Am Dienstag, 25.02., fand unsere Kundgebung „Jetzt erst recht – Antifaschistisch kämpfen!“ statt. Über 100 Menschen fanden sich auf dem Marktplatz zusammen, wenige Tage nachdem der Wahlsieg von AfD und CDU bei der Bundestagswahl am Sonntag den Rechtsruck auf parlamentarischer Ebene noch einmal überdeutlich bestätigt hat.
In den Redebeiträgen des OAT, des Bündnisses „Frauenkampftag Heidelberg“, der „Students for Palestine“ und der Initiative „Bezahlkarte stoppen“ wurde nicht nur der Frust und die Wut über die aktuelle Lage ausgedrückt, sondern auch Perspektiven aufgezeigt, wie antifaschistische Kämpfe verbunden werden können und Solidarität praktisch werden kann.
Die Rede des OAT Heidelberg könnt ihr hier nachlesen:
„Liebe Genoss:innen,
als offenes Antifaschistisches Treffen organisieren wir diese Kundgebung heute aus mehreren Gründen. Wir wollen einerseits zeigen, dass der Wahlsonntag für uns kein Ende markiert und der antifaschistische Kampf wichtiger denn je wird. Zum anderen wollen wir darüber reden, was alles nicht auf dem Wahlzettel steht und wieso auch ohne die AfD nichts in Ordnung wäre.
Schon zum Ende des Wahlkampfs war abzusehen, dass diejenigen die meisten Stimmen erhalten würden, die am unverhohlensten rechte Politik zu ihrem Markenzeichen gemacht haben. Die AfD konnte ihre Sitze im Bundestag nun verdoppeln und die CDU, die ihr inhaltlich zum Verwechseln ähnlich ist, legte auch stark zu. Auch wenn es dagegen erfreulich ist, dass es eine linke Opposition geben wird, kann das die Kräfteverhältnisse nicht wegwischen. Der kommende Bundestag wird wahrscheinlich der rassistischste, den es in der Bundesrepublik je gab.
Gleichzeitig betonten sämtliche Parteien, dass sie weiterhin nicht mit der AfD zusammenarbeiten würden und eine Koalition mit ihr ausgeschlossen sei. Diese Aussagen werden schon bald vergessen sein. Langfristig werden CDU, FDP und BSW die ersten sein, die mit der AfD koalieren, wenn es dem eigenen Machterhalt dient. Wieso sollten sie es auch nicht tun? Der Rechtsruck der gesamten Parteienlandschaft zeigt, dass es rein inhaltlich immer weniger gibt, was die anderen Parteien an der AfD kritisieren können und wollen. Die Ausgrenzung der AfD wurde bereits vor der Wahl zur Farce. Nancy Faeser von der SPD betonte im Bundestag in Reaktion auf eine Rede der AfD die Erfolge der Ampelregierung in Sachen Abschiebung und Annalena-Baerbock von den Grünen kritisierte den CDU-Antrag deshalb, weil die von der Ampel-Regierung beschlossene GEAS-Reform doch die Forderungen schon umsetzen würde und der Antrag unnötig sei. So groß die inhaltliche Einigkeit mit der AfD – so groß die öffentlichkeitswirksame Abgrenzung. Dabei wird völlig aus dem Blick gerückt, wer darunter leidet: es ist ein Schauspiel auf Kosten von Menschen die vor Krieg, Elend, Hunger und Leid fliehen.
Uns soll weisgemacht werden, dass es egal ist, welche menschenverachtenden und arbeiter:innenfeindlichen Gesetze verabschiedet werden, solange es nur „die Guten“ sind, die das tun. Darauf dürfen wir auch weiterhin nicht hereinfallen und müssen rechte Politik bekämpfen, egal von wem sie kommt, egal von welcher Partei, egal welche Wörter sie dabei benutzen und egal, wie oft sie uns sagen, dass ihr Handeln angeblich „alternativlos“ ist.
Bei allem Pessimismus und all den Zukunftsängsten, die viele gerade berechtigterweise plagen, muss eines doch klar sein: Ob weitere Wahlerfolge der AfD verhindert werden können, oder nicht – nichts davon wird das Ende des antifaschistischen Kampfs sein. Dass die AfD „nur“ die Zuspitzung der bestehenden Zustände ist, wird fälschlicherweise immer noch als eine Verharmlosung der Ambitionen der Partei verstanden. Doch wenn wir die AfD als „Partei fürs Kapital“ charakterisieren, dann meinen wir genau das: die AfD ist mit diesem System nicht inkompatibel, sondern gedeiht auf der Ungleichheit und den Krisen des Kapitalismus und wird die Zustände darin verschärfen.
