… für die Freiheit der politischen Gefangenen!
Wieviel‘ sind hinter Gittern, die die Freiheit wollen?
Wieviel‘ sind hinter Gittern, die wir draußen brauchen?
Wieviel‘ sind hinter Gittern nach dem Gesetz:
Wer das Geld hat, hat die Macht
Und wer die Macht hat, hat das RechtTon Steine Scherben
In den letzten Jahrzehnten war die Auseinandersetzung mit politischen Gefangenen für den Großteil der linken Bewegung in Deutschland kein großes Thema. Nur Einzelne saßen wegen politischer Aktivitäten in Widerstandskämpfen hierzulande in Knästen. Und nur Teile der Linken beschäftigten sich mit den durchweg zahlreichen Gefangenen aus der kurdischen Befreiungsbewegung und der revolutionären Linken der Türkei in deutschen Knästen, die hier in enger Kooperation mit dem faschistoiden Erdogan-Regime nach wie vor politisch verfolgt werden. Die harten Kämpfe rund um die politischen Gefangenen aus Stadtguerilla-Gruppen wie der RAF, die sich in den 70er und 80er Jahren gegen einen kompromisslosen Staatsapparat im Jagdmodus richteten, schienen ein im wesentlichen abgeschlossenes Kapitel der Geschichte zu sein – und mit ihnen auch der Knast als politisches Terrain.
Heute sieht die Sache etwas anders aus: Seit ein paar Jahren häufen sich Haftstrafen gegen aktive Antifaschist:innen. Aktuell sitzen so viele, wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr in Haft. Die meisten wegen der vermeintlichen Beteiligung an organisierten Angriffen auf Nazis in Ostdeutschland und Budapest, bei Nico aus Stuttgart geht es um die Beteiligung an den als „Stuttgarter Krawallnacht“ bekannt gewordenen Straßenkämpfen, die sich an rassistischen Polizeimaßnahmen gegen Jugendliche während der Corona-Pandemie entzündeten.

Dass es nun mehr politische Gefangenen aus der Antifa-Bewegung gibt, liegt nicht daran, dass die Schlagkraft der Bewegung in besonderem Maße zugenommen hätte. Es liegt in erster Linie an einem gesteigerten Verfolgungswillens des Staates gegen Linke – insbesondere gegen diejenigen, die sein Gewaltmonopol untergraben. Das sächsische LKA hat dabei mit dem Aufbau der „SOKO Linx“, die mit Anti-Terror Methoden gegen die antifaschistische Szene vorgeht, eine Vorreiterrolle eingenommen. Wohlgemerkt: In dem Bundesland, dessen Polizei den Highscore in Sachen „rechtsextreme Verdachtsfälle“ knackt, dessen Polizeihochschule erst kürzlich vermelden ließ, dass ihr unerklärlicherweise Waffen und rund 190.000 Schuss Munition abhanden gekommen seien…

