AfD Passau entsendet extrem rechten, alkohol- & gewaltaffinen Burschenschafter nach Berlin

…und was seitdem sonst noch geschah

Bundestagswahl 2025 – kurzer Wahlkampf, bitteres Ergebnis

Aufgrund der verhältnismäßig kurzfristig angesetzten, vorgezogenen Bundestagswahl im Februar 2025, gestaltete sich der Wahlkampf der Parteien insgesamt angenehm unaufregend. Insbesondere die AfD war in Passau Stadt kaum sichtbar. Statt Infoständen und Kundgebungen beschränkte sich die extrem rechte Partei auf Frühschoppen-Veranstaltungen im Landkreis und dank der fehlenden lokalen Verankerung des aus Regensburg „eingekauften“ Spitzenkandidaten Erhard Brucker verlief das Werben um die Stimmen verhältnismäßig wenig aggressiv. Überhaupt schien der – bei jedem Auftritt augenscheinlich hackedichte – Brucker eher eine Platzhalterrolle für den despotischen Kreisvorsitzenden Stadler einzunehmen. Auffällig war jedenfalls, dass Brucker zu keiner Gelegenheit selber das Wort an die Wählerschaft richtete sondern ausschließlich stumm neben oder hinter dem geifernden Ralf Stadler zu posieren schien, während zweiterer den Wahlkampf im Alleingang durchorchestrierte. Noch am Tag vor der Wahl besuchten Stadler und Brucker Stadlers selbst errichtete Wehrmachtsgedenksäule in Neureichenau, wo sie für Facebook-Fotos mit dem Denkmal im Hintergrund posierten. Inhaltlich dürften die beiden Rechtsextremen, die selbst innerhalb der AfD zum radikalen Lager gehören und beide ständig durch Querulantentum und Pöbeleien auffallen hingegen auf einer Wellenlänge liegen. Beide machern immer wieder durch massive rassistische Positionen und blanken Hass gegenüber Asylsuchenden und muslimischen Migrant:innen von sich reden. Als ein AfD-Sympathisant am 28.02.2025 auf der Facebookseite Stadlers zu mahnen wagte, dass er Bruckers rassistische Verunglimpfung muslimischer Migranten während einer Frühschoppenveranstaltung aus taktischen Gründen für überdenkenswert halte, reagiert Stadler gewohnt giftig, greift den Kritiker in der Kommentarspalte an und springt Brucker zur Seite, indem der seinerseits arabische Namen als „Muselnamen“ verunglimpft. Als Stadler einen knappen Monat später auf Facebook ein Bild des Freisinger Bahnhofs bzw. vom Gleisbett postet, welches durch Verpackungsmüll und Getränkebecher verunreinigt ist, springen angeheizte AfD-Fans zuverlässig auf und bezeichnen den Unrat als „arabisch aussehenden Müll“. Die aggressive rassistische Stimmung, die sich während des Wahlkampfs bereits abzeichnete und sich in zahlreichen Über- und Angriffen auf grüne und linke Parteien manifestierte, wohingegen die AfD Passau zufrieden verkündete, dass es weder verbale noch tätliche Angriffe auf sie selbst gegeben habe, schlug sich ebenfalls in den Wahlergebnissen nieder. (Quelle: PNP: „Stimmung wird aggressiver – Vandalismus, Hass, Telefonterror: Parteien im Wahlkreis Passau ziehen Wahlkampf-Bilanz“, 21.02.2025)

Bei der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 wurde der Passauer AfD-Direktkandidat Erhard Brucker mit insgesamt 25,5% der Zweitstimmen (Erststimmen: 23,5%) für die AfD im Wahlkreis Passau in den Bundestag gewählt (Ergebnisse für Stadt Passau in Erststimmen: 16,9% | in Zweistimmen: 18,0%). Insgesamt erhielt die AfD in Bayern rund 19% der Stimmen und ist damit in den westlichen Bundesländern überdurchschnittlich stark. Der Passauer Nachbahrwahlkreis Deggendorf holte gar das beste AfD-Wahlergebnis Westdeutschlands ein. Im Wahlkreis Passau bewegten sich die AfD-Ergebnisse zwischen 18% (Passau Stadt) und ganzen 36,2% (Gemeinde Breitenberg) im nördlichen Wahlkreis.

Somit ist die rechtsextreme Partei inzwischen mit zwei Stellen im Passauer Stadtrat vertreten (Kurt Haimerl, Robert Schregle), mit sechs Personen im Kreistag Passau (Oskar Atzinger, Ralf Stadler, Angelika Eibl, Johann Meier, Herbert Seitz, Werner Kriegl), mit zwei Passauer AfD-Abgeordneten im Bayerischen Landtag (Oskar Atzinger, Ralf Stadler) und mit einem neu-Parlamentarier im Bundestag in Berlin (Erhard Brucker).

Brucker, Brucker, who the fuck is Brucker?

Erhard Brucker wohnt eigentlich in Regensburg, wo er seit gut 15 Jahren (Mit-)Inhaber der Firma „Tauch-und Wassersport Dreizack GmbH“ (und seit 2017 alleiniger Geschäftsführer) ist und seit 2020 für die AfD im Stadtrat sitzt. Obwohl Brucker behauptet, für die rechtsextreme Partei zahlreiche Erfolge auf kommunaler Ebene verbucht zu haben, fiel er im Regensburger Stadtrat bisher eigentlich nur durch seine Alkoholfahne und gerichtliche Auseinandersetzungen mit Stadtratskollegen auf. Bei der Bundestagswahl 2025 zog er über den eher hinten gelegenen Platz 22 der Landesliste der Bayern-AfD ins Parlament ein. Wie auch der AfD KV Passau steht Brucker selbst nach den Maßstäben seiner Partei weit rechts. Der heute 52-Jährige war einer der Gründe dafür, dass die bayerische AfD ihre Klage gegen die Beobachtung durch den dortigen Verfassungsschutz verlor. Brucker hatte den Islam als „klerikal faschistisches System“ bezeichnet und als „ansteckende Krankheit“. Er trat des Öfteren mit Jürgen Elsässer auf, dem Chef des rechtsextremen „Compact“-Magazins. Weiter sprach er von „muslimischen Horden“ und einer „bewussten und kühn kalkulierten Islamisierung unseres Heimatlandes“. (Quelle: BILD: Im Bundestag – So radikal ist die neue AfD-Fraktion. Von Michael Deutschmann, 23.03.2025)

Zukünftig wird Erhard Brucker als Bundestagsabgeordneter nicht nur über 11.000€ monatlich verdienen, sondern außerdem als Fraktionsmitglied einen Mitarbeiter:innenstab in Berlin und Passau beschäftigen (z.B. Wissenschaftliche Mitarbeiter, Referenten, Buroleiter…), vermutlich ein oder mehrere Wahlkreis- und Abgeordnetenbüros in Passau eröffnen und betreiben sowie ein stattliches Budget und Ressourcen für Veranstaltungen, Öffentlichkeitsarbeit, Social Media Kampagnen usw. zur Verfügung haben.

Brucker wurde am 28. Oktober 1972 in Mainburg geboren. Nach seinem Abitur am Gabelsberger Gymnasium Mainburg diente er zunächst als Soldat im Panzergrenadierbatallion 112, Regen und in der StKp 23, Bad Reichenhall. Anschließend zog er nach Regensburg, um sein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Regensburg zu beginnen. Aus dieser Zeit stammt Erhard Bruckers Engagement als Burschenschafter. Bis heute ist er, nach eigenen Angaben, als sogenannter „Alter Herr“ zwei christlichen Korporationen verbunden – der Burschenschaft Ostmark Breslau (Regensburg), mit deren Wappen er gern auf dem T-Shirt posiert, und der Leipziger Burschenschaft Alemannia zu Bamberg.

Die These, wonach Brucker damals möglicherweise noch gemäßigter eingestellt gewesen sein könnte und sich erst im Laufe der Zeit radikalisierte, räumt Brucker selber aus. In einer Rede beim „Allgäuer Patrioten-Treffen“ der AfD Westallgäu-Lindau am 19.08.2023 in Oberstaufen, erzählt Brucker stolz, dass er schon immer so eingestellt gewesen sei, wie heute. Als Beweis zitiert er aus seiner Abi-Zeitschrift und Anekdoten, die nahelegen, dass er schon als Jugendlicher wegen seiner radikal rechten Haltung aneckte:

„…ich hatte auch Geschichte Leistungskurs und ich habe den ultimativen Beweis, dass ich wohl schon so war wie ich bin. Als meine Mutter vor zwei Jahren leider Gottes früh verstarb, ist meine Abitur-Zeitung wieder aufgetaucht und da steht dann drin – im ersten Satz: Brucker (dann die ganzen Spitznamen) im Leistungskurs Geschichte kam es wegen seiner deutschnationalen Einstellung häufig zu Disputen mit dem Kollegstufenleiter Herrn (…).“ (ab Min 2:51)

Außerdem, so schwelgt Brucker weiter in Erinnerungen, habe die Schule seinen Vater einmal hereinzitiert, nachdem jeder Schüler eine Tageszeitung in den Unterricht habe mitbringen sollen und er, Brucker, damit „leider Gottes“ ein Problem gehabt habe, da er nur eine Publikation rezipiert habe, die monatlich erscheint, nämlich den „DER REPUBLIKANER“, die Parteizeitschrift der extrem rechten Kleinpartei „Die Republikaner“. Dies sei dem Lehrer sauer aufgestoßen.

