Geschichtsrevisionismus und der Kampf für Remigration und straffreie Holocaustleugnung


Thomas Girzick und die p.B! Normannia Winterberg zu Passau

Keine Hinweise auf verfassungsfeindliche Bestrebungen?

Die als „NPD-Burschenschaft“ bekannte Passauer Schülerverbindung „Normannia Winterberg“ wurde im Jahr 1906 im damaligen Winterberg im Böhmerwald (heute: Vimperk, Tschechische Republik) gegründet und nach Jahren der Inaktivität im Jahr 2007 in Passau durch lokale NPD-Politiker und -Mitglieder reaktiviert. Die Normannia begreift sich als „pflichtschlagende“, also Mensuren fechtende Burschenschaft für ausschließlich männliche Schüler mit Studienabsichten – und „Alte Herren“ der Korporation. Zweck der Verbindung ist nach eigener Angabe „die aktive Unterstützung der Volkstumsarbeit, Zusammenschluss der studierenden Jugend, körperliche und geistige Ertüchtigung der Bundesbrüder und gesellschaftliche Betätigung“. Die meist bereits im fortgeschrittenen Alter befindlichen ca. 15 Mitglieder der als Schülerverbindung konzipierten Korporation sind fast ausschließlich (ehem.) Funktionäre und Mitglieder der NPD, AfD, der „Identitären Bewegung“ und der (österreichischen) FPÖ. Aus ihrer völkisch-nationalistischen und teils neonazistischen Ausrichtung macht die Verbindung keinen Hehl – stören tut dies jedoch offensichtlich kaum jemanden.

Disclaimer: Es freut uns, wenn die Arbeit und Rechercheergebnisse von „Völkische Verbindungen Kappen“ Verbreitung finden und auch von anderen antifaschistischen Rechercheprojekten und Medien aufgegriffen werden und verbreitet. Nicht so glücklich sind wir darüber, wo unsere Inhalte absatzweise oder im Ganzen von kommerziellen Medienhäusern kopiert und übernommen und ohne Quellenverweis bzw. als eigene Recherche ausgegeben wird.
Zitierhinweis: Völkische Verbindungen Kappen, „Geschichtsrevisionismus und der Kampf für Remigration und straffreie Holocaustleugnung. Thomas Girzick und die p.B! Normannia Winterberg zu Passau“, Juni 2024, URL: https://verbindungenkappen.wordpress.com

Auf eine schriftliche Anfrage der Grünen im Bayerischen Landtag zur „Pennalen Burschenschaft ,Normannia Winterberg zu Passau‘ und weiteren extrem rechten Schülerverbindungen in Bayern“, erklärte die Staatsregierung am 26.05.2020 salopp: „Die pennale Burschenschaft ,p.B! Normannia Winterberg zu Passau ist derzeit kein Beobachtungsobjekt des Landesamtes für Verfassungsschutz (BayLfV). Soweit sich aus dem Informationsaufkommen des BayLfV Hinweise auf mögliche Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ergeben, wird diesen nachgegangen und eine entsprechende Analyse und Bewertung vorgenommen“.

Im Kontext einer erneuten Anfrage zwei Jahre später zum Thema „Burschenschaften in Bayern“ ergänzte die Staatsregierung in ihrer Antwort vom 14.04.2023, dass „die drei Schülerverbindungen „Normannia Winterberg zu Passau“, „Saxonia Czernowitz zu München“ und „Germania-Solmontia 1884 zu Kronach“ [zwar] keine Beobachtungsobjekte des BayLfV [sind]. Gleichwohl ist dem BayLfV bekannt, dass im Falle der Normannia und der Saxonia vereinzelte Kontakte zu rechtsextremistischen Burschenschaften bestanden, deren Aktivitas wiederum vom BayLfV beobachtet werden.“

Vereinzelte Kontakte zu rechtsextremistischen Burschenschaften?

Beim Blick auf die Mitglieder des kleinen Passauer Männerbundes und die Organisationen, in welchen diese nicht nur engagiert sind, sondern auch Funktionen und Ämter bekleiden, ergibt sich, dass „vereinzelte Kontakte zu rechtsextremistischen Burschenschaften“ das geringste Problem an der p.B! Normannia Winterberg zu Passau sein dürften.

Blick auf die Mitglieder: Auszug (!) aus der Liste der rund fünfzehn Mitglieder

  • Oskar Atzinger (ex-REP, ex-PRO Bayern, AfD)
  • Thomas Girzick (auch: Sudetendeutsche Landsmannschaft in Österreich (SLÖ), Burschenschaft „Tafelrunde zu Wien“ und verurteiltes Mitglied der verbotenen Holocaustleugner:innen-Vereinigung Europäische Aktion“ und weitere)
  • Kurt Haimerl (ex-REP, AFD)
  • Tobias Benecke (geb: Lipski, ehem. B! Markomannia Wien, IB. Heute: B! Danubia, JA)
  • Stephan Mühlberger (NPD – auch p.B! Saxonia Czernowitz (München))
  • Günther Resch (NPD – auch p.B! Saxonia Czernowitz (München), † 2018)
  • Andreas Resch (Sohn von NPD-Passau Anführer Günther Resch)
  • Ulrich Pätzold (NPD)
  • Christian Rössner* (FPÖ, auch Bruna Sudetia Wien, Team HC Strache)
  • Alexander Salomon (B! Markomannia Wien, p.B! Saxonia Dresden, ehem. NPD, AfD, JA)
  • Harald Schröter (NPD)
  • Paul Zeddies (auch Münchner B! Danubia, IB Bayern)


Untere Reihe v.l.n.r: Tobias Lipski / Benecke, Kurt Haimerl, Harald Schröter, Günther Resch, Andreas Resch, Thomas Girzick, Thomas Dick, Paul Zeddies.
Obere Reihe v.l.n.r: Stephan Mühlberger, Oskar Atzinger, Ulrich Pätzold

*Christian Rössner (nicht im Bild), der gebürtige Schärdinger ist auch Mitglied der p.B! Scardonia zu Schärding sowie der rechtsextremen akademischen Burschenschaft Sudetia Wien. Er arbeitete 2018/2019 als parlamentarischer Assistent für den FPÖ-Nationalratsabgeordneten Peter Schmiedlechner und wechselte als Mitarbeiter schließlich für vier Jahre zur Nationalratsabgeordeten Philippa Strache (Ehefrau von HC Strache). Rössner ist außerdem Bezirksstellenleiter des FPÖ-nahen Österreichischen Mieterschutzring in der Donaustadt. Im Jahr 2020 kandidierte Rössner bei den Wiener Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen für das „Team HC Strache – Allianz für Österreich (HC)“. Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und seine Frau Philippa waren nach der „Ibiza Affäre“ im Jahr 2019 vom Wiener Landesparteivorstand einstimmig aus der Partei ausgeschlossen worden. Rössner hielt dem korrupten Rechtsextremen die Treue.


Hochinteressant und in einer (neu)Bewertung der Normannia Winterberg zu Passau und der darin Aktiven ist der in Wien lebende Normanne Thomas Girzick. Der war Mitglied und Akteur diverser rechtsextremer Organisationen und Initiativen. So beispielsweise bei der rechtsextremen Burschenschaft „Tafelrunde zu Wien“. Als Mitglied der „Europäischen Aktion“, einem international tätigen rechtsextremen Zusammenschluss von Holocaustleu-gner:innen, wurde er außerdem im Jahr 2021 in Österreich zu fünf Jahren Haft verurteilt. In der Normannia Winterberg zu Passau war Girzick sowohl vor, als auch nach seiner Verurteilung wegen NS-Wiederbetätigung usw. ein gern gesehenes und durchaus aktives Mitglied, wie aus Einträgen auf der Website hervorgeht. Sein Engagement als einer von fünf angeklagten Österreichern für die Nazi- und Holocaustleugnervereinigung „Europäische Aktion“ änderte daran nichts. Das überrascht wenig, betrachtet man die ideologischen Parallelen der inhaltlichen Ausrichtung der „Europäischen Aktion“ mit der der „p.B! Normannia Winterberg“ und der darin Aktiven.

