. Die IB Bayern intensivierte ihre „kreativen“ Aktionen im südöstlichen Bundesland. Mal bemalten die Mitglieder Leintücher und hängten sie nachts an Autobahnbrücken auf, klebten Plakate oder Sticker – die ganz große Öffentlichkeit erreichten sie so jedoch noch nicht, als die Mobilisierung neuer Interessent:innen hinkte. Ein Werbevideo der IB Bayern, „Heimatliebe ist kein Verbrechen“, ist auffällig wenig „hip“. Eine Gruppe junger Frauen und Männer vor grünen Feldern sagen auswendig gelernte, pathetische Sätze, sammeln sich am Lagerfeuer und singen Lieder aus dem „Wandervogel Liederbuch“. Als inhaltliche Schwerpunkte werden Begriffe wie „Freiheit“, „Heimat“ und „Tradition“ eingeblendet – und „Tradition“ wird dabei mit einem Kreuz illustriert. Die heile, gewachsene Gemeinschaft –“die Liebe zum Eigenen“ wird gegen den „Großen Austausch“ der „One-World Globalisten“ und „die Heuchelei des linken Establishments“ in Stellung gebracht. Während sich vor allem in Berlin der Eindruck aufdrängte, die 2014 gegründete „Identitäre Bewegung“ sei eine hippe, urbane Gruppierung, wird in Bayern deutlich, dass sich dahinter auch starke volkstümelnde Strukturen verbergen. Blondbezopfte Frauen in Röcken und junge Männer in Trachtenhemden und Lederhosen prägen die Außendarstellung. 3Robert Andreasch, „Gipfelkreuz und Lederhose“ | Magazin „der rechte rand“ Ausgabe 163 – November 2016
Im Jahr 2017 erzählte der Volkswirt Zeilinger in einem Interview, dass er damals an der Universität Burschenschafter (B! Danubia München) kennengelernt habe, durch die er sich der „Wandervogel“-Bewegung angeschlossen habe. Zeilingers jüngerer Bruder Michael, der bereits 2009 als Autor für die rechtsextreme Öko-Zeitschrift „Umwelt&Aktiv“ (Traunstein) auftrat, zeigte sich ebenfalls um 2016 für die IB aktiv und war außerdem jahrelang Bundesführer der völkischen Jugendorganisation „Sturmvogel – Deutscher Jugendbund“. Entsprechend führte Michael Zeilinger den „Sturmvogel – Deutscher Jugendbund“ beim Sommerlager in Grabow 2015 an. An jenem Treffen nahmen auch andere Aktive der IB teil. Die Anhänger des Sturmvogels führen oft an, sie würden nur Traditionen pflegen. Die personelle Verflechtung mit der Identitären Bewegung offenbart aber das Gegenteil: „Der Sturmvogel ist bewusst von Rechtsextremen gegründet worden, um Kinder und Jugendliche in ihrem Geiste zu erziehen“, erläutert Gideon Botsch vom Moses Mendelssohn Zentrum in eine Interview mit der taz. „Dass Jugendliche sich auch bei der IB einbringen, dürfte ganz im Sinne ihrer Eltern sein. Sie wollten ihre Kinder gegen den politischen Zeitgeist erziehen.“ Unter den Eltern, die ihre Kinder zu den Treffen des SV bringen, sind NPD-Anhänger und auch ein bekannter Holocaustleugner. 4https://taz.de/Rechtsextremistische-Traditionspflege/!5365737/
Rechtsextreme Jugendlager, völkische Freizeitcamps und bündische Traditionspflege. In solchen Kontexten bildete sich über Jahre weitestgehend ungehindert ein weitläufiges politisches, soziales und wirtschaftliches rechtes Milieu, in welchem die zukünftigen Kader der Szene ausgebildet und zusammengebracht werden sollten. So verwundert nicht, dass auch Zeilingers Ehefrau Inka, geborene Mörig, als Kind HDJ-Lager besuchte und ,entsprechend ihrer Sozialisation in einer völkischen Sippe, die politische Einstellung und Weltanschauung ihres Mannes teilt.
Inka Mörig, inzwischen Zeilinger, aus Düsseldorf studierte von 2004-2009 Zahnmedizin an der Justus-Liebig-Universität Leipzig und Technischen Universität Dresden, bevor sie 2009 ihre Approbation erhielt und bald darauf nach Bayern zog. Heute praktiziert sie als Dr. Inka Zeilinger als Zahnärztin mit Schwerpunkt „ästhetische Zahnmedizin“ bei der ZPG-Trostberg nahe Traunreut. Als Inka im Jahr 2016 promovierte, war sie bereits mit Sebastian Zeilinger verheiratet und Mutter zweier Kinder. Im selben Jahr trat sie als Rednerin bei einer asylfeindlichen Demo in Traunreut auf. Die lokale Heimatzeitung ordnete sie der Identitären Bewegung zu. Bereits einige Monate zuvor, im Oktober 2015, hatte sie in einem Onlinekommentar einen Öko-Versand, der sich für Geflüchtete engagiert, kritisiert: „Wie können Sie für diesen Bevölkerungsaustausch im eigenen Land sein?“ und kündige an das Kaufhaus zukünftig zu boykottieren. Doch für Inka Zeilinger blieb es beim Kampf um den Erhalt des völkischen, nicht bei Lippenbekenntnissen. Im Laufe der Jahre schenkte sie ihrem Sebastian zwei weitere blonde Kinder und übte sich in Kalligraphie und dem Basteln völkischer Deko. Trotz der intensiven und zudem prominenten Einbindung und Rolle des Ehepaars Zeilinger in der extremen Rechten und mitunter regionalen Aktivitäten, engagierte sich Inka Zeilinger ab 2021 völlig unbehelligt im Elternbeirat des Kindergarten St. Walburg Seeon, im Pfarrverband Seeon und im Folgejahr 2022 sogar sehr öffentlich als „Zahnärztin und vierfache Mama aus Seeon“ gegen die Corona bedingte Maskenpflicht an Schulen.