Beruflich bedingt verbrachte Erhard Brucker nach eigenen Angaben mehr als ein Jahrzehnt im nicht-europäischen Ausland bevor er im Jahr 2000 selbständig und Alleingesellschafter seines Geschäfts für Tauch- und Wassersport in Regensburg wurde – laut seiner Webseite mit mindestens elf Mitarbeiter:innen. Inzwischen ist er in zweiter Ehe mit einer philippinischen Staatsangehörigen verheiratet, wohnt in Weichs und ist seit 2020 Regensburger Stadtrat sowie Landesvorstandsmitglied der bayerischen AfD in aufeinanderfolgender dritter Legislatur – zuletzt als Mediator (oh the irony!).

Bruckers politischer Werdegang ist eng an den Münchner extrem rechten und vorbestraften Aktivisten Michael Stürzenberger geknüpft, an dessen diversen politischen Projekten Brucker sich in der Vergangenheit beteiligte. So war er bereits Teil des Bundesvorstandes der extrem rechten Splitterpartei „Die Freiheit“ und ist Aktivist der sich als islamkritisch gebenden „Bürgerbewegung Pax Europa“ (BPE). Vor allem in den Jahren 2017 und 2018 trat Brucker, neben Veranstaltungen der BPE, auch bei diversen Kundgebungen der bayerischen PEGIDA-Ableger in München und Nürnberg als Redner auf. Dies recherchierte die Regensburger Antifagruppe Antifa F umfänglich in ihrem Artikel „Kommunalwahl 2020: Erhard Brucker (AfD)“ vom 28. Februar 2020.

Mit Stürzenberger und anderen fuhr Brucker im August 2012 zu einer sogenannten Counter-Jihad-Konferenz ins schwedische Stockholm, dort trafen sich etliche extrem rechte Personen aus dem Spektrum, so u. a. auch der – wegen Gewaltverbrechen vorbestrafte – Gründer der „English Defence League (EDL)“ Tommy Robinson (Stephen Yaxley Lennon). Auch der Attentäter Anders Breivik, der 2011 in Norwegen 77 Menschen erschoss bezog sich in seinem Manifest auf die die EDL und die Counter-Jihad-Bewegung .

Brucker selbst beantragte schon 2017 seine Mitgliedschaft in der „Alternativen für Deutschland“ (AfD), wurde jedoch erst 2019 in die Partei aufgenommen. 2018 wurde er schon vom Kreisverband Regensburg als Redner für einen „Stammtisch“ eingeladen. Einige Monate vorher besuchte Brucker die „Flügel“ Veranstaltung mit Björn Höcke in Lappersdorf. Seit Frühjahr 2019 war er kurzzeitig Vorsitzender des AfD KV Regensburg und ab Herbst desselben Jahres Beisitzer im bayerischen Landesverband. Während seiner Zeit im AfD-Landesvorstand war Brucker einer der organisatorischen Ansprechpartner in Bayern für die 2020 vordergründig aufgelöste völkisch-nationalistische und rechtsextreme Plattform „Der Flügel“ um Höcke.

Ideologie: Rassismus, Antisemitismus, Antifeminismus und Verschwörungsglaube vom „großen Austausch“

Brucker selbst inszeniert sich als großer Islam-Kenner und -Kritiker. Sein Wissen bezieht er dabei vor allem aus neurechten Quellen des Antaios-Verlags oder des Kopp-Verlags. Eine Integration von Muslimen hält er pauschal für nicht möglich und unterstellt Flüchtlingen kollektiv, nicht arbeiten zu wollen. Überhaupt beschreibt er sie entweder als dumm oder religiös-fanatisch, wettert immer wieder ins rassistischer und abwertender Manier über Muslim:innen auf seiner Facebookseite.

Gleichzeitig vertritt er die extrem rechte Verschwörungserzählung vom „großen Austausch“ und der vermeintlich bewusst gesteuerten Zerstörung Deutschlands durch die Einwanderung muslimischer Geflüchteter: „Der Plan von Frau Merkel, nämlich der Austausch unserer Bevölkerung, ist durchschaut.“ Der Plan sei es, „willfährige Idioten zu züchten, die man besser kontrollieren und ausnutzen kann“.

In seiner Rede zur Kandidatur auf Listenplatz 22 der AfD Bayern Liste zur BTW2025, auf dem Landesparteitag der AfD Greding am 15.12.2024 erklärte Erhard Brucker:

„(…) Der deutsch-amerikanische Publizist Yascha Mounk hat 2018 in den Tagesthemen gesagt, wir wagen ein historisch einmaliges Experiment, nämlich eine monoethnische, monokulturelle Gesellschaft in eine multiethnische umzuwandeln. Dabei würde es zu Verwerfungen kommen. Ich wurde nicht gefragt, ob ich an diesem Experiment teilnehmen will und ich denke, Sie alle auch nicht. Aber meine Damen und Herren, dieses Experiment ist nach wie vor im vollen Gange. Und da in der Politik bekanntlicherweise nichts aus Zufall passiert, gehe ich davon aus, dass just genau sogar jetzt, in genau diesem Moment, zumindest die Agenda der Grünen weiter praktisch umgesetzt wird. Und diese Agenda ist recht einfach. Sie lautet Deutschland zerstören. Unser Vaterland wird mittlerweile von größtenteils ungebildeten, integrationsunfähigen und unwilligen Migranten mit meist muslimischem Kulturhintergrund geflutet. Unsere innere Sicherheit ist dahin. Kalifatsdemos, Messerattacken, Gruppenvergewaltigung, Taharrusch nennt man das, Gleisschubser und Grabscher, jede größere Stadt hat mittlerweile Problemgegenden und No-Go-Areas. Unsere Industrie wird im Zeitraffer vernichtet. Die traditionelle Familie, Sexualität, ja auch die deutsche Sprache durch Gendergaga entstellt. Ich nehme das Wort entstellt mit Absicht. (…) Sehr geehrte Damen und Herren, ja in der Tat, es ist ein in der Welt wirklich einzigartiger Vorgang, dass sich eine Premium-Nation wie Deutschland scheinbar selbst und ohne Gegenwehr abschafft.“

Besonders die frauenverachtende Implikation dieser Theorie vom „Austausch“ führt Brucker immer wieder aus: Deutsche Frauen bekämen zu wenige Kinder, während migrantische Frauen immer mehr Kinder bekämen und so auf demografischer Ebene diesen „Austausch“ förderten. Rassistisch und Frauenverachtend hetzt er gegen „überall kinderwagenschiebende Kopftuchweiber“ oder komplett entmentschlicht „kinderwagenschiebende Kopftücher“, „die gebährfreudigen Töchter Allahs“ und einen „Geburtenjihad“, recherchierte Anita F.

Brucker, der christliche Burschenschafter, wird wegen seiner rassistischen Werturteile als „Islamexperte“ mehrfach in einem Urteil des Verwaltungsgerichts München erwähnt, das im Juni 2023 entschied, dass das Landesamt für Verfassungsschutz die bayerische AfD weiter als rechtsextremistischen Verdachtsfall beobachten und die Öffentlichkeit darüber informieren darf. Aus der 174 Seiten umfassenden Urteilsbegründung geht hervor, dass der Regensburger AfD-Stadtrat für die Entscheidung eine tragende Rolle spielte. Unter anderem geht es um gemeinsame Auftritte Bruckers mit Jürgen Elsässer, Macher des rechtsextreme Verschwörungsblatts Compact. Vor allem aber um verschiedene Äußerungen, die der selbsternannte Islamexperte in der Vergangenheit von sich gab – und von denen die Partei selbst sich weder zeitnah noch öffentlich distanziert habe. Konkret benannt werden Bruckers Behauptungen wonach die Regierung eine „bewusste und kühn kalkulierte Islamisierung unseres Heimatlandes“ betreibe und die Warnung vor „moslemischen Horden“, die Bayern zu übernehmen drohten, und deren „ansteckenden Krankheit, welche zu Hirnerweichung, Intoleranz, Homophobie, Frauenfeindlichkeit etc. führt“. (Quellen: Regensburg Digital: „Urteil am Verwaltungsgericht München: Auch wegen Regensburger Stadtrat – Verfassungsschutz darf bayerische AfD weiter beobachten“ von Stefan Aigner, 18.11.2024 und Regensburg Digital:„Totaler Trottel“: Peinlicher Rechtsaußen „mit Durchschlagskraft“: Regensburger AfD-Stadtrat will über Passau in den Bundestag“ von Stefan Aigner, 14.10.2024)

Praxis: Alkoholismus, Gewalt und Größenwahn

An Selbstbewusstsein und Selbstüberschätzung scheint es Erhard Brucker keineswegs zu mangeln. Neben seinem selbstverliehenen Expertenstatus und dem Glauben, eine weltweite Verschwörung geheimer Eliten mit dem Ziel Deutschland zu zerstören durchblickt zu haben und seiner politischen Motivation „die Lebenslügen der realitätsverweigernden Sozialisten gleich welcher Farbe offenzulegen“, führt Brucker im PNP-Kandidatensteckbrief zur Bundestagswahl seine „Durchsetzungsfähigkeit, Zielstrebigkeit und Bildung/ Intellekt/ +IQ“ als Stärken an. Pseudobescheiden gesteht er unter seinen Schwächen ein, „gelegentlich zu perfektionistisch, manchmal zu emotional“ zu sein.

