Kundgebung gegen die AfD in Waiblingen

Bericht der Initiative Rems-Murr gegen Rechts

Mit an die 1000 Teilnehmenden waren wir heute in Waiblingen auf dem alten Rathausplatz um gegen Faschismus, gegen Rassismus und für eine demokratische, solidarische und sozialere Gesellschaft zu protestieren.

Wir sehen in der heutigen Kundgebung einen vollen Erfolg! Heute haben unterschiedliche Akteure, darunter Gewerkschaften, lokale Initiativen, Bündnisse und vor allem vieler Waiblingerinnen und Waiblingen ein unmissverständliches Zeichen gesetzt.

Wir danken auch dem sich zu konstituierenden „Bündnis für Demokratie“ für die enge Zusammenarbeit.

Es wurden Redebeiträge lokaler Akteure, aus Gewerkschaft und Betrieb und aus der Perspektive eines Menschen mit Migrationserfahrung vorgetragen:

Den Beginn machte Angelika Winterhalter, eine engagierte Waiblinger Bürgerin. Sie berichtete, was sie bewegt um für die Demokratie auf die Straße zu gehen.

Anna vom offenen antifaschistischen Treffen Rems-Murr machte deutlich: auch im Rems-Murr Kreis gibt es Räume für die Vernetzungen von verschiedenen rechten Akteuren, wie der AfD, der „Identitären Bewegung“ und „Zentrum Automobil“. Die Rede des offenen antifaschistischen Treffens findet ihr hier.

Aus der gewerkschaftlichen Perspektive berichtete zunächst Andre Fricke, DGB-Gewerkschafts-sekretär für den Rems-Murr Kreis. Seine Rede endete mit dem deutlichen Zeichen: der AfD die rote Karte zu zeigen.

Das Gewerkschaft nicht nur bedeutet an vorderster Front für soziale Verbesserungen, sondern damit eben auch gegen rechte Hetzer im Betrieb zu kämpfen machte Sven vom IG-Metall Vertrauenskörper bei Mercedes-Benz in Untertürkheim in seiner Rede deutlich.

Thomas Grau von der Amnesty International Ortsgruppe Waiblingen hielt einen Redebeitrag der sich mit der Geschichte und dem Schutz der Menschenrechte auseinandersetzte.

Der letzte Redebeitrag wurde von einem unserer Kollegen mit Migrationshintergrund, der selbst im Alltag häufig von Rassismus betroffenen ist, gehalten.

Er richtete seine Worte nicht nur an die Anwesenden, sondern auch direkt an die Bundesregierung und Olaf Scholz. Es wurde deutlich formuliert: „[…] wer gegen Rechts sein will, darf nicht deren Rhetorik und deren Agenda übernehmen!“ Stattdessen müsse rechter Hetze durch sozialere Politik der Nährboden entzogen wurden. Nur so bekämpft man auch die Grundlage rechter Gewalt bis hin zu faschistischen Mordanschlägen, wie vor vier Jahren in Hanau.

Dieser Anschlag jährt sich am 19.02. erneut und wurde zum Anlass genommen, die Kundgebung mit einer Gedenkaktion an die in Hanau Ermordeten zu beenden. Auf die Bühne traten 9 Personen mit Schildern, auf denen deren Namen und Gesichter zu sehen waren.

Durch alle Reden zog sich, dass jetzt die Zeit ist gemeinsam zu handeln. Wir müssen uns auf verschiedenen Ebenen, mit verschiedenen Mitteln gegen Rechts stellen – gegen die AfD, Zentrum, die Identitäre Bewegung und alle Räume, die diese versuchen in Anspruch zu nehmen. Und eben auch dagegen, dass rechte und rassistische Positionen stückweise übernommen werden – das geht jedoch nur wenn wir dabei gemeinsam an einem Strang ziehen!

Im Anschluss an die Kundgebung sammelten sich viele der Kundgebungsteilnehmer:innen hinter dem Banner des offenen antifaschistischen Treffens und zogen gemeinsam mit bunten Schildern, Parolen wie „alle zusammen gegen den Faschismus“ und „wir sind die Brandmauer“ in einer spontanen Demonstration durch die Waiblinger Altstadt bis hin zum alten Postplatz.

Auch am alten Postplatz wurde das Gedenken an den faschistischen Anschlag in Hanau aufgegriffen:

Aktivist:innen befestigten einen Banner mit der Botschaft „4 Jahre Hanau – Gedenken heißt antifaschistisch kämpfen“ an einem Geländer und untermalten die Aktion mit buntem Rauch.

Die Polizei, welche schon während der friedlichen Spontandemonstration unsouverän agierte, reagierte nun völlig überzogen und führten einen der Aktivisten in Handschellen ab.