Die „Europäische Aktion“ – ein Sammelbecken europäischer Holocaustleugner

Die „Europäische Aktion“ (EA) ist ein international tätiger Zusammenschluss von Holocaustleugner:innen, der im Juni 2017 zwar seine Selbstauflösung verkündete, anschließend jedoch weiterhin aktiv war. Die „Europäische Aktion“ wurde 2010 vom Schweizer Holocaustleugner Bernhard Schaub gegründet und stand in der Nachfolge des verbotenen „Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten“. Der Verfassungsschutz Berlin bezeichnet sie im Bericht für das Jahr 2020 als „Sammelbecken europäischer Holocaustleugner“. Das länderübergreifend agierende, neonazistische Netzwerk galt bis zumindest 2017 als ein wichtiger Knotenpunkt der extremen Rechten. An der Gründung 2010 beteiligten sich neben dem Neonazi Bernhard Schaub mehrere Holocaustleugner:innen (z.B. Ursula Haverbeck-Wetzel, Arnold Höfs), deren Vereine zuvor in Deutschland verboten wurden, sowie der „Reichsbürger“ und NPD-Politiker Rigolf Hennig, genauso wie der spätere Landesleiter des österreichischen Teils des Netzwerkes, Hans Berger.

Gemeinsam versuchten sie, eine paramilitärische Bewegung aufzubauen und waren vorrangig in Deutschland, Österreich und der Schweiz aktiv. Vor allem altbekannte (Neo)Nazis, Reichsbürger aber auch Paramilitärs fühlten sich durch diese neue Organisierung angesprochen. Das Erkennungszeichen der Europäischen Aktion ist ein gelbes Rechtkreuz (Hammer-/Kruckenkreuz) in gelbem Ring auf blauem Hintergrund, wobei das Rechtkreuz aus vier Taukreuzen zusammengesetzt ist.

Die Ziele der EA umfassten beispielsweise die „Remigration” aller Nichteuropäer:innen in ihre „Heimatländer“, die (Wieder-)Errichtung eines „Großdeutschlands” und die „Wiederherstellung der freien Rede“ durch Abschaffung von Gesetzen gegen Hetze und Nazi-Propaganda. Inhaltlich zielen sie auf einen gewaltsamen, europaweiten Systemumsturz und die Einführung einer neonazistischen Eidgenossenschaft ab.

Ab 2011 organisierten EA-Mitglieder teils öffentlich zugängliche Informationsveranstaltungen, bei denen sie ihre Ziele vorstellten und um neue Mitglieder warben. Aber auch praktische Vorbereitungen für einen Systemumsturz wurden getroffen: Im Rahmen der sogenannten Ostlandfahrt der EA kam es im Jahr 2015 zur Vernetzung mit der ungarischen Neonazi Organisation „Ungarische Nationale Front“ (MNA). Die Absicht hinter dem Zusammentreffen war der Zugang zu paramilitärischen Trainings für EA-Mitglieder.

Organisiert war die „Europäische Aktion“ in mehreren Stützpunkten, die von einem Gebietsleiter geführt wurden, der wiederum unter der Landesleitung stand. Schaub band namhafte Rechtsextremisten in die Organisationsstruktur ein, so war der deutsche Leiter Rigolf Hennig NPD-Mitglied. Weitere deutsche Mitglieder und Aktivisten waren Ursula Haverbeck, Thorsten Heise und Gerhard Ittner. In Österreich wurde die Organisation von Hans Berger († 2018) vertreten, der seine Stellung aus dem Exil im schweizerischen Birsfelden ausübte. Laut eigenen Angaben unterhielt die Organisation Landesleitungen in Deutschland, der Schweiz und Österreich. In Liechtenstein, Großbritannien und Frankreich gab es Niederlassungen bzw. Informationsbüros. Darüber hinaus wurden Kontakte zu Gesinnungsgenossen in Ländern wie Ungarn, Bulgarien, Weißrussland, Spanien und Schweden gehalten. In Großbritannien gehört Michèle Renouf zur EA, in Spanien Pedro Varela Geiss.

In Deutschland konnte die EA an ihrem Höhepunkt etwa hundert und in Österreich ein knappes Dutzend Mitglieder gewinnen. Zu wenig für eine europaweite Armee, die die neonazistische Vision eines „freien Europas” umsetzen könnte. Es kam zu großräumigen Ermittlungen der Polizei- und Verfassungsschutzbehörden in Deutschland und Österreich, im Zuge derer Hausdurchsuchungen bei mutmaßlichen Mitgliedern durchgeführt wurden. Über den EA-Landesleiter Österreich, Hans Berger, wurde Ende 2016 sogar Untersuchungshaft verhängt. In der zunehmenden Repression mag auch der Grund liegen, warum die Gruppe 2017 offiziell ihre vermeintliche Auflösung bekannt gab.

Die Staatsanwaltschaft Wien führte seit 2011 ein umfangreiches Ermittlungsverfahren gegen die EA: Sie ließ Telefone überwachen, E-Mails auslesen und veranlasste teilweise über die österreichischen Grenzen hinaus Observationen. Im Dezember 2020 gab die Staatsanwaltschaft Wien bekannt, Anklage gegen fünf mutmaßliche Mitglieder der Europäischen Aktion wegen Verstößen gegen das NS-Verbotsgesetz und Vorbereitung eines Hochverrats zu erheben. Bei weiteren Beschuldigten ist davon auszugehen, dass sich der Verdacht im Zuge des Ermittlungsverfahrens nicht erhärtete. Zudem waren die zwei Hauptbeschuldigten, Hans Berger und Rudolf Vogel, zum Zeitpunkt der Anklageerhebung bereits verstorben.

In anderen Ländern blieb eine staatliche Reaktion nach der Auflösung der EA gänzlich aus: Deutschland stellte die Ermittlungen 2019 ein und in der Schweiz wurde, soweit bekannt, kein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Doch auch das Gerichtsverfahren in Wien brachte keine lückenlose Aufklärung der Tätigkeiten der EA. Die Angeklagten wurden vor einem Geschworenengericht wegen des Verstoßes gegen das Verbotsgesetz und der Vorbereitung zum Hochverrat angeklagt. Während des Verfahrens wurden zwar einige Aktivitäten und Bekanntschaften der Angeklagten aufgezeigt, ein Großteil der Vernetzung sowie die Aktivitäten der EA blieben jedoch ausgespart, berichtet das antifaschistische Prozessbeobachtungskollektiv prozess.report.

Ziele der „Europäischen Aktion“

Um ihre inhaltliche Ausrichtung machten die Mitglieder der EA nie ein Geheimnis, sondern stellten sie auf der eigenen Homepage offen dar (www.europaeische-aktion.org). Ihre selbstgewählten „7 Ziele“, die nicht ohne Grund immer wieder mit dem Programm der NSDAP verglichen werden, waren für die grenzüberschreitende Agitation von zentralem Stellenwert.

So wurde auf der Homepage dargelegt, die „Sieben Ziele der Europäischen Aktion stellen die pragmatischen Geistesgrundlagen der von uns angestrebten Ordnung innerhalb Europas und der Welt dar. Sie umfassen alle jene Lebensbereiche, über welche gegenwärtig die „auserwählte“ Minderheit in Form des Zionismus* das Weltdiktat zu errichten trachtet. (…) Die Europäische Aktion ist auch nicht bestrebt darin, in diesem System irgendwelche Mehrheiten in demokratischen Parlamenten zu erinnern. (…) Unsere Bestrebungen richten sich ganz klar nach der konsequenten Niederringung dieses Systems.“ Als Mittel zur Durchsetzung führt die EA den „politischen Widerstand“ an. Dieser sei im Idealfall gewaltfrei, doch „der Europäer wird sich also überlegen müssen, wie er sich wehren will, denn ob wir im Ernstfall auf Polizei und Militär zählen können, ist mehr als fraglich. Die Europäische Aktion wird sich jedenfalls vorsehen.“

* Zionismus, also das Streben nach einem unabhängigen jüdischen Staat, steht hier als Chiffre für Juden und Jüdinnen. Ihnen wird mittels der antisemitischen Verschwörungserzählung unterstellt, die Weltherrschaft an sich reißen zu wollen.