Dabei scheint „manchmal zu emotional“ für den Burschenschafter mit Elitendünkel ein freundlicher Euphemismus für „wenn betrunken, ohne Hemmschwelle und dann relativ gewaltaffin“ zu sein – im korporativen Milieu nichts Ungewöhnliches. Ein Jahr nach seiner Wahl in den Regensburger Stadtrat, machte Brucker Schlagzeilen, als er seinen Parteikollegen Sebastian Durden wegen Rufschädigung und Verleumdung verklagte, nachdem dieser ihn als „Alkoholiker“ bezeichnet hatte. Den Rechtsstreit vor dem Landgericht Regensburg verlor Brucker. Als Begründung führt das richterliche Urteil aus, Durdens Aussage beruhe „auf Beobachtungen, die ein Alkoholproblem nahelegen“. Dieser hatte geschildert und dokumentiert, dass Brucker „ständig betrunken“ gewesen sei. So am 21. Januar 2020 bei einer Veranstaltung mit dem MdB Stephan Brandner in der Regensburger Arberhütte wo Brucker schon „stockbesoffen“ angekommen und fortlaufend weiter eskaliert sei, weshalb die Veranstaltung schließlich abgebrochen wurde. Die Wirtin der Arberhütte versuchte zudem erfolglos, den betrunkenen Brucker daran zu hindern, zur Protestkundgebung vor dem Haus zu gehen. Bei AfD-Vorstandssitzungen habe sich Brucker des öfteren im betrunkenen Zustand „entsprechend gebärdet“. So sei er teilweise aufgestanden und habe die Runde in einer einschüchternden Tonart wissen lassen, „wer hier die Hosen“ anhabe. Auch soll Brucker unter der Woche nachts betrunken einige Mitglieder angerufen haben, eidesstattliche Versicherungen von anderen Parteimitgliedern bestätigten dies. Als am 14. März 2020, dem Tag vor der Kommunalwahl, die AfD einen Infostand am Regensburger Domplatz abgehalten habe, sei Brucker „so betrunken“ gewesen, dass auf einen Journalisten losging, berichtete Durden. (Quelle: Regensburg Digital: „Landgericht Regensburg: AfD-Stadtrat klagt gegen Parteifreund“ von Martin Oswald, 14.09.2021)

Die gewaltaffine Attitüde hat Brucker offensichtlich auch nach dem Urteil nicht abgelegt. Beim AfD-Landesparteitag in Greding Anfang des Jahres 2024 berichtete ein AfD-Mitglied aus Würzburg davon, dass Brucker, damals noch Mitglied im Landesvorstand der Partei, ihm Prügel angedroht habe, sollte er parteiinterne Querelen öffentlich machen. „Er hat gesagt, er ist 1,90 groß, wiegt 140 Kilo und hat eine harte Durchschlagskraft“. (Quelle: Regensburg Digital:“Totaler Trottel“: Peinlicher Rechtsaußen „mit Durchschlagskraft“: Regensburger AfD-Stadtrat will über Passau in den Bundestag“ von Stefan Aigner, 14.10.2024)

Sich selbst hingegen attestiert Brucker nicht nur einen gesunden Lifestyle sondern auch ausreichend gesunden Menschenverstand um sich als kompetenter Schreitschlichter hervorzutun. In seiner Rede zur Kandididatur auf Listenplatz 22 der AfD Bayern Liste zur BTW2025 beim AfD Landesparteitag in Greding am 15.12.2024 erklärte Erhard Brucker über sich selbst:

„(…) Sehr geehrte Damen und Herren, mein Name ist Erhard Brucker, ich bin 52 Jahre jung und gehe davon aus, noch sehr lange und gesund zu leben, da ich mich nicht impfen habe lassen. (…) Als Mediator (im Landesvorstand der AfD Bayern) bin ich mittlerweile gut 20.000 Kilometer in ganz Bayern herumgefahren, um Streit zu schlichten und das gelang in den meisten Fällen auch.“

Auch hinsichtlich seiner vermeintlichen politischen Erfolge schöpft Brucker aus dem Vollen und mutiert dabei zum Baron von Münchhausen. Bei der Kandidaturrede führt er über sein Wirken als Stadtrat in Regensburg aus:

„(…) Und meine Damen und Herren, es ist übrigens auch möglich, auch als kleine Opposition, wir sind ja in Regensburg 2 gegen 48, Erfolge zu feiern. Ich habe jetzt nämlich zum Beispiel verhindert, dass der Christopher Street Day eine Bezuschussung aus den Leistungen der Stadt bekommt. Ferner habe ich die Einstellung von zwei Vollzeitkräften zur Begleitung von queeren Flüchtlingen verhindert, weil ich nachweisen konnte, dass es die statistisch bei uns gar nicht gibt. Da spart der Stadt 120.000 Euro im Jahr. Auch der Kapitän der Regensburger Seenotrettungsorganisation, Sea Eye, bekam die begehrte Auszeichnung des Stadtschlüssels nicht. Warum? Weil ich ihn medienwirksam als Schlepperkönig von Regensburg bezeichnete. Das war dem Obersten dann etwas zu viel. Das Ganze war zwar juristisch etwas teuer, aber im Nachhinein gesehen eine sehr gute Investition. Mein größter Erfolg dürfte jedoch gewesen sein, dass ich meinen Beitrag, nicht ich alleine, zur Verhinderung des Verkehrswendeprojekts Stadtbahn, also einer Bimmelbahn in Regensburg verhindert habe. Denn letztlich hat in einem Bürgerentscheid, haben die Bürger sich gegen dieses schienenbezogene Irrsinsprojekt ausgesprochen.“

In Regensburg zeigte man sich über diese prahlerische Aufzählung mehr als irritiert. Die Einstellung von zwei Vollzeitkräften zur Begleitung von queeren Flüchtlingen sei nie zur Debatte gestanden – lediglich eine dezentrale Unterbringung wurde im Jahr 2020 einmal diskutiert. Die Bezuschussung des CSD aus den Leistungen der Stadt sei zunächst an der fehlenden formalen Organisationsform des CSD als eingetragener Verein gescheitert, konnte schließlich jedoch über andere Wege abgewickelt werden. Der Kapitän der Regensburger Seenotrettungsorganisation „Sea Eye“, Michael Buschheuer, bekam 2021 zwar nicht den Regensburger Stadtschlüssel verliehen, wurde aber von der Stadt Regensburg im Jahr darauf mit dem noch höher dotierten „Brückenpreis“ geehrt. Und mit der Verhinderung des Verkehrswendeprojekts Stadtbahn durch einen Bürgerentscheid hatte Brucker überhaupt nichts zu tun, wie die dahinterstehende Bürgerinitiative mit Nachdruck betonte. (Quelle: Regensburg Digital: „Totaler Trottel“: Peinlicher Rechtsaußen „mit Durchschlagskraft“: Regensburger AfD-Stadtrat will über Passau in den Bundestag“ von Stefan Aigner, 14.10.2024)

Den ebenso parteischädlichen wie gerichtsfesten rassistischen Ausfällen, den stadtpolitischen Erfolgsflunkereien und innerparteilichen Konfliktschlichtungsbeiträgen durch Gewaltandrohung zum Trotz, schaffte Brucker nicht nur den Sprung auf Listenplatz 22 sondern damit auch knapp den Einzug in den Bundestag. Über seine ersten Wochen in Berlin berichtete Brucker, dass er dank seiner guten Vernetzung in der Partei trotz des Raumchaos im Bundestag einen provisorischen Arbeitsplatz bei einem Kollegen im Büro finden werde. Seinen Tauchsporthandel in Regensburg müsse er jetzt aus zeitlichen Kapazitätengründen aufgeben. Seinen Einfluss in Berlin wolle er im Innenausschuss einbringen, da er mit Passau eine Grenzregion vertrete, für die das Thema illegale Einwanderung wichtig sei. Er plane außerdem nun in den Landkreis Passau zu ziehen und Regensburg den Rücken zu kehren – derzeit suche er aber noch eine passende Wohnung im Raum Passau. Außerdem suche er, so erklärte Brucker gegenüber der PNP, nach Büroräumen in Passau. (Quelle: PNP: „Zwischen Ministerium und Katzentisch: So haben die neuen Abgeordneten aus dem Raum Passau die erste Woche im Bundestag erlebt“ von Sabine Kain, 31.03.2025) Irritierenderweise postete Ralf Stadler im selben Zeitraum mehrmals Gesuche auf Facebook und Telegram mit dem Verweis, dass er für sich und den MdB Brucker nach Büroflächen für ein Abgeordnetenbüro in Deggendorf suche.