Dieses Auftreten verurteilen nicht nur wir scharf. Eine Traube von Demonstrationsteilnehmer:innen versammelte sich schnell um eine der Polizeikontrollen und solidarisierte sich noch vor Ort mit der Aktion.

Wir kritisieren, dass die Waiblinger Polizei gerade im Hinblick auf den friedlichen und vielfältigen Tag keinerlei Fingerspitzengefühl an den Tag legt – insbesondere in Anbetracht der äußerst unrühmlichen Rolle, die die Polizei im Komplex des rassistischen Anschlags in Hanau und dessen Aufklärung spielt ist dieses dieses Agieren der Polizei untragbar.

Der Tag heute hat klar gemacht: wir haben es mit einem vielschichtigen Problem zu tun. Genauso vielschichtig muss auch die Bewegung sein, mit der wir dagegen halten. Eine Bewegung, die sich engagiert für die Rechte von Geflüchteten, für unsere öffentliche Daseinsvorsorge, für bessere Arbeitsbedingungen und für eine demokratische, solidarische und gerechtere Gesellschaft!

Dabei dürfen wir es nicht bei einer erfolgreichen Kundgebung oder der einen oder anderen unterschriebenen Petition belassen, wir müssen gemeinsam ein kontinuierliches, antifaschistisches Handeln in unserem Alltag entwickeln – auf der Straße, in der Schule, in den Betrieben. Keinen Ort, keinen Platz und keinen Raum dürfen wir den Rechten überlassen!

Als Vorbereitungskreis der Initiative Rems-Murr gegen Rechts bedeutet das auch, nicht nur heute in Waiblingen auf der Straße gewesen zu sein, sondern weiter zu machen und aus dem Vorbereitungskreis ein Bündnis zu schmieden.

Wir bedanken uns bei allen Anwesenden und freuen uns, auch in Zukunft bei weiteren Aktionen in der Öffentlichkeit und inhaltlichen Veranstaltungen, auf viel Zulauf.


Bericht des Offenen antifaschistischen Treffens Rems-Murr

Heute [17. Februar] waren wir mit etwa 1000 Menschen in Waiblingen auf der Straße um deutlich zu machen: Die rechte Welle muss gebrochen werden! Zu einer Kundgebung aufgerufen hatte „Rems-Murr gegen Rechts“, eine Initiative aus antifaschistischen Gruppen und den lokalen DGB-Gewerkschaften.

Wir beteiligten uns mit zahlreichen selbstgebastelten Schildern, unseren Infostellwänden über rechte Aktivitäten im Rems-Murr-Kreis, einem Redebeitrag an der Kundgebung, sowie einer anschließenden Spontandemonstration.

In unserem Redebeitrag (siehe unten) gingen wir insbesondere auf die Verstrickungen des Nazivereins Zentrum Automobil1Mehr über die rechte Pseudo-Gewerkschaft und ihr Netzwerk unter https://zentrum-automobil.info/ im Zuge der Potsdam-Konferenz ein. Wir machten deutlich, dass in unserem Landkreis rechte Kräfte wie die AfD oder die Identitäre Bewegung aktiv daran arbeiten, die Massendeportationen mit ihrer Demagogie vorzubereiten. Und dass wir zwar ermutigt sein dürfen über den Erfolg, AfD-Veranstaltungen in privaten Heimen und Gaststätten so gut wie verunmöglicht zu haben – jedoch die AfD ein Kreisbüro und Rückzugsort im benachbarten Korb unterhält.

Als der letzte Redebeitrag eines Geflüchteten endete, der aufgrund der Bewerbung unserer Kundgebung massiv rassistisch angefeindet wurde, hoben wir im Gedenken an die Ermordeten des Hanauer Anschlags ihre Gesichter und Namen hoch. Die Erinnerung an Hanau heißt für uns auch, den Kampf gegen Rassismus und Faschismus entschlossen und organisiert aufzunehmen.

Aus der Dynamik der Kundgebung ergab sich im Anschluss eine Spontandemonstration durch die Waiblinger Altstadt. Diese wurde zu Beginn von der Polizei versuchsweise aufgehalten, die sich hier wie gewohnt aufspielte und unseren Protest einzuschränken suchte.

Als die Demo ihren Abschlussort am Alten Postplatz erreichte, grüßten wir die Teilnehmenden mit einem Banner mit der Aufschrift „4 Jahre Hanau – Gedenken heißt antifaschistisch kämpfen!“ und einem Rauchtopf. Das veranlasste die Polizei, loszustürmen um mehrere Antifaschist:innen festzunehmen und teils mit Handschellen abzuführen.