Regional fiel das Paar seit 2016 immer mal wieder durch seine Einbindung in asylfeindliche und extrem rechte Kontexte auf. Im März 2016 marschierte Sebastian Zeilinger mit rund 400 weiteren Teilnehmenden gegen die Unterbringung von Asylsuchenden in Feldkirchen-Westerham auf. Als Demo-Redner warnte Zeilinger vor den falschen Erwartungen der Asylbewerber und einer „unseligen Allianz zwischen Politik, Presse und Kirche für ein Gesellschaftsexperiment“. Mit von der Partie war bei dieser Demo Roland Zeddies, Vorsitzender des AfD-Ortsverbands Bad Aibling-Mangfalltal, und Mitglied von „Zukunft Feldkirchen-Westerham“ 5https://www.ovb-online.de/rosenheim/bad-aibling/ueber-buerger-gingen-strasse-6207535.html
Ähnlich interessant ist die Verbindung der Zeilingers zum extrem rechten Öko-Magazin „Umwelt & Aktiv“ und dessen Herausgeber:innen in Traunstein. Die “Umwelt & Aktiv“ (U&A) war ein rechtsextremes, überwiegend von NPD-Mitgliedern herausgegebenes Magazin mit dem Schwerpunkt Ökologie, das von 2007 bis 2019 vierteljährlich als Rundschreiben des Vereins „Midgard e. V.“ mit Sitz in Traunstein als Print-Magazin erschien. Es griff thematisch und stilistisch nordische und germanische Mythologien auf. Als zusätzliche Aktivität wurden sporadisch Lesertreffen mit Vorträgen angeboten. Diese wie auch das Magazin wurden u.a. von der neonazistischen Partei “Der III. Weg” beworben bzw. weiterverbreitet. Die Zeitschrift galt als „NPD-Tarnzeitschrift“, da zahlreiche daran Beteiligte und im Herausgeberverein aktive Personen Mitglieder oder Funktionäre der NPD gewesen waren. So beispielsweise das Ehepaar Hofer oder Hans-Günther Laimer, Inhaber einer Gartenbaufirma in Reisbach bei Dingolfing. Hans-Günther Laimer besuchte 2007 mit mindestens einem seiner Kinder das mehrtägige Pfingstlager der nationalsozialistisch orientierten Jugendorganisation „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ) in Eschede in der Lüneburger Heide – zwei Jahre bevor die Organisation vom Bundesinnenministerium wegen ihrer Verfassungsfeindlichkeit verboten wurde. Der Gartenbauunternehmer aus Niederbayern nahm ebenfalls am Sommerfest der NPD 2009 in Straubing teil. Laimer und seine Ehefrau engagieren sich im Umweltschutz. Zeitweilig gehörte er selbst dem Vorstand des „Umwelt & Aktiv“-Herausgebervereins „Midgard e.V.“ an. Auf Facebook zeigen sich die Söhne der Familie Laimer mit Sebastian Zeilinger befreundet. Auch Sebastians jüngerer Bruder Michael Zeilinger hatte um 2007 bereits für die „Umwelt & Aktiv“ geschrieben. Im Jahr 2019 hingegen interviewte die U&A auch Sebastian Zeilinger als Aktivisten der Identitären Bewegung zum zwei Jahr zuvor (2017) gegründeten Identitären-Projekt „Alternative Help Association“ (AHA) als „rechte NGO“.
Die obskure Hilfsorganisation wurde von bayerischen Aktivist:innen um Nils Altmieks und Sebastian Zeilinger auf die Beine gestellt, um „patriotische Hilfe vor Ort“ in Krisengebieten zu leisten, wie es heißt. Es scheint aber vielmehr darum zu gehen, dass Geflüchtete nicht nach Deutschland kommen. 6Naturliebe und Menschenhass – Völkische Siedler*innen in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Hessen und Bayern, S. 30/31
Der Verein „Alternative Help Association e. V.“ wurde im Juni 2017 in Ulm gegründet und beim Amtsgericht in Rottweil (Baden-Württemberg) eingetragen. Laut Satzung leistet der Verein humanitäre Hilfe und fördert die Arbeit humanitärer Hilfsorganisationen. Angeblich werden Hilfsprojekte im Libanon und in Syrien unterstützt. Es ist gut denkbar, dass Spendenkampagnen für AHA e.V. auch dazu genutzt werden, Gelder für die Identitäre Bewegung zu sammeln. So ist in Spendenaufrufen ausdrücklich vermerkt, dass ein Teil der Gelder auch für „patriotische Aufklärungsarbeit in Europa“ verwendet wird. Seit Anfang 2022 fungiert Sebastian Zeilinger (Seeon) als 1. Vorsitzender des Vereins. Der vorherige erste Vorsitzende, Sven Engeser, ist inzwischen dessen Stellvertreter. Über die Aktivitäten des Vereins ist wenig bekannt, die Webauftritte wirken verwaist. Fotos von den Syrien-Reisen auf der AHA-Facebook-Seite zeigen im Frühjahr 2018 die bekannten IB-Kader Nils Altmieks, Sebastian Zeilinger und Mario Müller.
Die Müllers (Freyung-Grafenau)
Nils (geb. Altmieks) und Sandra Müller
Der ehemalige Bundesvorsitzende der IB Deutschland, Nils Altmieks, lebte in den vergangenen Jahren eher zurückgezogen in einem Dorf bei Erlangen. Dort verbrachte der mittlerweile 36-jährige Bauingenieur um 2017 nach der Geburt seiner Tochter seine Elternzeit und orchestrierte aus der fränkischen Provinz die bundesweiten rechtsextremen Strukturen. Medien gegenüber bemühte sich Altmieks um eine bürgerliche Fassade; wie die meisten anderen Führungsfiguren mit Hintergrund in der NPD-Jugend, aus radikalen Burschenschaften und der verbotenen Neonaziorganisation Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ), hat Altmieks allerdings eine Sozialisierung in der extremen Rechten genossen. Nach dem Abitur in Paderborn diente Alktmieks zwei Jahre als Zeitsoldat, bevor er über neurechte Zeitschriften auf die Identitären gestoßen sein soll. Sein Einstieg in die extreme Rechte dürfte da hingegen schon viele Jahre zurückliegen. Fotos zeigen den ehemaligen Identitärenchef in der verbotenen neonazistischen Heimattreuen Deutschen Jugend, als er ungefähr 17 Jahre alt war. Mit Belegen konfrontiert gab er die Teilnahme an zwei Lagern der HJ zu. Auf der Website der Heimattreuen Deutschen Jugend war Altmieks 2006 sogar selbst abgebildet. Auf dem Foto trägt er die HDJ-Kluft und hält eine Fahne des elitären Rassistenvereins in der Hand. Auch in einem HDJ-Kalender findet sich ein Foto des Teenagers: Altmieks wandert mit anderen Männern in uniformen, dunklen Oberteilen im Gleichschritt durch eine frühlingsgrüne Landschaft. „Wir marschieren mit festem Schritt voraus“, steht darunter. So hieß ein Marschlied der Wehrmacht. Im Herbst 2005 enthielt das HDJ-Vereinsheft einen Erlebnisbericht über eine Fahrradtour der Einheit Hermannsland. Als Autor steht darunter: Nils. Ähnlich wie die Identitären gab sich die HDJ nach außen harmlos: als Pfadfindergruppe, die Zeltlager und Wanderungen für Kinder und Jugendliche organisiert. Doch der Verein schuf in Wirklichkeit eine abgeschottete, neonazistische Parallelwelt mit Fahnenappellen in Uniform, Treueschwüren und Kreuzworträtseln, die nach dem „Führer des letzten Deutschen Reichs“ fragten oder nach einem „Verbrechen an den Deutschen 1945“. Seit 2009 ist die HDJ verboten. Das Bundesverwaltungsgericht bescheinigte dem Verein eine „Wesensverwandtschaft“ mit der Hitlerjugend. 7Identitäre Bewegung: Die Scheinriesen, von Kai Biermann, Philip Faigle, Astrid Geisler, Karsten Polke-Majewski und Martín Steinhagen | 26. April 2017 | URL: https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2017/05/15/die-identitaere-bewegung-in-bayern_23698