Sein Team für Berlin und den Wahlkreis Passau, so Brucker gegenüber der PNP, habe er schon zusammengestellt. Wer das Team um den neuen MdB in der Region Passau ergänzt, verrät Brucker nicht. Einen Hinweis bietet jedoch erneut seine Rede zur Kandididatur auf der AfD Bayern Liste vom Dezember des Vorjahres. Über seine Pläne als Bundestagsabgeordneter kündigte Brucker dort an:

„(…) Und zuallerletzt, jeder weiß, wie ich mich gegen den politischen Islam engagiere und seit Jahren Vorträge mache und auch wahrscheinlich, wie intensiv meine langjährige Freundschaft mit Michael Stürzenberger ist. Michael Stürzenberger hat sich derweil erklärt, für mich, wenn ich den einziehen sollte, im Bundestag zu arbeiten.“ (Erhard Brucker, 15.12.2024, AfD Landesparteitag in Greding).

Welche Neonazi-Netzwerke Brucker außerdem – womöglich auf der Suche nach Mitarbeitern und Kontakten – anzapfte recherchierte Endstation Rechts wenige Wochen nach der Wahl. Anfang April nahm Erhard Brucker neben anderen Abgeordneten und Mitgliedern der AfD an einem sogenannten „Patriotentreffen“ im mittelsächsischen Niederbobritzsch teil. Der Freiberger AfD-Stadtrat Hermann Frenzel hatte zum mittlerweile vierten „Patriotentreffen“ eingeladen. Die Treffen geben Bundestagsabgeordneten und Kommunalpolitiker:innen die Möglichkeit, sich unter dem Radar der Öffentlichkeit mit dem von der Partei geschassten ehemaligen brandenburgischen Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz (Mitglied der neonazistischen pennalen Burschenschaft Saxonia Czernowitz in München) auszutauschen. Ein Bild von Endstation Rechts zeigt den AfD-Bundestagsabgeordneten Erhard Brucker im Gespräch mit dem aus der Partei ausgeschlossenen Andreas Kalbitz vor dem Gasthof „Goldener Löwe“, in dem sich bis zu 200 Menschen aus der extremen Rechten, wie z. B. auch der rechtsextremen AfD-MdB Maximilian Krah eingefunden haben. Als Zweck des Treffens formulierte der bayerische Landtagsabgeordnete Martin Böhm das erste „Patriotentreffen“ im Februar 2023 im nur 15 Kilometer entfernten Weigmannsdorf, „Über alle Freundeskreise und alle Parlamente hinweg einen ungezwungenen privaten Austausch pflegen“.

Was hier als privater Austausch gilt, wäre unter der Fahne der Partei nicht möglich: Neben zahlreichen AfD-Parlamentarier:innen nahmen mehrere Personen teil, die bislang vor allem im Umfeld einschlägiger Neonazis aufgefallen sind. Für Andreas Kalbitz, dem wegen seiner Mitgliedschaft bei der völkisch-nationalsozialistisch orientierten „Heimattreuen Deutschen Jugend“ 2020 die AfD-Parteimitgliedschaft entzogen worden war, war es bereits mindestens die zweite Teilnahme an der mittelsächsischen Veranstaltungsreihe. Mit einem Mann, der unter dem Namen Wolfgang Freiherr von Krauss auftritt, spielt eine weitere schillernde Figur eine tragende Rolle bei der Organisation der „Patriotentreffen“. Krauss wurde nach Recherchen der WELT 2019 ein Hausverbot des bayerischen AfD-Landesvorstands für alle Veranstaltungen der AfD in Bayern erteilt, weil seine Identität nicht zu ermitteln gewesen sei. Hintergrund: Seinen Adelstitel soll sich Krauss dazugedichtet haben. Andere Teilnehmende der Veranstaltung nahmen unter anderem am neonazistischen Trauermarsch im Februar in Dresden teil und mehrere junge Männer, die seit etwa einem halben Jahr als „Junge Alternative Nordsachsen“ auftreten, traten noch bis vor kurzem in diversen neonazistischen Zusammenhängen auf, etwa im Dunstkreis der „Jungen Nationalisten“ und der Partei „Dritter Weg” in Erscheinung, ermittelte Endstation Rechts. (Quelle: Endstation Rechts: „Ungezwungener privater Austausch” Mittelsachsen: AfD-Abgeordnete treffen Neonazis“ von Johannes Grunert, 17.04.2025). Welche der Teilnehmenden des Patriotentreffens sich in den Mitarbeiter:innenstäbe der neuen AfD-MdB wie Brucker wiederfinden werden, bleibt abzuwarten.

Brucker in Berlin, beef bei der AfD Passau

Rechtexextremer Politischer Aschermittwoch mit breitem antifaschistischem Protest

Alljährlich trifft sich sie AfD zum „Politischen Aschermittwoch“ im Donaucenter Schubert in Osterhofen, wo Keynotespeaker:innen der Partei vor hunderten bierbeselten Besuchern rassistische, sexistische oder andere ekelhafte Sprüche zum Besten geben oder „Abschieben“-Sprechchöre anheizen. Protest gegen die rechtsextreme Massenveranstaltung unter Alkoholeinfluss fand in den vergangenen Jahren kaum statt. Dies änderte sich am 05. März 2025. Das Bündnis „Niederbayern Nazifrei“ hatte bereits wochenlang im Voraus Proteste organisiert – und der Erfolg blieb nicht aus. Eine größere stationäre Gegendemonstration hatte Niederbayern Nazifrei angemeldet, gut 100 Teilnehmer:innen waren gekommen. Zudem zogen gut etwa 40 Demonstrierende vom Bahnhof zum Veranstaltungsort. Und knapp 70 weitere von Widersetzen Bayern sperrten unangemeldet die Zufahrt zur Veranstaltung mit einer Sitzblockade, zehn von ihnen hatten sich dabei festgeklebt. Laut war es nicht nur wegen der Trillerpfeifen: „Nazis raus“ skandierten die Demonstrant:innen ebenso wie „Alle zusammen – gegen den Faschismus“ oder „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda“. Etwa 15 weitere Aktivist:innen von Animal Rebellion hatten sich ans Eingangstor der benachbarten Viehversteigerungshalle gekettet. Vertreten war auch Omas gegen Rechts aus dem Landkreis Deggendorf mit sieben Personen. Die Polizei bilanziert in ihrer Pressemitteilung, dass bei 89 Teilnehmenden der Blockadeaktionen die Personalien festgestellt wurden, einer Person wurde ein Platzverweis erteilt. Insgesamt wurden rund 80 Strafverfahren wegen des Verdachts der versuchten Nötigung und 68 Ordnungswidrigkeitenverfahren nach dem Versammlungsgesetz sowie ein Verfahren wegen des Verdachts des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingeleitet. Der Ärger der AfD über die Proteste und die engagierten Blockaden der Antifaschist:innen verschiedenster Gruppierungen und Strukturen war den extrem rechten Besucher:innen und Parteifunktionär:innen deutlich anzumerken. (Quelle: PNP: „Mehrere Gruppen demonstrierten gegen den Politischen Aschermittwoch der AfD in Osterhofen. Lauter Protest und Sitzblockaden“, 05.03.2025)

Die AfD in der Region Passau stellt sich in der Fläche für die Kommunalwahl 2026 auf

Im März kündigte der AfD KV Passau in einer Pressemitteilung an, den Erfolgskurs der Partei bei der Bundestagswahl fortführen und sich bereits frühzeitig flächendeckend für die kommende Kommunalwahl 2026 aufstellen zu wollen. In den Folgewochen gründeten sich unter Leitung der Passauer Parteifunktionäre die AfD-Ortsverbände Hutthurm/Büchlberg, Vilshofen und Fürstenstein. Gründungen in Tittling und Neunkirchem v. Wald wurden angekündigt.

14.03.2025: AfD gründet Ortsverband Hutthurm/Büchlberg

In Hutthurm wurde kürzlich der erste AfD-Ortsverband für die Gemeinden Hutthurm und Büchlberg gegründet. Die AfD will damit nach eigener Aussage eine lokale Struktur schaffen, um sich gezielt auf die Kommunalwahl 2026 vorzubereiten und die AfD vor Ort zu verankern. Zum Vorsitzenden des neuen Ortsverbands wurde Daniel Artmann gewählt, der bereits als stellvertretender Kreisvorsitzender der AfD Passau aktiv ist. Wurstsomelier (!) Adrian Krenn übernimmt das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden, Walter Birk wurde zum Schatzmeister bestimmt, und Sandra Krenn ist künftig als Schriftführerin tätig. (Quelle: PNP: „AfD gründet Ortsverband Hutthurm/Büchlberg“, 14.03.2025)

21.03.2025: AfD gründet Ortsverband Vilshofen

AfD OV Vilshofen: In der Gründungsversammlung wurden neben dem Vorsitzenden Mario Stadler und der stellvertretenden Vorsitzenden Corinna Kral auch Kassenwart Tobias Tinat, Schriftführerin Ursula Bachhuber und Beisitzer Josef Eibl gewählt. Bei der Versammlung anwesend waren außerdem Oskar Atzinger, MdL Daniel Artmann (stv. Kreisvorsitzender der AfD Passau), Ralf Stadler (Kreisvorsitzender der AfD Passau).

