Ukrainische Nazis mit Ableger in Deutschland

Höllensturm für den Feind

Magdeburg: »Centuria«, eine der mächtigsten Neonaziorganisationen der Ukraine, hat einen Ableger in Deutschland

Der Führer der »Nationalen Miliz« der »Asow«-Bewegung schwor seine Kameraden am 1. August 2020 am Rand eines Waldes in der Nähe von Kiew auf den finalen »Kampf der Zivilisationen« ein. »Das Zeitalter der absoluten Dunkelheit liegt vor uns«, prophezeite Igor »Tscherkas« Michailenko und verlangte von den anwesenden hunderten größtenteils vermummten Kämpfern seiner »Bürgerwehr« Opferbereitschaft für die Idee einer »Großukraine«. Er gab einen neuen Schlachtruf aus: »Aut Caesar, aut nihil!« (alles oder nichts). Im Fackelschein und mit Nazipomp, der an die Kriegsästhetik des antiken Roms angelehnt war, war die Organisation »Centuria« geboren – und die »Nationale Miliz« Geschichte. Diese hatte seit 2017 in ukrainischen Städten brutal Selbstjustiz geübt und beispielsweise die LGBTQ-Szene tyrannisiert. »Centuria« genießt hierzulande seit Jahren die Bewunderung durch die Neonazikleinpartei »Der III. Weg«.

Mittlerweile unterhält die Organisation (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen und ebenfalls mit »Asow« verbundenen Militärorden, der schon vor 2020 existierte) einen Ableger in Deutschland: Am 24. August 2023 riefen eingewanderte ukrainische Faschisten in Magdeburg eine Initiativgruppe ins Leben: »Obwohl die ukrainische Jugend nicht in ihrer Heimat ist, beginnt sie sich zu vereinen«, verkündete sie in den sozialen Medien. Die »Feinde« ihres Landes, denen sie einen »Höllensturm« bereiten wollen, müssten begreifen, dass »ukrainische Emigranten« nicht bereit seien, »für ein paar hundert Euro ihre nationale Identität zu vergessen«.

Fotos und Videos zeigen eine nationalistische Kundgebung auf dem Alten Markt in Magdeburg zum 32. Jahrestag der Unabhängigkeit der Ukraine – wie gewohnt unbehelligt von Antifas und kritischer Medienberichterstattung. Der Aufmarsch ist laut eigenen Angaben von »Centuria« organisiert worden. Die Teilnehmenden posierten mit einer Fahne des Bandera-Flügels der faschistischen Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN). Ebenfalls beteiligt gewesen sein soll die »Deutsch-Ukrainische Gesellschaft Sachsen-Anhalt«. Zuletzt organisierte die Gruppe eine Solidaritätskundgebung für die »Verteidiger von Asowstal« vor dem Roten Rathaus in Berlin am 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag.

Kundgebung in München, bei der auch den »Asowschen Verteidigern von Mariupol« gehuldigt wird (München, 25.3.2023)

Seit ihrer Gründung lädt »Centuria Magdeburg« zudem zu gemeinsamen Wanderungen im Harz. So zum Beispiel mit dem nationalistischen Pfadfinderbund »Plast«, der seit 1951 auch in Deutschland angesiedelt ist und bereits 1947 in Mittenwald sein erstes Zeltlager aufgeschlagen hatte. Laut eigenen Angaben hat »Centuria Magdeburg« Mitglieder in insgesamt sechs Städten und ist mit ukrainischen Organisationen in ganz Deutschland vernetzt. Die Gruppe akquiriert momentan Gelder für den Kampfverband ihrer Mutterorganisation, der seit 2022 in die Dritte »Asow«-Sturmbrigade der ukrainischen Armee unter dem Kommando des Naziführers Andrij Bilezkij integriert ist, und beteiligt sich am »Informationskrieg«. Nicht nur gegen Russland, sondern auch gegen von den Faschisten gehasste Minderheiten: So das »deutsche Kalifat«, palästinensische und andere aus muslimisch geprägten Regionen stammende Migranten, ebenso »schwarze Vergewaltiger«, die angeblich von der Polizei geschützt werden, und »Pädophile«, wie die Gruppe Homosexuelle nennt.

»Wir schaffen eine neue Generation von Helden!« verspricht man. Die Gruppe setzt getreu ihrem Führer Michailenko – der »alles Antiukrainische vernichten« will und Leiter der nazistischen Organisation »Patriot der Ukraine« in der Region Charkiw sowie von 2014 bis 2016 Kommandeur des »Asow«-Regiments der Nationalgarde war – auf Gewalt: »Freie Menschen haben Waffen«, heißt es auf ihrem Telegram-Kanal. Selbige werden von der deutschen Ampelregierung reichlich an die ukrainischen Streitkräfte und damit auch an diesen angehörende faschistische und andere ultrarechte Einheiten geliefert. Daher ist davon auszugehen, dass »Centuria« ihre Strukturen in Deutschland ungehindert von den hiesigen Sicherheitsbehörden ausbauen kann.

 

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