Knapp zehn Jahre nachdem er den Vorsitz der IBD übernahm ist es merklich still geworden um Nils Altmieks / Müller. Zuletzt machte er als prägender Akteur der „neuen NGO von ganz rechts“, der „Alternative Help Association e. V.“ und einer Reise mit Aktivisten des Vereins nach Syrien von sich reden. Doch die Aktivitäten des IB-Projekts verliefen schnell im Sande. Im Jahr 2020 schaffte es Altmieks noch einmal in die Schlagzeilen, da ein Gericht den Entzug seiner Waffenlizenz bestätigte, gegen die er geklagt hatte. Dem damaligen Bundesvorstandsmitglied der IB war 2017 die „waffenrechtliche Zuverlässigkeit“ abgesprochen worden, er musste seine Waffen abgeben. Gegen den Entzug seiner Lizenz hatte Altmieks vor dem Verwaltungsgericht Ansbach geklagt, das Gericht hatte 2020 die Entscheidung der zuständigen Landkreisbehörde bestätigt. Dies begründete das Gericht damit, dass Altmieks maßgeblich einen Verein beeinflusse, bei dem Verfassungsschützer „gewichtige Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ sehen. Die Vertretung des Freistaats erwähnte zudem eine Durchsuchung bei Altmieks, wo man das Buch „Mein Kampf“ gefunden habe, zudem erkenne man mindestens eine „Nähe“ zu HDJ. 8https://www.sueddeutsche.de/bayern/waffenlizenz-identitaere-bewegung-gericht-1.4421328
Der Name und die Persona „Altmieks“ schienen nach diesem Gerichtsurteil spätestens verbrannt. Was immer letztlich Nils Altmieks Gründe gewesen sein dürften, feststeht, dass auch er kurze Zeit später nach Niederbayern verzog, wo er sich unter neuem Namen ein neues Leben aufbaute.
Seit dem Jahr 2022 lebt Nils Altmieks in Niederbayern im Landkreis Freyung-Grafenau. Nach seiner Eheschließung mit Sandra Müller nahm Altmieks den Namen seiner Frau an und führt nun als Nils Müller ein unauffälliges Leben ohne Altlasten in Zenting. Dort hat sich der gelernte Bauingenieur mit einer Firma für Energieberatung und Förderung selbständig gemacht („Energieberatung Deggendorf“). Auf seiner Firmenwebsite gibt Müller (ehem. Altmieks) an, kostenlose Erstberatung vor Ort bei Anfahrten bis 30 min, z. B. auch nach Passau, anzubieten.
Die Beneckes (Iingling/Passau)
Sophie und Tobias Benecke (geb. Lipski)
Überhaupt scheint unter den Sprösslingen völkischer Sippen und solchen, die noch eine gründen möchten, die Ehe und ein damit verbundener einfacher Namenswechsel gerade en vogue zu sein. Dass feministische Gründe dahinter stehen, wenn die identitären Aktivisten und deutschtümelnden Männerbündler die Nachnamen ihrer Ehefrauen annehmen, kann wohl ausgeschlossen werden. Stattdessen erscheint ein neuer Name – mit bedeutend weniger Googletreffern – praktisch um die extrem rechte Historie zu verschleiern. Dies dürfte insbesondere auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt gewisse Vorteile mit sich bringen.
Ein weiteres Beispiel für einen entsprechenden Namenswechsel bietet im Herbst 2023 der extrem rechte Aktivist und Passauer Jurastudent Tobias Lipski. Lipski, der sich als mutmaßlich verhinderter Attentäter, rechtsextremer Burschenschafter, JA-Jungpolitiker und Jurastudent mit Vergangenheit als IB-Aktivist in Passau einen Namen machte, zeigte sich seit einigen Jahren immer wieder mit seiner Partnerin Sophie Benecke. Gemeinsam lebt das Paar seit Beneckes Umzug aus Norddeutschland und ihrer Immaktrikulation für Grundschullehramt an der Uni Passau gemeinsam in einem Studentenwohnheim in Ingling (Ö), weniger Meter hinter der Österreischischen Grenze bei Passau.
Im Februar 2023 ließ sich Sophie Benecke in Passau durch Bischof Oster taufen. Auf dem Bild der Feier zum Gottesdienst finden sich neben Benecke auch Tobias Lipski und als Taufpatin Gotha Zeddies, Ehefrau von Lipskis Verbindungsbruder und IB-Bayern-Kader Paul Zeddies (Feldkirchen-Westerham). Offenbar schlossen die beiden Fans von NS-Ästhetik wenig später den Bund der Ehe, denn inzwischen trägt Tobias Lipski den Namen seiner Frau und nennt sich neuerdings: Tobias Benecke. 9Infoticker Passau, „Tobias Lipski: verhinderter Attentäter, rechtsextremer Burschenschafter, AfD-Jungpolitiker, Passauer Student“, 2019, https://www.infoticker-passau.org/node/407/
Die Mörigs (Düsseldorf/Chiemsee)
Gernot und Astrid Mörig
Dr. Gernot Mörig, Patriarch der völkischen Mörig-Sippe, ist Zahnarzt und Spezialist für ästhetische Zahnmedizin sowie Dozent an der Uni Düsseldorf. Er wurde 1954 in Braunschweig geboren, zog 1979 zum Studium der Medizin und der Zahnmedizin nach Göttingen, wo er sechs Jahre später promovierte und seine Approbation erhielt. Seit 1989 führt er die zahnmedizinische Privatpraxis „ZahnGesundheit – Oberkassel“ in Düsseldorf. Gemeinsam mit seiner Frau Astrid hat Gernot vier Kinder, die allesamt in der extremen Rechten sozialisiert und bis heute auch dort fest verankert sind. Obwohl die Familie auch ein Domizil in Vachendorf bei Prien am Chiemsee unterhält, haben die Mörigs ihren Lebensmittelpunkt in Düsseldorf. Dort, wie auch am Chiemsee, scheint man sich an den extrem Rechten politischen Aktivitäten der Mörigs allerdings nicht zu stören, eben so wenig wie an der langen Historie Gernot Mörigs in der Szene. Gernot ist immerhin der frühere „Bundesführer“ des „Bund Heimattreuer Jugend“ (BHJ). Aus dem BHJ ist später „Die Heimattreue Jugend“ (DHJ) und schließlich die „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ) hervorgegangen. Jene Neonaziorganisation wurde wie bereits erwähnt 2009 bundesweit verboten. Gernot Mörig blieb ihr bis fast zum Schluss verbunden, noch 2007 nahm er an einem HDJ-Lager in Eschede teil. Es war die gleiche Veranstaltung, bei der auch Andreas Kalbitz auftauchte, der später wegen der HDJ-Verbindung aus der AfD-ausgeschlossen wurde.