04.04.2025: AfD gründet Ortsverband Fürstenstein

Der AfD-Kreisverband Passau gründete in Fürstenstein einen dritten Ortsverband im Landkreis Passau. Zur Vorsitzenden wurde Gabriele Geßwein gewählt, stellvertretender Vorsitzender ist Thomas Hilgart, zum Kassenwart wurde Herbert Markl und zur Schriftführerin Gabriele Apostel gewählt. Johann Klein, der ebenfalls im Kreisvorstand der AfD Passau ist, wurde Beisitzer des frisch gegründeten Ortsverbandes.

AfD im Kreistag Passau – Stadler schmeisst Kollegen raus und setzt auf politische Neulinge

Am Samstag, den 22. März 2025, hat der AfD-Kreisverband Passau seine Kandidatenliste für die Kreistagswahl am 8. März 2026 aufgestellt. Der Plan: „Wir sind zuversichtlich, dass wir bei der kommenden Wahl rund 30% der Sitze im Kreistag sowie in den Gemeinde- und Stadträten gewinnen können“, so die einhellige Meinung aus dem Kreisvorstand.

Die Liste wird angeführt von Daniel Artmann aus Hutthurm. Ihm folgen Daniel Boxleitner aus Sonnen, Adrian Krenn (Hutthurm), David Kleiber (Hofkirchen), Stephan Süß (Breitenberg) und Gabriele Geßwein aus Fürstenstein. Außerdem kandidieren Dominik Breinbauer (Tittling), Matthias Poxleitner (Aicha vorm Wald), Michaela Röhrner (Fürstenzell) und Walter Birk (Hutthurm), ebenso wie Thomas Hain, Sebastian Fesl und Christiane Boxleitner aus Sonnen, Sandra Krenn und Josef Koch aus Hutthurm sowie Jürgen Groß und Alicja Schwarz aus Fürstenzell.Mit auf der Liste stehen außerdem Wilhelm Zinsberger (Malching), Ralf und Maria Stadler (Tittling), Elfie Stephan (Windorf), Martin und Siglinde Bobe (Aldersbach), Martin Angerer und Josef Angerer (Bad Griesbach).Komplettiert wird das Team durch Michael Redmann und Erwin Bernkopf (Neukirchen v. Wald), Thomas Hilgart und Herbert Markl (Fürstenstein), Franz Neißendorfer (Haarbach) sowie Mario Stadler, Ortsvorsitzender der AfD in Vilshofen.

Laut dem AfD-Kreisverband wollte man „bewusst keine Partei-Karrieristen aufstellen, sondern Steuerzahler, Selbstständige und Rentner, die anpacken wollen. Menschen mit beiden Beinen im Leben, fest in ihren Gemeinden verwurzelt und bereit, ihren gesunden Menschenverstand, statt parteiideologischer Vorgaben einzusetzen“. Die Erklärung verwundert ein wenig. Hatten der Kreisverband und sein Vorsitzender Ralf Stadler doch bei der Wahl des Bundestagskandidaten mit Erhard Brucker noch auf einen Kandidaten gesetzt, der sehr wohl als Partei-Karrierist auftritt und weder in der Region verwurzelt ist, noch durch gesunden Menschenverstand als vielmehr fehlende Impulskontrolle auffällt.

Was beim Überfliegen der 31 Namen der Kreistagsliste für die Kommunalwahl 2026 auffällt: Von den sechs amtierenden AfD-Kreisräten (Angelika Eibl, Fraktionsführer Oskar Atzinger, Herbert Seitz, Werner Kriegl, Johann Meier und Ralf Stadler), steht nur noch der Kreisvorsitzende Ralf Stadler auf der Liste, die anderen fünf nicht. Die Geschassten erklärten, dass es nicht am fehlenden Willen ihrerseits gelegen habe. Schuld sei der intrigante wie despotische Stadler, „der den AfD-Kreisverband Passau zu einem Abnick-Verein degradiert hat“, erklärt AfD-Fraktionsführer und MdL Oskar Atzinger. Die aktuellen Listenkandidaten sind bisher, bis auf Einzelne, politisch nicht in Erscheinung getreten und haben keinerlei Erfahrung in kommunalen Gremien.

„Ich glaube, dass ich im Kreistag durchaus eine vernünftige Arbeit abliefere und mit den Kollegen aus den anderen Fraktionen ein entspanntes, kollegiales Verhältnis pflege. Anstatt in der nächsten Periode darauf zu bauen, wird von Stadler eine Liste mit unerfahrenen Kandidaten aufgestellt. Das gibt extremen Reibungsverlust im Kreistag.“ warnt Kreisrat Werner Kriegl.

Kriegl, der als Parteiloser in die AfD-Fraktion nachgerückt war, sei bei der Listenaufstellungsversammlung „als Nichtmitglied sofort aus dem Saal geworfen“ worden – „nach Abstimmung, da AfD-Veranstaltungen grundsätzlich erst mal öffentlich“ seien. „Die ganze Veranstaltung war eine Farce“, resümiert er: „Der Spitzenkandidat fungierte gleichzeitig als Wahlleiter und die Wahl des Landratskandidaten Artmann musste aufgrund einer fehlerhaften Einladung von der Tagesordnung genommen werden.“ Für Kriegl hat nicht der Kreisverband, sondern „der Ortsverband Tittling und Umgebung“ seine Liste aufgestellt. „70 Prozent der Kandidaten kommen aus dem nördlichen Landkreis, 40 Prozent aus Sonnen, Tittling und Hutthurm. Nur neun Kandidaten sind aus dem Süden, der einen größeren Bevölkerungsanteil repräsentiert. Die Liste ist alles andere als ausgewogen“, sagt er. „Ralf Stadler hat sich ein System im Kreisverband aufgebaut, um nach eigenem Gusto entscheiden zu können.“

Harte Worte findet auch Stadlers früherer Protegé, Kreisrat Johann Meier. „Ich schäme mich ehrlich gesagt für den AfD- Kreisverband Passau“, sagt er zur PNP. „Ich komme viel herum, auch damals im Wahlkampf, jeder spricht mich auf Ralf Stadler an. Nicht positiv. Er ist zum Führer der AfD im Landkreis Passau geworden.“ Meier habe – wie auch die anderen amtierenden AfD-Kreisräte – bei der Versammlung „ein Mindestmaß an Anstand“ vermisst. „Es heißt, Stadler will keine ehemaligen CSUler und Republikaner mehr auf der Liste, nur Leute aus dem Volk. Ich bin auch aus dem Volk“, sagt der ehemalige Tettenweiser CSU-Ortsvorsitzende. Kreisrat Herbert Seitz saß – wie auch Oskar Atzinger − schon für die Republikaner im Passauer Kreistag. Auch er wäre für eine zweite Amtsperiode angetreten, sagt er zur PNP: „Ich werde nächstes Jahr 65 und hätte Zeit. Aber Ralf Stadler hat das nicht zugelassen.“. „Politisch ist die Sache damit für mich erledigt. Wir haben Ralf Stadler immer unterstützt, aber er geht mit uns Mitgliedern nicht anständig um. Die AfD kann ich nächstes Jahr unter den gegebenen Umständen jedenfalls nicht wählen.“, so Seitz.

Als einzige gar nicht erst zur Wahl für die Liste angetreten war Kreisrätin Angelika Eibl. Nach einigen Querelen – sie war zwischenzeitlich aus der Fraktion ausgetreten – und aufgrund ihres Alters habe sie entschieden, aufzuhören. „Wir waren alle bei der Versammlung, meine Kollegen hatten einfach keine Chance. Die Plätze standen meiner Meinung nach von vornherein fest.“ Ihr Fazit: „Kritisch denkende Menschen sind unerwünscht. Das liegt am Kreisvorsitzenden, der als einziger wieder in der Fraktion sein wird.“ Eibl will sich künftig mit ihrem Mann Josef im neuen Ortsverband Vilshofen engagieren. (Quelle: PNP „Ganze AfD Fraktion abgeschossen: Passauer AfD-Kreisräte kritisieren Listenaufstellung für 2025“, 02.04.2025)