Grundlage der Ideologie der EA ist eine extreme Form von Rassismus und Antisemitismus sowie diverse rechte Verschwörungserzählungen. Die bereits erwähnten 7 Hauptforderungen sind:

  1. Wiederherstellung der freien Rede
  2. Abzug aller fremden Truppen
  3. Repatriierung außereuropäischer Einwanderer
  4. Staatliche Selbstbestimmung für die Deutschen
  5. Schaffung einer Europäischen Eidgenossenschaft
  6. Überführung des Geld- und Medienwesens ins Volkseigentum
  7. Wiederaufbau der Tradition – Kampf der Dekadenz und Naturzerstörung

Die Organisation trat vorgeblich für die Meinungsfreiheit ein, meinte damit aber in erster Linie den Wunsch straffrei den Holocaust leugnen und neonazistische Propaganda betreiben zu dürfen. Proklamiert wurde hierbei gezieltes Vorgehen gegen von ihnen so titulierte „Maulkorbgesetze“, wie den Volksverhetzungs-Paragraphen in der BRD und das Verbotsgesetz in Österreich. Gepaart wurde dies mit der Forderung, dass „Die Holocaust-Forschung weder durch philosemitische, noch durch antisemitische Reflexe getrübt werden“ solle, weiter dürfe der Holocaust nicht als offenkundig vorausgesetzt werden.

Die EA forderte weiterhin „die Herstellung homogener Volksgemeinschaften in Europa und die Ausweisung ‚rassisch Fremder‘ (gemeint sind außereuropäische Einwanderer) durch „Remigration“. Konkret hieß es, die EA setze sich „im Interesse aller Völker dieser Welt […] für die Wiederherstellung der natürlichen Grenzen ein und die Rücksiedlung der durcheinander geratenen Völker- und Rassenmassen in ihre angestammte Heimat“. Was die EA unter vermeintlich „durcheinander geratenen Rassenmassen“ versteht, wird für Besucher:innen der Website im Downloadbereich erläutert. Hier steht das 92-seitige Dokument „Grundrisse einer faschistischen Rassenlehre“ von Julius Evola, ins Deutsche übersetzt und bearbeitet von Bernhard Schaub (Ghibellinum-Verlag Dornach 2012), kostenlosen zum Herunterladen zur Verfügung.

Weiterhin hielt die EA Deutschland und Österreich für von den Alliierten völkerrechtswidrig geschaffene Zwangsstaaten. Ähnlich der Reichsbürgerbewegung, forderte die EA die Wiederherstellung der staatlichen Selbstbestimmung für die Deutschen der BRD und der BRÖ, wobei ausgeführt wurde, dass das Deutsche Reich nach wie vor fortbestehe und demnach die Forderung postuliert wird, „auf deutschem Boden nach den gültigen Reichsgesetzen, Reichstagswahlen durchzuführen, welche die Bildung einer Reichsregierung ermöglichen. […] Die Überwindung der Provisorien BRD und BRÖ und die Errichtung eines definitiven Zustandes in Form des deutschen Reiches soll geordnet ablaufen und die bundesrepublikanischen Verwalter sind im Sinne der Erfüllung ihres Eides zur tätigen Mitarbeit aufgerufen.“

Deshalb sollten, nach Auffassung der EA, vermeintliche US-Truppen aus Europa abgezogen und anstelle der Europäischen Union eine „europäische Eidgenossenschaft“ erschaffen werden. Dort sollte das Geld- und Medienwesen „ins Volkseigentum“ überführt und ein nach dem Führerprinzip auszurichtendes Deutsches Reich errichtet werden, berichtet prozess.report. Massiv antisemitisch erklärt die EA: „So länderübergreifend die Zionisten den Völkern Europas den Krieg erklärt haben, so grenzüberschreitend muss auch der Befreiungsschlag erfolgen.“

In Folge der offen umstürzlerischen Programmatik und der massiv antisemitischen, rassistischen und geschichtsverfälschenden extrem rechten Ziele, geriet die EA ins Visier der Behörden.

Der Wiener Prozess der Mitglieder der „Europäischen Aktion“

Für die Staatsanwaltschaft Wien war die Europäische Aktion (EA) eine neonazistische Verbindung, die mit Hilfe einer bewaffneten Befreiungsarmee die Demokratie gewaltsam abschaffen und Österreich in ein „Großdeutsches Reich” eingliedern wollte. Fünf ihrer mutmaßlichen Mitglieder stellte sie vor Gericht: Sie sollen die EA unter anderem durch Mitgliederanwerbung unterstützt und einen Hochverrat vorbereitet haben. Der Verein prozess.report – Verein zur Förderung von Investigativjournalismus und Menschenrechten beobachtete nicht nur die Gerichtsverhandlung, sondern analysierte und wertete das komplette Verfahren in der Broschüre „Die Europäische Aktion vor Gericht. Grenze juristischer Aufklärung, neonazistischer Strafen und die Notwendigkeit kritischer Prozessbeobachtung“ aus.

Den fünf Angeklagten wurde vorgeworfen, gegen das Verbotsgesetz verstoßen zu haben, indem sie sich im nationalsozialistischen Sinne betätigten. Sie hätten das Ziel verfolgt, demokratische Strukturen zu zerstören und Österreich in ein „großdeutsches Reich“ einzugliedern.

Weiterhin wurden die Angeklagten beschuldigt, Vorbereitungshandlungen für einen (Verfassungs-) Hochverrat gem. § 244 Abs 2 StGB gesetzt zu haben. Der Vorwurf des Hochverrats ergibt sich aus den Planungen eines gewaltsamen Umsturzes aus dem Inneren. Laut Anklage plante die EA durch den Einsatz einer freiwilligen Europäischen Befreiungsarmee und der gezielten Tötung von als Volksverräter bezeichneten Politiker:innen, Österreich in ein „Großdeutsches Reich“ einzugliedern und die demokratische Rechtsordnung auszuhebeln.

Unter den fünf Angeklagten befand sich auch das Mitglied der Passauer Burschenschaft Normannia Winterberg, Thomas Girzick. Er wurde zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, wobei vier davon bedingt nachgesehen (= zur Bewährung ausgesetzt) wurden. Der Verteidiger von Thomas Girzick kündigte außerdem in einem TV Interview nach der Urteilsverkündung die Beantragung einer Fußfessel an.

Das Wiener Kollektiv prozess.report analysierte vor allem auch die Leerstellen des stattgefundenen Prozesses umfänglich. Dabei wurde immer wieder kritisiert, dass sowohl die Netzwerke als auch die politische Verortung der Angeklagten im Prozess im Grunde völlig ausgeklammert und apologetische Floskeln wohlwollend übernommen wurden. Über die Angeklagten, ihre Aktivitäten, Strukturen und die politischen Organisationen, in welchen sie aktiv sind, erfuhr man in den drei Verhandlungstagen kaum etwas.

Der Passauer Normanne Thomas Girzick als maßgeblicher Akteur der „Europäischen Aktion“ in Österreich

Thomas Girzick (geb. 22.11.1968) war zum Zeitpunkt des Prozesses 52 Jahre alt und, in Wien lebend, bis Ende 2016 als Postbote tätig gewesen. Am 20. Dezember 2016 fand in Girzicks Wiener Wohnung eine Hausdurchsuchung durch Kräfte des (inzwischen aufgelösten) „Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung“ (BVT) statt. Diese erfolgte weil der Postbeamte im Verdacht stand, Kontakte zu rechtsextremen Kreisen zu haben bzw. im Zuge von Ermittlungen wegen des Verdachtes der Übertretung der §§ 246 StGB (Staatsfeindliche Verbindungen), 283 StGB (Verhetzung) sowie des Verstoßes gegen Bestimmungen des Verbotsgesetzes. Bei der Maßnahme entdeckten die Ermittler jedoch Überraschendes: „Bei der durchgeführten Hausdurchsuchung in der Wohnung […] und den dazugehörigen Räumlichkeiten, wurde festgestellt, dass der Beamte seit 1991 zur Zustellung anvertraute Sendungen nicht zugestellt, sondern in seiner Wohnung sowie im dazugehörigen Kellerabteil gelagert hat.“

Im Januar 2019 wurde der bereits vom Dienst suspendierte Girzick deshalb außerdem von der Disziplinarbehörde BM für Finanzen als Disziplinarstrafe entlassen. Zuvor war er für schuldig befunden worden, „im Zeitraum 2011 bis Dezember 2016 als Briefzusteller der Zustellbasis XX, im Zeitraum 1991 bis 2010 in der Zustellbasis 1130 Wien, in den nachfolgend angeführten Zeiträumen insgesamt 46.308 Stück beanschriftete Postsendungen sowie 6.488 Info.Post-Sendungen zur Zustellung übernommen, diese jedoch nicht zugestellt, sondern nach Hause in seine Wohnung in XXX gebracht und dort sowie im dazu gehörigen Kellerabteil gelagert“ zu haben, hält das Urteil fest.