Doch Gernot Mörigs Betätigungen als Akteur der neonazistischen Rechten sind vielfältiger:
Im Alter von 21 Jahren, im Jahr 1975, wurde Gernot Mörig Bundesleiter der „Bund Heimattreuer Jugend“ (BHJ) und führte den Bund rund fünf Jahre an. Der Bund Heimattreuer Jugend (BHJ) wurde in Westdeutschland im Jahr 1958 durch Hans Hübner (Ex-Reichsjugend) in Franken gegründet. Es folgte der Aufbau weiterer, nur lose miteinander verbundener BHJ-Gruppen, bis 1960 der BHJ in Passau (!) als bundesweite Organisation gegründet wurde. Doch der Bund zerfiel schon bald aufgrund innerer Streitigkeiten und staatlicher Repression. 1962 schlossen sich die übriggebliebenen Gruppen zum neuen BHJ in Form eines Vereins zusammen. Die ersten Bundesführer wurden Fritz Burger und Walter Schwardt. Von da an entwickelte sich der BHJ neben der Wiking Jugend zur wichtigsten Kraft innerhalb des Kameradschaftsringes Nationaler Jugendverbände (KNJ) und schaffte es als eine der wenigen völkisch-nationalistischen Jugendgruppen, seine Strukturen bis in die siebziger Jahre hinein zu retten.
1974 begannen sich mit der Wahl von Hartmut Voigts zum Bundesführer die Modernisierungsbefürworter durchzusetzen, dieser Prozess wurde ein Jahr später durch seinen Nachfolger Gernot Mörig beschleunigt. Trotz eines moderateren Auftretens (weniger offene Affinität zur Hitler Jugend) der neuen Führung blieb eine extrem völkische Ausrichtung beibehalten. In einer Selbstdarstellung schrieb der BHJ:
„Wir sind stolz, diesem Volke angehören zu dürfen! (…) Wir sind die Kämpfer für die Einheit unseres Reiches in einer verworrenen Zeit. Wir bewahren das Licht, geben es weiter und wachen, daß es auch in Zukunft brennen wird.“
Dass sich hinter diesem völkischen Pathos ein biologistisches Weltbild verbirgt, wurde durch den damaligen Bundesführer Gernot Mörig in der neonazistischen Zeitschrift „Nation Europa“ ausgeführt:
„Jedes Lebewesen auf dieser Welt führt von Geburt an in mehr oder weniger harter Form einen Kampf ums Dasein (…) so braucht z.B. jedes Volk Raum zum Leben, dieser Raum muss jedoch erkämpft werden. (…) Angehörige eines Volkes sind zumeist durch ein mehr oder weniger gemeinsames Generbe geprägt (…)“.
Auch die Strategie, bündische Erlebniswelt mit neonazistischer Ideologievermittlung zu verbinden, wurde offen dargestellt:
„Wären wir nur der lieben Pfadfinderei wegen tätig, so müsste die Frage nach unserer Existenzberechtigung gestellt werden, denn in dem Falle könnten wir uns ja auch der nächstbesten Pfadfindergruppe anschließen (…) So haben wir uns für zwei Grundbegriffe entschieden, die uns und unsere Arbeit prägen: Die bündische und die weltanschaulich-politische Tätigkeit. Beides zusammen erst ist uns ein Garant dafür, dass wahre Persönlichkeiten in unseren Reihen heranwachsen.“
Der BHJ war in Standorten als kleinste selbständige Einheit organisiert, welche von Leitstellen koordiniert wurden. Die Mitgliederzahlen wurden auf zwischen 500 und 1.000 geschätzt. Der BHJ organisierte neben zahlreichen Fahrten und Lagern auch „Treffen volkstreuer Jugend“, „Tage deutscher Kultur“ und den „Wolfsangelmarsch“. Der BHJ galt neben der Wiking Jugend als eine der wenigen kontinuierlich arbeitenden extrem rechten Jugendorganisationen. Aus seinen Reihen sind Funktionäre der extremen Rechten wie Jürgen Rieger, Hans-Michael Fiedler und Gisa Pahl hervorgegangen.
Im Mai 1990 beschloss der BHJ offiziell die Umbenennung in BHJ – Der Freibund e.V. Dieser Flügel forderte die Reformierung des Bundes, eine verstärkte Bezugnahme auf bündische Traditionen und ein gemäßigteres Auftreten in der Öffentlichkeit. Der „politischere“ bzw. radikalere Teil der Mitglieder wollte diesen Wandel nicht mittragen und so wurde unter Mitwirkung der ehemaligen Bundesführer Michael Will, Gernot Möhrig und auch Dietmar Munier im selben Jahr „Die Heimattreue Jugend e.V.“ gegründet.10https://antifainfoblatt.de/aib59/der-freibund-voelkischer-wolf-im-buendischen-schafspelz „Die Heimattreue Jugend 1990“, übernahm als Symbol die Odalrune der BHJ sowie Teile der Struktur und des Personals der BHJ. Die DHJ sah sich in direkter BHJ–Nachfolge. In einem Bericht heißt es:
„Die Flamme der Heimattreuen Jugend brennt, und sie wurde an uns weitergegeben. Bund Heimattreuer Jugend, das war der Name, der all unser Wollen in der Vergangenheit zum Ausdruck brachte.“
Knapp neun Jahre nach der Gründung und einer langen Phase der Entpolitisierung, sorgte die 1999 neu gewählte Bundesführung der HDJ für eine Reaktivierung und massiven Rechtsruck. In Publikationen war von der Notwendigkeit „volkstreuer Jugendarbeit“ die Rede, denn:
„was einst gut und richtig war, soll heute schlecht und falsch sein. Das eigene Volk ist nichts mehr Wert, man schämt sich seiner Vergangenheit“. Offen erklärte die DHJ: „Wir verpflichten uns Deutschland, indem wir geistige und körperliche Wehrhaftigkeit ausbilden (…) Jeder ist aufgefordert (…) am Aufblühen einer deutschnationalen Jugendarbeit mitzuhelfen!“.
