Weit rechts außen – Die AfD-Stiftung

Die AfD und die »Staatsknete« oder: Was will die Alternative für Deutschland mit der Desiderius-Erasmus-Stiftung?

Der wahlpolitische und demoskopische Höhenflug der AfD lässt auch die finanziellen Begehrlichkeiten dieser neofaschistischen Partei in aller Deutlichkeit zutage treten. Während sie einerseits den »Systemparteien« vorwirft, sie würden sich auf Staatskosten alimentieren lassen, und sich ihre Vertreter – trotz aller gerichtlich festgestellten Verstöße gegen das Parteienfinanzierungsgesetz – selbst als »Saubermänner« und »-frauen« präsentieren, hat die AfD keine Hemmungen, lauthals ihren Anteil am Kuchen der staatlichen Parteienfinanzierung einzufordern. Und dazu gehört auch die Finanzierung einer parteinahen Stiftung.

In der Anfangsphase erhoben verschiedene konkurrierende Einrichtungen im Umfeld der AfD den Anspruch, als AfD-Stiftung anerkannt zu werden. Erkennbar war mit der Kontroverse um die Gründung auch der Versuch verbunden, Einfluss auf die politische Ausrichtung der AfD zu nehmen. Schon im März 2015 wurde in Berlin in den Räumen der Bundesgeschäftsstelle der AfD eine »Desiderius-Erasmus-Stiftung« (DES) zunächst in der Rechtsform eines Vereins gegründet. Es bedurfte aber noch weiterer Anläufe, bevor am 10. Dezember 2016 mit 34 Gründungsmitgliedern schließlich die Desiderius-Erasmus-Stiftung als Stiftung in Frankfurt am Main gegründet wurde. Konrad Adam, von 1979 bis 2000 Feuilletonredakteur der FAZ, danach bis 2007 Chefkorrespondent der Welt und von April 2013 bis Juli 2015 einer von drei Bundessprechern der AfD, wurde zum Vorsitzenden gewählt.

Interne Konkurrenz

Die Haltung der AfD zu Parteistiftungen war jedoch zwiespältig. Adam, obwohl selbst Stiftungsvorsitzender, bezeichnete Parteistiftungen noch im Januar 2017 als »Misswuchs der bundesrepublikanischen Demokratie«. Die inneren Kontroversen führten dazu, dass er Anfang April 2017 wegen eines angeblich »nicht abgesprochenen Vorgehens« abgelöst wurde. Nach einer Interimszeit mit Peter Boehringer folgte im März 2018 Erika Steinbach, von 1998 bis November 2014 Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV) und langjährige Bundestagsabgeordnete der CDU, die 2017 aus der CDU/CSU-Fraktion ausgeschieden war und anschließend als »parteilose« Abgeordnete im Bundestag saß. Damit war zwar eine Personalie gesetzt, aber die Entscheidung für die DES noch nicht gefallen. Die rechtsnationale Gustav-Stresemann-Stiftung konkurrierte mit der DES um die Gunst des AfD-Vorstands. Der Partei- und Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland, ebenfalls aus dem hessischen CDU-Umfeld kommend, befürwortete die Gustav-Stresemann-Stiftung, während die Fraktionsvorsitzende Alice Weidel die DES favorisierte. Anfangs schickte auch noch die damalige Bundessprecherin Frauke Petry eine Gruppe in den Ring. Offenbar ging es mehr um Personalien als um Inhalte. Der Konflikt wurde auf dem Bundesparteitag der AfD am 30. Juni 2018 in Augsburg mit dem Beschluss beendet, die Desiderius-Erasmus-Stiftung offiziell als parteinahe Stiftung der AfD zu bestätigen. Als Sitz der Stiftung wurde Lübeck gewählt. Mit diesem Beschluss glaubte die DES, Anspruch auf Mittel aus dem Bundeshaushalt zu haben.

Das war zu diesem Zeitpunkt natürlich nicht realisierbar, war doch die AfD 2017 zum ersten Mal mit Fraktionsstatus im Deutschen Bundestag vertreten. Die Tatsache, dass man zuvor bereits mit Abgeordneten in Länderparlamente gewählt worden war, spielte nach dem damals üblichen Prozedere für parteinahe Stiftungen keine Rolle. Dagegen strengte die AfD schon im April 2019 ein Organstreitverfahren beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) an. Verbunden mit dieser Klage war der Antrag, dass das BVerfG die langjährige Praxis des Bundestages, die Stiftungsfinanzierung ohne ein materielles Bundesgesetz festzulegen, als unzulässig benennen sollte. Anders als die AfD erwartete, zog sich die Entscheidung des BVerfG jedoch bis in das Jahr 2023 hin.

Die AfD wähnt die Rechtsprechung auf ihrer Seite, Geld vom Staat bekommt sie einstweilen trotzdem nicht (Proteste gegen die AfD vor dem Bundesverfassungsgericht am Tag der Urteilsverkündung in Sachen Desiderius-Erasmus-Stiftung, Karlsruhe, 23. Februar 2023)

Am 23. Februar 2023 veröffentlichte das BVerfG seine Entscheidung, die die AfD zwar propagandistisch als »Sieg« verkaufte, ihr faktisch aber deutliche Grenzen setzt. Die Entscheidung ging von dem Grundsatz aus, »Eingriffe in das Recht auf Chancengleichheit der politischen Parteien aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG bedürfen einer gesetzlichen Grundlage, wenn sich die Legitimation zum staatlichen Handeln nicht schon unmittelbar aus der Verfassung ergibt. Der Notwendigkeit einer besonderen gesetzlichen Regelung für staatliche Leistungen, die sich erheblich auf die chancengleiche Teilnahme der Parteien am politischen Wettbewerb auswirken, wird durch den Erlass eines Haushaltsgesetzes nicht genügt. Die gegenwärtige staatliche Förderung parteinaher Stiftungen wirkt spürbar auf die politische Willensbildung ein und ist daher am Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien zu messen.«1https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2023/02/es20230222_2bve000319.html

Und das BVerfG stimmte auch zu, dass der Haushaltsausschuss des Bundestages und das Bundesinnenministerium die AfD »in ihrem Recht auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb aus Artikel 21 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes verletzt« habe. Daraus ergaben sich aber keine finanziellen oder andere Rechtsansprüche für die AfD. Lapidar heißt es im Urteil: »Im übrigen werden die Anträge verworfen.«

Diese Entscheidung des BVerfG möchte die DES jedoch nicht zur Kenntnis nehmen. Noch im Herbst 2023 beklagte Erika Steinbach im Rundbrief der DES, dass man nach wie vor nicht einen einzigen Euro der der Stiftung zustehenden Bundesmittel erhalten habe. Auch sei die Bundesregierung nicht bereit, »die uns laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts widerrechtlich vorenthaltenen Mittel auszuzahlen«.

Nur für das Geschäftsjahr 2022 wird eine Ausnahme gemacht, wobei das BVerfG dem Bundestag die Möglichkeit einräumte, mit Hilfe eines neuen Stiftungsgesetzes diese Frage rechtssicher zu klären. Immerhin hatte die AfD 2021 nach dem erneuten Einzug in den Bundestag und der Präsenz in fast allen Landesparlamenten erneut die Forderung nach Förderung der DES aus den Mitteln für parteinahe politische Stiftungen erhoben. Und dabei geht es in der Tat um sehr viel Geld. Im Urteil des BVerfG wird betont, dass das Gesamtbudget der parteinahen Stiftungen, das neben den Globalzuschüssen insbesondere Mittel für die Studienförderung sowie für die internationale Arbeit der Stiftungen umfasst, schon im Jahr 2019 nach Berechnungen der Otto-Brenner-Stiftung bei 699,8 Millionen Euro gelegen habe. Davon entfielen 659,7 Millionen Euro auf Zuwendungen des Bundes und zehn Millionen Euro auf Zuwendungen der Länder.

Allein der »Globalzuschuss« für gesellschaftspolitische und demokratische Bildungsarbeit belief sich im Jahr 2021 auf ungefähr 140 Millionen Euro. In diesem Bereich versuchte die AfD eine jährliche Zuwendung von bis zu 7,8 Millionen Euro einzuklagen.

Neues Stiftungsgesetz

Im November 2023 hat der Deutsche Bundestag nun ein Stiftungsgesetz beschlossen, das die Finanzierung der AfD-Stiftung zumindest in dieser Legislaturperiode noch ausschließt. Mit diesem Gesetz, das von allen Parteien – mit Ausnahme der AfD – beschlossen wurde, stellte der Bundestag die staatliche Finanzierung parteinaher Stiftungen erstmals auf eine rechtssichere Grundlage. Die neuen Finanzierungsregeln sehen vor, dass eine Stiftung erst gefördert wird, wenn die Partei, der sie nahesteht, mindestens dreimal hintereinander in Fraktionsstärke im Bundestag vertreten ist. Die jeweilige Partei darf nicht von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen sein. Die Stiftung muss die Gewähr bieten, insgesamt für die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie aktiv für den Gedanken der Völkerverständigung einzutreten.

Als Ausschlusskriterium von der Finanzierung nannte der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner die Einstufung einer Partei durch den Verfassungsschutz als Verdachtsfall oder als gesichert extremistisch. Dass ein solches Kriterium gerade auch gegen linke Parteien angewendet werden kann, war in der Geschichte der BRD schon mehrfach zu erleben. Das hinderte die Partei Die Linke aber nicht, dem Gesetz in der vorgelegten Form zuzustimmen.

In einer Presseerklärung reagierte Steinbach am 10. November 2023 tief gekränkt auf diese Bundestagsentscheidung: »Oppositionelle Kräfte werden in Deutschland ausgegrenzt und unterdrückt wie in kaum einem anderen EU-Land. Würden Ungarn oder Polen sich so verhalten, wäre der Aufschrei in Deutschland gewaltig. Der Deutsche Bundestag hat mit der Verabschiedung des neuen Gesetzes zur Förderung politischer Stiftungen ganz offen eine beklemmende Demokratieverachtung deutlich gemacht, die jedem autoritären Land zur Ehre gereichen würde.«

Personal und Ideologie

Steinbach, die als CDU-Abgeordnete für den Abbau demokratischer Freiheiten mitverantwortlich war, beklagte, hierin zeige sich »ein für mich kaum vorstellbares Maß an Demokratiefeindlichkeit, das ich mir in Deutschland nach 1945 niemals hätte vorstellen können«. Mit dem Impetus der »Verfolgten« lamentierte sie: »So stranguliert man eine Demokratie.«

Diese Rolle der »Verfolgten« beherrscht sie also immer noch. Schon als Vertriebenenfunktionärin hat sie sich gerne als »Opfer polnischer Gewalttaten« präsentiert. Sie, deren Familie als Ergebnis der faschistischen Aggression gegen Polen und der germanischen Besiedlung in das Land an der Weichsel zog, um anlässlich der drohenden militärischen Niederlage wieder »heim ins Reich« kehren zu müssen.

Die Stiftung wird im formalrechtlichen Sinne durch den eingetragenen Verein Desiderius-Erasmus-Stiftung e. V. und dessen Mitgliederversammlung bzw. den gewählten und ehrenamtlich tätigen Vereinsvorstand vertreten. Die Zusammensetzung des Vorstandes lässt aber keinen Zweifel daran, dass es sich um eine AfD-Stiftung handelt, wobei sich in der aktuellen Zusammensetzung des Vorstandes auch ein austariertes Kräfteverhältnis innerhalb der AfD widerspiegelt.

Als Vorsitzende fungiert seit dem Parteitagsbeschluss Erika Steinbach. Es gibt darüber hinaus zwei stellvertretende Vorsitzende, Joachim Keiler (Rechtsanwalt), der als stellvertretender Landesvorsitzender der AfD Sachsen die östlichen Bundesländer repräsentiert, und Stefan Sellschopp, der als Schriftführer des AfD-Mittelstandsforums Schleswig-Holstein die westlichen Mitglieder der vertritt. Mit dem Schatzmeister Gerhard Fischer aus dem AfD-Kreisverband Bonn und dessen Stellvertreter Knut Wesselmann aus der AfD Düsseldorf ist auch der nordrhein-westfälische Landesverband eingebunden. Als Schriftführer fungiert Thore Stein, der Vorsitzende der AfD-Kreistagsfraktion Ludwigslust-Parchim.

Der Vorstand wird ergänzt durch vier Beisitzer: Hans Hausberger, ein österreichischer Unternehmensberater vom AfD-Kreisvorstand Bodensee (offenbar ein Vertrauensmann von Alice Weidel), Martin Louis Schmidt, ein ehemaliger Redakteur der Jungen Freiheit, der als AfD-Abgeordneter im Landtag von Rheinland-Pfalz sitzt, Sebastian Wippel, der als AfD-Landtagsabgeordneter die Position Sachsens verstärkt, und Angelika Wöhler-Geske, die als ehemalige Mitarbeiterin der AfD-Fraktion im Landtag von Schleswig-Holstein den Gründungskreis repräsentiert.

Genannt werden muss auch noch Erik Lehnert, der im Mai 2020 mit Mehrheitsbeschluss aus dem Vorstand ausgeschlossen wurde. Offiziell wollte sich der Vorstand dazu nicht äußern. Intern wurde aber davon gesprochen, Stein des Anstoßes sei Lehnerts direkte Verbindung zum »Institut für Staatspolitik« (IfS) in Schnellroda gewesen. Dabei ist das IfS durchaus Kooperationspartner der DES, aber in der damaligen Situation, als es um die Anerkennung und staatliche Finanzierung der Stiftung ging, wollte man sich in dieser Hinsicht keine Blöße geben.

Für die ideologische Ausrichtung der DES ist auch das Kuratorium der Stiftung von Bedeutung. Laut Satzung hat es eine beratende Funktion, gleichzeitig soll es Verbindungen in das »wertkonservative« Lager herstellen. In diesem taktischen Sinne war auch die Wahl von Max Otte zum Vorsitzenden des Kuratoriums zu verstehen. Der Unternehmer und Publizist war Vertreter der »Werteunion« in der CDU, einer ultrakonservativen Vereinigung, zu deren prominenteren Mitgliedern der frühere »Verfassungsschutz«-Präsident Hans-Georg Maaßen gehört. Otte strebte an, mit der DES einen Bogen zum bürgerlichen Lager zu schlagen, also AfD und CDU einander anzunähern. Dieser Vorstoß stieß innerhalb der CDU auf deutlichen Widerspruch, so dass Otte im Januar 2021 vom Vorsitz des Kuratoriums der DES zurücktrat. Laut Medien ließ er verlauten, die Stiftung habe sich aus seiner Sicht in eine falsche Richtung entwickelt.

Nach diesem Eklat wurde Karlheinz Weißmann zum Vorsitzenden des Kuratoriums ernannt. Weißmann hat sich als Vertreter der »Neuen Rechten« seit vielen Jahren einen Namen in der Szene gemacht. Schon während des sogenannten Historikerstreits in den 1980er Jahren hatte er sich mit geschichtsrevisionistischen Positionen profiliert. Als ihm eine akademische Karriere versagt blieb, arbeitete er als Gymnasiallehrer, gleichzeitig war er Kolumnist der Jungen Freiheit und Mitgründer des IfS, aus dem er inzwischen wieder ausgeschieden ist.

Als stellvertretender Vorsitzender wird der Rechtsanwalt Ulrich Vosgerau genannt. Er war an der Kölner Universität Privatdozent für Recht, ebenfalls Kolumnist der Jungen Freiheit und gern gesehener Interviewpartner bei Tichys Einblick, einem neurechten Blog und Videoportal. Beim »Forum Freiheit 2023« der Friedrich-A.-von-Hayek-Gesellschaft stand er im Programm als Gesprächspartner eines Panels mit Fritz Söllner, der, wie Vosgerau, bei Veranstaltungen der DES als Referent auftritt. Als weitere Stellvertreterin findet man die AfD-Bundestagsabgeordnete Nicole Höchst, die auch als Kolumnistin der Jungen Freiheit bekannt ist.

Offiziell unterstützt und berät das Kuratorium den Vorstand der Stiftung. Faktisch sind die Kuratoren die Kontaktpersonen zu den unterschiedlichen rechten Lagern, zu Ideologiezentren und rechten Zeitungen.

Nach dem politischen Eklat um Max Otte veröffentlicht die DES nicht mehr die Namen aller Kuratoriumsmitglieder. Erika Steinbach begründet dies damit, man habe »aufgrund des linken Aggressionspotentials« auf Bitten von Kuratoriumsmitgliedern von einer Veröffentlichung der Namen Abstand genommen.

Aufgabe der DES aus der Sicht der AfD ist es, mit politischer Bildungsarbeit, mit Workshops, Vorträgen, Seminaren, Publikationen und der Förderung von Forschungsvorhaben neurechten Themen und strategischen Orientierungen eine organisatorische Plattform zu geben. Die Angebote der DES zielen darauf ab, die völkisch-nationalistische und extrem rechte Politik der AfD in den intellektuellen und akademischen Diskurs einzubinden. Die Erwartung ist, je mehr völkisch-nationalistische Thesen im intellektuellen Diskurs Fuß fassen, desto stärker rückt auch, ganz im Sinne der »Neuen Rechten«, der gesamtgesellschaftliche Diskurs nach rechts. Es geht darum, extrem rechte Ideologie anschlussfähig zu machen, nicht nur die »Lufthoheit über die Stammtische«, sondern auch im akademischen Diskurs zu erreichen. Die zentrale Strategie der »Neuen Rechten« ist dabei der Kampf um die Köpfe. Hierbei geht es um eine gezielte Einflussnahme auf kulturelle und intellektuelle Bereiche, um auf diese Weise einen Großteil der Gesellschaft erreichen und eine neurechte Hegemonie etablieren zu können. Die DES greift zu diesem Zweck inhaltliche Themenfelder der politischen Programmatik der AfD auf und setzt sie in politische Bildungsarbeit um.

Einfluss auf die Hochschulen

Dabei zielt die Arbeit der DES besonders auf die Hochschulen, wo sie in den rechten Burschenschaften, wie zum Beispiel der Burschenschaft »Danubia München«, schon Kooperationspartner gefunden hat. Bei der »Danubia« handelt es sich um eine völkisch-nationalistisch und neurechts ausgerichtete Studentenverbindung. Den Burschenschafts- und Verbindungshäusern werden Vorträge angeboten, wobei man sich dort sicher ist, auf ein ihnen zugewandtes Publikum zu stoßen. Gleiches trifft für die »Bibliothek des Konservatismus« in Berlin-Charlottenburg zu, die als zentraler Treffpunkt der »Neuen Rechten« gilt. Neben einigen DES-Kuratoriumsmitgliedern referierte auch die DES-Vorstandsvorsitzende Steinbach in den Räumlichkeiten der neurechten Bibliothek.

Zur positiven »Qualifizierung« der inhaltlichen Angebote der DES glaubt Frau Steinbach in ihrem Schriftsatz zur Organklage eine Besuchergruppe besonders hervorheben zu müssen: »Deutsche Juden gehören übrigens zu den treuesten Besuchern der Veranstaltungen der DES – diese schätzen an der DES sowie an der ihr nahestehenden Partei, der Antragstellerin, nicht nur deren kompromissloses Bekenntnis zu Israel (…), sondern v. a. auch deren realistischen Blick auf die Probleme der zunehmenden Islamisierung Europas, da Juden unter den somit importierten Konflikten erfahrungsgemäß als erste leiden.«2https://fragdenstaat.de/dokumente/149798-antrag-auf-einstweilige-anordnung-bundesverfassungsgericht-erasmus-stiftung

Der DES reichen zur Beeinflussung des akademischen Diskurses die politischen Kontakte zu den Burschenschaften und Verbindungsstudenten nicht aus. Sie hat – ähnlich wie die anderen parteinahen Stiftungen und Stiftungen der Kirchen und Gewerkschaften – die Förderung von Studierenden in Form von Stipendien im Blick. Bekanntlich können engagierte und leistungsstarke Studierende sich auch bei parteinahen Stiftungen für eine finanzielle und ideelle Förderung und somit um ein Stipendium bewerben. Offiziell dürfen diese Stipendien nicht nach politischer Nähe zur jeweiligen Partei vergeben werden, aber durch entsprechende Vorgaben und inhaltliche Festlegungen werden natürlich Auswahlkriterien getroffen, die den eigenen Anhängern deutliche Vorteile gewähren. So ist es für die DES interessant, Studierende und Nachwuchswissenschaftler aus den Kreisen der »Neuen Rechten«, der AfD-Jugendorganisation »Junge Alternative« und vielen anderen politisch rechts verorteten Organisationen zu fördern. Solche Förderung von Studierenden mit AfD-nahen Positionen könnte auch dazu beitragen – so die Erwartung der DES –, dass solche Positionen vermehrt im wissenschaftlichen Diskurs an Hochschulen sichtbar werden und so zu einer weiteren Diskursverschiebung nach rechts beitragen. Gleichzeitig hofft man, mit Stipendienprogrammen eine extrem rechte Vernetzung von Studierenden zu ermöglichen.

Da zur Studienförderung auch der Aufbau eines Netzwerkes von Vertrauensdozenten an den jeweiligen Hochschulen gehört, möchte die DES extrem rechten Lehrkräften eine »akzeptierte« Plattform der Sichtbarkeit und des politischen Einflusses in der Hochschullandschaft bieten, indem diese Kontaktpersonen durch formale und informelle Veranstaltungen und Netzwerke in die Hochschullandschaft hineinwirken.

Europäische Vernetzung

Noch 2021 hieß es in einer Studie zur DES, dass sie keine Anstrengungen unternehme, sich international (mit Auslandsbüros etc.) aufzustellen. Begründet wurde dies mit der nationalistischen Ausrichtung der AfD. Andererseits versucht die Partei, sich auf europäischer Ebene im Netzwerk der extremen Rechten, in dem Falle der Fraktion »Identität und Demokratie«, und mit anderen extrem rechten und rechtspopulistischen Parteien aufzustellen. Das hat nicht nur mit politischen Überlegungen zu tun, sondern insbesondere mit den »europäischen Futterkrippen«, die man trotz aller Kritik an der Europäischen Union gerne und ausgiebig nutzt. Dazu wolle man mit den »freundschaftlich verbundenen konservativen Kräften« innerhalb der EU ein konstruktives Miteinander entwickeln und sich mit ihnen zu elementaren Themen vernetzen. Folgerichtig beschloss daher die DES Anfang des Jahres, sich mit anderen europäischen rechten Ideologienetzwerken zu verbünden. Seit März 2023 ist die DES nun Mitglied in der europäischen »Stiftung Identität und Demokratie« (ID Foundation). Als Begründung wird in aller Klarheit auf der Homepage formuliert: »Das versetzt uns in die Lage, mit europäischen Mitteln sowohl an Kongressen als auch an Einzelveranstaltungen in Deutschland und den anderen EU-Staaten unter dem Dach der ID-Stiftung teilzuhaben.«

Durch die Verabschiedung eines Stiftungsgesetzes wurde vorerst der Versuch der AfD gebremst, über die DES an Bundes- und Landesmittel zu gelangen. Das Agieren der DES und ihrer Protagonisten zeigt jedoch, dass die AfD dieses Konzept seit langer Zeit und sehr zielstrebig verfolgt, so dass davon auszugehen ist, dass diese neofaschistische Partei auf absehbare Zeit über staatliche Mittel zur Diskursverschiebung nach rechts verfügen wird. Um dem zu begegnen, sind Gegeninitiativen notwendig. Einzelne Studierendenvertretungen haben in Resolutionen eine »Brandmauer« gegenüber AfD-Hochschullehrkräften beschlossen. Gefordert sind aber auch die Lehrkräfte an den Hochschulen. Sie müssen klare Kante zeigen und die rechte ideologische Einflussnahme bewusst zurückzuweisen.


Die aktuellste, von Ulrich Schneider erwähnte Studie der Otto-Brenner-Stiftung über die Desiderius-Erasmus-Stiftung findet ihr hier.

  • 1
    https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2023/02/es20230222_2bve000319.html
  • 2
    https://fragdenstaat.de/dokumente/149798-antrag-auf-einstweilige-anordnung-bundesverfassungsgericht-erasmus-stiftung