Girzick interessiert sich nach eigenen Angaben für Kulturgeschichte, Musik sowie Studentenverbindungen. Zahlreiche Berichte zeigen ihn als Interpreten bei der „Harmonia Classica“, einem Verein für klassische Musik und harmonische zeitgenössische Musik im klassischen Stil. Auch im Bereich der Studentenverbindungen zeigte sich Girzick relativ umtriebig: In der „Sudetenpost“, dem offiziellen Organ der „Sudetendeutschen Landsmannschaft in Österreich“ (SLÖ) heißt es 1988 in den Berichten zu Heimatabenden der SLÖ-Heimatgruppen: „Lm. [Landsmann] Thomas Girzick in den Farben einer ehrenfesten „Katholisch-Österreichischen Studentenverbindung Borussia zu Wien“ wurde auch Mitglied unserer Heimatgruppe SLÖ Baden“. Engagiert ist Girzick weiterhin bei der p.B! Normannia Winterberg zu Passau, außerdem beschrieb er sich dem Gericht als Mitglied und Mitverantwortlicher der Studentenverbindung „Deutsche Burschenschaft Tafelrunde zu Wien“, die nach ihren politischen Auffassungen auch in rechtsextremen Kreisen als extrem radikal angesehen wird. Mitglied der B! Tafelrunde zu Wien war ebenfalls Rudolf Vogel, der zum Zeitpunkt des Prozesses bereits verstorbene Wiener Gebietsleiter der EA. Im französischen Elsass wurden schon 2012 am „Europafest“ der „Europäischen Aktion“, welches Neo- und Altnazis, Reichsbürger und Paramilitärs versammelte, ein Grußwort der „Deutschen Burschenschaft Tafelrunde zu Wien“ verlesen.

Bilder zeigen Thoms Girzick im Verbindungscouleur auf der Website der österreichischen Nationalratsabgeordneten der ÖVP, Gudrun Kugler. Kugler ist römisch-katholische Theologin und wurde als Initiatorin der ersten katholischen Heiratsplattform kathtreff.org sowie ihre streng christlichen Positionen und ihre Nähe zu ultrakonservativen bis fundamentalistischen Gruppierungen bekannt. Sie engagiert sich in der sogenannten Lebensrechtsbewegung gegen Schwangerschaftsabbrüche sowie gegen die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften.

Interessant ist, dass Girzick, wohl wegen seiner Liebe zur Musik, in beiden Burschenschaften unter dem Biernamen „Amadeus“ auftritt (Ein Biername, auch Kneipname, Couleurname, Deckname ist ein bei vielen Studentenverbindungen einem Mitglied verliehener und im internen Bundesgebrauch verwendeter inoffizieller Personenname). Girzicks Interessen galten, nach eigener Aussage, weiterhin dem Heimatbewusstsein, kultureller Identität und Brauchtum. Dafür spricht auch sein Engagement bei der „Österreichischen Landsmannschaft“ (ÖLM), einem rechtsextremen österreichischen „Verbliebenenverband“ und Nachfolgerin des 1938 aufgelösten „Deutschen Schulvereins“ (DSchV). Girzick sei, so die Anklage, außerdem „im rechtsextremen Szenelokal „Fluxus“ in 1160 Wien, Kreitnergasse 28, für die Abwicklung von Treffen verschiedener Gruppierungen verantwortlich, die sämtlich am rechten Rand des politischen Spektrums anzusiedeln sind.“

Die Anklageschrift aus dem Jahr 2021 offenbart, dass Thomas Girzick „regelmäßig Kontakt mit dem mehrmals nach dem Verbotsgesetz verurteilten und in Ungarn aufhältig gewesenen Gerd Honsik (österreichischer Neonazi und strafrechtlich verurteilter Holocaustleugner, am 7. April 2018 in Sopron, Ungarn verstorben) pflegte und wiederholt an Treffen bei diesem teilnahm. „Seine, nationalsozialistischem Gedankengut positiv zugeneigte Einstellung manifestiert sich im Sprachduktus seiner E-Mailnachrichten“, führte die Staatsanwaltschaft außerdem aus.

Seine SMS beendet Girzick laut Staatsanwaltschaft gerne mit Heilsgrüßen, dazu verliest der Richter eine, welche Girzick mit „Heil Blutbad!“ schließt, nachdem er sich über „J***scheiße“ empört hatte. Aus dem Transkript eines Telefonats, welches der Richter anschließend vorlas, geht hervor, dass Girzick, der während des Anrufs in der Straßenbahn saß, offenbar unvermittelt über einen anderen Fahrgast zu schimpfen begann. „Dabei fallen Dinge wie: „Scheißn**er“, „Dreckskreatur“, „Das sind keine Menschen“ und „Dem gehört eine Machete zwischen die Beine und bis zum Hals durchgezogen“, berichtete der Standard aus dem Prozess.

Seit 2012 soll Girzick laut Anklage die revisionistischen und umstürzlerischen Bestrebungen der „Europäischen Aktion“ unterstützt haben. So orderte, bezahlte und lieferte er tausende Flyer und Aufkleber für die „Europäische Aktion“. Außerdem übernahm er zahlreiche Einladungen zu Veranstaltungen der EA, beispielsweise im November 2014, einen Vortrag von Axel Schlimper in Niederkreuzstetten (Ö) oder im Januar 2016 mit dem Referenten Dr. Tomislav Sumicals zum Motto „Willkommenskultur oder Todeskultur für Europa“. Girzick soll versucht haben, in seinem Umfeld Mitglieder für die EA zu werben und deren Ziele bekannt zu machen. Ob die Normannia Winterberg in Passau und deren Mitglieder Teil ebendieses Umfeldes waren, bleibt offen. Im Sommer 2014 soll er zudem an einer Informationsveranstaltung der Europäischen Aktion in Wien teilgenommen haben. Beworben wurde dort die „Ostlandfahrt“ des Thüringer Neonazis Axel Schlimpers, der im selben Jahr durch Osteuropa reiste, um militante Mitglieder zu rekrutieren.

Der Prozess im Jahr 2021 endete für Thomas Girzick mit einer Verurteilung zu fünf Jahren Freiheitsstrafe, vier davon bedingt (also quasi auf Bewährung).

Die „Europäische Aktion“ und ihre Verbindung nach Passau

In den Gästebucheinträgen auf der Website der Passauer Schülerschaft Normannia Winterberg lobte Stephan Mühlberger (Biername Lützow) sowohl im Herbst des Jahres 2016, 2018 als auch 2019 die Rede und die Organisation des Stiftungsfests bzw. der Trauerkneipe des damals verstorbenen Normannen Günther Resch (NPD, Biername Bismark) durch seinen Verbindungsbruder Thomas Girzick (Biername Amadeus). Im Herbst 2021 schließt sich auch der Passauer AfD-Stadtrat Kurt Haimerl (Biername Fritz) dem Dank an den Bundesbruder Girzick für seine Rede auf dem Stiftungsfest der Normannia Winterberg an. Übereinstimmend mit dem EA-Prozess in Wien und Girzicks Verurteilung, findet sich erst im Januar 2024 die nächste Erwähnung Girzicks im Gästebuch. „Eine herrliche Kneipe ist zu Ende. Großartige Rede unseres BB Amadeus [Anm. Thomas Girzick]. Freue mich auf unsere Ostarakneipe!“, jubelt Stephan Mühlberger alias Lützow am 29.01.2024.