Nach eigenen Angaben wurde dann auf einem Bundesjugendtag im Oktober 2000 beschlossen den Namen „Die Heimattreue Jugend e.V.“ durch „Heimattreue Deutsche Jugend e.V.“ zu ersetzen. Grund sei die Tatsache gewesen, „dass man ‚Die Heimattreue Jugend’ nicht gescheit abkürzen kann, ohne das Kürzel einer seit 1945 in Deutschland verbotenen Organisation zu nutzen.“ 11AIB 74 – 1.2007 | 11.3.2007 | Der BHJ: Völkische Jugendarbeit | Zwischen Nazi-Tradition und bündischer Erneuerung https://antifainfoblatt.de/aib74/der-bhj-voelkische-jugendarbeit
Doch in jenen Jahren als Bundesführer des BHJ und des Aufbaus der HDJ war Gernot Mörig auch in weitere Projekte der extremen Rechten eingebunden:
1977: Gernot Mörig und die „Hermann-Niermann-Stiftung“
Die Hermann-Niermann-Stiftung ist nach dem 1905 geborenen Düsseldorfer Kaufmann und Industriellen Hermann Niermann benannt und wurde 1977 zur Unterstützung deutscher Minderheiten in Europa gegründet. Wichtigster Mann für die Niermann-Stiftung war Norbert Burger. Burger sorgte dafür, dass das Stiftungskuratorium nach und nach mit Gesinnungsfreunden aufgefüllt wurde. Zu den Vertrauten Burgers innerhalb der Stiftung gehörten Herwig Nachtmann, ehemaliger Chefredakteur des als rechtsextrem eingestuften Aula-Magazins, Gernot Mörig, ehemals Bundesführer des rechtsextremen Bundes Heimattreuer Jugend sowie der Düsseldorfer Anästhesist Erhard Hartung, der 1970 in Italien wegen der Beteiligung an Sprengstoffanschlägen in Abwesenheit ebenfalls zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden war. Aus Fördermitteln abgezweigte Gelder flossen an verschiedene Minderheitenparteien, aber auch an extremistische Organisationen wie die elsässische Separatistengruppe Schwarze Wölfe. Erhebliche Summen wurden auch verdeckt nach Südtirol transferiert.
12http://www.dahamist.at/index.php/2015/07/21/werner-neubauer-fpoe-trauert-um-einen-terroristen/
Hintergrundinformation: Norbert Burger und die „Südtirol-Attentäter“
Norbert Burger gründete 1967 die Nationaldemokratische Partei (NDP) und blieb während ihres Bestehens bis zur Aberkennung des Parteistatuts und der behördlichen Auflösung des Vereins wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung 1988 die bestimmende Person. Neben Fred Duswald, der zeitweise als Schatzmeister der Partei aktiv war, engagierten sich eine Reihe von „Südtirol-Aktivisten“, für die Partei, die nach dem Vorbild und als Schwesterpartei der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) aufgezogen werden sollte. Norbert Burger, (ehemaliger) Vorsitzender der NDP wurde wegen Beteiligung an terroristischen Aktivitäten 1971 in Italien in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt.
1979: Dietmar Munier und Gernot Mörig gründen Rathausbuchhandlung Kiel GmbH
Dietmar Munier (*1954 in Hannover) ist ein deutscher Verleger rechtsextremer und geschichtsrevisionistischer Literatur. Seine Frau Gerlind Munier (geborene Mörig, *1969) ist Mitinhaberin und -geschäftsführerin des Verlagskomplexes. Dietmar Munier war bereits im Jahr 1973 als damals 19-Jähriger stellvertretender Landesvorsitzender der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“. Mitten in Kiel übernahm Munier Ende 1975 den Nordwind-Buchladen des Auschwitz-Lügners Thies Christophersen und taufte ihn in „Sturmwind“ um. Dort war auch die Kontaktstelle für die Kieler Neonazi-Schülerzeitung namens „Lisbeth“. Mit dem Namen „Buchhandlung am Dreiecksplatz“ gab er sich zusammen mit seinem Geschäftspartner Gernot Mörig aus Braunschweig fortan bürgerlicher. Für die Informationsschrift „Wehrwolf“ der „Volkstreuen Jugend Kiel“ lud Munier beispielsweise 1977 auch schon mal zur körperlichen Ertüchtigung in ein Wochenendlager bei Plön ein. Als Programmpunkte dafür führte er seinerzeit auf: „Volkstumsarbeit, Geländespiele, Wanderungen, Märsche, Singen, Lagerfeuer, Sport u.v.a.“13https://www.endstation-rechts.de/news/rechter-geschaeftsmann-ohne-bank
Im Jahr 1983 übernahm Munier den „Arndt Verlag“ von dessen Gründer Heinz von Arndt (Deutsche Reichspartei, NPD) und baute diesen zu einem der größten rechtsextremen Verlage Deutschlands aus. Bereits vor der Übernahme des „Arndt Verlags“ durch Dietmar Munier hatte dieser zwischen 1970 und 1978 den Verein „Dichterstein Offenhausen“ intensiv durch Publikationen begleitet. Der Verein „Dichterstein Offenhausen“, in dessen Vorstand bereits Arndt Novaks Opa Fred Duswald aktiv war, war eine rechtsextreme Kulturorganisation in Österreich und wurde 1999 wegen NS-Wiederbetätigung behördlich aufgelöst.
1979: Gernot Mörig lädt den Holocaustleugner David Irving zum BHJ ein
Ebenfalls im Jahr 1979 soll Gernot Mörig den Holocaustleugner David Irving eingeladen haben beim Bund Heimattreuer Jugend in Braunschweig zu sprechen. Dies geht aus einem Briefwechsel zwischen Mörig und Irving aus dem selben Jahr hervor. Auch andere rechtsextreme deutsche Organisationen wie das ‘Collegium Humanum’ in Vlotho, das ‘Deutsches Kulturwerk Europäischen Geistes’, der ‘Verein für Kultur und Zeitgeschichte’, sowie Dietmar Muniers Arndt-Verlag und die ,Sturmwind’-Gruppe sollen mit Irving in Austausch gestanden haben und teilweise bis in die 1990er Jahr zu seinen engsten Unterstützern gehört haben. 14Funke,“David Irving, Holocaust Denial, and his Connections to Right Wing Extremists and Neo-National Socialism – 3.1 David Irving’s earlier activities in Germany, 1978 – 1981“
1981: Buch „Deutschlands junge Zukunft Jugendliche Antworten auf Fragen der Zeit“
Im Jahr 1981 publizierte Gernot Mörig das Buch „Deutschlands junge Zukunft Jugendliche Antworten auf Fragen der Zeit.“ im Arndt-Verlag. Darin erläutert der ehemalige Führer des BHJ, beispielsweise, wie es gelingen soll, unpolitischen Musikgruppen für seine neofaschistischen Kreise zu vereinnahmen: „Auf diese Art und Weise erleben die ältesten deutschen Sprachzeugnisse eine wichtige Wiedergeburt in breiten Kreisen der Bevölkerung“. Das gemeinsame Singen von Heimatliedern „stärkt das Selbstbewußtsein unseres Volkes, dem ewig eingeredet wird, daß es von ,halbwilden‘ Germanen abstamme und lediglich eine Verbrechergeschichte hinter sich habe.“ 15Mörig, G. (Hg.): Deutschlands junge Zukunft, Kiel 1981, S. 206., In: „Welche Rolle spielt die Musik bei den Rechtsextremisten in der Bundesrepublik Deutschland?“, Nauck-Börner, Christa [Hrsg.]: Musikpädagogik zwischen Traditionen und Medienzukunft. Laaber : Laaber-Verl. 1989, S. 91-117.
