Am Nachmittag des 07.01.2024 zogen 15 Antifaschist*innen gemeinsam durch die Stadt, um an die Ermordung Oury Jallohs am 07.01.2005 in Dessau zu erinnern.
Wir spannten Banner mit der Aufschrift „Oury Jalloh – Das war Mord!“ und „Ob Dessau oder Hanau: Rassistische Morde stoppen!“ vor dem Landgericht Landau auf, um unser Anliegen in die Öffentlichkeit zu tragen. Ein Redebeitrag zeichnete die vorsätzliche Vertuschung des Mordes durch Polizei und Justiz nach. Fast 20 Jahre nach der brutalen Ermordung gibt es noch immer keine Verurteilung der Mörder*innen – obwohl ebenfalls seit mehreren Jahren klar ist, dass die Version der Polizei, wonach sich der in einer Gewahrsamszelle gefesselte Oury Jalloh selbst angezündet haben soll, durch unabhängige Gutachten mehrfach widerlegt wurde. Zudem sind noch viele weitere Fragen offen:
- Warum hatte Oury Jalloh einen Nasenbeinbruch und gebrochene Rippen?
- Warum testete die Staatsanwaltschaft bei der Rekonstruktion des Tathergangs nicht den Einsatz von Brandbeschleuniger, obwohl Gutachten beweisen, dass der Brand, der Oury Jalloh tötete, nicht ohne Brandbeschleuniger möglich gewesen ist?
- Warum sind 1997 Hans-Jürgen Rose und 2002 Mario Bichtemann verstorben, nachdem sie sich in der gleichen Polizeistation in Dessau aufhielten; Warum stirbt Mario Bichtemann unter Aufsicht des gleichen Dienstgruppenleiters (Andreas S.) wie Oury Jalloh 2005?
- Warum schützt die Justiz bis hin zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe durch Leugnen und Ignorieren von Tatsachen Oury Jallohs Mörder*innen?
- Warum werden Aktivist*innen der Initiative Oury Jalloh mit Repression überzogen?
Vom Landgericht aus zogen wir weiter zum Marktplatz in der Innenstadt. Auf dem Weg informierten wir per Megafon-Durchsagen Passant*innen und Anwohner*innen über den rassistischen Mord. Angekommen am Marktplatz wurde eine Gedenkstätte errichtet mit einem Porträt, Grabkerzen und zwei Matratzen mit der Aufschrift „Oury Jalloh – das war Mord!“ und einer gezeichneten Silhouette. Auch hier folgte ein Redebeitrag in dem – ausgehend von dem Fall Oury Jallohs – auf das System hinter rassistischen Polizeimorden in der BRD aufmerksam gemacht wurde. Hierbei wurde auch darauf hingewiesen, dass der Sicherheitsapparat nach 1945 durchsetzt von Faschisten aufgebaut worden ist. Es wurde ebenfalls die Ermordung eines 49-jährigen Mannes in Mannheim erwähnt, der am 23.12.2023 durch vier Schüsse von Polizisten getötet wurde, weil er sich in einer psychischen Ausnahmesituation befand und ein Messer in der Hand hielt. Dem wurde der Fall eines mit Schusswaffen bewaffneten Reichsbürgers entgegengestellt, der im Landauer Umland (Siebeldingen) wohnte und trotz Bewaffnung und Drohungen mit Tötungsabsicht gegenüber der Polizei bei einer Hausdurchsuchung mit Samthandschuhen angefasst wird. Eine Schweigeminute zur Erinnerung an alle durch rassistische (Polizei-)Gewalt Ermordeten bildete den Abschluss unseres Gedenkens.
Rassistische Polizeimorde haben ein System, das seine Grundlagen bereits 1945 in den neuen alten Organen des Staatsapparats hat. Ob in Justiz, Polizei oder Parlament: Eine wirksame Entnazifizierung hat nicht stattgefunden, stattdessen wurden alte Faschisten wieder in hohe Positionen gehoben, nicht zuletzt, um den Antikommunismus der Nachkriegsjahrzehnte voranzutreiben. Dort herrscht noch heute der alte Geist: Geschredderte Akten wie im Fall des NSU-Komplexes oder zum Oktoberfestattentat 1980 durch einen Faschisten, rassistische Morde durch die Polizei und die Deckung der Mörder*innen durch die Justiz bis hin zur politischen Einmischung von Justizminister*innen in einzelne Verfahren – all diese Ungerechtigkeiten, Lügen und Verbrechen sind an der Tagesordnung und der politische Normalbetrieb in der BRD. Dies reicht weit hinein ins bürgerliche Lager bis zu den vermeintlich fortschrittlichen Grünen, die im hessischen Landtag die Offenlegung der NSU-Akten ablehnen.
Für uns als Antifaschist*innen ist daher klar:
Die Organe des Staates sind vor allem für People of Color und andere marginalisierte Menschen, wie bspw. Migrant*innen, Geflüchtete, Psychisch Erkrankte und/oder Obdachlose eine mitunter tödliche Gefahr. Statt auf die Behörden zu vertrauen, gilt es ihnen kritisch gegenübertreten, nicht zuletzt, weil Monat für Monat neue rechte Netzwerke in Sicherheitsbehörden bis hin zu konkreten Umsturzplänen offengelegt werden. Wir möchten uns in diesem Sinne den Worten der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh anschließen:
„Wir spielen nicht nach ihren Regeln, denn wir erkennen diese nicht an. Diese Regeln stehen dem Leben entgegen und bemächtigen Menschen zum Foltern und zum Töten.“
Es ist wichtig, gegen rassistische (Polizei-)Morde aktiv zu werden. Am 19. Februar jährt sich der rechte Terroranschlag auf ein Shisha-Café in Hanau zum vierten Mal. Neun Menschen sind dort ermordet wurden. Auch hier spielt der Rassismus in der Polizei eine Rolle, da auf polizeiliche Anordnung der Notausgang zugesperrt wurde, durch den Menschen hätten fliehen können. Zudem wurden Angehörige von Opfern am Abend des Attentats(!) von der Polizei mit Waffen bedroht.
Wir rufen dazu auf, am 17.02.2024 an der bundesweiten Gedenkdemonstration in Hanau teilzunehmen, denn: Ob Dessau oder Hanau – rassistische Morde stoppen!
Oury Jalloh – Das war Mord!
Kein Vergeben, Kein Vergessen!
No justice, no peace!
Redebeitrag zum Mord an Oury Jalloh
Redebeitrag zu rassistischer Polizeigewalt
Flyertext
Auch in Augsburg hat das OAT öffentlich an den Mord an Oury Jalloh erinnert:
Um das Gedenken an Oury Jalloh, der am 7.1.2005 von Cops in Dessau ermordet wurde, aufrecht zu erhalten, haben wir am Todestag mehrere Banner und Laminate in der Stadt aufgehangen.
Bis heute ist der Mord nicht aufgeklärt und der Staat und die Cops halten immer noch an ihrer Version fest, nach der sich Oury Jalloh, auch wenn das erwiesenermaßen nicht möglich war, selbst anzündete.
Gedenken heißt kämpfen!