Die p.B! Normannia Winterberg empfing ihren Bundesbruder Thomas Girzick also freudig in den Reihen der etwa 15 Mitglieder zurück – ungeachtet dessen politischer Tätigkeiten. Weshalb auch? Mit den Zielen und Annahmen der „Europäischen Aktion“ dürfte sich sowohl die Normannia Winterberg zu Passau als auch die darin korporierten Mitglieder aus AfD, NPD und IB weitestgehend identifizieren.

In Passau begrüßen darf man Thomas Girzick erneut in wenigen Wochen. Für die „Österreichische Landsmannschaft“ organisiert Girzick vom 8. bis 12. Juli eine fünftägige Busreise an Neckar, Rhein und Donau unter dem Motto „auf den Spuren deutscher Geschichte und Kultur“. Am letzten Tag der Reise sollen die Befreiungshalle in Kelheim und danach die Gedenk- und Ruhmesstätte Walhalla bei Regensburg besichtigt werden, außerdem ist eine Führung im Dom St. Stephan in Passau geplant. „Diese inhaltsreiche Fahrt durch die deutsche Geschichte und Kultur wird bei allen Reiseteilnehmern bleibende Eindrücke hinterlassen!“, verspricht Reiseleiter Girzick.

Beim Schutzverein „Österreichische Landsmannschaft“ (ÖLM) handelt es sich um eine rechtsextreme Organisation mit vordergründig humanitärer Ausrichtung, die vor allem im publizistischen Bereich beträchtliche Aktivitäten setzt und aufgrund ihrer ideologisch-kulturellen Tätigkeit eine wichtige integrative Funktion für das deutschnationale und rechtsextreme Lager erfüllt, ordnet das DÖW die ÖLM ein. Dies zeigte sich beispielsweise erst kürzlich erneut, als eine Veranstaltung im Haus der ÖLM in Wien Wellen bis nach Deutschland schlug.

Am 25. Januar 2024 veranstalten die österreichischen „Identitären“ rund um Martin Sellner und das rechtsextreme Medienprojekt „Heimatkurier“ ein Vernetzungstreffen mit dem EU-Spitzenkanditaten der AfD, Maximilian Krah und dem rechtsextreme Verleger Götz Kubitschek (Schnellroda) in den Räumlichkeiten der ÖLM. Ziel der Veranstaltung war die Vorstellung Krahs von seinem 2023 erschienen Buch „Politik von rechts“. Darin schreibt Krah von der „Remigration der nicht Integrationswilligen und -fähigen“ und vom Volk als „Schicksalsgemeinschaft“. Dass das verdächtig nach den Deportationsfantasien der Identitären klingt, ist nicht verwunderlich. Krah und Sellner sind beide regelmäßig Gäste in Kubitscheks „Institut für Staatspolitik“ in Schnellroda. Erschienen ist Krahs Buch im Antaios-Verlag von Kubitschek.

Thomas Girzick, die „Europäische Aktion“ und die p.B! Normannia Winterberg zu Passau

Ihr erstes Ziel („Wiederherstellung der freien Rede„) widmete die „Europäische Aktion“ dem vermeintlichen Kampf für freie Meinungsäußerung, konkret dem Wunsch straffrei den Holocaust leugnen und neonazistische Propaganda betreiben zu dürfen. Aus ihrer NS-Nähe und sehr eigenen Perspektive auf die Deutsche Geschichte machte auch die Normannia Winterberg nie einen Hehl.

Der Sprecher der Schülerverbindung und Abgeordnete der AfD im Bayerischen Landtag, Oskar Atzinger, erklärte im Jahr 2022: „in unserem Land kann es durchaus strafbar sein, die Wahrheit zu sagen“, weshalb er sich wundere, noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten zu sein. Auf Nachfrage, welche „Wahrheit“ er damit konkret meine, verweigerte er die Antwort („Feindselige Fragerunde via E-Mail„, Passauer Neue Presse vom 6. August 2022).

In seiner Arbeit im Landtag bzw. im Ausschuss für Kultus und Bildung, lehnte Atzinger einen Antrag der Abgeordneten der Grünen an die Staatsregierung mit der Forderung, ein wissenschaftliches Gesamtkonzept für die Erinnerungsarbeit in Bayern vorzulegen, ab (Drs. 18/22700). Er begründete dies damit, dass mit Erinnerungsarbeit bestimmte zwölf Jahre der deutschen Geschichte gemeint seien und unter diesen Teil der Geschichte endlich ein Schlussstrich gezogen werden solle. Den Kindern der heutigen Generation werde permanent ein schlechtes Gewissen eingeredet. Damit müsse endlich Schluss sein (Ausschussprotokoll 61. BI, 23.06.2022 | Bayerischer Landtag | 18. Wahlperiode | S. 25).

Auf ihrer (alten) Website veröffentlichte die Normannia Winterberg am 23. August 2010 den Artikel „Die Psychologie der Niederlage: über die deutsche Mentalität!“ als PDF. Darin heißt es selbstmitleidig:
„Seit der totalen Niederlage im Zweiten Weltkrieg ist in Deutschland die Kraft des nationalen Gedankens gebrochen. In der Nachkriegszeit haben sich die Deutschen die Sicht der Sieger aufzwingen lassen, die militärische Kapitulation auch als eine geistige und kulturelle zu deuten. Deutschland sollte nach 1945 anderen Nationen nicht wieder gleichberechtigt gegenübertreten. So hat sich hierzulande ein kollektives geistig-moralisches Schuldgefühl etabliert, ein Niederlage-Denken, das für Staat und Nation beherrschend und konstituierend ist und von dem das Land seine Identität herleitet.“

Die „Sicht der Sieger“ wollte sich die p.B! Normannia offensichtlich nicht „aufzwingen lassen“ und so wird auch über 70 Jahre nach dem Beginn der Shoah im Lager der extremen Rechten relativierend gemutmaßt, ob nicht vielmehr die Juden als Gefahr für Deutschland und seine Wehrmacht Grund und Anlass für die Vernichtung der Juden Europas gewesen seien. Diese These jedenfalls führt Eike Niemann in einem Artikel der „Jungen Freiheit“ aus, den die p.B! Normannia Winterberg im September 2011 auf ihrer Website teilt.

Normannia Winterberg zu Passau, „Im Bann der Dolchstoßlegende – Artikel Junge Freiheit“

„Warum kam es zwischen 1941 und 1944 zur Vernichtung der Juden Europas? Eine zeithistorische Urfrage, auf die auch in den Papiergebirgen, die in den letzten sechzig Jahren zu diesem Thema aufgehäuft wurden, keine schlüssige Antwort zu finden ist. […] Kaum verwunderlich also, wenn angesichts eines derartig desolaten Forschungsstandes Ideologen vom Schlage Dan Diners im „Historikerstreit“ salopp dekretierten, der Holocaust überstiege die menschliche Vorstellungskraft. So schufen sie „Auschwitz als schwarzen Kasten des Verstehens“ und machten ihn zum Ausgangspunkt ihrer ersatzreligiösen Mythisierung des Geschehens. Diesen Traumtänzern um das „goldene Kalb ‘Unerklärbarkeit’“ (Egon Flaig, FAZ vom 13. Juli) ist es bis heute ein leichtes, jede Historisierung des vermeintlich „Singulären“ als „Relativierung“ und „Apologetik“ zu denunzieren. […] Die angeblich nur propagandistisch dämonisierten „jüdischen Kommissare“ in der Roten Armee, so urteilt der von Hürter beratene Felix Römer, seien ein Phantasiegebilde von nationalsozialistischen Organisationen und Wehrmacht gewesen. Obwohl Römer zugesteht, die Fronttruppe habe diese Kommissare als „Korsettstangen“ des sowjetischen Widerstands wahrgenommen. Und auch Sammet bringt das Kunststück fertig, zugleich den für die Truppe unzweifelhaften „tatsächlichen Zusammenhang“ zwischen der Anwesenheit von Juden und Partisanenaktivität im rückwärtigen Heeresgebiet zu betonen und im selben Atemzug eilfertig zu versichern, aus „heutiger Sicht“ sei es „absurd“, in Juden eine „Gefahr für Deutschland und seine Wehrmacht“ zu erkennen. […]“ – (Normannia Winterberg zu Passau, „Im Bann der Dolchstoßlegende – Artikel „Junge Freiheit““, veröffentlicht am 8.09.2011)

Wiederholt betont die Passauer Schülerschaft auf ihren Webauftritten anlässlich des 8. Mai, des Tages der Kapitulation des NS-Regimes vor den Alliierten: „Normannia Winterberg trägt Trauer“.