1985: Mörig gründet das rechtsextreme Schulungsprojekt „Arbeitskreis für Politik und Kultur“
Mörigs neues Projekt „Arbeitskreis für Politik und Kultur“ formierte sich als Abspaltung von der Deutsche Kulturgemeinschaft (DKG)/ Berliner Kulturgemeinschaft Preußen (BKP). Die Berliner Kulturgemeinschaft Preußen e.V. war ein rechtsextremistischer Bildungs- und Schulungsverein zur Vermittlung nationalistischer Ideen. Die BKP entstand aus der 1979 gegründeten Deutschen Kulturgemeinschaft (DKG), die vier Jahr später wiederum den „DKG-Arbeitskreis Berlin“ ins Leben rief, der sich 1990 in Berliner Kulturgemeinschaft Preußen e. V. (BKP) umbenannte. Die Hauptaufgabe der DKG/BKP lag nach Einschätzung des Antifaschistischen Presseachives in der „Schulung und Heranziehung von neofaschistischen Führungskadern“. Im Jahr 1985 kam es zu einer weiteren Abspaltung aufgrund interner Streitigkeiten und es entstand der Arbeitskreis für Politik und Kultur unter Führung von Gernot Mörig. 16https://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Kulturgemeinschaft_Preußen
1988: Mörig begeistert sich beim Älterentreffen der BHJ für die Idee des „3. Weg“
In der internen Verbandszeitung „Na klar“ berichtete Mörig über ein „Älterentreffen“ des BHD im Jahr 1988. Hauptthema damals sollen „Nationalrevolutionäre“ in der Weimarer Rebublik gewesen sein (Ernst Niekisch und Otto Strasser). Mörig erklärt in dem Artikel, die Politik dieser Politiker habe sich gegen den sogenannten Vertrag von Versailles, gegen Kapitalismus und Internationalismus, für freie Völker und den Sozialismus eingesetzt. Die Nationalrevolutionär beanspruchten den „dritten“, den richtigen Weg zu gehen, den Weg der antibürgerlichen Synthese zwischen Sozialismus und Nationalismus. Mörig kündigte damals an: „Für uns werden insbesondere die Ideen der Nationalrevolutionäre Gegenstand der Beschäftigung sein“. Rund 35 Jahre später gründete sich, in genau jeder Tradition des Nationalsozialisten Otto Strasser die neonazistische Partei „Der III. Weg“. Mörig hingegen scheint sich eher der im selben Jahr gegründeten und inzwischen ebenfalls extrem rechten AfD zugewandt zu haben.
2021: Die Mörigs und das rechtsverschwörerische Medienportal „FreeDoLine“
Verbreiter alternativer Fakten planten um 2021 ein Medienportal für ihresgleichen, verankert im Ausland. Zur Finanzierung standen Akteur:innen vom rechten Rand in den Startlöchern, Leute aus Werteunion und AfD, mit teilweise sehr braunem Background – und mittendrin, das Ehepaar Mörig. Treibende Kraft und maßgeblicher Geldgeber des Projekts ist Erich Hambach, Verschwörungsideologe und Netzwerker aus Oberbayern.
Hambach ist verantwortlich für die Projekte „Menschen machen Mut“, den „Hambacher Kulturförderverein e.V.“ oder als Projektleiter für das Medienportal „FreeDoLine“. Zu den guten Freunden und Kooperationspartner:innen des Ehepaars Martina und Erich Hambach gehören ausgerechnet Dr. Gernot Mörig und Frau Astrid aus Düsseldorf.
Am 17.08.2021 traf sich Erich Hambach mit einigen Leuten zur Vorbereitung eines weiteren Treffens mit potientiellen Investoren für das Medienprojekt „FreeDoLine“. Er schrieb dazu in einer Nachbereitung an seine Mitstreiter Kayvan Soufi-Siavash (Ken Jebsen, KenFM), Olaf Kretschmann (FreeDoLine-IT, „Rundfunkbeitragswiderstand“) und Lena Lampe (Geschäftsführerin Apolut):
„Der Initiator, ein guter Freund von uns, Dr. Gernot Möhrig [sic!] hat für den 9.10. die Investorenrunde geladen es werden rund 25 Leute sein, darunter extrem potente Menschen in Finanzdingen. […] Überwiegend Patrioten (Max Ott 17gemeint ist Max Otte, Werteunion, Anm. d. Red. von „Völkische Verbindungen Kappen“ ist in der Rund [sic!] z.B. sehr gut gelitten) und wie erwähnt politisch eine Mischung aus CDUWerteunion und AfD,…Dort werden wir nach meiner Einschätzun [sic!] sicherlich gut punkten und Finanzmittel einwerben können. Deshalb war die Runde gestern wichtig, da wir auch viel über die Zielgruppe der Investoren die wir ansprechen werden erfahren haben.[sic!]“
Bereits Ende 2020 hatte Gernot Mörig Max Otte mit Erich Hambach bekannt gemacht und für das Medienprojekt geworben. In einem nachträglichen Dankesschreiben an die Teilnehmenden des Investorentreffens („5. Düsseldorfer Runde“ genannt) schreibt Dr. Gernot Mörig:
„Auch im Namen von Astrid möchte ich mich noch einmal ganz herzlich für Eure aktive und konstruktive Teilnahme an unserer ‚5.Düsseldorfer Runde‘ bedanken. Es freut uns sehr, dass dieses Mal die positive Resonance wirklich außergewöhnlich hoch gewesen ist. Dies lag, neben dem privat, fast familären Charakter, natürlich in erster Linie an den vorgestellten Projekten bzw den entsprechend starken Referenten, denen ich hiermit für ihr Engagment nochmal besonders danken möchte. Und dass sich – unmittelbar nach einem anstrengenden Bundestagswahlkampf – der Bundessprecher der AFD, Tino Chrupalla selbst ins Auto setzt, um vor einem kleinen privaten Kreis völlig unkompliziert und glaubwürdig ‚Rede und Antwort‘ zu stehen, um am nächsten Morgen in aller Frühe wieder über Görlitz nach Berlin zu fahren, ist wahrlich nicht selbstverständlich gewesen!
So konnten wir unsere drei bekannten Ziele: sich schlicht und einfach im Kreise niveauvoller Patrioten wohl zu fühlen, unser Netzwerk in viele Dimensionen zu erweitern und schließlich gute Projekte zu unterstützen, wieder optimal umsetzen. Da wir bei den letzten Treffen jeweils konkrete Bankkonten angegeben hatten, sind in diesem Jahr im Nachhinein einige Freunde etwas verunsichert gewesen, in welcher Form sie in die vorgestellten Projekte investieren können.