Für viele ist die Krise aber nicht das, was kommt – sondern die Krise ist bereits ihr Alltag. Dass sie den „Gegen Rechts“-Demos fernbleiben liegt auch daran, dass sie keinen Sinn darin sehen, FÜR den Status Quo auf die Straße zu gehen. Diese Leute werden wir nicht mit moralischen Appellen erreichen, sondern nur dann, wenn wir greifbare, solidarische Perspektiven aufzeigen können. Und auch wenn es einfach klingt, müssen wir auch immer wieder betonen: es geht niemandem materiell besser, wenn andere noch schlechter behandelt werden. Die AfD ist keine Alternative zu diesem System – genau so wenig wie CDU, FDP, Grüne und SPD. Und auch die Linke ist keine annähernd revolutionäre Partei, sondern wird sich bei entsprechenden Wahlergebnissen bereitstellen, den Kapitalismus mit den anderen Parteien zu verwalten, statt ihn zu überwinden.
Der Spaltung unserer Klasse müssen wir mit Solidarität entgegenwirken und aufzeigen, dass unsere Feinde nicht diejenigen sind, die in kaputten Booten ankommen, sondern diejenigen, die uns für weniger Geld länger und härter arbeiten lassen, die uns die Freizeit nehmen und das Streikreicht angreifen, die uns in Kriege schicken wollen und die uns dann erzählen, dass wir all das für „unseren“ Wohlstand und „unsere“ Demokratie tun würden.
Dabei ist es dieselbe Demokratie, in der rechte Hetze gedeiht, in der mit Bauchschmerzen oder ohne im großen Stil abgeschoben wird, dieselbe Demokratie, die tonnenweise Waffen in Kriegsgebiete liefert, die Kriegsdeseurter:innen an die Ukraine ausliefert und den Genozid in Gaza unterstützt. Es ist dieselbe Demokratie in deren Namen wir wöchentlich von der Polizei quer über den Bismarckplatz geprügelt werden, wenn wir es wagen, selbstbestimmt gegen die Rechten zu protestieren. Es ist dieselbe Demokratie, die Türen auftritt und Zimmer verwüstet, die Jagd auf Antifaschist:innen macht und sie nach Ungarn ausliefert.
Die Beseitigung all der Krisen und Kriege stand auch dieses Mal nicht zur Wahl und wird es auch nie. Eine bessere Welt wird uns nicht einfach gegeben, wenn wir die richtige Partei oder das kleinere Übel wählen. Die Überwindung dieser Missstände, dieses Systems und all denen, die es mit Gewalt schützen, wird niemals an der Urne entschieden, sondern auf der Straße.
Bis wir an diesem Punkt sind, muss noch viel geschehen. Als antifaschistische Bewegung wird es weiterhin und umso mehr unsere Aufgabe sein, den Rechten Steine in den Weg zu legen, wo immer es uns möglich ist. Dafür müssen wir uns organisieren, denn allein werden wir nicht weit kommen. Unterstützt also lokale linke Strukturen, kommt zum offenen antifaschistischen Treffen und sprecht mit Kolleg:innen, Mitstudierenden und eurem Persönlichen Umfeld über die Ursachen und Gründe, die Menschen den Rechten in die Arme treiben.
Zum Abschluss ein letztes Wort noch zum gesellschaftlichen Zusammenhalt, von dem gerade auch wieder viel die Rede ist: Natürlich stehen wir für ein solidarisches Miteinander unter allen, die von Armut und Ausgrenzung betroffen sind. Aber Zusammenhalt mit denen, die uns ausbeuten und unterdrücken wird es für uns niemals geben. Egal ob es heuchlerische Politiker:innen sind, ob es ein hinterhältiger Chef ist, egal ob es ein prügelnder Bulle oder ein gewalttätiger Neonazi ist: ihnen allen werden wir niemals die Hand reichen, sondern immer nur die Faust!“
Wir danken allen, die unserem Aufruf gefolgt sind und hoffen, viele von euch beim nächsten offenen Antifa-Treffen am 13.03. zu sehen.
Lasst uns gemeinsam wütend und widerständig bleiben!