Im Mai 2011 publiziert die Normannia Winterberg auf ihrer Website gar einen Artikel, welcher das völlig krude Geschichtsverständnis der Schülerschaft offenlegt.

Normannia Winterberg zu Passau: Der 8. Mai 1945 (Veröffentlicht am 11.05.2011)
„Der 8. Mai 45 ist nicht isoliert zu betrachten. Vielmehr muss der 22. Juni 1941 – der Präventivschlag Deutschlands gegen die Sowjetunion, als Beginn eines Kampfes gegen die Sowjetisierung Europas gesehen werden. Es standen im Gebiet Lemberg mehrere sowjetische Divisionen als Sperrspitze eines unmittelbar bevorstehenden Angriffes bereit. Dieser Angriff sollte die Besetzung Deutschlands und der Vorstoss bis Paris in 60 Tagen zum Ziel haben. Der Angriff der Wehrmacht warf diese sowjetischen Armeen zurück. Alle weiteren Kriegsereignisse sind in diesem Zusammenhang zu sehen. Ein Gulagsystem mit Millionen von Toten wäre die Konsequenz aus der Eroberung Westeuropas durch die Rote Armee gewesen. Der 6. Juni 1944 (Landung in der Normandie) war keineswegs der Befreiung Europas angedacht. Die Alliierten sahen die bevorstehende Niederlage Deutschlands und versuchten ihrerseits nunmehr die sowjetischen Truppen zu stoppen. Deutschland verblutete im Kampf gegen den Stalinismus und erhielt am 8.Mai 1945 den Todesstoss. Der Dank war die Zerstückelung des Reiches und Ermordung von Millionen deutschen Zivilisten. Die p.B! Normannia Winterberg gedenkt in dankbarem Stolz seiner Wehrmacht und seiner Bundesbrüder die im Kampf gegen die Tyrannei ihr Leben ließen. – Website der Normannia Winterberg zu Passau, 2011

Es überrascht kaum, dass angesichts dieser Haltung auch eine Abordnung der Passauer Normannia am „Gedenkmarsch“ in Dresden im Jahr 2010 teilnahm. Der Neonazi-Aufmarsch wurde vom Spiegel als „Schaulaufen der Geschichtsfälscher“ betitelt. Trauermusik abspielend zogen damals hunderte Neonazis mit Fackeln durch die Stadt, um den Jahrestag der Bombardierung Dresdens für einen bizarren Propagandamarsch zu missbrauchen. Unter dem Titel „Normannen bei Gedenkmarsch in Dresden“ publizierte die Normannia Winterberg auf ihrer Website einen Reisebereicht zur Demo.

Pathetisch heißt es im „Bericht eines Normannen zum Trauermarsch in Dresden am 13. Februar 2010“:
„Für dieses Jahr haben wir uns entschlossen, auch an der Veranstaltung in Dresden zum Gedenken an die alliierten Kriegsverbrechen teilzunehmen. Unsere Anreise begann um 4.45 Uhr mit der Abfahrt des Zuges in Passau. […] Schlieslich und endlich gelangten wir von 3 Polizisten eskortiert zum Schlesischen Platz, wo wir Farbentragend auf ca. 5000 Trauernde trafen! Uns gefiel der Ernst und die Disziplin mit denen die Trauernden sich dem Schicksal ergaben, untätig und verhöhnt, in einem Ghetto eingesperrt, interniert – immer wieder von der Polizei belogen zu werden, der Trauermarsch werde sich in wenigen Minuten in Bewegung setzen. Es war wirklich ein Wunder, dass die Stimmung nicht umschlug und sich in Gewalt entlud. Sicherlich werden die Organisatoren nächstes Jahr Mittel und Wege finden, um den Trauermarsch mit dann mehr als 10.000 Teilnehmern durchzuführen. Wir werden farbentragend auf jedem Falle dabei sein.“ (Normannia Winterberg zu Passau, „Normannen bei Gedenkmarsch in Dresden“, veröffentlicht am 18.02.2010)

Dass die Deutschen die wahren Opfer im 2. Weltkrieg waren und danach immer blieben, scheint eine Haltung zu sein, die sich bei der Normannia Winterberg und ihren Mitgliedern durchzieht. Folgerichtig reichte Stephan Mühlberger im Namen der Normannia im Jahr 2011 eine Petition zur Reform des §130 Strafgesetzbuch (Volksverhetzung) im Deutschen Bundestag ein. Auf ihrer Website berichtete die Burschenschaft am 18.08.2011:

Petition der Normannia Winterberg zur Reform des §130 Strafgesetzbuch (Volksverhetzung) abgelehnt.
„Die Petition zum §130 in der Form das der Deutsche Bundestag beschliessen möge deutschfeindliche Äußerungen unter Strafe zu stellen wurde abgelehnt. Die Begründung können Sie hier lesen.“

Weitere Ziele der „Europäischen Aktion“ waren die Forderung nach dem „Abzug aller fremden Truppen aus Europa“ (2) sowie die „Wiederherstellung staatlicher Selbstbestimmung für die Deutschen“ (4).

Neben dem Abzug aller US-Truppen aus Europa wurde durch die EA ebenfalls die (Wieder-)Errichtung eines „Großdeutsches Reiches“ angestrebt. Letzteres dürfte auch bei der Normannia Winterberg auf Zustimmung stoßen, zeigte doch das Titelbild der öffentlichen Facebookseite der Normannia Winterberg zu Passau [inzwischen ist diese gelöscht] das Sudetenland bzw. Deutschland in seinen Grenzen von 1938.

Und auch die Forderungen nach dem Abzug aller fremder Truppen und der Wiederherstellung staatlicher Selbstbestimmung der Deutschen finden über den Sprecher der Normannia Winterberg, Oskar Atzinger (AfD), tatsächlich Eingang in die Politik des Bayerischen Landtages. In seiner Kandidatenrede zur Wahl zum Vizepräsident im Bayerischen Landtag am 13. März 2024 führte Atzinger seine politische Position aus und erklärte im Reichsbürgersprech:
„Ich vertrete unter anderem folgende faktenbasierte Wahrheiten: (…) der Ukraine-Krieg ist Folge der aggressiven imperialistischen Politik der Nato und wir haben keinen Friedensvertrag. Ich bin Sozialpatriot. Und ich sehe mich als Verteidiger des christlichen Abendlandes gegen die Islamisierung, (…) Wer nicht sieht, dass der Bevölkerungsaustausch in vollem Gange ist, ist entweder blind oder blöd oder Erfüllungspolitiker der Besatzungsmacht. (…).“

Auf Nachfrage hierzu erklärte Atzinger dem Deutschlandfunk, dass er überzeugt sei, dass Deutschland kein souveräner Staat sei. [Deutschland heute | Wahl in Bayern – Allein gegen die AfD im Bayerischen Wald, Tobias Krone | 27.09.2023 | Minute: 03:45 / 05:46]

Diese Haltung scheint auch die Burschenschaft Normannia Winterberg als Ganzes zumindest zu unterstützen. Darauf weist ein am 27. Januar 2011 auf dem Blog der Normannia verbreiteter Artikel hin, der im Original von Andreas Popp auf der rechten Website wissensmanufaktur.net publiziert worden war.