Während ihm Parteikollege Stadler das Leben schwer und ihm die Posten madig macht, erfährt Oskar Atzinger in seinen anderen Ämtern Bestätigung. Im März wurde Atzinger als Mitglied der Salzweger Soldaten und Reservistenvereinskameradschaft geehrt. Atzinger selber ist stellvertretender Kreisvorsitzender des BKV Soldatenbundes Passau. Neben Atzinger steht, auf dem Pressebild der Ehrung, ebenfalls in Reservistenuniform, der Passauer AfD-Stadtrat Kurt Haimerl. Die beiden Rechtsextremen sind seit Jahrzehnten gemeinsam in politischen Projekten aktiv, waren beispielsweise beide Mitglied der Die Republikaner und sind bis heute beide in der neonazistischen pennalen Burschenschaft Normannia Winterberg zu Passau korporiert. Die Schülerschaft Normannia Winterberg ist eng verbunden mit der Münchner Schülerschaft, der pennalen Burschenschaft Saxonia Czernowitz, in welcher Andreas Kalbitz korporiert ist. Seine Affinität zur Erziehung bzw. Sozialisation junger Männer bzw. Schüler in die extreme Rechte lebt Atzinger nicht nur über die pflichtschlagende Schülerschaft für Gymnasiasten aus. Als Mitglied des Ausschusses für Kultus und Bildung im Bayerischen Landtag versucht der korporierte Reservist seine ideologische Haltung immer wieder ganz offen in die politische Programmatik zu tragen. So wetterte er am 12.03.2025 in der Aussprache zu einem Antrag der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag zur Förderung von Kindertagesbetreuungen: „Geld löst nicht alle Probleme! Immer weiter steigende Sozialausgaben verschärfen das allgegenwärtige Problem der Verwischung des Leistungsgedankens. Die Kinderbetreuung ist durch gute Betreuungskräfte gewährleistet. Problematisch ist, dass die Kinder in Kindergärten eine Entwicklung nehmen, die im späteren Leben zu noch größeren Problemen führt. Kinder müssen auch vor ihrer Schulzeit schon an den Leistungsgedanken herangeführt werden. Bestmögliche Förderung gibt es schon genug durch Bildungs- und Betreuungsangebote.“

Oskar Atzinger schwadroniert allzugern von Führung, Pflicht, Gehorsam und Leistung, zeitgleich gebärdet sich sein MdL-Kollege und ewiger Widersacher Ralf Stadler im Kreisverband und in seiner politischen Arbeit zuverlässig als cholerischer Querschläger. Im Landtag sammelt er Ordnungsrufe, da er die parlamentarische Etikette wahlweise nicht kennt oder nicht respektiert, seine Verachtung für alles Elitäre und Akademische bringt ihm selbst unter seinen Fraktionskollegen das Image des Provinztrampels ein und seine Mitarbeiter vergrault er offensichtlich ähnlich konsequent wie seine Protegés und Kolleg:innen. Stadlers langjähriger Mitarbeiter als Referent bei der AfD-Landtagsfraktion und Rechtsanwalt, Tom Tauer (Tittling), der angesichts Stadlers krasser Renitenz in Sachen Rechtsberatung und seiner Sammelleidenschaft für Strafanzeigen vermutlich schon das ein oder andere graue Haar bekommen hat, wechselte im März jedenfalls überraschend zum Schwandorfer AfD-MdB Reinhard Mixl. Mit diesem will er nun dessen Büro in Berlin aufbauen sowie je ein Wahlkreisbüro in der Stadt Schwandorf und im Landkreis Cham.

Anfang April fiel Ralf Stadler außerdem bei der Wahl zum Schriftführer im Landtag Bayern durch. Besonders bitter für den eitlen Abgeordneten: Im Ergebnis zur Wahl des Schriftführers zeigte sich, dass unter den 165 abgegebenen Stimmen, eine Enthaltung und 25 Ja-Stimmen auf Stadler entfielen. Mit anderen Worten: „Von 27 anwesenden AfD Abgeordneten bekam ich von 2 Kollegen keine Unterstützung, dass zu einer geschlossenen, funktionierenden AfD Fraktion.“, entrüstet sich Stadler auf seiner Facebookseite. Immerhin zwei Mitglieder der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag schätzten also völlig korrekt ein, dass Ralf Stadler des Schreibens kaum mächtig und damit als Schriftführer völlig ungeeignet ist und konnten dessen (sowieso aussichtslose) Wahl am 02.04.2025 nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren.

Eine gute Woche später bewies Stadler erneut, dass er es selbst in seiner zweiten Legislaturperiode im Landtag nicht geschafft hat, sich die Grundlagen der Etikette des hohen Hauses anzueignen. Im Protokoll 19/48 vom 09.04.2025 des Bayerischer Landtag in der 19. Wahlperiode (S. 141ff.) lässt sich nachvollziehen, wie Ralf Stadler sich einen Ordnungsruf einhandelte, weil er während eines Redebeitrags des Grünen Abgeordneten Toni Schuberl wutentbrannt zum Präsidentenpult stürmte um sich in einer „persönlichen Erklärung“ zu beschweren. Der Anlass: Toni Schuberls Beitrag zum Antrag der AfD Fraktion zur „Meinungsfreiheit“.

Toni Schuberl (GRÜNE): (…) Die AfD und Meinungsfreiheit – was für ein Witz. Sie schlagen eine Brandschneise aus Hass und Hetze durch unser Land, und dann reden Sie von der Meinungsfreiheit. Sie wollen keine Meinungsfreiheit. Sie wollen, dass es keine Kritik an Ihrem Hass geben darf. Stadler von der AfD nennt Flüchtlinge „Parasiten“. Er will eine Geburtenkontrolle für Muslime. Er nennt Menschen mit dunkler Hautfarbe „kriminelle Zuhälter“. Er will die Bewaffnung der Bevölkerung. Er warnt vor einem bevorstehenden Bürgerkrieg, und zwar gegen Flüchtlinge. Er bezeichnet die (Passauer) Jusos als „SA“. Wer von Ihnen war noch einmal dabei, als gesungen wurde: „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus“? Da waren doch welche von Ihnen dabei. War das nicht in Greding? (…) Wo ist denn da die Meinungsfreiheit, von der Sie reden? Die AfD haut eine Anzeige nach der anderen raus. Ein (Passauer) Aktivist der Jungen Alternative hat mich wegen einer Tatsachenbehauptung, die ich hier im Plenum geäußert habe, vor Gericht gezerrt. Stadler droht auf Facebook ganz öffentlich Bürgern mit Anzeigen, um einzuschüchtern, und das nur, weil jemand (einen Leserbrief in der PNP) über Ihren Remigrationsantrag geschrieben hat.

(Abgeordneter Ralf Stadler (AfD) begibt sich zum Präsidentenpult.)

Zweiter Vizepräsident Alexander Hold: Herr Kollege Stadler, Sie setzen sich jetzt bitte wieder hin.

Toni Schuberl (GRÜNE): Darf ich jetzt vielleicht weiterreden?

Zweiter Vizepräsident Alexander Hold: Herr Abgeordneter Stadler, Sie können nach dem Ende der Aussprache eine persönliche Erklärung abgeben.

Toni Schuberl (GRÜNE): Er droht mir wahrscheinlich schon wieder mit irgendwas.

Zweiter Vizepräsident Alexander Hold: Herr Kollege Stadler, ich rufe Sie jetzt zur Ordnung, weil Sie nicht sofort wieder an Ihren Platz zurückgegangen sind, als ich Ihnen das gesagt habe. Es gibt keinen Grund, für keinen Abgeordneten hier, einen Redner dadurch zu stören, dass man hier ans Rednerpult kommt.

Toni Schuberl (GRÜNE): Ein Beispiel für die Meinungsfreiheit der AfD.

Doch wie so oft, fühlt sich Stadler nicht nur im Landtag ungerecht behandelt und völlig zu unrecht kritisiert. Dem Tittlinger Abgeordneten ist die ganze Welt Feind. Oder zumindest der Großteil dieser, besonders der in Form einer demokratisch engagierten Zivilgesellschaft, Gewerkschaften, Kirchen und Co. So tobt er am 15.04.2025 auf seiner Facebookseite „Ralf Stadler, MdL“ in seinem Status: „Deutschland’s schlimmste terroristische Vereinigung, die linksextreme Antifa wird von auch den Wahlbetrügern weiterhin über Gewerkschaften und Verbände mit Steuergeldern mobilisiert. Ziel dieses politisch gesteuerten Verhaltensabschaums: Sachbeschädigungen in Millionenhöhe und körperliche Attacken auf politische Andersdenkende und Spaltung der Gesellschaft.Der Fisch stinkt vom Kopf, solange deren Parteimitglieder dieses Treiben ihrer Führungskräfte zusehen, wird unser Land an die Wand gefahren.“

Von welchen terrorähnlichen Angriffen Stadler hier fabuliert, bleibt wie immer offen. Vermutlich denkt #Opferralle hier wieder an das ca. 50x80cm große Graffitti an einer Passauer Graffittiwand, welches mit der Textzeile „Ralf Stadler muss sterben, damit wir leben können“ im Frühjahr 2024 für eine oscarreife dramatische Inszenierung des weinerlichen Stadlers sorgte (eine Anspielung auf die Liedzeile „Deutschland muss sterben, damit wir leben können“ der Punkrock-Band Slime – Hierzu hat das BVerfG bereits geurteilt: Kunstfreiheit). Dieser wähnte sich als Opfer eines „öffentlichen Mordaufrufs“. Der Waffennarr verkündete in einem Video die Stadt Passau anzeigen (denn die sei verantwortlich) sowie Personenschutz beantragen zu wollen und versprach 5000€ Belohnung für den Hinweis, der zur Ergreifung des Täters/Sprayers führe. Wie es auch gehen kann, zeigte der Landshuter AfD-Stadtrat Günter Strassberger rund ein Jahr später. Auf das in Landshut gesprühte Graffitti „auch Günter Strassberger muss sterben damit wir leben können! Niederbayern Nazifrei“ reagierte dieser gelassen. Er habe keine Anzeige erstattet, erklärte Strassberger gegenüber dem Straubinger Tagblatt, denn dies würde nur zusätzliche Arbeit für die Behörden bedeuten. Ein größeres Gewaltpotenzial sehe er im linken Spektrum im Raum Landshut darüber hinaus nicht, aber er lasse sich auch nicht einschüchtern.