Ein solch rabiates Vorgehen ist zwar nicht überraschend, aber dennoch ein Skandal. Vor allem bei einer Gedenkaktion zu den Ermordeten von Hanau, denn die Polizei hat sich dort mitschuldig gemacht. Die Notausgänge aus der Shishabar wurden auf ihre Anweisung hin versiegelt und halfen dadurch dem Mörder. Der Notruf von Vili wurde in dieser Nacht mehr als vier Mal nicht beantwortet. Und damit ist noch kein Wort von all dem übrigen Rassismus innerhalb der Polizei gesprochen: von rassistischen Kontrollen, von Chatgruppen, vom befeuern rassistischer Debatten um Shishabars und nach Silvester oder im Anschluss an die sogenannte „Stuttgarter Krawallnacht“. Für ihre Mitschuld in Hanau musste sich bislang kein:e Polizist:in verantworten, im Gegenteil – die Waiblinger Polizei legt stellvertretend denen Handschellen an, die darauf aufmerksam machen. Unsere Solidarität gilt den verfolgten und kontrollierten Antifas!

Unterm Strich können wir auf einen erfolgreichen Tag zurückblicken: Die heutige Kundgebung war die größte antifaschistische Mobilisierung in Waiblingen seit langem! Wir haben mit unserer Rede und darüber hinaus einen gelungenen Beitrag zum Tag geleistet und uns als antifaschistische Akteure bekannt gemacht. Wir sind angesichts des heutigen Tages zuversichtlich, dass wir dem Rechtsruck gemeinsam etwas entgegen setzen können und werden.

In diesem Sinne: die rechte Welle brechen!

 

Du willst auch über heute hinaus antifaschistisch aktiv werden? Dann fahr mit uns

Rede:

Liebe Waiblingerinnen und Waiblinger,

mein Name ist Julia und ich darf heute im Namen des Offenen antifaschistischen Treffens Rems-Murr sprechen.

Seit ungefähr einem Monat gehen bundesweit Massen gegen die AfD auf die Straße. Auslöser dafür war – wie wir alle wissen – die Correctiv Recherchen über das Geheimtreffen in Potsdam. Den „Masterplan“ zur Vertreibung und Abschiebung von über 20 Millionen Menschen in diesem Land brachte Input-Geber und Chef der Identitären Bewegung Martin Sellner mit.

Soviel ist bekannt. Doch wusstet ihr schon, wie eben dieser Martin Sellner zu dem Geheimtreffen nach Potsdam kam? Sein „enger Freund“ Hans Jaus, ehemaliger Schatzmeister der mittlerweile verbotenen Neonazi Gruppierung Viking Jugend, hat ihn gefahren. Und woher kommt Jaus? Richtig, aus dem Rems-Murr Kreis. Auch heute ist Jaus seiner Funktion treu geblieben und immer noch Kassierer. Allerdings bei Zentrum. Dieser, von NSU-Bekannten und Rechtsrockern gegründete Verein schimpft sich „Gewerkschaft“ und hat die Aufgabe, die Politik von AfD & Co. in die Betriebe zu tragen. Ich sehe hier auch einige Kolleg:innen von Daimler. Dort hat Zentrum aktuell 7 Leute im Betriebsrat. Diese fallen nicht gerade durch kämpferische Gewerkschaftsarbeit auf, sondern vertreten Konzerninteressen und tun vor allem eins: Gegen die Gewerkschaft arbeiten.

Woher ich weiß, dass Zentrum-Jaus und IB-Sellner so „enge Freunde“ sind, dass sie gemeinsam durch die halbe Bundesrepublik fahren? Viele von euch waren bestimmt auf den Protesten gegen den Neujahresempfang der AfD in Schorndorf vor einigen Wochen. Drinnen bei der AfD war Jaus nämlich anwesend und plauderte gegenüber der Kontext-Presse von seiner Spritztour. Und das ist kein Zufall: die AfD wirkt nicht nur als Wahlpartei der Faschist:innen, sondern auch als Sammelbecken und Vernetzungsplattform für rechte Akteure.

Ob Jaus und Sellner dabei auch einen Stop hier bei uns gemacht haben weiß ich nicht. Nötig ist es aus ihrer Sicht wahrscheinlich nicht. Denn die Identitäre Bewegung ist auch hier schon aktiv, führt immer wieder Wanderungen oder sogenannte „Aktivisten-Wochenenden“ in der Region durch.