Unter dem Blogtitel „Besuch im Bundestag“ heißt es im Text auf der Seite der Normannia Winterberg zu Passau:
„Ich besuchte vor kurzem mit ein paar guten Bekannten das Deutsche Reichstagsgebäude in Berlin, in dem bekanntermaßen der Deutsche Bundestag residiert. (…) Auf mich wirkte dieses Gebäude wie ein Mahnmal an die Deutschen, deren jüngere Geschichte (zumindest latent) spürbar war. Das Schuldkonzept eines des Massenmordes überführten Volkes wird hier nach meinem Empfinden erfolgreich angewandt. (…) Mir wurde vor allem eines klar, nämlich dass dieses Gebäude auf mich wie ein Amtssitz der Alliierten wirkte, anstatt des deutschen Volkes, Entschuldigung, ich meine natürlich der deutschen Bevölkerung. (…)“.

Drittes und aus heutiger Sicht vielleicht aktuellstes Ziel der „Europäischen Aktion“ war die angestrebte „Repatriierung außereuropäischer Einwanderer“, also die Einführung eines rassistischen Apartheidsystems („Ethnopluralismus“) durch „Remigration“.

Remigration bezeichnet den Teil eines Migrationsprozesses, bei dem Menschen nach einer beträchtlichen Zeitspanne in einem anderen Land oder einer anderen Region in ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückkehren. Er wurde von der Neuen Rechten als Kampfbegriff und Euphemismus für Vertreibung und Deportation übernommen.

Spätestens seit der Correctiv-Recherche über ein Treffen rechtsextremer Aktivisten, Unternehmer und Medienmacher in Potsdam im November 2023 („Geheimplan gegen Deutschland“ correctiv.org. 10.01.2024) ist der Begriff in aller Munde. Das „Potsdamer Treffen“ von Rechtsextremist:innen beschreibt eine Zusammenkunft in der Villa Adlon am Lehnitzsee in Potsdam am 25. November 2023. Auf der Veranstaltung stellte der Rechtsextremist Martin Sellner als „Masterplan zur Remigration“ bezeichnete Überlegungen vor. Sellners Nutzung des Wortes „Remigration“ wurde vielfach als verharmlosende Umschreibung einer Ausweisung, Abschiebung, Vertreibung und/oder Deportation sowohl von Asylbewerber:innen und Ausländer:innen mit Bleiberecht als auch von „nicht assimilierten“ deutschen Staatsbürger:innen verstanden. Anwesend waren Mitglieder von AfD, CDU, des Vereins WerteUnion, der Identitären Bewegung, Burschenschafter und weitere Personen, die über die Umsetzung diskutierten.

Obwohl sich die Passauer Burschenschaft Normannia Winterberg – vielleicht auch mangels aktueller Webauftritte und dank ihres inzwischen konspirativen Verhaltens – als Organisation nicht zum Konzept der „Remigration“ äußerte, kann festgestellt werden, dass so ziemlich alle Organisationen, in denen Normannen politisch organisiert sind (AfD, NPD, JA, FPÖ, IB, B! Danubia…), die rassistischen „Remigrations“-Kampagnen unterstützen oder sogar maßgeblich prägen.

Relativ kurz nach der Publikation der Correctiv-Recherche „Geheimplan gegen Deutschland“ und dem Skandal um das „Potsdamer Treffen“ und die darin verbreiteten „Remigrations“-Pläne positionierte sich die AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag zum Thema. Noch im selben Monat verabschiedete die AfD-Fraktion auf ihrer Winterklausur ein Regierungsprogramm in dem sie sich im Titel und inhaltlich zum Konzept der „Remigration“ bekennt. Beworben wird das Regierungsprogramm als „Geh-hoam-Plan“ – eine Referenz in bayerischem Dialekt auf den Correctiv-Titel „Geheimplan“, aus dessen Wortbedeutung ebenfalls das bayerische „Geh-hoam“ = „Geh Heim“ gelesen werden kann. Im Programm heißt es:
„Der Bayerische Weg: Das wird sich ändern, wenn wir Verantwortung für Bayern übernehmen! Remigration jetzt! – Kein “Geheimplan”, sondern ein “Geh-hoam-Plan”“. Die Fraktion führt aus „was wir tun werden, wenn wir in Bayern Regierungsverantwortung übernehmen. Eines unserer wichtigsten Ziele ist die humane und verfassungskonforme Rückführung aller illegal eingewanderten Migranten sowie von Straftätern und islamistischen Gefährdern in ihre Herkunftsländer.“

Konkret beinhaltet das erste Ziel des „GEH-HOAM-PLAN – REMIGRATIONSPLAN“: „Die AfD steht für Remigration. […] Wir werden sogenannte „Pushbacks“ direkt an den Grenzen durchführen. Illegale Migranten und Personen ohne gültige Identitätsdokumente sind zurückzuweisen.“ Sowie „die konsequente Abschiebung aller illegal eingereisten Migranten um[setzen]“. Zudem wolle man „als Freistaat Bayern den Bund für seine Flüchtlingspolitik verklagen. Rechtswidrige Vorgaben der Bundesregierung werden nicht mehr befolgt.“

Angesichts des Fraktionsbeschlusses wundert es nicht, dass auch der Passauer Normanne und Sprecher der Schülerschaft, Oskar Atzinger, sich in seiner Arbeit im Landtag schon öfter auf die „Remigration“ als Lösungskonzept berief. So erläutert er in der 136. Sitzung des Bayerischen Landtags vom 15. Februar 2023, die Krise im Bildungssektor könne nur mit „Remigration“ von Flüchtlingen und Migranten gelöst werden.

Genauso wie die rechtsextreme Mutterpartei fordert auch die in der Regel noch radikalere Jugendorganisation der AfD, die „Junge Alternative“ (JA) seit geraumer Zeit die „Remigration“.

Beim Landesparteitag der AfD in Greding im Oktober 2023 posierte der AfD Landesvorsitzende Stephan Protschka mit der JA Schwaben (darunter Franz Schmid, MdL) vor einem Transparent im Stil der aktuellen Remigrations-Kampagne der IB. Das JA-Transparent hatte während des Parteitags zentral gegenüber der Bühne im Saal gehangen. Ein gutes halbes Jahr später und somit einige Zeit nach dem bundes- oder sogar weltweiten Skandal um das von Martin Sellner (IB) in Potsdam vorgestellte „Remigrationskonzept“, warb die JA Bayern auf ihrem Telegramkanal:

Junge Alternative Bayern (21.03.2024)
❗️Kaufen -> lesen -> Pilotenschein❗️
Martin Sellner darf nicht mehr in die Bundesrepublik Deutschland einreisen. Setzt ein Zeichen und kauft jetzt sein Buch, Remigration. Hier Bestellen: antaios.de

Unterstützer der JA-Kampagne zur „Remigration“ dürften auch die JA-Mitglieder und Normannen Alexander Salomon und Tobias Lipksi / Benecke sein. Während Salomon seit seinem Umzug nach Sachsen nicht mehr bei der JA Bayern aktiv ist, scheint Tobias Lipski dort weiterhin engagiert zu sein.

Lipski, der zuletzt noch ein Amt im Vorstand der JA Ostbayern bekleidete und regelmäßig Veranstaltungen der JA besucht, flog 2017 wegen rassistischer und antisemitischer Kommentare sowie seiner Tätigkeit für die IB Bayern aus der Bundeswehr und musste seine Offizierslaufbahn vorzeitig beenden. In der Schülerschaft Normannia Winterberg zu Passau fand er, neben der JA, eine weitere Organisation, die ihn ungeachtet dessen aufnahm – immerhin dürften der militärische Hintergrund gepaart mit rechtsextremer Historie dort informelles Aufnahmekriterium sein.

Eine neue Heimat fand Tobias Lipski nach seinem Ausscheiden aus der rechtsextremen Studentenverbindung Markomannia Wien zu Deggendorf | Passau (2020) schließlich ein Jahr später auch in der noch radikaleren rechtsextremen Münchner Burschenschaft Danubia. Ebenfalls in der Danubia korporiert ist Lipskis Normannia-Bundesbruder Paul Zeddies, ehemaliges Gesicht der IB Bayern. (Außerdem bei der Danubia Mitglied ist übrigens Arndt Novak, Jurastudent in Passau und Schwiegersohn des Organisators des rechtsextremen „Potsdamer Remigrations Treffens“.) Bei der Studentischen Burschenschaft Danubia bekennen sich die beiden Passauer Schülerschafter der Normannia, Tobias Lipski und Paul Zeddies ganz offen zum „Remigrationskonzept“. welches von Sellners und der IB propagiert wird.