Bischöfe und Bistum gegen AfD-Bullshit

Teil des stinkenden Kopfs des politisch gesteuerten Verhaltensabschaums, der Attacken auf politisch Andersdenkende ausübt und die Spaltung der Gesellschaft forciert, sind nach Stadler natürlich immer wieder besonders auch: Kirchenoberhäupter. Regelmäßig wettert Stadler auf Facebook gegen humanistische Aufrufe durch Kirchenangehörige oder deren Unterstützung für Seenotrettung. Dabei spart er nicht an völlig abstrusen Nazivergleichen.

Im März pöbelt Ralf Stadler auf Facebook: „Er kann halt nicht anders, der braune Kardinal. Weil das Reichskonkordat, ein Pakt zwischen den Nationalsozialisten und der Kirche immer noch besteht, zudem hat Passau einen Sozialisten als Bürgermeister, dem er somit unterstellt ist. Als Reichskonkordat wird der am 20. Juli 1933 zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich geschlossene Staatskirchenvertrag bezeichnet. In diesem völkerrechtlichen Vertrag aus der NS-Zeit wurde das Verhältnis zwischen dem Nationalsozialisten und der römisch-katholischen Kirche geregelt. Es ist weiterhin gültig„. Der Anlass: Kardinal Marx, Erzbischof von München und Freising, hatte es gewagt sich angesichts der Wahlergebnisse der AfD in den katholischen Regionen Bayerns besorgt zu zeigen.

Am 22. Februar 2024 hatte die Deutsche Bischofskonferenz bei ihrer Frühjahrs-Vollversammlung einstimmig die Erklärung „Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar“ verabschiedet. Die Bischöfe beschreiben darin den Rechtsextremismus als derzeit drängendste Gefahr für die freiheitliche Ordnung und setzen sich darin ideologiekritisch mit rechtsextremen Positionen, insbesondere mit dem völkischen Nationalismus, auseinander „Wir sagen mit aller Klarheit: Völkischer Nationalismus ist mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild unvereinbar.“, so das klare Fazit der Bischöfe.

Eine Positionierung, die offenbar auch im Bistum Passau nicht alle akzeptieren können. Auch hier sind es natürlich wieder AfD-Fans, die sich als die größten Opfer von illegitimer Diskriminierung wähnen, wenn sie ob ihrer menschenverachtenden Positionen kritisiert oder nur konfrontiert werden. Die Erfahrung machte ein Pfarrer im Landkreis Regen kürzlich, als der das kritische Gespräch mit einem Ministranten gesucht hatte, nachdem dieser ein Selfie von sich mit dem rechtsextremen AfD-Politiker Maximilian Krah verbreitet hatte. Laut Bistum hatte der Pfarrer im Gespräch mit dem Jugendlichen auf die Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz Bezug genommen. Da sich der Jugendliche jedoch uneinsichtig und reflexionsunwillig zeigte, entband der enttäuschte Pfarrer den Oberministranten von seinen Pflichten. Anstatt darüber nachzudenken, an welcher Stelle ihr Spross falsch abgebogen ist, dass es ihm notwendig oder gar cool erscheint mit einem Rechtsextremen, Rassisten und Sexisten zu posieren, reagierten die Eltern des Teenagers mit einem vor Entrüstung triefenden offenen Brief auf den Vorfall. Der Jugendliche sei „politisch recht interessiert“ und habe sich in der Wahlkampfphase über die Programme von mehreren Parteien informiert und im Zuge dessen auch Wahlkampfveranstaltungen besucht – darunter auch eine der AfD, bagatellisieren die Eltern das Treiben ihres Sohnes auf Veranstaltungen der extremen Rechten. Dort habe der Teenager für ein Foto mit Krah posiert und dies in seinem Whats-App-Status gepostet. Daraufhin habe der Pfarrer den Jungen zum Gespräch eingeladen und dem Jungen mitunter folgende Frage gestellt: „Wenn man denkt wie ein Nazi, redet wie ein Nazi und spricht wie ein Nazi, ist man dann kein Nazi?“ Er habe ihn darüber hinaus darauf hingewiesen, dass man „nicht Christ sein und Positionen der AfD vertreten kann“. Ihr Sohn, so schildern es die Eltern des Buben in dem offen Brief, sei nach dem Gespräch zu Hause in Tränen ausgebrochen und war am Boden zerstört. Er fühlte sich massiv ungerecht behandelt, zutiefst beleidigt und als Nazi verunglimpft. Die Eltern wandten sich an das Bistum, das die beiden Parteien zu einem „moderierten Gespräch“ einlud. Dem zartbesaiteten wie rechtsaffinen Jungen wurde vom Bistum „mehrfach angeboten, in den Kreis der Ministranten zurückzukehren“. Das hat die Familie dem Bistum zufolge nicht angenommen. (Quelle: PNP: „Eltern schreiben offenen Brief: Wegen Foto mit AfD-Politiker Krah – Pfarrer im Kreis Regen „degradiert“ Ministrant“, von Lisa Früchtl, 03.04.2025)

Blütezeit und Frühlingserwachen in der extremen Rechten bzw. völkischen Verbindungen in der Region

Der III. Weg Ostbayern macht Burschispecial

Die Organisationsform der Korporationen bzw. Burschenschaften scheint für Anhänger der extremen bzw. völkischen Rechten wieder stark an Attraktivität zu gewinnen. So veranstaltete der Stützpunkt Ostbayern der Neonazipartei „Der III Weg“ seine Monatsveranstaltung im März 2025 als Vortrag zum Thema „Burschenschaft – Geschichte, Auftrag, Zukunft“. Im Bericht zum Vortrag heißt es auf der Website des III. Wegs: „Deutsche Universitäten gelten heute als Hochburgen linksextremer und antideutscher Kreise. Doch es gibt auch Studenten, die treu zum Vaterland stehen. Viele von ihnen sind in den Burschenschaften organisiert. Eine Institution, die über eine lange Geschichte und Tradition verfügt.“ (Quelle: Der III. Weg, „Monatsveranstaltung Ostbayern: Vortrag „Burschenschaft – Geschichte, Auftrag, Zukunft“, 31.03.2025)

Spannend erscheint, dass der Referent, selber Burschenschafter, gegenüber seinem neonazistischen Publikum einige Punkte in der Historie der Burschenschaften wesentlich anders darstellt, als die verharmlosende Version, welche die Korporationen ansonsten gerne präsentieren.

Während Burschenschaften gerne behaupten, während der NS-Zeit verboten worden zu sein um sich so selber als Opfer des Nationalsozialismus zu inszenieren, heißt es in dem Bericht: „1920 fasste die DB den Beschluss, dass von nun an keine Juden mehr aufgenommen werden dürfen. Im Nationalsozialismus wurden die Burschenschaften 1936 aufgelöst und in Kameradschaften überführt. Der Hintergrund war vor allem die berühmt-berüchtigte „Burschenherrlichkeit“ die sich oftmals in exzessivem Alkoholkonsum und einem ausschweifenden Lebensstil widerspiegelt. Im neuen Deutschland sollten Sport, Manneszucht und eine deutsche Erziehung an vorderster Stelle stehen. Dennoch konnten die Burschenschafter, die in den Kameradschaften organisiert waren, an einem Tag in der Woche ihre alten Couleur wieder hervorholen.“

Weiter führt der Bericht aus, dass der rechtsextreme bzw. völkische Teil der Burschenschaften, von dem gerne behauptet wird, nur eine unbedeutende Minderheit auszumachen, tatsächlich bis heute die stärkste Kraft unter der burschenschaftlichen Korporationen ausmacht: „Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Burschenschaften in der DDR als Ausdruck des verhassten „preußischen Militarismus“ verboten. Die westlichen Besatzungsmächte verboten Organisationen, so auch Studentenverbindungen, zunächst. Ab 1950 konnten die Burschenschaften jedoch erneut aus der Taufe gehoben werden. Mit dem Aufkommen der „Frankfurter Schule“ verloren die Burschenschaften jedoch an Popularität. Im Lauf der Jahrzehnte nahm die Zahl der Studenten, die sich in den Verbindungen organisierte, kontinuierlich ab. Eine weitere Spaltung, die Abspaltung der „Neuen Deutschen Burschenschaft“, vertiefte die burschenschaftliche Krise weiter. Die „Neue DB“ wollte vor allem den „volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff“ nicht mehr mittragen und stand für eine Öffnung für ausländische Studenten. Die „Neue DB“ konnte sich jedoch nicht durchsetzen und bis zur Gegenwart bleiben die deutsch-gesinnten Kreise unter den Burschenschaften stärkste Kraft. Etwa seit der sogenannten „Corona-Pandemie“ befinden sich die Burschenschaften wieder im Aufwind und können sich über vermehrten Nachwuchs freuen.“