Dies ist möglich, indem Ihr in direkten Kontakt mit den Protagonisten tretet, um konkrete Möglichkeiten der Unterstützung abzusprechen: Kontaktdaten …. […] Ich freue mich auf die nächste ‚Düsseldorfer Runde‘ mit Euch am 15.10.2022 in Potsdam. Herzliche Grüße“
Mit der Einladung Chrupallas zu sich nach Hause macht Mörig aus seiner Nähe zur AfD auch keinen Hehl, neu sind dessen zahlreiche Verbindungen zur Partei jedoch keinesfalls. In einer E-Mail an eine Dermatologie- Pofessorin der Uni Kiel schrieb Mörig beispielsweise, dass er die führenden Protagonisten der AfD konstruktiv mit wissenschaftlichen Studien zu Corona so versorgt habe, dass daraus auf dem letzten Bundesparteitag „eine sehr gute Resolution hervorgegangen ist, die ihresgleichen sucht“. Einer seiner Schwiegersöhne, der Ehemann seiner Tochter Svenja (geb. Mörig), ist übrigens AfD Abgeordneter im Landtag vom Mecklenburg-Vorpommern und dort Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Landtagsfraktion. Dazu später mehr.
Hambach schreibt über das Vorbereitungstreffen des Investorentreffs, dass neben Gernot Mörig und seiner Frau Astrid Hans-Christian Limmer18hervorgehoben von Antifa-Info.net (Gründer von BackWerk19hervorgehoben von Antifa-Info.net) anwesend gewesen sein soll. Interessanter ist das Engagement dessen Familie in einen umstrittenen Verein, der in Borna eine Art Gedächtnisstätte für Geschichtsrevisionisten und Neo-Nazis betreibt. Dahinter steckt der Vlothoer Verein “Gedächtnisstätte für die Opfer des Zweiten Weltkrieges durch Bomben, Verschleppung, Vertreibubng [sic!] und in Gefangenenlagern”, deren Gründerin die Witwe Ursula Haverbeck-Wetzel und heutiger Vorsitzende Wolfram Schliedewitz ist. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, an die „deutschen Opfer von Bombardements, Vertreibungen und anderer Taten” zu erinnern, die einseitig als, an den Deutschen im Zweiten Weltkrieg begangene Verbrehen [sic!] betrachtet werden.” Der Verein sieht sich einer einseitigen Behandlung von Opfern in der BRD gegenüber und möchte gerne einen Ort der Stille und des Erinnerns für die vergessenen Opfer bilden. […] Finanziell wird der Verein und das Gelände durch den Architekten Ludwig Limmer (seit seinem Tod durch dessen Sohn Hans Christian Limmer und dessen Mutter Gisela Limmer) getragen. Dieser war auch Mitglied im oben genannten Verein, bei Familie Limmer wurden im Rahmen einer Hausdurchsuchung 2005 diverse Holocaustleugnende Schriften vorgefunden. […] Hinter dem Verein stehen die Personen des Vlothoer “Colegium Humanum”, einem bundesweit bekannten Zentrum der Holocaustleugner:innen, allen voran die Witwe Ursula Haverbeck-Wetzel. Auch „Promimenz“ [sic!] wie Horst Mahler verkehrten hier regelmäßig. 20https://www.chronikle.org/dossier/vereingedaechtnisstaette-borna21AnonLeaks, „Freedoline – Hintermänner und Finanzierungsrunden“, 13.12.2021, https://anonleaks.net/2021/optinfoil/freedoline-hintermaennerund-finanzierungsrunden/>
Die Verstrickungen des Ehepaars Mörig in eher verschwörungsideologisch-parawissenschaftliche Kreise verwundert nicht. Astrid Mörig (*1955) scheint nicht erst seit der Corona Pandemie einen Hang zu Alternativmedizin und Hokus Pokus zu haben. Die Düsseldorfer Zahnarztgattin und Mutter vierer Kinder joggt gerne, lässt sich auch mal von VIPs trainieren und engagiert sich immer wieder gerne auch medienwirksam für Projekte und ihre Heimat, beispielsweise mit der „BürgerStiftung Düsseldorf“.
Im Gästebucheintrag einer Heilpraktikerin mit Praxis in der Nähe von Düsseldorf bekennt sich Astrid Mörig im Juni 2016, selber als Heilerin tätig zu sein:
„Liebe Sylvia, seit einigen Jahren sind wir über die innovativ-natürlichen Heilmethoden verbunden – in vielerlei Hinsicht hast Du mir und meiner Familie schnell und anhaltend helfen können – meist in Richtungen denkend, die ich vorher gar nicht gesehen hatte Und dass wir nun seit langer Zeit miteinander auch gemeinsam heilend tätig sind, wir uns gegenseitig unterstützen und ergänzen, freut mich irrsinnig – ich habe das Gefühl, dass sich dann die Therapie und ihr Erfolg nicht nur verdoppelt sondern potenziert!!! Danke für Deine Impulse, Deine Astrid“
Im Juni 2023 erwarb Astrid Mörig außerdem ein Ticket für einen Auftritt des selbsternannten Mystikers und Weisheitslehrers Thomas Young, der auf seinen Vortragsreisen und Workshops in Europa und den USA „die Menschen in Kontakt mit der alchemistischen Kraft des Herzens“ bringt.
Mit energetischen Fragen, allerdings solche, die nicht mit Schwingungen, Klangschalen und der Alchemie des Herzens arbeiten, beschäftigt auch der jüngste Spross des Mörig-Clans.
Arne Friedrich Mörig
Jüngstes Mitglied der völkischen Mörig-Sippe ist Arne Friedrich Mörig (*1992). Nach seinem Abitur studierte er von 2012 – 2015 Wirtschaftspsychologie an der EBC Hochschule in Hamburg. Während seiner Zeit im Hamburg näherte sich Arne Mörig der Identitären Bewegung in Norddeutschland an. Über seine Schwester Wiebke soll Arne Mörig Kontakt zum Hamburger IB-Aktivisten und Teil des IB-Reisekaders, Friedrich Schmutzler, aufgenommen haben. Wiebke Mörig und Friedrich Schmutzler hatten im August 2016 gemeinsam eine IB-Akademie in Frankreich besucht. Einen Monat später traf sich Arne mit Schmutzler zu einem Erstgespräch. 22EXIF, „Die „Identitäre Bewegung“ in Norddeutschland“, 2017; https://exif-recherche.org/?p=577
In der Folge fiel Arne Mörig als Aktivist der Identitären Bewegung in Norddeutschland auf. Lange währte dieses Engagement jedoch wohl nicht, denn im Herbst 2017 begann Arne Mörig das zweijährige Masterstudium „Sustainable Energy System Management“ an der Hanzehogeschool Groningen in den Niederlanden. In seiner Masterarbeit beschäftigte er sich mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, Kreislaufwirtschaft, Recycling und Logistik. Dies ermöglichte Arne nach seinem Uniabschluss im Sommer 2019 ein Praktikum als Fachreferent für Mineralik und Baustoffrecycling und Persönlicher Assistent des Präsidenten des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- u. Rohstoffwirtschaft e.V. (BDE) in Berlin. Nur ein Jahr später stieg Arne Mörig selber zu dessen Geschäftsführer auf. Von Juli 2020 bis Juli 2021 soll er den Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- u. Rohstoffwirtschaft e.V. und die der IGAM (Interessengemeinschaft der Aufbereiter und Verwerter von Müllverbrennungsschlacken) geleitet haben. Im Rahmen seiner Tätigkeit für den BDE durfte Arne Mörig am 5. März 2020 sogar im Deutschen Bundestag vor dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sprechen. Im Paul-Löbe-Haus referierte er zudem über Recycling-Programme im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) im Zusammenhang mit deutschen Müllexporten.