Die inhaltlichen Enthüllungen zu den „Remigrationsplänen“ des „Potsdamer Treffens“ als auch die Vernetzung zwischen AfD und anderen Rechtsextremen führten zu einer breiten Welle der Empörung und des Entsetzens bei zahlreichen Vertreter:innen aus Politik, Wirtschaft und Kultur. Der Bericht über das Treffen war Auslöser für massive Proteste gegen Rechtsextremismus in ganz Deutschland, an denen sich am Wochenende des 20. und 21. Januar 2024 bundesweit etwa eine Million Menschen beteiligten. So auch in München. Dort führte der Demonstrationszug am Burschenschaftshaus der Münchner Danubia vorbei. Die Burschenschaft gilt nicht nur als Sammelbecken rechtsextremer Aktivisten in München, bekannt sind auch die zahlreichen Überschneidungen der Aktivitas zur Bayerischen IB und die Tatsache, dass mehrere Danuben an dem „Potsdamer Treffen“ teilgenommen haben. Die Burschenschaft reagierte mit Provokation auf die Proteste. „Die Aktiven der B! Danubia beschlossen, den Demonstranten eine Botschaft zu überbringen“, schreibt die @burschenschaft_danubia dazu auf ihrem Instagram-Account und postet zwei Bilder ihres Hauses, vor dem die Demo vorbeizieht. Auf den Bildern prankt an der Fassade der Villa ein Transparent mit der Aufschrift „Viel Feind, viel Ehr!“ und vom Balkon der Burschenschaft ein Banner mit dem Logo der „Remigrationskampagne“, einem Flugzeug. Auf der Terrasse erkennt man Danuben und Aktivist:innen der Bayerischen IB beim Aperol-Spritz schlürfen.

Auch in Augsburg reagierte die IB Bayern mit einer Provokation im Stil der rassistischen „Remigrationskampagne“ auf die dortige „Demo gegen Rechts“. Am 3. Februar 2024 führte die IB-Regionalgruppe „Reconquista21“ (R21) unter dem Motto „Kasperle für Rechts“ eine Aktion auf dem Augsburger Rathausplatz durch, auf dem gleichzeitig eine Großkundgebung unter dem Motto „Gemeinsam gegen Rechts – Für Demokratie und Vielfalt“ abgehalten wurde. Für die Aktion hatten sich Angehörige von „Reconquista21“ mit einem ausklappbaren Holzaufsteller unter die Teilnehmenden der Großkundgebung gemischt. Der Aufsteller war von außen mit der Aufschrift „Kasperle gegen Rechts“ versehen. Ein Aktivist präsentierte die Aktion in einer kurzen Ansprache auch zunächst als vermeintliches „Kasperle-Theater gegen Rechts“ und versuchte auf diese Weise die Aufmerksamkeit und Zustimmung des Kundgebungspublikums zu gewinnen. Kurz darauf enthüllten die Aktivisten jedoch die Innenfläche des Aufstellers mit dem Text „Remigration heißt: Heimat, Sicherheit, Wohlstand“ und skandierten dabei die IB-Parole „Remigration“. Weitere IB Bayern Aktionen mit explizitem Schwerpunkt auf Remigrationsforderungen, stellte die Bayerische Staatsregierung bei einer Banneraktion am 14. Oktober 2023 in Neu-Ulm und am 18. Februar 2023 anlässlich der Sicherheitskonferenz in München fest. Dies geht aus der schriftlichen Anfragen des Abgeordneten Cemal Bozoğlu vom 18. März 2024 zur „Identitäre Bewegung in Bayern“ hervor (Drucksache 19 / 1869). Darüber hinaus verweist die Staatsregierung auf ein Vernetzungstreffen der IB in Dasing am 11. November 2023, dem sogenannten „Schwabenkongress“.

Insgesamt zählte die Bayerische Staatsregierung im Jahr 2023 ganze acht Aktionen bei denen personelle Verbindungen und gemeinsame Aktivitäten der Identitären Bewegung mit rechten Burschenschaften in Bayern, wie der „Danubia“ in München (…) festgestellt wurden.

Außerdem dreizehn Aktionen in Bayern, die personelle Überschneidungen, organisatorische Verbindungen und gemeinsame Aktivitäten der Identitären Bewegung mit der Jungen Alternative in Bayern nachwiesen.

Dabei finden sich allein im Jahr 2023 drei den Behörden bekannte Aktionen, die in personellem und/oder organisatorischen Zusammenspiel aller drei Organisationen, also der JA Bayern, IB Bayern und rechtsextremer Burschenschaften in Bayern durchgeführt wurden. Darunter fallen eine Banneraktion im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz (18.02.2023), eine Banneraktion im Rahmen der AfD-Kundgebung „Hände weg von unseren Kindern! Verbot von Genderpropaganda und anderen Perversionen!“ am 13. Juni 2023 in München sowie das bereits benannte IB-Vernetzungstreffen („Schwabenkongress“) am 11. November 2023 in Dasing.

Beim „Schwabenkongress“ der IB in Dasing trat Martin Sellner, führender Aktivist der ldentitären Bewegung (IB) im deutschsprachigen Raum, als Redner auf. Die Veranstaltung wurde auf Webauftritten der IB als bayerisches Vernetzungstreffen von Partei, Vorfeld und Gegenkultur bzw. als „Schwabenkongress Raum Augsburg“ mit etwa 60 Teilnehmenden bezeichnet. Andere Instagram-Beiträge zeigen zwei bayerische AfD-Landtagsabgeordnete am gleichen Tag am gleichen Veranstaltungsort – es ist daher davon auszugehen, dass beide AfD-Politiker ebenfalls an der Veranstaltung teilnahmen. Dies bestätigt die Bayerische Staatsregierung in der Drucksache 19 / 500 (Schriftliche Anfrage zur Lageeinschätzung AfD und Rechtsextremismus in Bayern im Nachgang der Correctiv Recherche, 19.03.2024).

Ein Vernetzungstreffen wie das im schwäbischen Dasing müssen die Passauer Normannen freilich nicht besuchen. Jede Kneipe der p.B! Normannia Winterberg zu Passau besteht als hochkarätiger besetztes rechtsextremes Vernetzungstreffen aus Vertretern der AfD, IB, JA, NPD und EA sowie weiterer extrem rechter burschenschaftlicher Organisationen, als es der Schwabenkongress in 250 km Entfernung bieten könnte.


Einträchtig bei der p.B! Normannia Winterberg (v.l.n.r): Christian Rössner (FPÖ), Oskar Atzinger (AfD), Stephan Mühlberger (NPD) und Paul Zeddies (IB Bayern)

Fazit: Beobachter:innen des Wiener Strafgerichtsprozesses rundum die „Europäische Aktion“ und ihre fünf angeklagten Österreichischen Mitglieder kritisieren, dass deren Netzwerke und weiteren Strukturen politischer Organisierung im Prozess keine Rolle spielten. Auch, dass die Ermittlungen zur „Europäischen Aktion“ in Deutschland im Jahr 2019 ergebnislos eingestellt wurden, verwundert angesichts der offensichtlichen und bekannten Bezüge der Aktiven der EA in die BRD. Hätte man wenigstens versucht etwas näher hinzusehen, wären die Verbindungen der rechtsextremen Umsturzphantasten nach Passau und Deutschland sichtbar geworden und deren Vernetzung über die p.B! Normannia Winterberg in NPD, AfD, JA und IB. Doch wie so oft stellt man sich wohl auf dem rechten Auge blind und bagatellisiert rechtsextreme Netzwerke bis zur kompletten Verharmlosung.

 

Auf der Seite der Kampagne „Völkische Verbindungen Kappen“ findet ihr ausführlichen Rechercheartikeln bis hin zu Dossiers über Burschenschaften und andere „elitäre“extreme Rechte.