Abschließend räumt der Bericht mit der von Burschenschaften allzugern vorgetragenen Behauptung auf, dass diese Art von Korporationen keinen politischen Anspruch habe und lediglich „traditionsbewusst“ sei. Das Gegenteil ist der Fall. In dem burschenschaftlichen Erziehungsauftrag zur Übernahme politischer Verantwortung sieht die Neonazipartei „Der III. Weg“ außerdem Paralelen zu ihrem eigenen Drei-Säulen-Programm („Politischer Kampf“, „Kultureller Kampf“ und „Kampf um die Gemeinschaft“): „Was machen Burschenschaften? Die Burschenschaften können also auf eine lange Tradition zurückblicken. Hier wirken die Burschenschaften traditionsbewusst, und wer einmal an einer Veranstaltung einer solchen Studentenvereinigungen teilgenommen hat, der weiß, wie hier über Generationen hinweg Bräuche, Liedgut und Rituale fortgetragen werden. In diesem Sinne führen auch die Burschenschaften einen Kulturkampf. Dennoch sind die Burschenschaften eben kein reiner Traditionsverein. Die jungen Mitglieder der Burschenschaften, die sogenannte Aktivitas oder die sogenannten Aktivitates ringen um einen dezidiert politischen Kurs und viele Burschenschaftler sind in rechten oder nationalistischen Organisationen aktiv. Burschenschaften vermitteln ihren Jungmitgliedern daher auch Werte und ein politisches Bewusstsein.“

Hans Christof Kraus‘ (Passauer Professor und Gildenschafter) Saat geht auf

Die Vermittlung politischer Werte und eines politischen Bewusstseins und damit eine Sozialisation in die extreme bzw. völkische Rechte ist jedoch nicht allein dem Korporationstypus der Burschenschaft vorbehalten. Führende Akteure extrem rechter, faschistischer oder oder nationalistischer Organisationen in Deutschland blicken auf eine Vergangenheit in der „Deutschen Gildenschaft“ zurück. Obwohl über die konspirativen Aktivitäten der Deutschen Gildenschaften kaum je etwas öffentlich wird, zeigt sich der Einfluss ihrer Mitglieder auf verschiedene Sphären des Akademischen und der neurechten Theoriebildung zunehmend.

So auch im aktuell tobenden ein Streit um Benjamin Hasselhorn, neurechter wissenschaftlicher Mitarbeiter von Peter Hoeres, selbst neurechter Professor für Neueste Geschichte an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Die Autonome Antifa Freiburg deckt im Artikel „Alte neurechte Schule“ in dem Zusammenhang verschiedene Verbindungen von Passauer Uni-Dozierenden in die extreme Rechte auf. Benjamin Hasselhorn (*1986), der auch an der Uni Passau bereits dozierte, wurde bereits während seiner Schulzeit in Northeim von Karlheinz Weißmann als Geschichtslehrer unterrichtet. Danach studierte Hasselhorn bis 2008 Evangelische Theologie, Geschichte und Pädagogik in Göttingen und Mainz und war bis 2011 Promotionsstudent in Systematischer Theologie an der HU Berlin. Von Berlin zog Hasselhorn nach Passau, wo er an der Universität Passau am Lehrstuhl für Neue Geschichte von Prof. Hans-Christof Kraus tätig war.

Im September 2013 trat Benjamin Hasselhorn in Passau der AfD bei. Nach seiner Promotion 2014 arbeitete Hasselhorn als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt und seit 2019 als Akademischer Rat auf Zeit an Hoeres Würzburger Lehrstuhl, wo er sich 2024 habilitierte. 2020 war Hasselhorn Sachverständiger im Hohenzollernstreit im Kulturausschuss des Bundestages – auf Einladung der CDU.

In Passau arbeitete Hasselhorn jedoch noch nur an Prof. Hans-Christof Kraus’ Lehrstuhl. Kraus war ebenfalls bereits zuvor der „Doktorvater“ Hasselhorns – und ist seit Jahrzehnten eng in die Netzwerke der Neuen Rechten ein- und darüber auch mit Karlheinz Weißmann verbunden. Im Jahr 2022 legte der Antifaschistische Infoticker Passau auf Twitter unter dem Titel „Neurechter Professor lehrt an der Uni Passau“ einen ausführlichen Thread über die neurechte Karriere Kraus’ offen (Nachzulesen auch hier bei der AAF)

Wie auch sein Mentor Hans-Christof Kraus, blickt Benjamin Hasselhorn auf eine publizistische Karriere in der extremen Rechten zurück. Hasselhorn veröffentlichte unter anderem unter dem Pseudonym „Martin Grundweg“ Artikel in der neurechten Publikation „Sezession“ (Antaios Verlag / Götz Kubitschek) und unter dem Pseudonym „Wolfgang Kaiser“ in der „Blauen Narzisse“. Nachdem das Studierendenparlament der Uni Würzburg dessen Aktivitäten als „neurechte Diskursverschiebung in der Lehre“ am 12. März 2025 kritisierte, kochte ein Streit um die Vorwürfe gegen den Dozenten hoch. Gerade aus dem Milieu rechtskonservativer bis neurechter Akademiker(netzwerke) wurden empörte „Cancel-Culture“-Rufe laut und diverse Vertreter:innen unterzeichneten einen „Aufruf zur Unterstützung von Prof. Peter Hoeres und PD Dr. Dr. Benjamin Hasselhorn gegen die Rufmordkampagne an der Universität Würzburg“. Auch die AfD sprang den kritisierten Dozenten mit einem Dringlichkeitsantrag im Bayerischen Landtag zur Seite und forderte die „Freiheit der Lehre an bayerischen Hochschulen“ vor linken Studierenden zu schützen.

Bereits die antifaschistischen Veröffentlichungen zu Kraus hatten 2022 in Passau „Cancel Culture“-Rufe zur Folge. Auch die Leitung der Passauer Universität in Form ihres Universitätspräsidenten Prof. Dr. Ulrich Bartosch stellte sich damals hinter ihren neurechten Professor – und das, trotz offensichtlicher Lügen seitens Kraus. Der hatte behauptet nie Mitglied einer Studentenverbindung gewesen zu sein. Problematischerweise zeichnete die Erwähnung seiner Mitgliedschaft in der „Deutschen Hochschulgilde Trutzburg Jena zu Göttingen“ in der „Deutsche Gildenschaft“ (DG) (der völkischen Verbindung der auch Götz Kubitschek angehört), ein anderes Bild. Apropos Götz Kubitschek: Der ehemalige DG-Sprecher Kubitschek solidarisierte sich im Streit um die neurechte Verankerung Benjamin Hasselhorns im April 2025 mit dem Würzburger Professor. Er forderte in der Sezession „eine andere Machtstruktur im Wissenschaftsbetrieb – eine von Normalität geprägte Struktur also, die liberal-konservative, hervorragend ausgebildete Wissenschaftler wie Hoeres und Hasselhorn einfach in Ruhe forschen und lehren läßt“. (Quelle: Autonome Antifa Freiburg, „Alte neurechte Schule“, 15.04.2025)

Hans-Christof Kraus` Gildenschaftskamerad Götz Kubitschek kommt nach Passau

Am 17.04.2025 kündigte der Antaios Verlag auf Instagram an, für Vorträge in Passau und Halle angefragt worden zu sein. In dem Instagrambeitrag berichtet der Verlag von Götz Kubitscheks Vortragsreise durch Dresden, Linz, Kärnten, Wien und Belgrad zum Thema „Was wir noch wollen können. Eine kurze Analyse der politischen Lage“. Darin beleuchte Kubitschek pragmatisch und nüchtern das Ergebnis aus Gesprächen mit Mandatsträgern aus Thüringen, Brandenburg und dem Bund. Das Bild zum Beitrag zeigt Götz Kubitschek als Referenten bei einer farbtragenden Linzer Burschenschaft. Der Bericht schließt mit dem Hinweis, dass Vorträge in Passau und Halle bereits in Planung seien.


Die „Passauer Kampagne „Völkische Verbindungen Kappen – Gegen Faschismus jeder Couleur“ gründete sich 2019 nach Bestrebungen der Nazi-Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf, nach gut sechzehn Jahren an ihre Alma Mater in der Dreiflüssestadt zurück zu kehren. Im fünften Jahr der Kampagne (Ende 2023/Anfang 2024) gab die Burschenschaft Markomannia Wien zu Deggendorf | Passau schließlich nach gut 160 Jahren des Bestehens ihre Auflösung bekannt. Die Kampagne „Völkische Verbindungen Kappen“ richtet sich, ihrem Namen entsprechend, „Gegen Faschismus jeder Couleur“ und hat es sich zum Auftrag gemacht, völkischen Nationalist:innen und ihren Strukturen in Passau und Niederbayern keine Ruhe zu lassen. Entsprechend widmet sich „Völkische Verbindungen Kappen“ inzwischen besonders auf Ebene der Recherche und der Publikationen allen möglichen Passauer Akteur:innen, Strukturen und Netzwerken, welche sich als Teil der extrem rechten sogenannten „Neuen Rechten“ oder anderer völkisch-nationalistischer Netzwerke verstehen und/oder betätigen.