Liebe Anwesende, worauf will ich nun mit meiner „Anekdote“ von Jaus und Sellner hinaus? Das Treffen in Potsdam mag schockieren, aber auch schon vor November 2023 war das Zusammentreffen von AfD, Identitären und anderen rechten Gruppierungen Alltag. Wir müssen in unserer Analyse der neuen faschistischen Bewegung nicht mehr so sehr unterscheiden zwischen den verschiedenen Organisationen, denn sie selbst tun das auch nicht mehr! Sie begreifen sich längst als eine Bewegung mit unterschiedlichen Kernen, die auf verschiedenen Wegen an einem, gemeinsamen Ziel arbeitet. Dabei legt die AfD den Fokus auf die parlamentarische Arbeit, auf das Erlangen von Macht und Zugängen zu Behörden. Akteure wie die Identitäre Bewegung konzentrieren sich auf den rechten Kulturkampf und auf eine – wenn auch meist nur vorgespielte – Straßenpräsenz. Und Zentrum, wie schon erwähnt, auf die Betriebe.

Für die Vernetzung braucht es dabei kein Schloss in Potsdam. Sie tun es regelmäßig in lokalen, kleineren Rahmen, hier bei uns vor der Haustür. So auch in Korb – im AfD Kreisbüro. Sticker rund um das Büro lassen darauf schließen, dass auch die Identitäre Bewegung dort Raum findet und sich mit der AfD vernetzt, um den Rechtsruck auch im Rems-Murr-Kreis auf die Straßen zu tragen. Auch Presseschulungen für die Junge Alternative, die vor kurzem als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wurde, finden dort statt. Und: es dient als Rückzugsort immer dann, wenn die AfD sich nicht im öffentlichen Raum treffen kann.

Wenn wir die Rechten nicht darin hindern sich zu treffen, werden sie auch nicht damit aufhören! Dazu ist es ein wichtiger Schritt heute auch hier in Waiblingen auf der Straße zu sein und gegen Rechts zu demonstrieren. Doch Flagge zeigen und warme Worte werden nicht ausreichen. Am konkreten Tun führt kein Weg vorbei. Wir müssen der AfD den Handlungsspielraum nehmen. Jeder Versuch der AfD sich in unserem Kreis Parteibüros einzurichten, sich in Kneipen, Vereinen oder auf der Straße festzusetzen müssen wir mit Protest und Widerstand begegnen. Ein verhinderter Nazi-Aufmarsch in Backnang, ein abgesagter Stammtisch in Schorndorf,: all das hindert die Partei daran, ihre Strukturen auszubauen. All das hindert die AfD daran, ihre Pläne in die Tat umzusetzen. Gerade das Kreisbüro in Korb ist ein Ansatzpunk dafür. Oder wollen wir länger dabei zuschauen, wie Pläne zur Massendeportation Millionen unserer Kolleg:innen, Freund:innen und Familie nicht nur in Potsdam, sondern auch direkt vor unserer Nase geschmiedet werden?!

Um die AfD zu stoppen braucht es Menschen, die handeln, die organisieren, die tatkräftig zupacken. Je mehr Menschen es ernst meinen mit dem Kampf gegen die Faschist:innen, desto größer ist die Chance, dass wir gemeinsam erfolgreich sind. Und, da bin ich mir sicher: dafür brauchen wir auch Ausdauer. Den Kampf gegen Rechts müssen wir auch führen, wenn die Empörung wieder abgeflacht ist. Lasst uns die aktuelle Lage nutzen, um JETZT dauerhafte Bündnisse zu schmieden. Wir sollten nicht ruhen, bis die AfD Rems-Murr keine Rückzugsmöglichkeiten mehr hat. Das kann unser gemeinsamer lokaler Beitrag sein um zu verhindern, dass die AfD ihr „Versprechen“ umsetzt.

Die Vergangenheit zeigt, dass wir mit antifaschistischer Arbeit Erfolg haben können: die AfD hat immer größere Schwierigkeiten im Rems-Murr Kreis Räume zu finden. Zum Glück gibt es uns Antifaschist:innen – uns alle hier auf dem Rathausplatz – die mit unterschiedlichen Zugängen, Mitteln und Aktionsformen an einem Strang ziehen, die Nazis zurückzudrängen! Der IB-Faschist Mario Müller, sagt selbst, dass die Antifa das größte Hindernis für sie ist. Wir stehen der sogenanten „patriotischen Wende“ und „dem Aufstieg der AfD“ im Wege. Liebe Freund:innen, lasst uns das nicht nur als Kompliment, sondern als Auftrag sehen!

Eine konkrete Möglichkeit dazu – neben lokalen Bündnissen – bieten auch wir beim offenen Antifa Treffen. Wir treffen uns jeden 2. Dienstag im Monat um 19 Uhr im Info- und Kulturladen Schlotterbeck hier in Waiblingen.