Zum Versuch politische Kämpfe durch erhöhte Knastgefahr für Aktivist:innen einzudämmen, gesellt sich heute ein Vorstoß der Repressionsbehörden, der die Kontinuität ihrer konterrevolutionären Bemühungen betont: Die groß in Szene gesetzte Verfolgung und Diffamierung ehemaliger RAF-Militanter. Indem der Staat öffentlich zur Denunziation von Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub aufruft, mit irrwitzigen, aber erfolglosen Polizeieinsätzen auf die Jagd geht und Daniela Klette in Isolationshaft steckt, knüpft er an die Methoden aus den Jahrzehnten an, in denen er sich im Krieg mit der inzwischen aufgelösten Stadtguerilla befand. Das macht eines deutlich: Revolutionäre Versuche werden hier nicht vergessen und verziehen. Gerade in der aktuellen Krisenphase hat es eine besondere Bedeutung für die Herrschenden, dort für Angst und Einschüchterung zu sorgen, wo eine Auseinandersetzung mit den Erfahrungen vergangener revolutionärer Bewegungen für neue Ansätze nutzbar gemacht werden könnte.
Daniela, Burkhard und Ernst-Volker haben in den letzten 30 Jahren bewiesen, dass ein Leben und die Aufrechterhaltung revolutionärer Identität im Untergrund möglich sind. Nun liegt es an den heutigen linken Strukturen, Solidarität mit Daniela aufzubauen, ihre noch immer revolutionäre Haltung von draußen aufzugreifen und im kommenden Verfahren gegen sie die Aktualität des politischen Kontextes hervorzuheben: Was hier verhandelt werden soll, war Teil eines legitimen Versuches zur Überwindung der kapitalistischen Klassenherrschaft!
Je stärker sich ein Bruch mit den herrschenden Verhältnissen aufdrängt, je offener die Widersprüche des Kapitalismus zutage treten, desto härter werden auch die Maßnahmen zur Einhegung linker Kräfte. Die Verschärfung der Repression ist Teil des Rechtsrucks im gesamten bürgerlichen Lager und wird sich als ein politischer Ausdruck der kapitalistischen Krise auch in kommender Zeit fortsetzen. Damit bekommen Fragen zum Knast als Teil des politischen Terrains im Klassenkampf wieder eine unmittelbare Bedeutung: Wie können politische Gefangene weiter Teil der politischen Prozesse draußen bleiben? Wie kann das mit ihren spezifischen Kämpfen und Herausforderungen hinter Gittern verbunden werden? Wie für psychische und politische Stabilität sorgen? Wo lässt sich Druck aufbauen? Wie lässt sich die Initiative behalten, anstatt nur zu reagieren?
Diese Fragen lassen sich nur richtig beantworten, wenn eine vielfältige Suche nach Antworten stattfindet, wenn strömungsübergreifend Solidarität mit den politischen Gefangenen aufgebaut wird – und wenn sie als aktiver Teil des Kampfes begriffen werden. Ein ehemaliges Mitglied der illegalen italienischen PC p-m (Kommunistische Partei politisch-militärisch) formulierte es in einem Interview so: „Wir dürfen uns niemals auf den „antirepressiven“, defensiven oder spezialisierten Aspekt (z. B. Anti-Knast) beschränken, sondern müssen diese Situationen als einen inhärenten Teil, eine interne Artikulation des Gesamtkonflikts betrachten. Und zwar nicht nur lokal, sondern international.“

Das bedeutet auch, den Bezug zu internationalen politischen Gefangenen zu halten. Besonders eindrücklich ist der Fall von Georges Abdallah, einem libanesischen Kommunisten und Teil des palästinensischen Widerstands. Er gehörte ab Ende 1970er Jahre in Frankreich einer Stadtguerilla-Organisation an, die mit bewaffneten Aktionen gegen die imperialistische Unterstützung des israelischen Staates vorgegangen ist. Er sitzt mittlerweile seit über 40 Jahren in Haft, obwohl er seit 1999 hätte entlassen werden können. Seine ungebrochene revolutionäre Überzeugung und sein Eintreten für ein freies und säkulares Palästina bleiben den Herrschenden ein Dorn im Auge.
Die Rote Hilfe International, eine Solidaritätsstruktur, die von der Kommunistischen Internationale ins Leben gerufen wurde, hat den 18. März im Jahr 1923 zum internationalen „Tag der politischen Gefangenen“ erklärt. 100 Jahre später ist seine Bedeutung wieder hochaktuell. Wie schon zu Beginn der 1920er Jahre erleben wir heute eine Phase, in der sich der Kapitalismus international in der Krise befindet und die Interessen der Herrschenden zunehmend autoritär durchgesetzt werden.
Das Datum des Kampftages bezieht sich auf die Machtübernahme der revolutionären Nationalgarde im Paris des Jahres 1871, den Auftakt der Pariser Commune. Ein Ereignis, das sowohl den ersten Beweis für die Möglichkeit proletarischer Macht und Befreiung erbrachte, als auch die ganze Grausamkeit aufzeigte, mit der politische Repression in der vermeintlich so „vernünftigen“ bürgerlichen Gesellschaft zuschlagen kann. Nach dem Scheitern des revolutionären Versuchs rächten sich die Herrschenden mit der Ermordung, lebenslangen Einkerkerung und Verbannung von Zehntausenden am Pariser Proletariat.
Lasst uns am 18. März auch in diesem Jahr zeigen:
Solange der Widerstand gegen die Herrschaft des Kapitals draußen lebendig ist, pulsiert er auch vor und in den Knästen der Herrschenden weiter!
Einige Mobilisierungen zum 18. März 2025: