Solidarität macht stark genug, jedwede Art der Repression zu überstehen

Der 18. März ist der Kampftag für die Freiheit aller politischen Gefangenen. Wir als Rote Hilfe e. V. veröffentlichen seit 1998 unsere Sonderzeitung, um auf die Situation der vielen politischen Gefangenen aufmerksam zu machen. Außerdem gibt es bundesweit zahlreiche Veranstaltungen rund um den 18.3.

Der Antifaschist Jo ist weiter in Haft

Die Hälfte des Hafturteils hat Jo nun abgesessen. Verurteilt wurde er zu 4,5 Jahren Haft im Nachgang einer Auseinandersetzung mit Faschisten der Scheingewerkschaft „Zentrum“ am Rande einer Querdenken-Demonstration in Stuttgart.

Knäste dienen der kapitalistischen Gesellschaft als Instrument zur Verteidigung und Aufrechterhaltung dieser Verhältnisse. Wer die Herrschafts- und Eigentumsverhältnisse missachtet oder gar verändern möchte, wird weggesperrt. Der Knast hat dabei eine Doppelfunktion: Einerseits wirkt er in die Gesellschaft und andererseits auf die Gefangenen selbst. Denn innerhalb des Gefängnisses finden sich kapitalistische Logik und Unterdrückung in verdichteter Form wieder.

Jo beschreibt den Knast so:

Während der ersten Wochen, die ich nun schon hinter Gittern verbringe, habe ich gelernt, dass Knast viel mehr ist, als nur eingesperrt zu sein. Es sind die ersten Wochen, in denen man keine Möglichkeit hat, sich bei Familie und Freund*innen zu melden, bis einem – wenn man Glück hat – eine Sozialarbeiterin eine Briefmarke zusteckt. Es ist die Tatsache, dass man das Geschirr nur mit kaltem Wasser und bis zum ersten Einkauf – falls man bis dahin Geld hat – auch ohne Spülmittel abwaschen kann. Es ist die Anstaltskleidung, die schon aus Prinzip nie passt. Es ist die Matratze, die viel zu dünn ist und von der man Rückenschmerzen bekommt. Und vor allem ist es das ewige Warten: Egal ob Briefe von draußen, Anträge auf Gespräche mit Ärzt*innen, einen Arbeitsplatz, Anwält*innentreffen oder Skype-Gespräche mit der Familie; alles braucht seine Zeit.

Der Knast zielt durch seinen Charakter darauf ab, die Gefangenen gefügig zu ma- chen, nach seinen Regeln zu konditionieren und jegliche Selbstbestimmung zu verhindern. Mit Zwang, Vereinzelung und Isolation sollen die Gefangenen verfügbar und verwertbar gemacht werden. Eine menschenwürdige Behandlung oder die Willensbildung einzelner Gefangener sind nicht vorgesehen.

Für politische Gefangene bedeutet er zusätzlich konstante Angriffe auf ihre politische Identität: durch Einschränkungen von Büchern, Post, Zellenrazzien, das Beschlagnahmen von persönlichen Gegenständen und in Jos Fall bis hin zur Verlegung in die Justizvollzugsanstalt (JVA) Bruchsal, weil er die Zustände in der JVA Ravensburg öffentlich gemacht hat.

Der Beschwerdebrief von Jo und seinen Mithäftlingen und auch all die anderen (alltäglichen) Kämpfe der Gefangenen sind Ausdruck eines kollektiven Umgangs mit ihrer Situation. Sie bieten nicht nur die Möglichkeit des gemeinsamen Widerstands, sondern schaffen auch ein solidarisches Miteinander und durchbrechen somit die Individualisierung des Knastes und die Logik der kapitalistischen (Ellenbogen-)Gesellschaft.

Jo sagt dazu:

Hochsicherheitstrakte werden nach dem Prinzip ‚Jeder ist sich selbst der Nächste‘ betrieben. In einer ‚normalen‘ JVA ist das nicht anders. Dem wirkt man entgegen, indem wir uns als Häftlinge gegenseitig helfen und unterstützen, wo wir nur können. Der eine kauft Tabak für den anderen, da dieser kein Geld für den Einkauf hat, er schneidet dafür dem Kollegen die Haare, weil er draußen Friseur gelernt hat.

Dieses Prinzip der gegenseitigen Hilfe ist für das Überleben im Knast extrem wichtig.

Als politische Gefangene den Widerstand auch im Knast aufrechtzuerhalten, kann auch bedeuten, sich trotz der Isolation politisch weiterzubilden, Kontakte zu Bewegungen nach draußen zu halten, Teil von ihnen zu werden und damit die eigene politische Identität zu wahren und verteidigen.

Diese „politische Selbsterhaltung“ und den konkreten Widerstand gegen die alltäglichen Schikanen des Knastes zu unterstützen und ihnen einen Platz in unseren Kämpfen draußen zu verschaffen, sehen wir als wichtige Aufgabe.

Dazu gehört auch, die Gefangenen aufzubauen und zu stärken, sie in aktuelle Kämpfe einzubeziehen, mit ihnen ihre und unsere Herausforderungen, Erfahrungen und Kämpfe zu diskutieren und sie zu einem Teil unserer politischen Arbeit werden zu lassen. Denn so können sie Reichweite erlangen, gemeinsam Druck erzeugen, die Knastmauern durchbrechen und unsere Solidarität spürbar machen.

Denn sie zeigt Wirkung:

Es gibt einem unendlich viel Kraft, wenn man die vielen Nachrichten von Genoss*innen aus ganz Deutschland liest und die vielen Bilder von Solidaritätsaktionen sieht. Diese Solidarität ist das, was unsere Bewegung zusammenhält und sie stark genug macht, jedwede Art der Repression und jegliche Rückschläge zu überstehen und gestärkt daraus hervorzugehen. Daran müssen wir festhalten und auch weiterhin konsequent für eine bessere Zukunft kämpfen.

 

Die Rote Hilfe ist eine strömungsübergreifende linke Solidaritätsorganisation. Sie unterstützt alle, die auf Grund von linkem Aktivismus von Repression betroffen sind – unabhängig davon ob sie Mitglied sind oder nicht – durch Beratung, Vermittlung solidarischer Anwält:innen und finanziell. Hier findet ihr eine Liste der Ortsgruppen und hoffentlich auch eine in eurer Nähe. Wenn ihr noch keine Mitglieder seid, möchten wir euch wärmstens empfehlen es zu werden – zum Beispiel über dieses Onlineformular.

Nicht nur die Haftstrafen sondern auch die hohen Kosten sind ein Aspekt staatlicher Repression und eine hohe Belastung für die beiden Angeklagten und ihre Familien. Auch dieser Art der Repression müssen wir uns als antifaschistische Bewegung gemeinsam und solidarisch stellen.

Helft mit und spendet für Jo & Dy, auch wenn es nur ein kleiner Betrag ist, denn: Antifaschismus bleibt notwendig!

Spendenaufruf der Solidaritätskampagne „Antifaschismus bleibt notwendig!