Die Steins
Svenja (geb. Mörig) und Thore Stein
Auch die dritte Mörig-Tochter Svenja ist, wie ihre Schwestern Wiebke und Inka, mit einem bekannten Rechtsextremisten verheiratet.
Bei ihrem Ehemann handelt es sich um Thore Stein (*1988), einen Burschenschafter und AfD-Landtagsabgeordneten in Mecklenburg-Vorpommern. Stein, der in Ulm geboren wurde, wuchs im nordrhein-westfälischen Ahrweiler, südlich von Bonn, auf. Auffällig ist seine besonders ausgepägte Affinität zu Buschenschaften, denn bereits als Abiturient war er Mitglied der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn geworden, einer extrem rechten Studentenverbindung. Das Bekanntwerden dieser Tatsache führte zum Rauswurf Steins beim RCDS.
Dies führte allerdings keinesfalls zu einem Umdenken Steins, ganz im Gegenteil: schon bald trug er auch das Band der radikalen Hamburger Burschenschaft Germania und der Halle-Leobener Burschenschaft Germania (HLB). Aus der HLB ging später mit der Gruppe „Kontrakultur“ einer der bedeutsamsten Ableger der Identitären Bewegung hervor.
Nach Abschluss seines Studiums zog der jetzt als Agrarwissenschaftler tätige Stein nach Mecklenburg-Vorpommern um und lebt dort bist heute in der kleinen Gemeinde Moraas, südlich von Schwerin. Dort wurde er schnell Referent für Agrarpolitik bei der AfD-Landtagsfraktion und zog auch für die AfD in den Kreistag ein.
Stein ist außerdem Reservist im Rang eines Oberleutnants. Dabei sieht er sich scheinbar in äußerst fragwürdiger Tradition, wie seine Unterschrift unter einer Petition für den Erhalt des Fallschirmjägerdenkmals auf Kreta vermuten lässt. Das umstrittene Monument, das bereits 1941 errichtet wurde, ist Wehrmachtsangehörigen gewidmet, die lautet Inschrift „fern der Heimat getreu eurem Fahneneid das Leben gabet unserem Großdeutschland“. Jene Wehrmachtssoldaten verübten Massaker an der Zivilbevölkerung und brannten ganze Ortschaften nieder.
Seine Verbindungen zur Bundeswehr machte sich Thore Stein auch rund um seine Hochzeit mit seiner heutigen Ehefrau Svenja Mörig bzw. Stein im Jahr 2014 zu Nutze. Denn nach der standesamtlichen Trauung von Thore Stein und Svenja Mörig, bei der bereits Personen aus einschlägigen völkischen und bündischen Kreisen teilnahmen, luden die frisch verheirateten zu einer Fete in einer Liegenschaft der Bundeswehr, dem Offiziersheim in der Berliner Julius-Leber-Kaserne. Anwesend waren hierbei einschlägige bundesweit bekannte Neonazis.
Das Paar Svenja und Thore Stein hat heute vier Kinder. Thore Stein sitzt außerdem seit der Landtagswahl 2021 für die AfD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern und ist zudem seit 2020 als Schriftführer im Vorstand der sehr AfD-nahen Desiderisus Erasmus Stiftung. 23Informationsdienst zur AfD in Sachsen, „Der unauffällige Herr Stein“, 2020, ULR: https://idas.noblogs.org/?p=3320
Bilder: Screenshots der Website von Thore Stein (thore-stein.de)
Der unauffällige Herr Stein: https://idas.noblogs.org/?p=3320
Auf der Seite der Kampagne „Völkische Verbindungen Kappen“ findet ihr ausführlichen Rechercheartikeln bis hin zu Dossiers über Burschenschaften und andere „elitäre“extreme Rechte.
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- 3Robert Andreasch, „Gipfelkreuz und Lederhose“ | Magazin „der rechte rand“ Ausgabe 163 – November 2016
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- 6Naturliebe und Menschenhass – Völkische Siedler*innen in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Hessen und Bayern, S. 30/31
- 7Identitäre Bewegung: Die Scheinriesen, von Kai Biermann, Philip Faigle, Astrid Geisler, Karsten Polke-Majewski und Martín Steinhagen | 26. April 2017 | URL: https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2017/05/15/die-identitaere-bewegung-in-bayern_23698
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- 9Infoticker Passau, „Tobias Lipski: verhinderter Attentäter, rechtsextremer Burschenschafter, AfD-Jungpolitiker, Passauer Student“, 2019, https://www.infoticker-passau.org/node/407/
- 10
- 11AIB 74 – 1.2007 | 11.3.2007 | Der BHJ: Völkische Jugendarbeit | Zwischen Nazi-Tradition und bündischer Erneuerung https://antifainfoblatt.de/aib74/der-bhj-voelkische-jugendarbeit
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- 14Funke,“David Irving, Holocaust Denial, and his Connections to Right Wing Extremists and Neo-National Socialism – 3.1 David Irving’s earlier activities in Germany, 1978 – 1981“
- 15Mörig, G. (Hg.): Deutschlands junge Zukunft, Kiel 1981, S. 206., In: „Welche Rolle spielt die Musik bei den Rechtsextremisten in der Bundesrepublik Deutschland?“, Nauck-Börner, Christa [Hrsg.]: Musikpädagogik zwischen Traditionen und Medienzukunft. Laaber : Laaber-Verl. 1989, S. 91-117.
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- 17gemeint ist Max Otte, Werteunion, Anm. d. Red. von „Völkische Verbindungen Kappen“
- 18hervorgehoben von Antifa-Info.net
- 19hervorgehoben von Antifa-Info.net
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- 21AnonLeaks, „Freedoline – Hintermänner und Finanzierungsrunden“, 13.12.2021, https://anonleaks.net/2021/optinfoil/freedoline-hintermaennerund-finanzierungsrunden/>
- 22EXIF, „Die „Identitäre Bewegung“ in Norddeutschland“, 2017; https://exif-recherche.org/?p=577
- 23Informationsdienst zur AfD in Sachsen, „Der unauffällige Herr Stein“, 2020, ULR: https://idas.noblogs.org/?p=3320